So schau ich dir ins Angesicht.

  • Fünf Tage waren verstrichen seit Juvenos Rückkehr in sein altes Leben. Tage die er brauchte um sich zu erholen, um das geschehene etwas zu verarbeiten und seinem Vater zu erklären was geschehen war, wobei er die Wahrheit Sicher für sich hütete.


    Doch nun hielt Juveno es nicht mehr aus in den Räumen seines Vaters Haus`, die zwar Licht durchflutet, geräumig und bequem waren, aber nur belebt wurden von seines Vaters sorgenvollen Worten, wie Blicken, und zwei Bediensteten. Immer mehr loderte in ihm wieder das Gefühl auf: Eingesperrt zu sein, und nach der Erlebten endlos scheinenden Leere lechzte sein ganzes Sein nach Leben.


    Dennoch wäre ihm das rege Treiben bei Tage auf den Straßen zu viel gewesen. Er hatte sich an die dunkle Ruhe gewöhnt und wählte deshalb für einen Spaziergang die Nacht, hüllte sich wie deren Sohn in schwarzen Samt, an dem silberne Ornamente den Saum zierten. Aber statt seines Schwertes begleitete ihn ein neuer Gehstock, der sein Gebrechen stützen konnte, der aus Ebenholz und dessen Knauf in Silber einen Dolch in sich barg. Gebrochene schlichte Eleganz. Dunkles für ein zerschmelzen mit der geliebten Nacht, so sein erster Schritt vor die Tür - ja doch zögerlich. Dafür sein erster Atemzug - wie der eines ertrinkenden, sehnsüchtig des Lebens Windes saugen.
    Ein zweiter Schritt in die dunkle Nacht, auf die graue von Schatten bemalte Straße und weitere Schritte folgten, während seine Sinne sich genüsslich labten an dem gedämpften nächtlichen Leben.


    Jeder Windhauch wurde von seiner Haut mit einem Schaudern begrüßt, dabei er des Windes Säuseln wie eine wohl bekannte Melodie empfand, in der ein Chor des Lebens sang - raschelnde Blätter, ächzenden Äste, bellende Hunde, dem Gejammer von liebes tollen Katzen, zirpende Grillen, Rufe von Nachtvögel, rhythmisches Schallen Eisen beschlagener Hufe von schnaubenden Pferden, die eine Kutsche zogen und noch vieles mehr sang in der Windesmelodie. Auch allerlei Betörende, aber auch abstoßende Düfte trug der Wind mit sich zu ihm.
    Juvenos Schritte führten ihn durch ein Schattentheater, das geboren aus den Lichtern der Zaubermuscheln auf den Straßen und den Kerzen, die in den Fenstern der Häuser standen, dabei Juvenos Schattenbild zu einem seiner Statisten machte. Körperlose Gestalten, deren Schattenfratzen ihm entgegen lachten, tanzten zuckend in den Lichter, warfen ihre Mäntel über seinen Körper, um ihn behütend zu geleiten in der allein ihnen schmeichelnden Dunkelheit.


    Er fühlte sich wohl unter den Mänteln der Schatten, schmiegte sich in sie, um so fast ungesehen in Ruhe durch die Straßen gehen zu können. Selig alleine, damit dem nächtlichen Leben zu lauschen, es fühlen und beobachten zu können. So wich er jedem aus, der ihm entgegen kam, bis sich eine ihm wohlbekannte Gestalt aus der Nacht schälte, er das sanfte Funkeln ihrer schuppigen Haut erkannte und er wie angewurzelt einen Augenblick stehen blieb, denn er traute seinen Augen kaum: ...war es denn möglich, das gerade sie es war ? ... sie, die als einzige wusste ... die das Werkzeug meines Todes war. Doch es gab keinen Zweifel, denn umso näher sie kam, umso deutlicher wurde ihre Gestalt und er hätte seine Augen lügen strafen müssen.


    Eine Art Übelkeit gepaart mit Angst wallte in ihm auf, drückte in an die kalte Wand, noch tiefer in die dunklen Schatten, während sich seine Gedanken überschlugen: ... noch hat sie mich nicht gesehen ... Juv, lass sie einfach vorüber gehen !!! ... bleib im Schatten ... doch wenn sie aus einem anderen Munde erfährt das ich lebe ? ..., und dabei erschufen seine Gedanken, bildlich jenen Moment: als ihr Körper ihn Umschlang, sie ihn so mit sich in die Tiefe des Sees riss und ihre Hände, kurz vor seinem Ertrinken, sein Genick brachen: ... ja doch es war erlösend ... dankbar sollte ich ihr sein ... den Dank zollen mit Ehrlichkeit aus meinem Munde ... wovor Angst ? ... sie tat nur, zu was ich sie getrieben hab ... was mein Wunsch war ... nicht mehr, nicht weniger...


    Er atmete einmal tief durch, ehe sich seine Schultern spannten, seine Hand die Kapuze von seinem Kopf strich. Doch nicht gebrechlich wollte er vor sie treten, so fasste er seinen Gehstock in der Mitte, um ihn an seiner Seite zu tragen. Sein Kopf ruckte etwas in die Höhe, als müsse er aus dem Schatten, in dem er stand, auftauchen. Sie war schon fast an ihm vorüber, er musste sich eilen:... Schritt um Schritt ... bloß nicht straucheln ... sie wird meine steifen Schritte hören ... nein ... Worte sollen sie begrüßen und nicht der Anblick eines gebrechlichen Geistes...


    Doch etwas angespannt zerriss nun Juvenos Stimme die Nacht: "Guten Abend Zarasshin "

  • Die Tage waren kurz, die Nächte lang und voller beabsichtigtem Schweigen. Man hatte sie auf Streifzüge geschickt, nahe der Sturmgrenze, sie war ohne Beute zurück gekehrt, ohne nennenswerte Informationen, denn dort gab es nichts zu holen, es waren Lektionen gewesen. Zarasshin hatte sie gelernt, keine Welle je so an ihr gerissen, wie man ihre Eigenart zerrissen hatte. Sie war Yassalar. Jeder Tropfen Blut in ihren Adern, jede noch so kleine Schuppe, die über ihren Körper floss, schrie es hinaus und verlangte, dass sie sich darunter beugte. Es war nicht genug gewesen. Das Netz der Tiefe hielt sie wieder fest umschlossen. Zu viel Zeit an Land, zu viele vergeudete Gedanken, zu viel Bequemlichkeit.
    Du bist Yassalar und es steht dir zu arrogant zu sein. Du wirst aus deiner Unbesonnenheit lernen. Sie hatte Arzachena ins Gesicht gesehen, seinen Blick ergründet, seine Größe und wusste, dass er nicht zögern würde, sie zu töten. Bewahre deine Kraft für Kämpfe, die du gewinnen kannst. Er hatte gewusst, dass sie ihre Möglichkeiten abschätzte.
    Das Leder, das sie trug, war so weich, wie der fließende Stoff der Elfen ... es war ein Geschenk gewesen, ein teuer erworbenes Andenken, das Gegenleistungen forderte und sie mit jeder Bewegung erinnerte, was zu entrichten war. Doch ablehnen hatte sie nicht gewagt. Ein großer, blauer Fleck prangte an ihrer Schläfe, zerschmolzen mit dem Schwarz, sie war nicht zurück gewichen, als auch ihre Lippe litt.


