Flammende Schatten

  • Selbst als sich die Tür hinter ihm schloss, ebbten die Geräusche aus der 'Schwarzen Katze' kaum ab. Flackernd gelbes Licht aus den teilweise gesprungenen Fenstern sickerte auf das dreckige Pflaster außerhalb der herunter gekommenen Schenke und noch immer hörte man das besinnungslose Grölen und die kantigen Klänge, mit denen die Krüge sich trafen.


    Tief und kraftvoll sog der Yassalar die frische Nachtluft in seine Lungen. Erst jetzt fiel ihm auf, wie widerwärtig dick die Ausdünstungen des Trockenvolks in der Schenke gehangen hatten. Ein Teil von ihm verspürte den übermächtigen Drang, sich ins Meer zu stürzen, um sich auch den letzten Hauch davon von den Schuppen zu waschen.
    Einzig der verheißungsvolle Anblick seiner Begleiterin und das nützliche Wissen, dass sie ihm versprach, hielten ihn davon ab, den Gedanken in die Tat umzusetzen.


    Erwartungsvoll hob er die Augenbrauen, welche Richtung das Flammenmädchen nun einschlagen würde.

  • "Wie wäre es, wenn wir uns als erstes zu einem Brunnen begeben?", meinte sie spöttisch, als seinen Ekel nur zu genau sehen konnte. Es mochte wohl wirklich für jemanden, der solch eine Gesellschaft nicht gewohnt war und auch an ihren Sitten und Bräuchen keinen Gefallen fand, ekel erregend sein, wahrlich abstoßend. Doch sie fühlte sich hier wohl.
    Zumindest so wohl, wie man sich wohl fühlen konnte, wenn man nirgendwo hin gehörte. Doch hier, ja hier hatte sie sich Respekt verschafft und diese Straßen, diese dunklen Gassen, mit den nicht minder finsteren Gestalten. Zu denen sie sich selbst auch gelegentlich zählte, wenn die Bezahlung hoch genug war, oder es persönlichen Zwecken diente. Sie stand nicht auf einer Seite des Gesetztes, dafür war es zu ungerecht zu ihr gewesen, sie stand auf der Seite, welche ihr momentan nützlich war.


    Ihr erstes Ziel würde mit Sicherheit nicht ein Brunnen sein, zumal diese in diesem Stadtteil nicht gerade sauberes Wasser führten, doch sie hatte sich schon einen anderen Ort überlegt. Einen, bei welchem sie selber gelegentlich ein und aus ging, wenn auch nicht aus den selben Gründen wie die meisten Leute.
    Die Straßen waren dunkel und zu dieser Zeit würde sich niemand der bei sinnen war alleine herum treiben. Die Chance mit seinem gesamten Geld oder gar mit seinem Leben nach Hause zu kommen war nicht groß genug, als das es sich ausgezahlt hätte. Doch Erelthea war keiner der gewöhnlichen Bürger, welche vor den Schatten, welche sich in den Torbögen versteckten erschreckten, besonders da sie selbst gelegentlich einer dieser Schatten war. Zudem hatte sie einen guten Trick auf Lager, um die Schatten zu vertreiben.


    Sie streite den Arm ein kleines Stückchen von sich entfernt weg, die Hand zu einer Faust geschlossen. Als sie diese öffnete, tanzte eine kleine Flamme auf ihrer Hand, welche eigentlich ihr Fleisch hätte verzehren müssen. Doch sie spürte es nicht einmal, selbst als sie größer wurde und noch mehr Licht spendete.
    Nun war auch zu sehen, wie herunter gekommen das Viertel wirklich war. Der Schmutz, der auf den unebenen Straßen lag und die heruntergekommenen Gebäude zeugten davon. Doch das Flammenmädchen, welches diesem Abend zum ersten Mal auch diesen Namen gerecht wurde, bemerkte das alles nicht mehr und führte nun ihren "Gast" durch das Labyrinth des Viertels.



    Der nächste Stopp war schon aus größerer Entfernung zu sehen und sie schloss die Hand, sodass die Flamme erlosch. Helle, warme Lichter, viele Stimmen, welche jedoch nicht ausgelassen johlten, sondern sich leise Wörter in die Ohren raunten und Stoffe, welche jeglichen Blick auf das innere des Gebäude verwehrten, machten einen großen Unterschied zur 'Schwarzen Katze' und als sie näher kamen, konnte man auf einen Holzschild den Namen 'Goldnest' erkennen.
    "Willkommen im besten Freudenhaus des ganzen Viertel. Hier kann man sich… satt essen." Sie schaffte es dabei vollkommen ernst zu bleiben, obwohl sie innerlich am liebsten laut aufgelacht hätte.

