Glücksspiel

  • Einen kurzen Moment, als Tara von seinem Vater spricht, scheint sich die Art von Aran zu ändern und sein Blick wird härter, als er sie ansieht. Leicht schüttelte er seinen Kopf und kurz wurde der Druck seiner Hand, die immernoch die ihrige festhielt etwas schmerzhaft. "Du weißt garnichts," zischte ihr der Pirat mit dunkler Stimme leise zu. "Also sprich nie wieder über meinen Vater oder sonstwas, von dem du keine Ahnung hast. Es könnte dir sonst sehr schlecht bekommen. Ich hab mir mein Schiff verdient, ich hab es nicht nötig Geschenke zu bekommen. Die Seefee ist nicht untergegangen und wird niemals untergehen und ich bin solange ihr Captain, bis ich tot bin, verstanden?"


    Er wandte sich von ihr ab und ließ ihre Hand los, gänzlich unbeeindruckt von ihrer plötzlichen Verhaltensänderung und griff nach seinem Rumbecher, stürzte den kümmerlichen Rest herunter und schlug mit dem Eisenbecher fest auf die Theke. "Nachschub und zwar flott!" forderte er mit zorniger Stimme von der Wirtin, Tara keines weiteren Blickes mehr würdigend.

  • "Was immer du meinst.. Süßer." Antwortete Tara knapp. Ein wunder Punkt. Erschreckend und gleichzeitig faszinierend. Doch Tara hatte nicht vor, sich den Zorn Arans weiterzuzuziehen, in dem sie in dieser Wunde bohrte.


    Nein, sie nahm ihren Rum - den Essandra ihr abermals aufgefüllt hatte und ging zurück an den Tisch, auf dem noch der Würfelbecher mit ihren Würfeln stand. Sollte er sich doch alleine betrinken - und sie würde einfach auf den nächsten Spieler warten, der es mit ihr und ihren Würfeln aufnehmen wollte. Dennoch, ganz so unbeeindruckt ließ sie das Gebaren des Captains nicht und so wanderte ihr Blick ein ums andere Mal wieder zur Theke, wo Aran sich hastig dem Rum hingab.

  • Aran nahm zwar zur Kenntnis, dass sich Tara von ihm entfernte und zu ihrem Tisch zurück ging. Er bekam neuen Rum eingegossen und stürzte den Becherinhalt gleich gierig herunter. Die Lust, sich weiterhin mit dieser Frau zu beschäftigen, schien ihm im Moment doch gründlich verdorben. Allgemein hatte seine Laune sich merklich verschlechtert, was man aber nur an der ungeduldigen Aufforderug nach neuem Rum bemerken konnte. Jedenfalls würdigte er Tara keines weiteren Blickes mehr, sondern vermied es auch nur in ihre Richtung zu sehen und beschäftigte sich voll und ganz damit, sich immer neuen Rum hinter die Binde zu kippen.

  • Trotz der späten Stunde blieb es geschäftig im alten Hafengebiet Nir’alenars. Im Licht der Zaubermuscheln huschten dunkle Gestalten über die Pier. Einige verdrückten sich in finstere Ecken, andere scharwenzelten mit den Frauen, die pure Lust feilboten, oder luden zu den berühmt berüchtigten Würfelspielen ein.
    Nicht viele Stimmen erklangen hörbar. Gespräche wurden geflüstert geführt. Nur ab und an schallte der schlechte Gesang eines Betrunkenen durch die Gassen, während die Kuppel sich so nah empor streckte, dass das nächtliche, schwarze Meer geradezu in der Luft zu schmecken war.

    Ascan saß auf einem der Dächer. Er lauschte bereits seit einigen Stunden in das Treiben hinab, als sich eine größere Horde Angetrunkener auf der stillgelegten Pier zeigte und nahezu geschlossen den Weg in die hinteren Gassen einschlug.
    Niemand von der lachenden und grölenden Meute bemerkte, dass nach einigen Häuserecken eine schwarze Gestalt in die Gasse hinab sprang und sich ihnen schweigend anschloss.


