Die Wellen wiegten seinen Leib, als wäre er der ihre, da er von ihnen getragen dahinglitt. Silbrig-blaue Haut gab sich der Nachmittagssonne hin, wenn man das seichte Imitat denn so nennen mochte – und doch funkelten die zarten Schuppen mit den Schaumkronen um die Wette, während der Mira'Tanar den Rücken beugte, um wieder ganz hinabzutauchen in die Fülle.
Kleine Fische umspielten seinen schlanken Körper und Mallalai ahnte nicht nur die Winde, die kommen würden, seine Wahrnehmung war ebenso klar für dieses Leben, das um ihn war. Sein Lebenswille war damit verbunden: das Meer war ihm Wärme, Verheißung und stille Lebenssüße – es prickelte im Kreisen seines Bluts in den Gliedern, es webte sich in jede Faser seiner Schwimmhäute und gab ihm Atem, wo andere ertrinken würden.
Bald war es kein Schwimmen mit regelmäßigem Schlängeln mehr, was das Meerwesen trieb war ein Spiel mit dem Element, viel mehr eine Herrschaft über das salzene Nass, ein erhabenes Wissen zwischen Himmel und Erde. Er riss sich empor aus der Fülle, als sei er, trotz seiner Größe, ohne Gewicht, überließ er sich der Schwerkraft, nur um windberauscht und triumphierend in das Meer einzutauchen.
Mallalai, der jeden einzelnen Tropfen liebte und verstand, begrüßte ebenso den unsichtbaren Wind als Freund, der ohne Anfang und Ende, ein singender Weltenatem, seine Welt wiegte und umgarnte, auftrieb und peitschen konnte. Was ihm zählte war das Jetzt, die Gegenwart. Die er nur hier finden konnte, weit draußen in der Fülle, weit entfernt von dem, wo die Sorgen schwammen.
Mallalai war so weit von seiner Heimat entfernt, um sie zu vermissen, und doch zog es ihn seit einigen Sonnenaufgängen die Küste Beleriars hinauf. Ein Blick in die Ferne, Richtung Ya'tanai, überflutete ihn als Schmerz, indes er zur selben Zeit Heimweh nach der Ferne hatte.
Elue'Adar hatte er hinter sich gelassen, nur um weiterzuziehen, über die Grenzen Silvriars hinaus, um dort zu verweilen, wo der Kristallfluss sich mit der großen Fülle vereinte und an der Küste Aelindars hatte er mit den Nixen in den Korallengärten gespielt.
Als er heute den ersten Sonnenstrahl erhalten hatte, war er wieder losgezogen; ein solcher Morgen, mit Sonne und Regen zugleich, ließ die Freude in seinem Bauch sprudeln und er war dahingeeilt, bis er Enymia in der Ferne sah, so dass er wusste, er hatte Alaneya erreicht. Zesshin' Doraz war ihm näher als sonst und ihm zog es die Kehle eng, die Kiemen flatterten und er fragte sich nicht zum ersten Mal, weshalb es ihn in den Norden zog, dorthin, wo das Feindesland lag?
Die Sonne hatte sich wieder verborgen und die Temperatur war milder geworden. Die Bäume an Land tanzten mit all ihren Blättern in der Liebkosung der Luft und unter ihnen bewegte sich das hohe Gras in einer Wolke aus goldenen Pollen, kreisten die Insekten in der wilden Lust zu leben, sich leben zu fühlen.
Er aber ließ sich auf dem Rücken treiben, die Insel zu seiner Rechten, beobachtete er Himmelskuppel und Strand. Fremdartige Sonnenspeere stießen darauf hinab, geworfen aus einem Himmel, beschützt vom Meer, wo die Wolken es zuließen, dass sie entkamen; Wolken wie kreisende Raubvögel, deren Schatten, die über die Dünen rasten. Grollend fraßen sich die salzigen Wellen mit schäumenden Häuptern in den Sand, fassten mit ihren unsicheren Fingern zwischen die Leere der einzelnen Kiesel, um sie lediglich zu bewegen, nur um selbst wieder Halt zu verlieren. Ein Wechsel zwischen Begehr und Verlust, dem Mallalai alles Verständnis entgegenbringen konnte.