  • Er hatte sie nicht an seine Seite geholt, um sich Brunnen anzusehen. So runzelte Zeciass nur die Stirn und hoffte, sie würde es bei dem Scherz belassen, nach dem es klang. Was sie als nächstes tat, war dagegen mehr als nur aufschlussreich.


    Gelb lodernd glomm eine Flamme auf ihrer Handfläche auf, um kurz darauf zu einem nicht geringen Feuer anzuwachsen. Das Flammenmädchen. Nun ergab es einen Sinn.
    Tatsächlich war ihr kleiner Zaubertrick nur in ihren eigenen Augen nützlich. Seine yassalarische Nachtsicht erschloss ihm jedes noch so unansehnliche Detail der nachtschwarzen Umgebung mühelos, doch während er neben seiner magiebegabten Begleiterin durch die Straßen ging, ertappte er sich widerwillig immer wieder dabei, das offene Feuer auf ihrer Handfläche anzustarren. Fast zuckte es wie ein lebendes Wesen unter seinem Blick.


    So oft ihm dieses Element in den letzten Tagen schon begegnet war, so wenig hatte es an irritierender Faszination eingebüßt.


    Schließlich drangen erneut Stimmen an sein Ohr und die Farben gewannen an Intensität, als sie sich einem erleuchteten Bereich näherten. Die magische Flamme erstarb, als sich die Hand seiner Begleiterin um sie schloss. Das Haus, auf das sie sich zubewegten, wies ein Schild als 'Goldnest' aus. Sie hätte nicht erwähnen müssen, worum es sich dabei handelte. Selbst auf dem Trockenen unterschied sich die Art und Weise der Zurschaustellung nackter Lust kaum von der in Zesshin Doraz. Es gab nur einen entscheidenden Unterschied.


    Abfällig verzog der Yassalar die Lippen. Hier war es schlichtweg billig.


    Die Regung währte nur so lange er sich unbeobachtet wusste. "Hier könnte ich mich tatsächlich satt essen", entgegnete er undeutbar. Er musterte die Kämpferin. Mochte der Schatten ihrer Kapuze noch so undurchdringbar auf andere wirken, vor seinem Blick bot er ihr keine Deckung. "Hast du hier... Geschäfte?"

  • Das Flammenmädchen brach in schallendes Gelächter auf, was einige der in der Nähe herumstreunenden Leute dazu veranlasste in die Schatten zu sehne, welche sie noch immer umgaben. Es war ein echtes Lachen, aber sie verhöhnte ihren Begleiter damit auch. Alleine schon, dass er solche Gedanken hegte, amüsierte sie.
    "Es kommt darauf an, was du unter Geschäfte verstehst." Sie kicherte noch immer wie ein Schulkind, über einen perversen Witz. "Aber ich gehe hier ein und aus. Ja."


    Er sollte sich selbst seine Gedanken machen, hatte sie beschlossen. Sie musste ihn ja nicht alles auf die Nase binden. Doch das er keine Kurtisane war, dass das unter ihrem Niveau war, das hoffte sie doch dass er bemerkte. Sie war hier vielmehr für eine Zeit lang Rauswerfer gewesen. Nicht nur, dass die Kunden nicht damit rechneten, dass sie eingriff, wenn nötig, sie gab dabei auch einen schönen Anblick. So wie eine ansehnliche Dekoration, welche zur Innenausstattung passte.
    Zudem hatte sie sich dort auch Freunde gemacht und Beziehungen, welche einem durchaus nützlich sein könnten.


    Sie wandte sich zu ihm um, auch wenn nur wenige Strahlen des Lichtes sein Gesicht beleuchteten und einige seiner Schuppen zum schimmern brachten. Ein Lächeln umspielte nun ihre Lippen, nachdem sie sich wieder beruhigt hatte und sie schüttelte sanft den Kopf.
    "Unter deinem Niveau, was? Vielleicht wünscht du etwas unterhaltsameres?" Sie würde ihm natürlich nicht sagen, an was sie dachte. Das würde dem ganzen den Spaß nehmen.