    Der Weg führte natürlich zu einer der Kneipen, die die vergnügungssüchtigen Unruhestifter hier anzogen wie die Motten das Licht.
    Die schwarze Katze’, las Ascan auf einen flüchtigen Blick, achtete dann jedoch darauf, sich möglichst nahtlos an die lustige Runde anzuschließen, als diese die Kneipe geradezu stürmte.
    Am Tresen herrschte in Sekunden wilder Andrang und auch die meisten der Tische wurden sofort in Beschlag genommen, sodass eine nahezu vermoderte Eckbank am anderen Ende des Raumes noch den wenigsten Kontakt zu den Krachmachern versprach…
    Der passende Tisch zur Bank stand nur noch auf drei Beinen und offenbarte bereits zahlreiche Löcher, durch die selbst ein erwachsener Mann seine Faust hätte stecken können.
    Dieser Platz war untertrieben unbequem und die stickige, fast körperwarme Luft riet dazu an, sie vor Gebrauch in atemgerechte Stücke zu schneiden. Dazu der Schweißdunst der Gäste und der beißende Gestank von erbrochenem Alkohol, der sich besonders in der Nähe dieser Eckbank konzentrierte.


    Ascan verbannte jeden weiteren Gedanken. Sein Interesse wandte sich den… Dingen zu, die entweder zur Dekoration oder zur Abschreckung an die dunklen Wände genagelt worden waren.

  • Tara schnaufte. Aran schien sich tatsächlich nur noch dem Suff hingeben zu wollen. Sollte er. Was sollte sie schon mit einem Adelssprößling anfangen. Sofern er überhaupt einer war - was die Rothaarige immer mehr bezweifelte.


    Die Tür ging ein ums andere Mal auf und es wurde lauter in der Schankstube. Tara musterte die Neuankömmlinge. Matrosen. Sie legte den Kopf schief und betrachtete das ein oder andere Exemplar genauer. Keine Piraten. Ein Handelsschiff? Was mochten sie wohl nach Nir'alenar gebracht haben? Ob es sich gelohnt hätte, das Schiff... Tara schüttelte den Kopf. Derzeit war sie nicht viel mehr als eine gewöhnliche Strauchdiebin. Sie wollte gar nicht daran denken, ein Schiff zu kentern. Erst einmal brauchte sie diese Pistolen.


    Dennoch hatte sie nun auch nicht mehr vor, dem Spiel zu fröhnen. Hier waren zuviele Matrosen des gleichen Schiffes, da viel es schwer den einzelnen Einzuschätzen.
    Also nahm die Rothaarige ihre Würfel und schritt erneut zur Theke, wo sie Essandra den Würfelbecher zurückgab und um ein Zimmer für die Nacht bat.


    "Und gib mir noch eine Flasche von deinem Roten mit. Ich werde etwas zum Einschlafen brauchen." Bat die Halbnixe, nahm Schlüssel und Flasche und bahnte sich ihren Weg durch die schwarze Katze. Sie hielt nochmal bei Aran an und hauchte ihm über die Schulter "Wenn du es dir noch einmal anders überlegen solltest - Zimmer 3." - doch die Reaktion des Eisenklinges wartete sie nicht ab.


    Kurz vor der Treppe stellte einer der Matrosen der Rothaarigen ein Bein - gewollt oder unbewußt sei dahin gestellt - und Tara konnte sich nur fangen, in dem sie sich an dem schwarzen Umhang eines Mannes festhielt und diesen fast ebenfalls mit zu Boden riss.

  • Ein paar Kuriositäten, doch nichts, für das…


    Der Ruck riss ihn nicht nur aus seinen Gedanken, sondern auch in eine Position, die er keinem anderen Sylphen je wünschen wollte. Nicht nur ein Glied seiner Schwingen wurde brutal umgebogen.


