Kaera rührte sich nicht. Als der Schatten seine Kapuze zurückschlug, erstarrte sie. Zu viele Gefühle rieselten ihren Rücken hinab: Freude, Wut, Trauer, sogar Scham. Sie wollte sich nicht für ihre Tränen schämen, die sie in der Nacht vergossen hatte, denn sie hatten ihr Geholfen, hatten geholfen, dass die Nymphe wieder atmen konnte. Dennoch war es ihr peinlich, dass Seoul genau das jetzt sah. Natürlich empfand sie sehr viel für ihn und natürlich hatte es sie getroffen, dass er sie, obwohl er sie erkannt hatte, im Gasthof ignoriert hatte. Die wunderschöne Frau neben ihm war nur noch das Zünglein an der Wage gewesen.
Dass Seoul die Hand nach ihr ausstreckte, schien in Kaeras Augen in Zeitlupe zu geschehen. Sie hatte das Gefühl, dass sich ihr Herz ganz tief im eigenen Körper verborgen hatte; es war der Überlebensinstinkt, der sie schon damals gerettet hatte und den sie selbst verabscheute. Die Nymphe fragte sich, ob die Berührung sie überhaupt erreichen würde... oder würde ihr Herz womöglich ausbrechen? Kaum wahrnehmbar lief ein Schauer durch ihren Körper. In ihrem Kopf kämpften zwei Stimmen. Die eine forderte Kaera auf, Seoul zu vergessen und ihn rauszuwerfen, sie war doch eine Nymphe und konnte jeden haben. Die andere Stimme flüsterte nur ganz sanft, dass sie sich doch nur nach Wärme und Geborgenheit sehtne und sie diese dann doch auch einfach geschehen lassen sollte. So war es nicht verwunderlich, das kein Wort über Kaeras Lippen kam. Aber ihre braun-grünen Augen blickten den Nachtelfen mit großen Augen an.