  • "Es war kein schlechter Anfang", entgegnete der Yassalar ohne große Begeisterung. Warum seine Frage sie zum Lachen gebracht hatte, blieb ihm ein Rätsel, ebenso wie ihre ausweichende Antwort.
    Das 'Goldnest' würde er sich allerdings merken. Ob die Erwähnung ihres Namens ihm hier Türen öffnen würde, die gewöhnlichen Kunden verschlossen blieben?


    Um sie anzuregen, ihm mehr zu zeigen, investierte er ein herausforderndes Lächeln. "Unterhaltsam klingt nach einer reizvollen Aussicht. Nicht, dass ich mich beschweren würde..." Sein Blick sprang kurz auf ihre Lippen, bevor er in die schattenverhangenen Gassen abseits des Freudenhauses schaute.


    Die Nacht hatte eben erst begonnen und wenn diese Führung sich ihrem Ende entgegen neigte, würde er herausfinden, wie viel Feuer tatsächlich in ihrem schlanken Körper steckte. Unter all den störenden Schichten aus Leder, Stoff und verborgenen Waffen.

  • Sie wandte sich von Zeciass ab, um einen anderen Weg zu ihrem nächsten Punkt zu gehen, verdrehte die Augen und seufzte.
    "Pfiff, da ist jemand verwöhnt." Ihr war durchaus bewusst, dass er es hören würde, aber das spielte für sie keine Rolle, sollte er von ihr doch denken, was er wollte. Sie hatte nur ihren Spaß und das würde auch so bleiben, ansonsten würde sie sich einen Spielgefährten suchen.


    Sie hob wieder ihre Hand um sich selbst den Weg zu leuchten, auch wenn Zeciass nicht brauchte, war es zumindest für sie selbst nötig. Zudem hielt es die weniger mutigen Streuner davon ab, sie mit einem verrosteten Dolch und vor Dreck nur so starrender Kleidung sie anspringen und die lächerliche Äußerung zu wagen, von ihr etwas zu verlangen. Man sollte sie definitiv nicht unterschätzen, auch wenn sie eine Frau war.


    Die nächste Anlaufstelle war ein wenig nobler, oder zumindest soweit man es in diesem Viertel so bezeichnen könnte. Es war eine weitere Taverne wie es schien, zwischen zwei hohen Gebäuden eingeklemmt wirkte sie wie ein wildes Tier in der Falle. Die Taverne "Wolfstann" war aber nicht nur eine einfache Schenke, wo man an Alkohol bekam, sondern auch so manches Pülverchen, welches einem die Nacht versüßen könnte. Natürlich gab es dafür auch noch einige andere Orte, doch hier war es einfach zu erreichen und vor allem nicht allzu teuer.
    Auch wenn dieser Ort vermutlich genau so wenig Zeciass Geschmack entsprach, hatte er sie um eine Führung gebeten. Und das war es nun genau was sie tat, ihm eine Führung zu geben und die "besten" Anlaufstellen zu zeigen, welches es in diesem Viertel gab. Um Spaß zu haben oder sich dem einen oder andere illegale Geschäft hinzugeben.


    Sie blieb dieses Mal nicht davor stehen, sondern stieß sogleich die Türe auf und trat ein. Anders als in der Schwarzen Katze herrschte hier weniger wildes Getümmel, dafür lungerten hier mehr zwielichtige Gestalten herum, welche sie sogleich schief ansahen, als sie eintraten.

  • Der windschiefe Bau mit dem Namen 'Wolfstann' wäre ihm normalerweise kaum einen zweiten Blick wert gewesen. Nun stellte sich der Nutzen seiner Begleiterin heraus. Im Gegensatz zu ihren, zögerten seine Schritte vor der aufgestoßenen Tür. Eine Erklärung wäre hilfreich gewesen, doch er schob seine Bedenken zur Seite und folgte dem Flammenmädchen ins Innere.
    Solange sie ihn nicht in eine Brutstätte der Bleichschuppen führte, war es unerheblich, was für ein trockenes Lumpenpack ihn erwarten würde.


    Mit verschränkten Armen kam er neben seiner Begleiterin zum Stehen und warf einen unfreundlichen Blick in die Gesichter, die sich zu ihnen umgedreht hatten. Nicht viele hielten dem Augenkontakt stand und widmeten sich lieber rasch wieder ihren Krügen.