    Es glich einem Wunder, dass er in diesem Schreckmoment überhaupt noch zu einer Bewegung fähig war, doch gerade das hatte ihm schon zahlreiche Male das Leben gerettet. So schnellte sein Arm bereits vor, griff beherzt zu und konnte ihren unglücklichen Sturz gerade noch abfangen, ohne dass ihr auch nur ein Kratzer zugefügt wurde.


    Neben ihm schlug die Frau zu Boden.

  • "Bei Selurians großem Zeh!" Fluchte Tara beherzt und voller Inbrust, bevor sie sich mit einer schnellen und hektisch anmutenden Bewegung wieder aufrichtete.
    Zornesröte war ihr ins Gesicht gestiegen und das rote Haar hing ihr strähnenhaft vor den Augen. Sie strich es zurück und würdigte Ascan nur eines kurzen Blickes, bevor sie die Matrosen musterte, die in unmittelbarer Umgebung von ihr saßen.


    Einige von ihnen hatten einen Fehler gemacht. Sie hatten bei Taras Sturz gelacht - und wenn die Halbnixe eines nicht leiden konnte, dann wenn man über sie lachte. Wütend stapfte sie auf den erstbesten Matrosen und vermeindlichen Beinchensteller zu, packte ihm beim Kragen und zerrte ihn von seinem Stuhl.


    "Du solltest dich bei mir entschuldigen, Freundchen." Grummelte sie ihn an. "Und wenn du schon dabei bist - bei dem Herrn auch. Los!" Sie zeigte auf Ascan und trat dem Matrosen gleichzeitig auf den Fuß, was dieser wiederrum damit quittierte, dass er sich nun zu seiner vollen Größe aufrichtete und Tara mindestens um einen halben Kopf überragte. Doch die Piratin ließ sich nichts anmerken, hielt den Kerl immernoch beim Kragen gepackt und funkelte ihn wütend an.

  • Aran hatte derweil den Rest des Abends damit verbracht, sich Rum nachschenken zu lassen und ihn dann in sich zu kippen. Vielleicht war es Tara aufgefallen, aber er hatte sie ab diesem Moment, als sie wegging, keines einzigen Blickes mehr gewürdigt. Auch mit den anderen Gästen hatte Aran nichts am Hut und ignorierte sie weitestgehend, auch die Matrosen, die später in rauhen Massen hier eintrafen. Die einzige Art der Konversation, die er in dieser Zeit führte, war mit der Wirtin, dass sie ihm nachschenken solle. Was sie dann auch immer wieder tat.


    Als dann aber Tara sich Richtung ihres Zimmers aufmachte und ihn abermals ansprach, ihm eine sehr eindeutige Einladung machte, da reagierte er zwar nicht sofort, doch als sie weiter auf die Treppe zuging, sah er ihr hinterher. Naja, eigentlich war es eher ein Abchecken des Angebotes, was er da bekommen hatte und eigentlich schaute er ihr nur auf den Hintern. Allerdings kam er so nicht umhin, die folgenden Geschehnisse zu beobachten. Wie Tara stürzte und sich versuchte, an dem schwarz gekleideten Kerl festzuhalten, der sie jedoch auf seinen eigenen Schutz bedacht hinfallen ließ. Aran musste schmunzeln, dieser Fremde war wahrlich ein Gentleman. Auch amüsierte ihn, wie Tara sich plötzlich aufregte. Sie hatte Feuer im Hintern, das mochte er.


    "Noch eine Flasche Rum," sprach er die Wirtin an. Dann kramte er einige Münzen hervor und beglich seine Zeche, griff nach der Flasche, die ihm die Wirtin ausgehändigt hatte und erhob sich von seinem Platz. Tara konnte das alles nicht sehen, denn sie hatte ihm derzeit den Rücken zugewandt und war auch abgelenkt. So trat er unbemerkt hinter sie und gab ihr dann vor allen anderen Anwesenden einen leichten Klaps auf ihren Hintern. Leise flüsterte er ihr dann ins Ohr: "Ich nehme deine Einladung gerne an, meine Süße." Grinsend blieb er neben der Rothaarigen stehen und sah dann zu den anderen hin, den Matrosen und dem Fremden.

