Nachts auf den Straßen

  • Es war bereits Nacht. Shiai war auf dem Heimweg und sah sich immer wieder um. Sie war keine von der ängstlichen Sorte, aber es war trotzdem unheimlich vor allem wenn sie durch nichtbeleuchtete Gassen eine Abkürzung nahm.
    Die Stadtwache sorgte zwar für Ordnung doch trotzdem passierte Dinge, die nicht passieren sollten und ihr besonders nicht.
    Sie schluckte als sie in die längste der dunklen Gassen eintrat und hoffte einfach dass nichts passieren würde. Manchmal dachte sie, dass es besser wäre im Künstlerviertel zu wohnen. Im Seeviertel war es immer noch am gefährlichsten, aber hier waren auch die Häuser meist billiger.

  • Auch Ashaya war auf dem Heimweg. Sie trieb sich nicht selten im Seeviertel herum, doch ab und an traf sie dort einen Informanten und sie kannte einige Familien, die dieses Viertel ihr Zuhause nannten und die von ihren Raubzügen profitierten.
    Ja, Ashaya wurde langsam müde, obgleich sie es gewohnt war, in der Nacht nur selten Schlaf zu finden. Trotzdem schritt sie selbstbewusst einher und ließ sich diese Schwäche nicht anmerken. Es war einfach besser, wenn eine Frau keine Angst und keine anderweitigen Mängel anmerken ließ. Zwar war das Seeviertel nicht an allen Ecken gefährlich, doch es gab Stellen, an denen man vorsichtig sein musste.
    Die Hand der Nymphe lag deswegen stets auf ihrer Klinge, um schnell reagieren zu können, wenn es nötig wurde.

  • Shiai kam eine Abzweigung zu. Sie würde gerade ausgehen müssen, aber vorher warf sie unsicher einen Blick in die Seitengasse und der Schreck fuhr ihr in alle Glieder.
    Sie sah nicht viel mehr als einen sich bwegenden Schatten, aber die Art und Weise ließ sie erst einmal eine Frau vermuten.
    Trotzdem wusste sie nicht, was sie nun tun sollte. Einfach schnell weiter gehen, oder stehen bleiben und die Person vorbei lassen.
    Sie entschied sich zu warten. Sie drückte sich an die Wand und hatte die Hand an ihrem Dolch. Sie spürte ihren schnellen Herzschlag und versuchte ihn und ihre Atmung zu beruhigen während sie wartete.

  • Schließlich ging Shiai weiter und hoffte, dass sie nicht noch einmal jemanden begegnen würde.
    Ihre Beine taten ihr bereits weh und das Körbchen in der Hand wurde schwerer und schwerer. Sie bog in die nächste Gasse ein und...sie kannte die Straße nicht.
    Suchend sah sie sich um. Aber da war nichts bekanntes. Sie musste wohl zugeben, dass sie sich verlaufen hatte.
    Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Nachts im Seeviertel verlaufen, schlimmer hätte es kaum kommen können.
    Irgendwo musste sie falsch abgebogen sein.

  • Den weiten roten Mantel eng zugezogen war Ayden auf dem Weg nachhause. Er kam gerade von einem seiner Kunden im Adelsviertel. Es war später geworden, als der Alchimist gedacht hatte - aber es hatte sich durchaus gelohnt. Man hatte ihm genug Feuerblumen abgekauft, dass er von dem Gold einige Tage über die Runden kam.


    Fröhlich summend schlenderte der Mann die breite Gasse entlang. Angst vor dem Viertel hatte er nicht, auch wenn er gehört hatte, dass es hier immer noch rauh zugehen konnte.

  • Shiai erstarrte auf einmal. Hatte sie richtig gehört? Tatsächlich jemand pfiff vor sich hin.
    Sie konzentrierte sich um zu erkennen von wo das Pfeifen kam. Sie war sich nicht sicher und erst Recht nicht mit dem was sie nun tun sollte.
    Einerseits könnte ihr das schneller helfen andererseits konnte es sie aber auch in große Gefahr bringen.
    Während sie darüber nachdachte, näherte sie sich den Pfeifenden. Die schmale Gasse führte zu einer breiteren.
    Diese kam ihr durchaus bekannt vor, aber sie wusste nicht genau auf welchem Ende sie davon war.
    Komisch eigentlich kannte sie sich ganz gut im Seeviertel aus.
    Sie linste vorsichtig um die Ecke und sah wie der Pfeifende sich näherte. Sie machte einen Schritt zurück in die Gasse und hoffte, dass er sie nicht gesehen hatte.