    Schlicht, sie hatte üble Laune, dunkler Drang im bewegten Herzen, das sich hüllte und keine Worte mehr fand. Ihre aufgebrachten Gefühle verloren nur langsam an Glanz. Niemand würde sich einer erbosten Yassalar in den Weg stellen, die still und fest geht, an einem finsteren Ort gefangen war, die darauf wartete, die Schmach, die sie erlitten hatte, weitergeben zu können, ihr Gesicht heimwärts wand, um nie wieder zu kehren, eine Naturgewalt.
    Die Gassen waren verlassen, manch Gelächter zu hören, manches zu erahnen, was an Poltern zu vernehmen war, schien weit entfernt. Ihr innerer Blick, der gleichzeitig grausam, wie sanftmütig war, senkte sich auf verborgene Leben, denen sie hier leicht begegnen konnte. Deshalb war sie sicher, dass eben dieser einer, der sich dort in den Schatten barg, ihr aus dem Weg wich. Wenn jener glaubte, sie habe ihn nicht gespürt, so achtete er die Jägerin gering. Es war ein leichtes Kribbeln in ihrem Nacken, das jenem beschert wurde, der Beute war und Zarasshin verabscheute das Gefühl. Ihre Nasenflügel blähten sich, um die Luft zu sondieren und ihr Gesicht schmolz in ein entzückt fremdes Lächeln. Welch angenehme Gesellschaft, ein Elf.
    Doch nur solange sich das Lächeln hielt, bis sie ihren Namen vernahm. Wer bist du, dass du ihn kennst? Ein Spion der Yassalar?


    "Was willst du? Wenn du Ärger suchst, kann ich dafür sorgen." Ihre Stimme triefte vor Sarkasmus, ebenso trug sie einen feinen Schleier aus amüsiertem Unterton. "Ich denke nicht, dass du bereit bist, dich in den Sturm zu lehnen."
    Die Nacht veränderte sich, wurde enger, etwas Verzweifeltes erwachte in ihr. Über ihr Gesicht legte sich die Erinnerung an den Blutnebel und sie ergab sich kurz dem altbekannten Geruch, bevor sie sich in Gefasstheit hüllte. Und, die Nacht schien sich zu verdunkeln, als die Vorstellung ihre Adern versengte, heiß spülte es ihr Entzücken hinfort, als das Erkennen sich hervor schälte.
    "Sieh an", mehr nicht. Keinen Hauch bewegte sich ihr Körper, während jener, der den Tod mit sich tragen müsste, nach vorne trat, in den Kreis, der ihn nur näher an Zarasshin brachte, gewaltig näher seinen lebendigen Geruch an ihren Schatten, der über das Pflaster floss. Erstarrt war sie, heiß wurde ihr, ihn so nah zu wissen. Aber sie unterband den Reflex, ihn von sich zu stoßen.
    Erneutes Interesse war in ihr entfacht, wenn jemand so unverschämt die Stirn dem Tod bot. Doch keineswegs zweifelte sie daran, was sein kann und könnte ... und niemals schwankte sie in dem Glauben an sich, dass sie es vollbracht hatte, was er sich gewünscht hatte. Sie konnte nicht erklären, weshalb dieses Versprechen gebrochen worden war, allein, sein unschuldiges Antlitz wollte, dass sie die Furchtsamkeit von ihm nahm, auch wenn sie möglicherweise nicht in ihm war. Welch Nuancen Dinge preisgeben konnten, würde man erst nach mehrmaligem Betrachten, gar langem Versenken entdecken können. Und nur deshalb hob Zarasshin zuerst beschwichtigend die Hand, sah kurz verwegen die Straße entlang, bevor eben diese Hand nach ihm griff und ihn wieder dorthin zog, wo die Schatten das Gemäuer fraßen.
    Da war mehr in ihm verborgen, als sie ahnen mochte, kraftvolle Ruhe, doch Zarasshin versagte es sich, noch genauer zu sehen, auch wenn es sie aufmerken ließ, welch samtenes Augenmerk und Verzückung in seinem Blick nun lag. War es der Götter Glanz, der den Geruch des Todes von ihm gewischt hatte. "Wirrer Elf." Sie hatte einfach keine Worte, ließ aber ihre Finger tastend zart über vollendete Wirbel gleiten, Haut, die straffe Muskel barg. Und zwang ihren Blick in den seinen. "Lebendigkeit hatte ich von Euch nicht mehr erwartet."

  • Juveno war wohl schon der Leibhaftige Ärger für Zarasshin und er durchpflügte bereits ihren Sturm alleine durch sein erscheinen. Ungewöhnlich nahe kam er ihr, so das er den salzigen Duft der getrockneten Meerkristallen an ihr riechen konnte und obwohl ihr Körper sich nicht regte, hob das pulsierende Beben ihrer Adern ihre Gefasste Unruhe hervor.


    Da wo zuvor noch ihre Sarkastischen Worte drohend-amüsant über ihre Lippen rann, wurden, bei der Erkenntnis wer er war, ihre weiteren Worte zu wenigen zähen Tropfen, die ein dreistes Lächeln auf Juvenos Lippen malten … ja sieh an ... und sie tat es wie er es tat, doch dabei schwand sein Lächeln, stockte ihm kurz der Atme und legte sich seine Stirn in Falten. Ihr nun so nahe, sah er deutlich das dunkle Mal auf ihrer Schläfe und ihre geschundenen Lippen.
    Fragen türmten sich in ihm auf, während Zarasshin Beschwichtigend ihre Hand hob, dabei seine Muskeln mit einem zucken reagierten, sie dann kurz auf die Straße sah, ehe sie ihn ergriff und mit sich in die Dunklen Schatten zog. Und nein, Juveno sträubte sich nicht, folgte ihrem ziehen bis er wieder die kalten Mauern in seinem Rücken fühlte, denn er war wie sie und begrüßte es - nicht von dritten mit einer Yassalar gesehen zu werden. Aus ihrem festen Griff wurde ein Forschendes tasten und so zärtlich sanft glitten dabei ihre Finger über seine Haut, wie ein Junger schüchterne Fisch der von Neugierde getrieben sich zum ersten male in unbekannte Strömungen wagt, jedoch das pure Gegenstück war ihr Selbstbewusster Blick der sich in Juvenos Blick bohrte. Ein kurzes Schaudern zuckte durch Juvenos Haut doch genauso Selbstbewusst erwiderte er ihren Blick, taucht in das funkeln ihrer klaren Augen, ohne das er dabei Bewusst wahrnahm welchen Farbton sie gerade hatten. Seine Hand hob sich, ergriff die ihre deren Finger ihn so sanft Berührten, und drückte sie mit der Flachen Hand auf seine Brust, so das sie seine Lebenswärme, das pulsieren seines Herzens und die Bewegung seiner Atmung deutlicher fühlen musste.


    Sie hatte ihn so überraschend sanft Berührt, als Berühre sie ein unfertiges Kunstwerk und schien dabei zu fürchten vielleicht etwas von ihm zu zerstören, zudem gefiel es Juveno - Zarasshins sanfte Seite fühlen zu dürfen, und er würde sie erst wieder freigeben wenn sie sich sicher war das wieder Leben in ihm herrschte, obwohl Zarasshin weder sonderlich überrascht noch zweifelnd auf ihn wirkte.


    Fast abwesend erklang seine Stimme: … „ Ja sieh an, ich hatte auch etwas anderes erwartet “, … während sein Blick aus ihren Augen tauchte, über ihr Geschundenes Gesicht glitt, er seinen Gehstock an die Mauer lehnte ohne sehen zu müssen wo, dann sich seine zweite Hand vorsichtig hob und sie einem Windhauch gleich, eine von Zarasshins Haarsträhnen hinter ihr Ohr legte, er sie dabei kaum berührte und als könne er so ihre von Schlägen gezeichnete Schönheit wieder herstellen. Deutlich sah man Juveno dabei an, das er in Gedanken versunken war, ...kein Krieger der von Ehre schlägt in ein Gesicht wenn er nicht absichtlich demütigen will ,... das er kaum glauben konnte das irgendwer gerade Zarasshin im Gesicht so verletzen konnte.


    Man hat Euch schändlich Verletzt“ ...er hätte es nicht noch sagen müssen, schien es mehr sich selbst zu sagen und das fragend klingende: „Wer ?“, wirkte, als sei es aus seinen Gedanken entflohen. Juvenos Hand sank an seine Seite, während die andere weiter die ihre an seine Brust presste.