  • Zwecklos, noch Halt an der Tischkante finden zu wollen. Das Dreibein krachte widerstandslos mit Ascan zu Boden, der scharf die Luft einzog, die gerettete Rotweinflasche jedoch wacker in der Hand behielt.


    Er spürte die Blicke der Matrosen durchdringender als die Schmerzen in seinen Schwingen. Langsam setzte er sich in den Schneidersitz auf, stellte die Rotweinflasche neben sein Knie und musste nicht lange suchen, um den Rotschopf vor einem besonders großen Matrosen zu entdecken. Was immer sie durchsetzen wollte… die Tatsache, dass sie dabei nicht unbeträchtlich zum Kragen des Mannes hoch greifen musste, begünstigte ihr Vorhaben nicht gerade.


    Am Rande registrierte er den Blick des Mannes, der zu ihr getreten war, erwiderte ihn jedoch nicht. Sein eigener streifte die Wirtin, die - scheinbar unberührt von den Geschehnissen - rasch weitere Gläser voll schenkte. Ascan nahm die Rotweinflasche und erhob sich.

  • "Verdammt, was.. pack mich nicht an!" Spie Tara aus und wirbelte herum und die Hand, die gerade noch am kragen des Matrosen gelegen hatte, in Arans Magen zu rammen - erst im letzten Moment erkannte sie, wer seine Hand dort auf ihr Hinterteil gelegt hatte und fing den Schlag ab. Arans Magengegend blieb unversehrt, doch Taras Augen hatten nichts am glimmenden Feuer verloren.


    "Du kommst gerade richtig, Eisenklinge. Dieser Kerl will sich nicht bei mir entschuldigen... Bei uns entschuldigen."
    Wütend richtete Tara den Blick auf den Matrosen, der sich - befreit von der heißblütigen Piratin - nun wieder gesetzt hatte.


    Alles in allem schien ihn die Situation nicht weiter aufzuregen. Nein, er unterhielt sich sogar wieder mit seinen Freunden, während Tara brodelnd stehenblieb. Irgendwann registrierte sie jedoch, dass es hier weder eine Entschuldigung, noch eine handfeste Schlägerei zu holen gab und richtete den Blick auf Ascan.


    "Ist euch auch nichts passiert?" Fragte sie und ihr Gesicht nahm einen verlegenen Ausdruck an. "Danke, dass ihr sie gefangen habt." Tara deutete auf ihre Flasche. "Was.. was haltet ihr davon, wenn ihr ein Glas mit mir trinkt? Ihr seit natürlich auch eingeladen, Eisenklinge, wenn ihr mögt. Hey, trinken ohne zu zahlen - das sollte euch doch gefallen." Sprach sie und diesmal war in ihrer Stimme noch nichteinmal Hohn zu erkennen.

  • In diesem Moment ging die Tür der schwarzen Katze auf. Ein Matrose kam wie von der Tarantel gestochen, in die berühmtberüchtigte Taverne reingesprungen. Sein Gesicht war weiß wie der Tod. Er bestellte am Treseneinen großen Humpen vom Bier und leerte den Krug wahrlich in einem Zug, ohne abzusetzen. Dann erst schaute er sich um. Sein Blick wirkte wirr und war voller Angst. "Ich hab ihn gesehen. Ich hab ihn gesehen. Er ist hier. Noch einen Humpen. Mein alter Kamerad Nirvel, aber er..." Er leerte den zweiten Krug, dieses Mal aber langsamer. "Nirvel, der alte Halunke." Ein anderer Matrose aus einer Ecke näherte sich: "Mascai, dass ist doch gar nicht möglich. Nirvel ist vor drei Jahren bei einer Messerstecherei umgekommen. Du hast wohl Gespenster gesehen! trink noch einen Humpen, dann geht es Dir besser. Du hast wahrscheinlich nur zuviel gearbeitet."