    Es schien sich um eine Taverne zu handeln wie auch die 'Schwarze Katze' eine war. Eng, stickig und mit mehr niederem Unrat bevölkert als man zählen konnte. "Und was findet man hier Besonderes? Den besten Ausschlag der Stadt?" knurrte er und fletschte kurz die Reißzähne, als sich ein vermummter Kerl auf das Flammenmädchen zu bewegte. In einer behandschuhten Hand, die er ihr verschwörerisch grinsend unter die Nase hob, lag ein gefaltetes Stück Papier. "Sonderpreis, meine Schöne", flüsterte er und gab sich offenbar keine Mühe, unverdächtig zu wirken.


    Zeciass wartete mit unbewegter Miene ab, was passieren würde.

  • Erelthea konnte sich ein grinsen nicht verkneifen. „Nein, ich denke den findet man eher im Goldnest, besonders wenn man mit Geld spart. Hier findet man den Weg in das Land der Träume. Wenn man weiß wonach man Ausschau halten muss.“ Der falsche Stoff und man landete eher im Land der Toten, als in dem der Träume. Doch nach all den Jahren hatte sie doch schon ein wenig Erfahrung. Sowohl persönlich, als auch durch Beobachtungen.
    Als sich die Gestalt näherte, wandte sie sich ihm zu und setzte einen sowohl interessierten, als aus leicht misstrauischen Blick auf. Sie sollte nicht den Eindruck machen, dass man mit ihr ein leichtes Spiel hätte, das endete nie gut. Zwar meistens für die andere Partei, aber noch eine Schlägerei bräuchte sie heute Nacht nicht mehr.

    „Und was ist der Sonderpreis für das Schätzen?“, fragte sie mit rauer Stimme zurück, die Hände vor der Brust verschränkt und einen festen Blick aufgesetzt. Eigentlich hatte sie nicht vorgehabt etwas zu kaufen. Viel Geld hatte sie nicht mehr, zudem gab es beim Nachtmarkt besser Quellen, aber bis sie dort sein würden, könnte es noch ein wenig dauern.

  • Nur aus der Nähe konnte man das blass gestempelte Rosen-Symbol auf dem flachen Papierpäckchen erkennen. "Ein läppischer Silbertaler. Also fünf Pfennige pro Portion. Nur heute so günstig", lächelte der Vermummte, der seine Chance auf einen schnellen Verkauf gekommen sah. Wie zufällig huschte sein Blick noch einmal kurz zu dem Yassalar und dessen eindrucksvoller Statur herüber, bevor er kaum hörbar an die Frau gerichtet weiter sprach. "Hält deinen Stecher garantiert davon ab, dir danach einfach die Kehle aufzuschlitzen."


    "Mach dem Beine und lass uns weitergehen", grollte Zeciass fast im selben Moment. "Wenn ich nutzlose Träume gewollt hätte, wäre ich in Zesshin Doraz geblieben." Misstrauisch behielt er den Vermummten im Auge. Tuschelnde Trockene. Dabei konnte nichts Gutes entstehen.

  • "Entschuldigt mich, aber mein Begleiter scheint da anderer Meinung zu sein", säuselte sie und wandte sich dann um, wo sie Zec am Handgelenk packte und ohne viel Federn lesen mit hinaus zog.
    Sie funkelte ihn an, aber ohne wirkliche Wut in den Augen. Mehr schien darin Belustigung zu schimmern.
    "Ich wollte nur einmal festhalten", sagte sie nachdem die Türe hinter ihnen zu viel. "dass ihr euch nun entscheiden solltet, ob ihr meiner Führung folgen wollt oder nicht."

  • Zeciass gab dem Ziehen an seinem Handgelenk nach und bemerkte am Rande noch den enttäuschten Ausdruck des Trockenen, den das Flammenmädchen hatte stehen lassen, bevor er mit ihr die Taverne verließ.


    Ein Bellen und Fauchen erklang auf der Straße und rumpelnd verschwanden zwei ungleiche Tiere in einer Seitengasse. Zeciass verlagerte sein Gewicht gelassen auf ein Bein und begutachtete den funkelnden Blick seiner Begleiterin. Ihre Finger lagen noch immer um sein Handgelenk und wenn es nach ihm ginge, durfte das gern so bleiben.
    Er neigte sich etwas zu ihr vor als er sprach. "Lass uns nicht förmlich werden, Wildfang. Ich bin ungeduldig, aber ich folge dir."