    Seine Blick huschten kurz auf die Straße, nur um sogleich zurück zu kehren, ihn, ihr auf zu zwingen und ahnend das er keine Antwort auf das: Wer, erhalten würde, sprach er fragend: „ Eure Schritte waren Sicher, scheinen ein Ziel zu kennen. Ist es Jagt oder Flucht ?“

  • So groß ist die Gewalt des Gewissens, wenn sie das Wesen im Zaum halten kann, das von sich selbst behaupten wolle, dass es diese Regung nicht besitze. Sie vermeinte es folge ihr stets derselbe Schatten nach, worauf Zarasshin selbst der Verräter an sich wurde: sie ließ seine Hand ihre Finger umwerben, nur um begierig sein all zu lebendiges Herz zu fühlen. Auch die Schwester schwieg fassungslos, sie erduldet das Gefühl des Feiglings weniger als das es jetzt zu ertragende Wesen, in ungetrenntem Verstehen. Gerade sie fühlte sich betrogen um die Beute, die er noch vor ihrer Nase schwenkt.
    Das Leben in ihm war Zarasshin zuwider, erhob er sich gegen das endgültig von ihr verhängte Gericht. Ihre Kiefer mahlten hart. Doch wer war sie zu bestreiten, was die Götter gefügt? Gerechtigkeit als Verweis zu ihrer Ungerechtigkeit – ist es ein Leben, das ein Ende nicht mehr kannte? Ist der Sturm noch sicher, der Regen, Ebbe, wie Flut? Weiter wagte sie nicht zu fragen. Sie erschütterte die Einheit von Wesen und Körper, dass nicht einmal der Tod ihn zu verschlingen wusste. Hatte er ein ewiges Wiederkommen zu fürchten? Eine niemals endende Befreiung vom Leben – doch viele ruhmreiche Untergänge. Ungetrübtes Denken einer Yassalar, die wieder sein will, was sie zuvor gewesen, bevor ihre Schritte trockenes Land traten, bevor ihre Gedanken Philosophien nachzusinnen sich wünschten … dem Traum nachgaben eines anderen Lebens vom Fliegen … anstatt sich dem ewigen Kampf zu ergeben, der Verständlichkeit der Kriegerin.
    Die Seherin hatte Unrecht gesprochen, sie sollte sich nicht mehr nach diesem Leben sehnen, was in seiner Fülle sich darbot, eintauchen wollte sie zurück im Meer. Hier gab es kein Glück, das einer wie ihr zustehen mochte. Doch noch wollte sie Zurückhaltung üben, die Yassalar zügeln, bevor die Wellen endgültig betäubten, was sie in dieser Stadt zu erleiden gehabt hatte, um ebenfalls neu in der Fülle geboren zu werden. Stark und unnachgiebig würde sie wieder sein, unantastbar für Verlockungen … aller Art.


    Genügte ihm nicht die Intensität der Berührung, forderte er noch mehr heraus, Elf! – was versuchte er zu sagen? Es war nicht seine Entscheidung wieder zukehren in sein Leben? Dies schlug ihr bereits die Lider auf und seine Worte beschwichtigten nicht gerade, was seine Hand verbrach. Dieser wirre Elf trümmerte gar noch auf den Schutzschild ein, den sie ihm gab, in Mitleid, in Anteilnahme gar? Nichts hatte er gelernt, nichts.
    Sie stieß sich ab von ihm, nah blieb sie dennoch, entzog ihm nur den intimen Kontakt. Gefährlich die violetten Augen warnten, keine Fragen zu stellen, nichts erneut von Flucht zu äußern, außer der seinen.


    Hat es keinen Hort für Euch bei den Göttern gegeben, dass man Euch scheinbar gnädig wieder Atem gab? Der Tod sollte endgültig sein, Elf. fauchte sie. Ich habe nichts anzubieten, außer Bedauern und Gewalt. Und auch nicht das Schwert, das ich beanspruche.

  • Zarasshin hatte sich von ihm abgestoßen, drückte ihn fester gegen die Mauer, doch blieb sie drohend nah, sah ihn warnend an und nichts anderes konnte er von ihr erwartet. Das violette Funkeln ihrer Augen glich Amethysten – zwei rohe Edelsteine, deren erhabener Glanz hart, unbeugsam, warnend, drohend, leuchtend die Nacht durchbrach. Aber Juveno hatte sie nicht aufgehalten, um sie bewusst heraus zu fordern und doch tat er es mit seinen aus Sorge geborenen Fragen und mit dem Festhalten ihrer Hand, die ihn wie die Nacht den Tag in sanfter Dämmerung berührte.
    Durch das Festhalten ihrer Hand hatte er erreicht, was er wollte, denn so fühlte sie sein wiedergekehrtes Leben inniger, als gleich welch Worte es ihr bewusst machen konnten. Er hatte so zu sagen: die Dämmerung fest gehalten, bis sie sich von ihm löste und so die Dämmerung verrann in einer violett-funkelnden Nacht.
    Konnten sie anders ? … nein ... ihre Völker waren verfeindet und auch, wenn Frieden herrschte, würden sie sich stets meiden. Sie waren Elf und Yassalar, waren eben wie Tag und Nacht unvereinbar und doch gab es eine Art Dämmerung, in der sie sich berührten.
    An der Mauer lehnend wirkte er kleiner als sie, hätte er sich gerafft, hätte er sie um einen halben Kopf überragt, stattdessen sank sein Kopf hinab, so tief, dass sein Kinn auf seine Brust sank ... Nein - nicht demütig, nur einsichtig und nur ein Augenblick, ehe sich sein Kopf leicht schief neigte, er von unten herauf, mit einem Lächeln im Gesicht, wieder zu ihr blickte.
    Doch sein Blick wurde schnell wieder ernst, suchte das Nichts und deutlich sah man ihm an, dass er nachdachte: Soll ich weiter mit Fragen auf sie einschlagen ? … wurde sie nicht schon genug geschlagen ? … Sicher trägt sie ihr Schild … hat keine meiner Fragen beantwortet … stattdessen schlug sie auf gleiche Art zurück mit ihren Worten … Bei den Göttern, weshalb mach ich mir Sorgen um eine Yassalar ?… sie stellt mein Feind dar … und doch …...
    Das Nichts, in das er starrte, mochte er nicht, es drohte ihm - sich darin zu verlieren, sich darin aufzulösen ... sollte er? ... sollte er einfach gehen? Sein Blick griff zurück, nach ihrem Körper, glitt Nebel gleich darüber.
    Der Grund, weshalb er Zarasshin aufgehalten hatte war geklärt, sie wusste nun und hatte gefühlt, dass er wieder am Leben war. Sie war weder verwirrt, noch sonderlich überrascht deswegen, das Einzige, was sie deutlich zeigte war Wut und diese nicht nur, weil er sie festgehalten hatte. Wollte sie sich mit den Götter anlegen ? … ja, der Tod sollte endgültig sein .. doch die Götter entschieden anders … sein Erscheinen, voller Leben, schien ihrer Tat zu spotten.
    Für Juveno war nur noch eine Frage offen: Hatte sie mit Dritten über das Geschehene gesprochen?
    Doch diese Frage beantwortete sich von selber: Sie trug sein Schwert nicht bei sich und sie hatte es bestimmt nicht zurück gelassen. So rühmte sie sich nicht, in dem sie sein Schwert offen bei sich trug, es schien ihr zu genügen es für sich beanspruchen zu können, es als Zeichen eines Sieges, über einen Elfen, wie ein Schatz versteckt zu hüten. Zudem war das Geschehene rein eine Art Genugtuung für sie und ein gnädiges Geschenk an ihn, das keinen ehrhaften Ruhm an sich hatte und besser nicht mit sich getragen wurde und so würde, gerade sie, nicht mit anderen über das Geschehene gesprochen haben.
    Auch dachte Juveno nicht einmal daran sein Schwert von ihr zurück zu fordern, im Gegenteil, er sah es als einen gerechten Lohn für ihr Geschenk - des Todes, den sie ihm gewährt hatte. Was konnten sie schon dafür, dass die Götter ein anderes Schicksal für Juveno bestimmt hatten ? Sich deswegen weiter gegenseitig anfauchen?
    Oder wie sie es tat, einfach nicht auf die Frage: ...Hat es keinen Hort für Euch bei den Göttern gegeben, dass man Euch scheinbar gnädig wieder Atem gab?“...antworten?
    Nein weder noch, Juveno konnte sich nicht auf das selbe Niveau herab lassen, er wäre nicht mehr er selbst gewesen. So raffte er sich, hob seinen Kopf, doch wandte er sich ab von ihr, ehe seine Stimme die Stille der Nacht zerriss: „Der Hort den es für mich gab, war ein grausames, leeres Nichts und wahrlich bin ich den Göttern dankbar für ihre Gnade, die zugleich Strafe für mich ist.
    Das Bedauern einer Yassalar schmeichelt mir und Eure Gewalt habe ich bereits am eigenen Leib gefühlt, aber ich bin nicht hier, um sie erneut heraus zu fordern. Doch wenn Ihr glaubt, dass Ihr nicht mehr als dies anzubieten habt, irrt Ihr Euch gewaltig.“