    Mascai schüttelte energisch den Kopf: "Nein, wenn ich es Dir sage, es war Nirvel. Nur seine Haut war anders und er roch nach Fisch!" Ein lautes Lachen dröhnte als Antwort von einem Tisch in der Nähe. "Ja dann war es wirklich Nirvel, der roch immer streng!" Der Rest ging in lautem Lachen unter. Nur ein immer noch ängstlich dreinguckender Mascai stand am Tresen und trank sein Bier. "Nein, das war Nirvel und auch wieder nicht. Ich weiß doch, was ich gesehen habe. Tote Augen..."

  • Wenngleich sich sein Kopf nie weit genug hob, um ein helleres Zwielicht unter der Kapuze zuzulassen, wurde von Ascan sehr genau verfolgt, was soeben geschah.


    Bei den letzten Worten des Matrosen zuckte er kaum merklich zusammen.


    … langfingrige Nebel, die sich aufs Meer streckten… der Nachtschatten eines fremden Schiffes… verstummendes Wasser… endlose Einsamkeit - für einen Moment… im dunklen Glanz trüber Augen…


    Sein Daumen strich über das kalte Glas der Rotweinflasche, dann richteten sich seine Augen auf die Rothaarige. „Nicht der Rede wert.“ Er schritt auf sie zu, um ihr die Rotweinflasche zurück in die Hand zu legen. „Nur Reflex…“


    Sein Blick wanderte zum Matrosen an der Bar zurück, der sich den Krug an den Mund presste, als wolle er sich gänzlich in ihm verkriechen. „… und den Rotwein… bietet ihr besser dem da drüben an.“

  • Tara beäugte den Matrosen und wandte den Blick dann wieder auf Ascan.


    "Ich glaube eher, der hatte genug Alkohol. Wahrscheinlich hat der ihm so die Sinne benebelt, dass er Gespenster gesehen hat."
    Die Rothaarige rollte mit den Augen. Warum mußten Seeleute auch immer so spleenig sein?
    Doch so kaltherzig wie Tara auch sein konnte - irgendetwas bewegte sie in diesem Moment, zu dem verwirrten Matrosen zu treten. Vielleicht war es die Aussicht, doch noch ein weng Action zu bekommen - wenn die Matrosen sich schon nicht trauten, sich mit ihr eine Schlägerei zu liefern und Aran.. nun ja, sie war sich nicht sicher, ob er noch die notwendige Nüchternheit besaß um überhaupt irgendwas zu tun.


    Laut setzte Tara die Flasche neben dem Matrosen auf und sprach dann mit erstaunlich samtiger Stimme. "Hey, trink das. Wein wirkt in solch einem Moment beruhigender als Bier.. Und dann, dann erzähl uns was passiert ist und wen du gesehen hast, hmm?"

  • Aran schüttelte den Kopf. "Nur Idioten hier," murmelte er so laut, dass es der halbe Raum hören konnte. Er schaute Tara hinterher und verdrehte nun seinerseits die Augen. Dann wandte er sich dem Fremden zu, der den Fehler begannen hatte, in seiner Nähe zu stehen. Ohne zu zögern legte er seinen Arm um Ascan und lächelte ihn an. Seine Augen schienen trieb und glasig, als er dem Fremden in die Augen sah. "Na, mein Freund. Wie ist euer Name? Seid ihr auch der Meinung, dass sich hier zuviele merkwürdige Gesellen herumtreiben? Man sollte doch nur soviel trinken, wie man wirklich verträgt. Ich höre immer auf, wenn ich Sachen sehe, die nicht da sind. Das nennt man Selbstkontrolle. Seid ihr da meiner Meinung, mein dunkel gekleideter Freund?" Ascan stieg der schwere Geruch von hochprozentigen Alkohol, genauer gesagt von Rum, in die Nase. Ein Duft, der eindeutig von Aran ausging, der offenbar schon eine ganze Menge getankt hatte. Wahrscheinlich war das für einen Nicht-Seemann nicht wirklich angenehm, jetzt mit Aran zu sprechen.