    Fast gewann er den Eindruck, dass sie sein Wohlwollen für die Dinge verlangte, die sie ihm präsentierte. Verband sie eine eigenartige Form von Stolz mit diesem niederen Viertel, wo Scham angemessen gewesen wäre?


    "Flammenmädchen...", murmelte er und forschte in ihren Augen nach etwas, das ihm ihr Wesen besser erklären würde. "... gab man dir hier diesen Namen?"

  • Sie reckte das Kinn hervor, ließ ihn los und starrte Zeciass herausfordern an. Er war ihr nicht sympathisch gewesen, mit einem Verhalten, doch sie hatte sich zumindest von ihm erhofft, einen unterhaltsamen Abend haben zu können. Besonders, nachdem er sie auf das Getränk eingeladen hatte. Natürlich, es war wie das Spiel mit dem Feuer, man konnte sich die Finger verbrennen, aber das wäre nicht das erste Mal. Und es würde ihr keine Angst machen.


    "Woher mein Name kommt, spielt für euch doch keine Rolle." Seine vorherigen Worte waren sie Wasser auf Schuppen abgeperlt und sie verschränkte die Arme vor der Brust. "Und als Wildfang würde ich mich nun auch nicht bezeichnen. Aber nennt mich, wie ihr wollt." Ihr war die Lust an dem kleinen Abenteuer nicht vergangen, aber sie würde es deutlich abkürzen. Wenn er bekam, was er wollte, dann würde sie sich vielleicht den Tag noch unterhaltsam machen können.


    Einen kurzen Blick zurück zu der Kneipe werfend, begann sie schnellen Schrittes einen anderen Weg einzuschlagen. Dieses Mal achtete sie nicht im geringsten darauf, ob er ihr folgte oder nicht, es spielte für sie keine Rolle mehr. Wenn er ihr keinen Spaß mehr machen würde, dann könnte sie sich auch jemand anderen suchen. Aber vielleicht konnte sie ihn ja doch noch beweisen, dass sie ein Gewinn war. Den Trumpf hielt man immer bis zum Schluss im Ärmel.

  • Sie funkelte und schnappte wie eine junge Yassalar. Ein Temperament, das sie besser nicht zu ausgiebig an ihm erproben sollte. Doch noch war ihre Bissigkeit kaum nennenswerter als die eines Putzerfisches. Kein Grund also, seinen nächtlichen Fang nicht zu genießen.
    Wie hieß es doch in den Reihen der Rezz'lin? Eine Muschel, die sich nur widerwillig öffnete, verbarg meist den wertvollsten Schatz. Wäre sie nicht so abrupt davon gestürmt, hätte er einen Weg gekannt, sie zu besänftigen - oder ihre Wut erst recht sprühen zu lassen. Beides verlockende Vorstellungen.
    So sah er ihr mit belustigtem Blick nach und gab sich schließlich einen Ruck. Mit raschen Schritten holte er zu ihr auf.


    Für eine Weile führte ihr Weg schweigend weiter. Zeciass besah sich die Gassen, die wie verworrene oder besonders schlecht konzeptionierte Gemälde wirkten und prägte sich wahllos Wegpunkte ein. Schließlich entschlüpfte seinen Lippen ein einziges, knappes Wort. "Czill."
    Der scharfe Klang stach noch ins Ohr, obwohl er schon längst verklungen war. Zeciass' Blick erfasste die Kapuze seiner missgestimmten Wegfinderin. "Das wäre der Name, den ich dir gegeben hätte." Er rieb sich prüfend über die geschlossenen Kiemen hinter seinem linken Ohr. "Wenn du eine Yassalar wärst, heißt das."

  • "Aha." Sie verruchte recht erfolgreich die Uninteressierte zu geben, auch wenn das nicht ganz der Wahrheit entsprach. Sie war wissbegierige, war es schon immer gewesen und hatte gerne anderen bei ihren Gesprächen gelauscht. Natürlich, nachdem sie sich eine gute Prügeleien geliefert hatte. Doch das war eine jener Eigenschaften, welche ihr die Straße eingeprägt hatten. Und ihre Neugier hatte die Straße ihr nicht austreiben können.


    "Der Weg ist nicht mehr weit", sagte schließlich und klang herzlich wenig begeistert, auch wenn es ihr anders ging. Sie freute sich auf den Ort, welche vor ihnen lag. Doch das würde sie nicht so offen darlegen. Sie würde darauf warten, dass er es selber sehen würde. Um dann sich seine eigene Meinung bilden könnte. Und dann könnte sie ihn zurück lassen und wieder ihre eigenen Wege gehen, sich nicht von jemanden abhängig machen. Sie war lieber vollkommen frei.