    Kurz verstummte er, es folgte eine halbe Drehung, ein Blick, der sich in ihren bohrte, ein Schritt, der sie zurück drängte, sich ihr erneut so nah fühlte, er ihren fauchenden Atem spürte - und eindringlicher wurden seine Worte: „Schwert der Meere, Künstlerin der Steine, Silberner Schatten – Zarasshin … Himmel !... muss ich Euch wahrlich einen Spiegel vor Augen halten !!? Damit ihr mich versteht und nicht als einen wirren Elfen betrachtet“.

  • Wenn alles ganz still ist und man leise lauscht, vermochte man es zu hören, das einzige Geräusch, das wirklich zählt. Das langsam sich steigernde Pochen eines Yassalarherzens, das einem Strudel gleicht, der alles an sich ziehen will, was sich ihm zu nahen droht. Im Grunde kann Zarasshin es nicht verhindern, der Sog begann sich zu drehen, allmählich nur, doch alles beherrschend. Einfach nur, weil es ein Herz ist. Auf seine ganz eigene Art schrecklich verschlingend. Und es ist ihm gleich, ob es Inneres verschlang oder in Gier nach außen drang.
    Wie immer hielt ihr Verstand dagegen, dass es gleichgültig war, ob jener nun lebte oder nicht, ob sie sich mit ihm in nächtlichen Straßen befasste oder auch nicht. Es machte keinen Unterschied mehr. Man sollte meinen, sie sehne sich endlich nach Sand unter den baren Zehen, nach den Strömungen der dunklen Meere, die den schlanken Körper umspielten, dem Salz, das sich durch ihre Kiemen presste - doch ein wenig fühlte sie auch schamlose Faszination.
    Immerhin, wer sich vor einer Reise fürchtete, der würde auch deren Ende fürchten und sie war davon nicht weit entfernt, deshalb verharrte sie still. Jetzt war es mehr jenes, von dem sie sich ablenken, das sie nun aufmerken ließ, während ihre Gedanken tanzten und ihr Herz prall sich füllte. Und sich auftürmendes Verlangen nach seinem Geheimnis, das ihn in ihren Augen lächelnd prahlen gab. Wie der Elf von unten herauf lächelte, nur, weil er wusste und besaß, was alle suchten. Unter dem Todesschlag hindurch tauchen, der größten Welle entkommen zu sein. Wie würde es ein Elf benennen?
    Sieh mich, hießen ihre Augen den seinen, in dem sie sich aufrichtete, streckte, das Kinn nur hob, um ihm mit ihrem Selbstgefühl zu begegnen, als sein Blick es genoss, sie zu mustern. Die Mächte waren hier, in der Erde, in der Luft, im Meer, in ihnen selbst. Sie trotzte ihren Elementen, sie forderte immerwährend heraus - aber er war beachtet von ihnen, in ihrer eigenen Gerechtigkeit, die keiner anderen bedarf. Zarasshin würde daran niemals zweifeln. Und so, was lag hinter den dunklen Spiegeln, in denen sie sich selbst anzustarren gewillt war, welch Erlebnisse trugen zu seinem Verhalten bei? Dass er verändert war, kein Zweifel. Es war der Götter Glanz, der spottete, nicht der Elf, der Gefäß für ihre Macht war.
    Wohl ist er so erbärmlich wie zuvor, sollte alles aus den undichten Stellen herausgesickert sein, raunte die innere Stimme, die nicht zweifelte, dass er gesprungen war, selbst aber nach diesen Rissen suchte. Such nach unseren Narben! Dagegen Zarasshin sich zügeln würde sein Hemd zu lüften, wie auch erneut Hand an ihn zu legen, nein, das wagte sie nicht.


    Und da er nicht sprach, noch sie die Lippen öffnen wollte, blieb Stille. Doch dann sah er sie an und Zarasshin wollte glauben, dass nur sie diese Mimik jemals zu sehen bekommen hatte, niemand sonst. Und das Ausmaß von Eindringlichkeit, mit dem er seine Stimme nachdrücklich belegte, forderte von ihr ungeteilte Aufmerksamkeit, während sie ihre Gedanken leerte.
    Schmerz ist nur der Schatten von sich selbst, er ist demnach schwach, er zählte nicht. Seine Worte konnten nicht verletzen. Deshalb prallten seine Worte ab an ihr, deshalb blieb nur Lachen, belustigt zuerst, spottend, höhnisch, wie es ihr beliebte, laut und zischend zuletzt. Wollte er sie trösten? Bedurfte er doch selbst des Trostes.
    Kalt bis in das Mark fuhr sie auf. Ich konnte ihm nicht den Tod bringen - was begehrt er noch von uns? Sie konnte diese Empfindungen nicht teilen, sie fühlte ermattet. Ihr gierig Herz hatte ein Opfer gefunden.


    Obwohl Ihr zurückkehrtet, sind die Sterne die Sterne, die Nacht, in denen sie sich betten, schwarze Finger malten zum Firmament, dem einst sie so schmerzlich nahe war, der silberne Blick verließ ihn jetzt, noch die Nacht dieser Welt. Die Bewohner dieser Stadt sind noch jene, die sie waren zuvor. So ist auch Zarasshin Asdis das, ihr Blick kam zurück zu ihm, was sie war. Nichts hat sich verändert. Ihre Zunge schnalzte ein sanftes Ts, indes ihre Hand wischte durch die Luft, bevor sie in einem Bogen zurück kam zu seinem Kinn, an dieses sich eine schwarze Kralle legte.
    Und wie Recht Ihr sprecht: Ihr seid noch wirrer als zuvor. Ihr seid verändert, Elf, sucht es nicht an mir, die die Leere nicht zu füllen mag, die Ihr in Euch gesaugt. Und nichts seht Ihr, was es zu zeigen lohnt.