  • Ein Schwall übelsten Atems wallte Ascan in die Kapuze und er verzog das Gesicht. Eine einfache Veränderung der Mimik, die seiner Narbe bereits genügte, um ein unheimliches Eigenleben zu entwickeln. Zusätzlich ließ das diffuse Licht der Kneipe die optische Täuschung erschreckend lebendig wirken.


    Flüchtig spannten sich die Muskeln in Ascans lädierten Schwingen. Äußerlich war dabei bloß zu sehen, wie sich eine buckelähnliche Form aus dem Stoff zwischen seinen Schulterblättern streckte und den Arm des Betrunkenen zurückstieß... um sich dann ebenso schnell wieder zurück zu ziehen.


    „Behaltet Eure Hände besser auf den Hintern der Frauen“, knurrte Ascan und ignorierte das gereizte Zucken in seinen Fingern. Sein Blick wanderte zum Tresen, wo sich der Rotschopf mit dem geschockten Matrosen unterhielt.


    Dessen Besorgnis und genauere Informationen interessierten Ascan. Er trat näher.

  • Vielleicht hatte sich Ascan eine andere Wirkung erhofft, aber mit seiner Reaktion erreichte er nur eines und zwar, dass der nach Rum riechende Adelige lachend auf Ascans Rücken klopfte. "Du bist mir schon der Richtige!" meinte er laut lachend und klopfte abermals fest auf Ascans Rücken, während er ihm zu Tara und dem Seemann an den Tresen folgte, sich keineswegs und zu keinem Zeitpunkt davon abhalten lassend, dann wieder den Arm um Ascan legend. Er beugte sich wieder zu ihm hin, leise zu ihm sprechend. "Du magst wohl Fantasiegeschichten, nicht wahr mein Freund? Dann lass man klingende Münze springen, dann wird die Zunge sicherlich sehr locker."

  • "Fantasiegeschichten hin oder her.." Mit einem Seufzen drehte sich Tara wieder von dem Matrosen fort.
    "Er scheint auf jeden Fall nicht geneigt dazu uns mehr zu erzählen."


    Die grünen Augen der Rothaarigen kullerten. Nachdem Wortschwall hatte sich der Matrose an den Tresen gesetzt und war verstummt. Abwesend blickten seine Augen ins Nirgendwo, so als habe er tatsächlich einen Geist gesehen.


    Aber Tara war das reichlich egal. Wenn er dann doch noch reden wollte, solle er es tun. Aber sie würde bestimmt nicht anfangen, das Händchen des Verwirrten zu halten.


    "Tara nennt man mich", entschied sie sich stattdessen das Thema zu wechseln und streckte ihre Hand Ascan entgegen, der immernoch mit dem Atem Arans zu kämpfen schien.
    "Entschuldigt, wenn ich euch gerade angefallen habe. Normalerweise bin ich.. nur halb so stürmisch." Ein fast kindlich scheues Lächeln huschte über Taras Gesicht und wollte im ersten Moment so gar nicht zu ihr passen. Deutlich kamen darin die Freude und Verspieltheit der Nixen zur Geltung - der Wesen, von denen Tara zwar eine Hälfte in sich trug, die nach außen jedoch kaum zu bemerken war.

  • Der erste Schlag traf ihn völlig unvermittelt. Weiße Punkte zersprangen vor Ascans Augen - gleichzeitig zogen sich seine Schwingen hart zusammen. Krampfhafter Schmerz, der seine Wirbelsäule hinab zuckte, doch dafür traf der folgende Schlag nur seine stärksten Schwingenpartien.


    Das Knirschen von Zähnen drang unter Ascans Kapuze hervor. Weiten Schrittes erreichte er den Tresen und hatte gerade noch die Möglichkeit, tief Atem zu schöpfen, ehe sich die menschliche Armfessel erneut um seinen Leib legte.


    Die stinkenden Worte des Besoffenen ertönten nichtsahnend, wie dicht der Sylph davor war, Arans Zunge auf noch sehr viel effektivere Weise zu lockern. Ascans Augen wurden gefährlich weit. In seinen Arm- und Fingermuskeln lief bereits das passende Bewegungsprogramm zu dem Gedanken ab...