  • Sie interessierte sich offenbar nicht für die Ehre, mit einem Namen in Z'sharr bedacht zu werden, sodass Zeciass das Thema mit einem Schulterzucken fallen ließ.
    Ihren Hinweis, dass sie sich dem Ziel näherten, nahm er mit einem Nicken zur Kenntnis. "Meine Spannung ist kaum zu beschreiben", sprach der Yassalar und zog seine Augenbrauen zusammen.
    Abwartend ließ er seinen Blick voraus forschen. Ob er es erkennen würde, wenn sie sich näherten?

  • Mit Freude nahm sie zur Kenntnis, dass es gerade Mitternacht wurde. Sonst war sie zu dieser Zeit noch in der Kneipe, aber diese Nacht war anders. Oder schien zumindest so. Sie wusste nicht, was sie heute Nacht noch erwartete, außer ihren eigenen Plänen. Die Schwarzschuppe wirkte zumindest nicht so, als hätte er sie ohne einen Plan angesprochen. Nein, auch er hatte einen Plan und dessen war sie sich vollkommen bewusst. Aber sie liebte es, wenn die Gefahr wie ein Feuer unter ihren Händen Knisterte.


    Sie konnte von Glück sprechen, dass sie die entsprechenden Beziehungen hatte. Oder weniger die Beziehungen, als mehr das sie in den richtigen Kreisen aufgewachsen war. Und sie wusste auch, wo man einen entsprechenden Fährmann finden würde.
    "Ich gehe von der Annahme an, das Wasser keine Gefahr für dich darstellt. Doch ich würde dir trotzdem nicht raten, hinein zu fallen, der Gestank bleibt dir noch Tage am Körper kleben." Was sie damit meinte sagte sie nicht. Oh nein, sie hatte vor ihn zu überraschen und diese Tatsache zierte ihr ein Lächeln auf die Lippen, als sie sich dem Zugang näherten.

  • Die Stimmung des Flammenmädchens schien sich wieder zu bessern, sodass Zeciass dichter zu ihr aufschloss. "Wasser, das dermaßen stinkt, ist für jeden Meeresbewohner gefährlich, wenn es in die Kiemen gerät", gab er finster Auskunft und musterte sie argwöhnisch. Er würde vorbereitet sein, sollte sie versuchen, ihn in eine solche Kloake zu stoßen.


    Seine Schultern spannten sich. An was für einen Ort wollte sie ihn führen?

  • Die Belustigung über Zeciass Worte schienen zu wachsen, nein sie über alle Maßen zu erfreuen. Eine kleines, aber feines Lächeln, welches ihr Grübchen auf die Wangen zauberte, schien ihr Gesicht erhellen, als sie in eine Gasse traten, welche noch schmutziger aussah, als die restlichen in diesen Viertel.
    Der Boden war nicht mit Steinen gepflastert, sondern bestand nur aus fest getrampelten Boden, der bei bei jedem Regen zu einer einzigen, großen Schlammpfütze wurde. Fußabdrücke von dem letzten mal, als der Boden aufgeweicht gewesen war, zeigten, dass hier wohl mehr Leute vorbei kamen, als man vergleichen würden. Immerhin endete diese Gasse überraschend und schien nirgendwo hin zu führen. Das einzige was man entdecken konnte, wenn man sich gründlich umsah, war eine so unscheinbare Türe, dass sie in den Schatten verschwand. Wenn man nicht davon wusste, konnte man sie so leicht übersehen, wie eine Dreckspur an der Wand.


    Erelthea trat an die Türe heran, doch sie versuchte erst garnicht sie zu öffnen. Sie griff nach einen der vielen Ziegelsteine, mit welcher die Wand gemauert war und zog ihn mit Leichtigkeit heraus. Auch wenn man es nicht sah, schien er lockerer sitzen, denn viel Kraft brauchte es nicht, um ihn heraus zu ziehen.
    Dann griff sie in die kleine Lücke und als sie die Hand heraus zog, hielt sie einen kleinen und unscheinbaren Schlüssle in der Hand. Den Ziegelstein setzte sie wieder ein und schloss die Türe wieder auf. Sie hielt die Türe für Zeciass auf, mit einem verschmutzen Lächeln. Die Türe schien in reine Schwärze zu führen, kaum ein einzelnen Lichtstrahl drang in das Gebäude ein.
    „Darf ich Sie an den spannendsten Ort der ganzen Stadt führen?“, fragte sie mit einem verschmitzten Lächeln.