  • Die Vielfalt des Lachens das Juvenos Worte ihr entlockte, konnte auf solch Art wohl nur eine Yassalar von sich geben und doch, gleich wie zischend es zuletzt durch die Nacht hallte, trug sein Echo etwas Entspannung in sich. Auch das drohende Violett ihrer Augen wich dem sanfteren Silber, das ihn kurz verließ als Zarassihn ihre Hand hob um mit ihren Fingern zum Firmament zu deuten. Worte folgten ehe ihr silberne Blick ihn wieder traf und eine Kralle ihrer Hand sich auf sein Kinn legte und Juveno Antwortete ihr, ohne sich zu rühren: "Wahrlich die Welt ist die gleiche, wahrlich auch ihr und doch mit jedem Stück das die Zeit dem Leben gibt und nimmt verändert sie es. Wie das Meer den Stein der Klippen formt ... wie der Wind das Land zum Sandkorn mahlt ... wie ein Wort Gedanken entlockt und ein Gefühl die Seele berührt. Ich habe es gefühlt gesehen gehört und gerochen dieses Nichts und ja es hat mich auch verändert. Doch ihr wollt mir sagen: DIES was ich nun fühle, sehe, rieche, vermöge meine Leere nicht zu füllen. Ihr gebt mir nichts Bewusst und werdet es wohl auch nie, ihr zeigt nichts was nicht auch jeder andere zeigen muss und doch ist es euer Anblick der meine Leere zu füllen vermag, denn ich sehe was es zu zeigen lohnt und müsste blind sein um es nicht zu sehen. Auch muss ich euch nicht euren Spiegel der Schönheit eures Selbst vor Augen hallten, denn sie ist euch wahrlich bewusst und gekonnt und erhaben setzt ihr sie ein, genauso wie ihr sie nun, da sie sichtlich Verletzt, zu schützen versucht".
    Sein Kinn rückte vor, so das ihre Kralle - Rasiermesser gleich, seine Haut aufritzte, nur ein kleiner Schnitt, nur ein tropfen Blut quoll hervor, ehe er weiter sprach:" Doch bin ich jener der kein Yassalar. Doch bin ich jener der kein Blut an euren Händen, Kleidung, keine Schnittwunden sehen kann. Doch bin ich jener der eure Blutenden Lippen und das Mahl an eurer Schläfe sehe und weiß: das wohl außer einem Yassalar keiner euch so demütigen konnte und dies ohne Blutverlust überlebt hätte. Doch bin ich jener der nur ein Wirrer Elf in euren Augen und auch wenn ich es nicht mag, bin ich jener der sich gerade selber fragt: weshalb ich mir Sorgen um eine Yassalar mache, die bestimmt keine Hilfe braucht, noch weniger sie von mir annehmen würde und ich nicht mal in der Lage wäre sie geben zu können. Es sei denn meine Anwesenheit könnte tröstend für euch sein, obwohl ich nichts weiter tue als dreist mit meinen Blicken von eurer Schönheit zu rauben, die gleich wie sie verletzt ich sie erkennen kann und tiefer sehe in des silbern Glanzes eurer Augen.
    Wie war das zuvor ? - die Welt ist noch die selbe ... seltsam nicht wahr?
    Fast seufzend verklangen seine letzten Worte, sog er ihren salzigen Duft aus der Luft in sich auf , während er einen Schritt von ihr zurück trat und seine Kapuze über seinen Kopf tief in sein Gesicht zog.

  • Es gab keinen Bann, der nicht gelöst werden konnte, keinen Knoten, der nicht entwirrbar war. Zarasshin ließ das Schweigen herrschen, denn sie wusste demnach, dass sie frei kommen würde, da sie frei war. Ein jeder brauchte seinen Platz in dieser Welt und wie es schien, hatte dieser, den sie wirr genannt hatte, den seinen gefunden, wo sie noch suchte.
    Und so wurde aus ihrer Betroffenheit Ärger. In der Düsternis, in die sie sich manchmal hüllte, mit ihrem Zorn auf die Welt. Also griff sie nach den Schatten, um ihr Gesicht in deren Maske zu hüllen, aber es blieb eine Maske, was darunter auch immer geschah. Absolut bar jedwelchen Gefühls.
    Zornige Worte waren es auch, welche die Schwester ihr eingab, spottende Sätze, die nur gezielt verletzen sollten, unterdessen Zarasshin langsam Gefallen fand an dem Poeten, der er anscheinend war. Denn sie fand auch das Sandkörnchen, das ihn in Wahrheit erhellte, wenn stete Wellen formten den Stein - so sagte er die Weisheit der Meere. Welch Tiefen der schwarze See seiner Seele barg, glänzten ihre Augen dem entgegen.
    Anmaßend suchte sie in sich ihren Stolz, ihre Kraft, um es ihm entgegen zu speien, denn sie war Yassalar und schon wollten sich ihre Lippen teilen, um unbändig erneut anzufeinden, indes sie ihn doch nur ansehen konnte, um abzuebben. Allein, vielleicht gab es auch neue Gedanken und sie hatte ihm Unrecht angetan, das sie vor ihrem Gehen richten sollte ... etwas ganz Neues: Zarasshin entdeckte, was er in der hohlen Hand wie Worte barg, so dass ein Wasserfall an Worten fiel und doch nur eines mit sich brachte.


    Juveno bot ihr Freundschaft an. Zuneigung, daran konnte sie wenig glauben, eine kleine Quelle bloß. Ein Elf der dunklen Yassalar, die innerlich um Fassung rang, wo sie schließlich unbeeindruckt stehen sollte. Wie ruhig ihr Staunen war.
    Waren noch eben Geräusche in den Gassen gewesen, verdunsteten sie.
    Die brandenden Gefühle verdämmerten in eine ruhige Bewegung, während sie erneut versuchte sie alle an sich zu raffen ... wie Wasserströme, verzweifelt sie darum rang, die nur durch ihre Finger flossen - nur eine Kleinigkeit, es sei dem nicht so, wenn sie unter Wasser kam. Das war der Weg, dies ihr Ziel.
    Milde der Zug um ihre Lippen war, floh der Grimm einem Lächeln entgegen - wohl Vorsicht bot, dass ein hysterisches Kichern daraus entwachsen könnte. War es nicht rechtmäßig, Juveno erblicken zu lassen, wie es in ihr aussah, wie sie erspäht hatte, welche Tiefen verborgen weilten und fähig waren aus ihm hervorzubrechen?
    War Zarasshin gerecht?
    Verstehe, ein Wassertropfen kann noch so klar und brillant sein, doch trifft er auf den Fels, so wird er verdursten, denn es ist nicht sein rechter Platz. Zuerst schmilzt sein Leib, erkennt selbst das wache Auge ihn kaum wieder. Wohl aber im Meer schwimmend, unter seinesgleichen, wird jener den Ozean bereichern.
    Und die ganze Nacht würde sie hören, wenn sie gänzlich die Beherrschung verlöre und schreiend in der Straße stand. Es ist nur der Widerstreit der Bestie mit sich selbst, sagte sie sich unverhofft, um sich darin zu fügen, sie meinte, dass der Elf nur ein niederes Wesen sei - war Mitleid wohl besser als Verurteilen? ... wenngleich sie widersprach, Juveno sei wirklich dreist, wie er selbst von sich sprach - er sah wirklich viel, nicht nur meinte, was er sprach, Sicherheit war um jedes Wort geschnürt. Das imponiere doch. Und liebreizende Worte seien eine Dreingabe, gruben sie tief im Leid ... geschmeichelte Yassalar, deren Schönheit anerkannt.
    Dann stehen uns vielleicht seine Augen zu? Bevorzugt das Drehen der Augäpfel zwischen den Fingern war.
    Ich denke über seine Zunge nach.


    Ihr Arm winkelte sich ohne weiteres von allein, so dass die Lippen jenen Blutstropfen von der Elfen Kinn gesammelt, würde kosten können, an ihre Lippen zu führen, um mit der Zunge daran zu schmecken.
    Yassalarblut ist das nicht, sprach und meinte die Dunkle, auf einmal grinsend, schmeckt es uns all zu dünn. Einladend die Hand sie zu begleiten, hinunter zum See, an dem alles seinen Anfang genommen. Wenn Ihr noch Atem habt, ein Wegstück zu gehen, dann kommt. Wir sollten uns über das unterhalten, was man einer Yassalar sagen - und was man am besten verschweigen sollte.
    Auch ungemütliche Geschöpfe konnten ihre gemütlichen Augenblicke haben.