    Überraschend streckte sich ihm da aus anderer Richtung eine Frauenhand entgegen. Verwirrt hörte er Taras Vorstellung, doch irritierender war nur ihr Lächeln. Für einen kurzen Augenblick verdrängte es Arans Arm aus seinem Bewusstsein.
    Nach ihrem letzten Satz wandte er kopfschüttelnd den Blick ab, wobei seine Hand routiniert zu seiner Kapuze wanderte. Eine Bewegung, die sowohl als Begrüßungsgeste interpretiert werden konnte, als auch als Sicherstellung, dass der Schatten des Stoffes noch immer weit genug über sein Gesicht fiel. "Stürmisch...", murmelte er. "Diese Eigenschaft ist mir vertrauer, als ihr wohl ahnt, Tara. Es bedarf keiner Entschuldigung."


    Er nahm ihre Hand. "Ascan..." Sein Lächeln veränderte sich "...aber vermutlich bekannter als Bran Boréas."

  • Tara nahm Ascans Hand entgegen und schüttelte sie sanft. Eine Geste, die an diesem Ort fast schon seltsam anmutete. Begrüßte man sich hier doch sonst eher mit der Rüpelhaftigkeit, die Aran an den Tag legte.


    "Bran Boréas.." wiederholte die Piratin Ascans Namen und ließ ihn sich auf der Zunge zergehen. Die Augen nun nur noch zu zwei Schlitzen geformt, sah sie ihr Gegenüber an. Die Kapuze, tief in Ascans Gesicht gezogen, weckte Neugierde in Tara. Sie mochte das Geheimnisvolle und was konnte geheimnisvoller sein, als ein Mann, der sein Gesicht verdeckt hielt?


    Arans Atem stieg in Taras Nase - der starke Geruch nach Rum war ihr mehr vertraut als angenehm - und dennoch sah sie den vermeindlichen Eisenklinge schief an.
    "Wenn ihr meint, dass der Matrose mit Hilfe von ein paar Krabben mehr erzählt - warum gebt ihr sie ihm dann nicht? Oder seid ihr auf einmal doch kein Adeliger mehr?"


    Dann wanderte ihr Blick wieder auf Ascan. Tatsächlich - seine Kapuze wirkte wie ein Versprechen auf etwas Mysteriöses, das entdeckt werden wollte. Für eine neugierige Nixe fast schon eine Herausforderung.


    "Bran Boréas" sprach sie nocheinmal nach. "Ich glaube, ich habe euren Namen schoneinmal gehört.. ich kann mich nur nicht entsinnen, wo."
    Taras Hand wanderte zu ihrer Stirn, wo sie sogleich einige widerspenstige Haarsträhnen beiseite schob.

  • Aran sah zu Tara und lachte leise. Er griff in seine Tasche und holte ein paar Münzen hervor, warf sie dann achtlos vor Tara auf das Halz der Theke. Noch immer belustigt lachend sah er sie wieder an. "Da hast du deine Krabben, mach damit was du willst. Wenn du dich den Saufgeschichten betrunkener Taugenichtse zuwenden willst, ich halte dich sicher nicht ab, Schwester." Er warte garnicht erst ab, ob sie irgendwas darauf erwiedern würde, sondern wendete sich wieder Ascan zu, dem er nochmal einen festen Klaps auf den Rücken gab, beugte sich wieder zu ihm herüber, dabei schlug dem Fremden wieder der schwere Alkoholgeruch entgegen. "Ich merke, das Mädel steht genau wie du auf Seemannshirngespinste. Vielleicht eine gute Chance, sie heute nacht flach zu legen. Halt dich ran, mein Freund." Er zwinkerte ihm anzüglich zu, richtete seine Kleidung und verbeugte sich in der Art des Adels vor den beiden, wobei die Verbeugung durch den Alkoholeinfluss und das Schwanken etwas merkwürdig aussah, dann drehte er sich um und marschierte zum Ausgang.

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