  • Hatte sie wirklich jemanden gehört? Ashaya verharrte für einen langen Augenblick und lauschte in die Stille der Nacht hinein. Tatsächlich, in einiger Entfernung vernahm sie ein melodisches Summen - doch gemeinhin verbarg sich selten ein Verbrecher hinter einem solchen Verhalten. Doch wissen konnte man es dennoch nicht.
    Aber es war gleich - Ashaya hegte in dieser Nacht nicht den Wunsch nach Gesellschaft und sie schritt sie schließlich schnellen Schrittes weiter voran in die Dunkelheit hinein. Es war noch ein weiter Weg bis in das Künstlerviertel und Ashaya wollte es lieber nicht riskieren in ihrem momentanen Aufzug aufzufallen und gesehen zu werden.


    So dauerte es nicht lange, bis sich die schnellen Schritte der Nymphe entfernt hatten und Ashaya in der Dunkelheit verschwunden war...

  • Der Mann war so gut gelaunt, dass er scheinbar nicht sonderlich auf seine Umgebung achtete. Wahrscheinlich wäre es für jeden Dieb ein Leichtes gewesen, ihn auszunehmen.


    Wie schön das Leben doch sein kann... ich hatte mit den Feuerblumen wirklich großes Glück... überlegte er als er ein kleines Röhrchen aus seiner Mantelinnentasche herauszieht und in der Dunkelheit betrachtet - natürlich sieht er nicht sonderlich viel, aber er weiß, was sich in diesem Röhrchen befindet.


    Was solls... aus einer anderen Tasche fischt Ayden umständlich eine Packung mit Schwefelhölzern hervor und zündet den Inhalt des Röhrchens an - nachdem er den Deckel abgenommen hat.


    Es dauert einige Sekunden, bis einige Funken in die Luft aufsteigen. Etwa 2 Meter über dem Boden zerplatzen die Funken und malen wunderschöne Feuerblumen in die Dunkelheit.
    Ayden muss lachen.

  • Shiai sah zu, was der Mann dort tat. Als die Feuerblumen in der Luft die Muster malten, wich ihr Blick blankem Erstaunen. Was war das?
    Einen Moment hatte sie gedacht es handele sich um Magie, aber irgendwie sahen es nicht wie Zauberhilfen aus, was er aus der Tasche geholt hatte.
    Sie rang einen Moment mit sich und trat dann auf die Straße. Die Neugier hatte gesiegt.
    Der Dolch war nicht weit, aber der Mann sah nicht sehr fürchteinflößend aus.
    "Guten Abend. Entschuldigt, aber was war das eben? Ich habe so etwas noch nie gesehen." Sie kam etwas dichter und sah ihn direkt an.

  • Ayden hörte die Shcritte in der Dunkelheit und drehte sich um. Er sah nicht recht viel, wägte sich aber optimistisch und nicht in Gefahr.


    "Feuerblumen werden sie genannt." antwortete er geradeheraus und versuchte die Frau in der Dunkelheit zu erkennen.
    Er hatte nicht geahnt, dass andere Personen in der Nähe waren.


    "Wollt Ihr noch eine sehen?"

  • "Oh gerne," sagte Shiai begeistert aber auch leise und schüchtern.
    "Ist das Magie? Oder wie macht ihr das?" Ihre Neugier besiegte sie und irgendwie war sie froh darüber, denn so wie jetzt war sie noch nie gewesen und sie konnte selbst nicht verstehen, warum und wie sie so geworden ist.
    Mit einem Kopfschütteln holte sie sich selbst in die Gegenwart zurück.

  • "Magie bleibt den Weisen und Gelehrten vorbehalten, mein Fräulein. Ich bin weder sonderlich weiße noch gelehrt, also kann die Magie hier keine FInger im Spiel haben." lächelte Ayden ruhig und gelassen. Langsam holte er ein zweites Röhrchen aus seinem Mantel und entzündete es mit den Schwefelhölzern. Dieses Mal liesen die Feuerblumen länger auf sich warten. Ayden stellte das Röhrchen auf den Boden und deutete der Unbekannten an, einen Schritt zurück zu gehen.
    Nach einigen Sekunden begannen winzige Lichtkugeln aufzusteigen, die entfernt an Feen erinnern konnten, am Höhepunkt ihres Aufstieges platzen die Kugeln auf und sahen kurz wie Lilienblüten aus.