  • Aus des Kapuzen Schatten funkelten staunende Augen.
    Sollte Juveno seinem Blicke trauen ?
    So unbeeindruckt war ihr Antlitz, als er sprach, auch noch kurz danach, bis sie sich regte, ihre Hand bewegte, sie von seinem Blute stahl und es kostete. Dabei ihre Stimme Klang, geformt von Lippen die sprachen :... Yassalarblut ist das nicht ... und sie auf einmal grinsend weiter sprachen: schmeckt es uns all zu dünn.
    Einladend darauf hin ihre Hand - Himmel ...
    Gab es denn noch Worte?
    Hatte er nicht schon mehr erreicht als er erreichen wollte ?
    Damit hatte er nicht gerechnet, nicht das er von ihr Eingeladen wurde sie zu begleiten wie ein Freund.
    Innehaltend , ja gar unfähig sich zu rühren fand er dennoch Worte:"Wohl wahr wir sind nicht vom selben Blute und wandeln nur auf gleicher Erde die mein halt, doch wohl auf länger Euer Abgrund sein könnte. Aus Euren Worten meine ich zu hören: es zieht Euch zurück ins Meer."



    Über seine Schulter glitt sein Blick, zum Mondensee der ihr Tor zum Meer, doch noch konnte er ihn nicht sehen. Aber allein der Gedanke an den See weckte ein Schaudern in ihm, der wie kalter Stahl sein Rückenmark erklomm. Juveno war sich nicht ganz sicher ob er diesen Weg noch einmal gehen wollte, auch wenn seine Begleitung ein zauberhaftes doch zugleich grauenvolles Wesen der Meere war. Aber wie hätte er nach seinen vielen Worten, die sie wohl bewegten, eine solch Einladung des friedlichen Zusammenseins, abschlagen können?



    Ein leises räuspern entglitt ihm, half im sich neu zu Sammeln, sein Erstaunen zu verbannen. Das Verlangen sein neu geschenktes Leben vollends zu fühlen, lies ihn seinen Kopf etwas anheben und zurück blicken in ihr geschundenes Gesicht, nur kurz, nur einen Augenblick. Dann beugte er sich um seinen Stock von Boden auf zu heben. Silberklang als des Stabesspitze auf das Pflaster traf - seine Stütze, seine Abwehrmauer, mit beiden Händen umschlossen des Stabes Griff, aufrecht stehend neigte er sich etwas vor zu ihr und sprach mit einem Atemzug: "Ich fand Atem im Tode und der wird auch noch für dies hier reichen. Ich freue mich von Euch etwas lernen zu dürfen was nur wenige je lernen werden ...ja sagt mir welche Worte man Euch sagen sollte und welche besser nicht"



    Abwartend mit einem Fordernden Lächeln im Gesicht, blieb er an Ort und Stelle stehen, war nicht gewillt sofort neben ihr her zu gehen als wäre nie etwas geschehen. In seinen Augen spiegelte sich seine Selbstsicherheit nun wieder, die geben konnte und auch nehmen, die sich sicher war das nicht nur er es war, der hier etwas lernen konnte. Nur seine Haltung, die ihr zugewandt, zeugte von seinem Gebeugtem Wessen das doch noch etwas Vorsicht zeigte.





  • Sein Atem reichte anscheinend nicht, blieb Juveno stehen, wo sie zwei Schritte ging. Zarasshin wartete einen Lidschlag wie ewig, doch er rührte sich nicht. Zu gering der Mut, wenn es der Atem nicht war? Er tat Recht, würde er nur einen Moment nachgeben, würde sie versuchen seine Seele zu durchbohren. Die Stille rahmte sie schnell wieder ein, sterbender Hauch der Nachtluft. Viele hatten so vor ihr gestanden, Zarasshin wusste schon, kannte diese Art von Verhalten, wenn alle Muskeln erstarrten. Immer seltener war ihr etwas neu. Geruhsam hatte die Yassalar gelernt, ihren schwachen Herzen zu lauschen, um zu erfahren, das zerbrechliche Leben darin zu begreifen: ein süßer Strom, einschmeichelnde Töne, um ihre empfänglichen Sinne darin zu baden, sich durch Entzücken im Fühlen ihrer Furcht zu ermatten. Längst stieß sie auf den brodelnden Zorn am Grund ihres Seins, eine kämpferische Natur, die sich behaupten wollte. Die Welt schmolz von den Rändern her dunkel, langsam und gemächlich, wenn er nicht bald sprechen würde, wäre die Wahl erloschen, als sie die Bestie erwachen fühlte – jäh wandte Zarasshin sich ab. Um ihre Lippen flackerte ein abwertendes Lächeln auf. Nur keine Gedanken, die ihn langsam zu erdrosseln trachteten, wie riesige Finger, die sich um ihn wanden und zudrückten. Sieh zu, dass das Schweigen sich nicht dehnt, bis an den unerträglichen Punkt.


    Deshalb nickte sie, wandte sich um und ging schon, als dann doch seine, in ihren Ohren zage, Stimme erklang. Abgrund gesprochen für Tod, tief hinab würde es gehen, bis in den Schlund der ganzen Welt, obwohl sie glaubte, dass ihr Abgrund doch mehr im Meer lag, sie dort erwarten würde, nicht an Land. Nicht auf dem Trockenen sollte eine Yassalar ihren letzten Kiemenzug tun, nur im Kampf im nachtblauen Ozean. Ja, da hinein. In das Meer. Zarasshin blieb stehen, mich zu erinnern, was ich bin. Um nicht mehr wiederzukehren.
    Nicht unbemerkt blieb sein Blick, was gab es abzuwägen? Schlimme Erinnerungen, wusste sie, wies sich darauf hin … hier ist er gestorben, dort brach ich ihm sein Genick. Kurz hob sich in Andeutung ihre Hand, doch Zarasshin wusste nichts zu sagen. Ihre Bemühungen waren ehrenvoll, das Ziel gerecht. Gewiss. Sah sie aus der Ferne jetzt diese Zeit kommen und gehen. Und ja, atemlose Flüche auf den Lippen, die sich bebend nach oben zogen, während sie die Zähne aufeinander biss, rot gefärbter Speichel dazwischen hervor quoll. Was geschehen war, so sei es, bringen wir die Zukunft zum Bluten, nicht die Gegenwart. Ganz stramm wurde der geschmeidige Körper, ganz starr, als sie auf seinen Schopf sah, der nach unten entwich. Violett waren die Augen unter hell bewimperten Lidern, wie schnell war das kraftvolle Wesen erregt.
    Die Schwester schmunzelte seinem Lächeln zurück, so lachte Zarasshin auf. Welch entsetzliches Geschöpf er ist. Doch die Feststellung war bar jeder Boshaftigkeit, seltsam nicht?


    Und wiederholt zögerte er – was wollte sein Blick ihr sagen? Nein, nicht doch, von einem Elf? Zugegeben, vielleicht war es möglich, erdenklich ließ Zarasshin Asdis es sogar zu … zu erfahren, aufzufassen, was es von ihm zu geben gab. Kommt schon, wir schwören, wir beißen nicht. Die schwarzen Krallen bleiben, wo sie sind. Ihr Kinn forderte ihn auf, ihr ganzes Wesen tat es, dann barg sie ihre Hände unter den Achseln. Wie kehrt man aus einem toten Leben zurück?
    Ihre Gedanken schwammen ihr bereits voraus, zum See, in dessen verschleierten Tiefen, erst dann drehten sich Schultern und Gesicht. Nicht täuschen lassen, sie fragte sich, was man sagen sollte und was nicht, ein Wagnis des Abwägens allemal. Weist einen Yassalar niemals auf seine Fehler hin, unterlasst es ihm zu offensichtlich schmeicheln, doch vor allem vergleicht ihn nicht mit jemandem, den ihr kennt … nein. So nicht.