  • Es waren verdächtig viele Spuren im unbefestigten Boden der verkommenen Gasse. Das Lächeln seiner Begleiterin schien ihm daher nicht unangebracht. Hier gab es ganz offenbar etwas Interessantes, auch wenn ihr Hinweis zum dreckigen Wasser Zeciass weiterhin ein Rätsel blieb. Aufmerksam verfolgen seine Augen jede ihrer Bewegungen, mit denen sie den Stein in der Mauer löste, einen rostigen Schlüssel hervor zog und damit die unscheinbare Tür aufschloss.
    Für einen Augenblick blitzte der Gedanke hinter seiner Stirn auf, dass es sich um ihr eigenes Haus handeln könnte, in das sie besondere Freier mitnahm. Würde ihn ein Schlafzimmer hinter der Tür erwarten? Noch einmal musterte er die Aufmachung des Flammenmädchens, in dem Versuch, sich die Einrichtung eines solchen Raums vorzustellen, doch als sie die Tür aufdrückte, lag dahinter nicht mehr als eine rohe Steintreppe, die nach unten führte.
    Zeciass nahm Abstand von wilden Mutmaßungen. Die Hinweise genügten bei Weitem nicht und zu raten, brachte ihn nicht weiter. Ihr Satz war nicht hilfreich, dennoch erzielte er die Wirkung, die sie zu beabsichtigen schien. Zeciass wurde in der Tat neugierig. "Du machst es gern spannend", schmunzelte er beim Anblick ihres spitzfindigen Lächelns und betrat die schmale Treppe hinter der Tür. Er musste nur wenige Schritte hinabsteigen bis seine Begleiterin ihm folgte, die Tür wieder hinter sich verriegelte und den Schlüssel in das Loch zurücklegte, das von dieser Seite aus gut zu erkennen war.
    Nichts entging dabei Zeciass' wachsamen Blick. "Wie hast du von diesem Weg erfahren?" fragte er beim Abstieg so unverfangen als suche er nur den Beginn eines neuen Gesprächs. Nebenbei nahm seine Nase die ersten flüchtigen Gerüche wahr, die tatsächlich von verunreinigtem Wasser stammen könnten.

  • „Ich habe so meine Quellen“, ließ sie vermerken, während sie zügigen Schrittes die Steintreppe hinab stieg, beleuchtet durch die Flamme in ihrer Hand. Um so tiefer sie stiegen, um so stärker wurde der Geruch nach brackigem, leicht faulem Wasser und auch die Treppen wurden immer rutschiger. Stellenweiße zeichnete sich sogar grüne Flecken an den steinernen Wänden ab, doch was sie genau waren, wollte man garnicht erst wissen, sodass man lieber Abstand hielt und sich darauf konzentrierte, nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Es gab kein Geländer zum abstützen, sodass man die Treppe hinab fallen würde, sollte man stolpern.
    „Pass auf, wohin du deine Schritte setzt.“ Ihre Stimme klang neutral, sie hatte die Freude aus ihrer Stimme verbannt, um ihre Vorfreude nicht zu sehr zu verraten. Es stieg mit jedem Schritt, was sie in die Tiefe stiegen, bis sie endlich an ein weiteres Tor heran traten. Es war anders als die erste Türe nicht aus Holz gefertigt, sondern glich mehr einem Gitter. Doch auch dahinter waren nur steinerne Wände und Schwärze zu sehen, auch wenn jetzt das Geräusch von Wasser, dass gegen Stein schlug zu hören war und der faulige Geruch nun sehr penetrant war.
    Erelthea machte sich schnell an der Tür zu schaffen, sodass sie weiter gehen konnten. Kurz darauf traten sie auf eine Art Steg, wenn man so wollte, der von grün-schwarzem Wasser umgeben war, in welchen der Unrat der Stadt zu schwimmen schien. Sie trat an den Rand und stieß einen durchdringenden Pfiff aus, welcher in den vor ihnen liegenden Gängen widerhallt und so weiter getragen wurde.
    „Jetzt heißt es nur mehr warten.“

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!