  • Shiai trat einen Schritt zurück.
    Gespannt wartete sie darauf, was sie nun zu sehen bekommen würde. Fasziniert, im Gesicht blankes Staunen, betrachtete sie die Feuerblumen.
    "Sie sind wunderschön." In ihrer Stimme klang Ehrfurcht mit.
    "Ihr sagt ihr seid weder weise noch gelehrt, doch müsst ihr zumindest sehr klug sein um so etwas zu vollbringen."
    Lächelnd sah sie ihn an.

  • "Ein Geist ist gemessen an seiner Vorraussicht immer so klug, wie ein anderer ihn einschätzen mag." lächelt Ayden freundlich und verbeugt sich vor der Unbekannten. Bei jeder seiner Bewegungen raschelt der schwere Stoff seines Mantels leise und so herrscht keine vollkommene Stille in der nächtlichen Gasse.


    Ayden rückte seine dunklen Augengläser etwas zurecht, damit er über deren Rand die Fremde ansehen konnte.
    "Aber es ehrt mich wirklich, dass Ihr mich als klug einschätzt, meine Dame." spricht Ayden lächelnd weiter.
    "Es scheint mir als Frau aber weniger klug, sich nachts im Dunkeln hier ganz alleine aufzuhalten. Wenn ich das bemerken darf, ohne mir Euere Missgunst einzuhandeln."

  • Shiai winkte ab. "Macht euch da keine Sorgen drum. Ihr habt wahrscheinlich recht, doch irgendwie muss man ja nach Hause kommen, oder? Außerdem sind diese Straßen selbst für einen allein umherziehenden Mann nicht ungefährlich, meint ihr nicht?" Fragend sah sie ihn an.
    Sie musste ihm ja nicht erzählen, wie unwohl sie sich bei diesem nächtlichen Heimweg gefühlt hatte.

  • Ayden lachte leise.
    "So viele Jahre nehme ich diesen Weg nun schon und soviele Jahre ist mir nichts passiert... also vertraue ich einfach weiter auf mein Glück." antwortete er der Dame ruhig.


    "Wo müsst Ihr hin? erlaubt Ihr es mir, euch dorthin zu begleiten und eueren Weg damit ein wenig... "sicher zu machen"?" fragte Ayden freundlich. Er hatte mehr als genug Zeit heute Nacht.

  • Shiai dachte über das Angebot nach. Einerseits würde er wirklich den Weg sicherer machen, aber es bestand immer noch die Gefahr, dass er selbst nicht ......naja...rein guter Gesinnung war.
    Sie musterte ihn erneut. Nun auch wenn man sich in Menschen täuschen konnte, würde sie sein Angebot annehmen.
    "Ich danke euch. Das wäre sehr nett. Der Weg ist nicht weit. Es sind vielleicht nur noch 10 Minuten von ihr."
    Sie machte eine kurze Pause.
    "Aber zu ihren eigenen Worten. Was nützt ihnen, wenn sie viele Jahre sicher den Weg geschafft haben und dann doch eines Morgens tot an den Docks liegen?" Mit einem fragenden Lächeln sah sie ihn an.

  • "Dann hat mich mein Glück verlassen. In einem solchen Fall kann man dann wohl auch nicht mehr viel daran ändern." gibt Ayden lächelnd zurück und steckt die Schwefelhölzer wieder in eine seiner Manteltaschen.

  • Shiai ging los und hoffte, dass Ayden sich es nicht anders überlegt hatte. Auch wenn es nur 10 Minuten waren, fühlte sie sich doch wohler diesen Weg nicht allein zurücklegen zu müssen.
    "Ist es weit von hier bis zu euch?" fragte sie ihn.

  • "Es kommt drauf an. Wenn man einen Umweg nimmt, dann ist es weiter als wenn man den Weg nimmt, den ein Vogel fliegen kann." antwortet Ayden verworren auf Shiais Frage.


    "Aber um es so auszudrücken: Von hier aus wäre es wohl noch gut ein halbes Stundenglas bis zu meiner bescheidenen Unterkunft." fährt er fort und schließt zu der Frau auf, um nun neben ihr zu gehen.


    "Da habt Ihr es bei weitem besser. 10 Minuten sind ja nicht allzuviel."

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