  • Kam es ihm nur so vor, als wäre die Nacht plötzlich dunkler als zuvor? ...denn ein Gefühl legte sich über Juveno, das wie ein dunkler Schattenmantel der einengend, schwer und leidlich zu tragen. Wie er es vermutet hatte, war Zarasshins Ziel:... das Meer ...es schien sie schon lautlos zu rufen, an ihr zu zerren mit unsichtbaren Händen - deren Kräfte wie die des Mondes- Ebbe und Flut seit jeher beherrschte. Aber welch Geduldig und Mächtiger Lehrmeister die Neugierde doch sein konnte, denn Zarasshin hatte sich schon von ihm abgewandt, gebar Abstand zwischen sie, doch bei seinen Worten blieb sie stehen.
    Ihre Worte, die auf seine folgten und einen Schwur in sich trugen:… „Kommt schon, wir schwören, wir beißen nicht. Die schwarzen Krallen bleiben, wo sie sind“... wurden eindringlich untermalt von ihrem Gebärden, deren Präsenz dominant fordernd in Juveno Gedanken voller misstrauen, entlockten: glaube ihren Worte wer sie nie erlebt – ich glaub sie nicht und dochsie wird sie halten, je nach meinen Verhalten. Aber noch immer Bewegte er sich nicht, sah sie nur eindringlich an, saugte ihr forderndes Gebärden in sich auf und ließ seine Gedanken dazu kreisen – dreist, als hätten die Götter ihm auch noch die Zeit geschenkt ... Des Nächtens schwarzes Licht, das sich sanft und zauberhaftschön in ihren Silberschuppen bricht zugleich drohend ihr Lilla Blick, ein Spiegelbild von glimmenden Zorns - welch Bild ihr Anblick - zauberhaft mordendende Dualität ... du närrischer und lebenstrunkener Elf, der sich von ihrer verletzten Schönheit berauschen lässt … schau ihr nicht zu tief, aber vorallem nicht noch länger in die Augen ... wohl muss ich neben ihr ein standhaftes Sein wie das von Klippen sein, um ihre innerlich lautlos dröhnenden Wogen glätten zu können, ehe sie über mir zusammen brechen … denn nur zugut Erinnert sich mein Körper noch an ihre schwarzen Krallen.
    Mit Unbehagen, bei dem Gedanken an ihr Ziel, tat er dann doch seinen ersten Schritt, der auf sie zu und so wieder in ihre nähe, dabei entglitt seinem Atem ein nachdenkliches: „hmmmm“ auf das ein : „Gut“ als Antwort auf ihren Schwur folgte.
    Unwissend was ihn am Ende ihres gemeinsamen Weges erwarten mochte ging er neben ihr, so ihrem fordernden Wunsche folgend und seinem Versprechen treu, während er sich fragte: Was für einen Trost seine Begleitung für sie eigentlich haben konnte ? Ein Wahnwitz wenn der Feind zum Freunde wird und was gesagt werden sollte und was nicht, blieb dabei ungesagt, verborgen in den Ecken von Gedankenwindungen.
    Sein Blick sicher nach vorne gerichtet, zerriss fragend seine Stimme, schon nach wenigen Schritten, des Nächtens Stille:“Seit ihr schon mal einem Gott begegnet Zarasshin ?“

  • Als habe er alle Zeit der Welten, zu dem Leben auch noch Äonen zu vergeuden, hinderte der Elf auch die Yassalar am Schritt. Die Aufforderung wollte sie nicht wieder zu sich nehmen und einmal nur Geduld beweisen, noch einmal, bis wieder das Meer zwischen ihnen stand. Also wartete Zarasshin.
    Töne strömten zwischen seinen Lippen hervor, Ausdruck seiner zwiespältigen Empfindungen, man weiß nicht genau, zweifelte an der Gewissheit, mit der Zarasshin sprach. Traue dich, sei mutig, würde sie von sich selbst fordern, so dass es zur Gewissheit wird, auch wenn Vorsicht angebracht war. Sie sprachen für den Elfen, seine Zweifel waren seinem Wissen unerreichbar überlegen, weil sie seinen Schritt zögern ließen, obwohl er wusste, dass sie ehrlich sprach … tat sie es wirklich? Zweifelt ihr daran? Hinter sich glaubte sie einen Schatten wachsen, Wellen sich türmen … Zarasshin zeigte ein freudloses Lächeln, hatten sie beide das nicht schon hinter sich? ... doch was geschehen ist, lässt sich nicht ungeschehen machen, so sei vergangen, was zur Vergangenheit gehört: Schicksalsschläge sind der Schlüssel zum Sinn des Lebens – wollte sie hoffen, dass sein Schicksal ihn auf einen anderen Weg führte, fort von den schlechten Erinnerungen, in denen alte Verbündete weiterleben. Stärke dein Herz, weiche der Stille aus, dann wirst du es immer lebendig spüren, den harten Schlag bis hinauf in den Hals, um sich niemals beruhigen zu lassen ...sein Geruch könnte jedem Hund verraten, dass er voller Beklommenheit steckt! Nahrung derer, die keine Hoffnung mehr kennen. Shht, alles war gut, wir tauften ihn Freund, schon vergessen?
    Der Gedanke an den Tod ist leichter zu ertragen, als die Schande einen Kampf zu überleben! Die Yassalar wusste wohl, wie das Flüstern es meinte. Vergiss all die Worte nicht, die hin und her gegangen sind und die einem die Schuppen auf dem Leib zerfetzen konnten. Ihre Lippe verzog sich spitz, fast entschuldigend kam das Lächeln nun auf ihre Lippen … wir bestehen aus blauen, weiten Gedanken, lass dich mit ihnen treiben … hörte sie gar nicht hin; der draufgängerische, innere Ton stand im Gegensatz zu dem steten Flackern in Zarasshins Augen. Ihre Gedanken ruhten, bei Juveno, nicht bei der Schwester. Ein Schweigen blieb, in dem die Eindrücke sich sammeln.


    Leicht drehte sie sich und wandte ihr Gesicht aus dem blassen Licht, so dass nun wieder das Schwarz den Schatten gehörte, die vor ihr auf der Straße lagen. Bald würde ihrer sich in den Strömungen kräuseln und verzerren … bald. Und Juveno tat den ersten Schritt von vielen, einen Fuß setzen, der andere folgte treu. Ihr fiel auf, mit einem Gefühl, das andere wohl als Freude bezeichnet hätten, dass sie froh war ihn folgen zu sehen.
    Und seine Gegenwart war leicht zu ertragen, denn er blieb, als sei er nie nah gekommen, er ging wie in Sand. Und neben ihr zu gehen war ein Risiko, in jeder Hinsicht: einmal gesehen zu werden, der Edelelf mit einer Yassalar, daneben waren ihre Stimmungen wie Ebbe und Sturm. Nicht die Flut, die dagegen so kraftlos erscheint. Es war nichts Schwaches an dieser Probe, die er sich selbst auferlegte – hatte er nicht dort, am äußersten Ufer seines Ichs Angst vor sich selbst, weil er mutig war? Sag, sprich es ruhig alles aus, kein Wahnwitz – eine Begleitung zum Abschied, als bringe man den Freund zur Tür. Diese eine Nacht würde es bewahren.
    Doch seine Frage hieb in die Stille, sehr unerwartet, so dass Zarasshin von den Pflastersteinen aufsehen musste, las in seinem Gesicht die Ernsthaftigkeit dessen, das sie nicht hatte in seiner Stimme hören können. Ihr Spiegelbild fand sie gewölbt in seinen Pupillen, die starr nach vorne sahen, als könnte er damit vertuschen gesprochen zu haben … ihr Bild ein Echo der Wirklichkeit, wie seine Stimme schon verklungen, wie nie in Schwingung gebracht. In ihrem Gesicht lag eine feine Gier, der silberne Blick auf ihn geheftet, als sollte ihr nicht die geringste Regung darin entgehen. Zarasshin zögerte die Geborgenheit des Schweigens zu verlassen und schnupperte in den Nachtwind, der die Stadt zu ihr trug. Eine Hand strich eine nie da gewesene Strähne aus dem Gesicht.


    Nun –, sagte sie und ließ es wie ein Todesurteil klingen, sie zischte kurz, so leise, wie wenn eine Mundvoll Spucke Heißes trifft, da war mehr Gefühl in ihrer Brust, als sie sich zugetraut hätte. Nein. Schlicht und ergreifend. Diese Ehre bliebe wohl unerreicht.
    Jetzt sah sie ihn kaum mehr, denn die Abstände der Laternen wurden weiter, die Dunkelheit tiefer, als sie sich immer mehr dem See näherten. Ihre, an die in den Tiefen des Meeres herrschende Finsternis, gewöhnte Augen fingen das Restlicht, um alles daraus hervor zu schälen. Und hier sah man den Vorteil des Jägers mit schwarzer Haut, wie Balsam der Nacht: Haut an Luft ohne Licht. Auf einmal knirschender Kies, wollten die Schritte darauf fliehen, vor ihnen ein Weg unter dunklen Bäumen, gebrandet durch Finsternis, den verzagt manche Laterne versuchte zu erhellen. Vor ihnen eine ganz andere Welt innerhalb der Stadt, für sich, ganz eigen – mit viel Grün und Bänken zum Verweilen.
    Was hätten die Götter schon mit ihr zu schaffen? Zu unbedeutend, zu gering, die Tochter einer Yassalar, die sich als zu schwach zum Gebären erwiesen hatte. Ein Stich wie ein Schlag, dort, inmitten ihrer Brust zu den anderen, die dort hin gehörten, nahm sie stillschweigend an, es änderte ja nichts mehr daran. Und tags fällt aus mir der welke Traum, der Nächtens mich umfangen hält. Vergehen sich an ihrem Leben in dem Zurückrufen, dort verweilen, hier im Gestern. Das Blut war ihr erstarrt bis ans Herz, welches nun wieder zu rauschen begann, um sie mit in den Strudel zu nehmen, das war alles. Gefährliche Stille ging von der Yassalar aus, da am Abgrund, ungesehen ... weh und bohrend fieberte ihr Blut, sonderbar nicht, was sie bannte, das Vergangenheit und Gegenwart zugleich enthielt, denn es verfolgte sie manches Mal immer noch; hatte sie nicht eben noch an Schicksal gedacht? Das Unheimliche dieser Bedrängnis ließ sich kaum ermessen, wenn man nicht ein solches Meerwesen war.

  • Ein Hauch von triumphieren zauberte ein verstecktes Grinsen auf seine Lippen – Aber war es denn ein Triumph ? – Sie war noch nie einem Gott begegnet.
    Und er hatte selbst noch keinen Gott gesehen, nur eine Lichtgestalt, die eine Gottesdienerin war.
    Aber weshalb Zarasshin dies verraten? Zu tödlich süß war ihr leises Zischen, dennoch ja, tat er es:
    „Auch ich begegnete nie einem Gott.“
    Neckte er sie gerade insgeheim? Mit dem kaum verstehenden Geheimnis – dem Geschenk der Götter, das sie ihm sein Leben wieder schenkten. Doch ja, er tat es und für einen Lidschlag kostete er es vollkommen für sich alleine aus.
    Schritt um Schritt dem nächsten Abschied näher, friedlich würde er heute sein – aber konnte man sich dessen sicher sein ?


    Sie hatten die Straßen aus harten Steinpflaster hinter sich gelassen und gingen nun auf Kiesel durch eine Allee und unter einem nächtlich dunklen Blätterdach, das von mächtigen Bäumen stammte, die, wie Wächter in Reih und Glied, die Allee bewachten. Zum ersten Male fiel ihm auf, wie ungeschickt er sich bewegte und schmerzlich klang das Geräusch in seinen Ohren, das sein steifes Bein verursachte, beim Gehen auf den gnadenlosen Kieseln. Auch, wenn er sein Gewicht mehr auf sein gesundes Bein verlagerte, konnte er es nicht vermeiden, dass die aufgezwungene Drehbewegung ein Geräusch gebar.
    Es würde ihm wohl nie wieder gelingen lautlos wie früher gehen zu können. Missmut legte sich wie Morgentau auf ihn nieder und ein Zirkus drohte seine Vorhänge zu lichten, in der Manege aus Juvenos Gefühlen.
    Oder brauchte es nur Zeit um es neu zu erlernen ?
    Aber ja, wenn irgendwer Hoffnung in sich trug dann wohl er, denn ihm hatten die Götter neuen Lebensatem geschenkt. Schande dem der aus neuer Hoffnung eine alberne Vorführung machen würde. Trat ich nicht heute Nacht voller Lebenslust aus meinem Haus, Freundlich gesinnt vor meinen Feind und nun bin ich versucht mich einer Motte aus Missmut zu ergeben?
    Nein, er dachte nicht weiter daran, umgehe und vermeide einfach das unvermeidbare. Erneut eintauchen in den berauschenden Tümpel meiner Lebenslust und das an ihrer Seite. Wohl wissend welch Herausforderung dies war, straften sich seine Schultern, sein Kopf hob sich. Wieder suchte sein Blick den ihren, doch tief in die Schatten der Nacht war der ihre gerichtet. Schon vermisste er ihre funkelnden Augen und mit zwei eiligen Schritten holte er auf, zu dicht an ihre Seite - Erschreckend nah. Einem Tropfen gleich - die Augenblicklich folgende Berührung, seiner Hand auf ihrem Arm – dabei überraschend, schmeichelnd Kühl ihre kohlige Haut sich anfühlte.

    Mit einem Mutigen lächeln in seinen Augen – wartend, das ihr Blick den seinen finden würde. Doch zuvor schlossen sich schon seine Finger – wie eine übereifrig schwingende Tür die in ihre Schloss fiel und seine Lippen formten ein: „Verzeiht“ ...aber der Klang des einzelnen Wortes hatte keinerlei kunde in sich: von der Entschuldigung die es eigentlich beinhalten sollte. Bestimmend und Fordernd war es, wie das folgende sanfte führen seiner Berührung, die sie auf Grassiegen Boden, neben den Weg führen sollte.
    Sich umsehen, ob sie wer sah? zu nah Elf und Yassalar? - diese Sorge überließ er ihr.
    Festgekrallt hatte sich sein Blick auf sie.
    Behütend jene Hand die wagte sie führen, bestimmend zu Berühren, während seine leere Hand sich hob und an einen schwarz umhüllten Ort zeigte, in dem sich Wasser spiegelte.
    Ein Ort wie ein Lichtscheues Wessen, das rauschen des Wassers seine Stimme, Bewegt durch lauen Wind und Gekleidet in einen Nächtlichen Mantel, der wärmend vor ungewollten Blicken schütz:
    Nah an ihrem Ziel.

  • Selbst das Schweigen war nicht unangenehm gewesen, als seine Stimme dieses dann brach. Kaum hatte sie noch mit sich um Fassung gerungen, hob sich schon ein halber Mundwinkel, mit zwei flackernden Augen wurde der Elf flüchtig bedacht und ihre Antwort blieb ein Schnaufen. Ein Lächeln, selbst ein halbes, muss nichts bedeuten für ihn, bleibt stets geheim, was hinter der schwarzen Stirn vor sich geht. Ihr Magen schoss ihr den Rachen hinauf und die Sehnen ihrer Hände waren zum Zerreißen angespannt, aber ja, sie blieb gelassen.
    Denn Zarasshin hatte kaum einen Halt mehr hinter dem Blick, der schon kurz zuvor in den See getaucht war, als sie der Fülle gewahr wurde. Der Raum wogte so endlos; einst floss er doch nicht auf einer Stelle – wo rann er jetzt? Sie fühlte dabei, wie die Erde unter ihr nachgab, fühlte sich auf einmal schon warm und weich von Schlamm umschlungen, rasch hinab gesaugt in eine warme, dunkle Tiefe ohne Luft; doch Zarasshin wusste, dass es ihr eigenes Dunkel war, darin sie absoff, wusste, dass sie sich selbst so eng umschlungen hielt, so eisern, dass es kein Entkommen gab.
    Also noch einmal die Sinne sammeln, die es ja für sich nicht einmal mehr erringen konnten, das lautere Geräusch seines Gehens wahrzunehmen. Mögliches und Unmögliches rangen in ihrem Herzen miteinander, keines von beidem fähig, die Oberhand zu gewinnen; ihr eiserner Wille ließ gerade nichts anderes zu. Sortiert wurde, was wichtig war, was nichtig.


    Am Ende wartete das liebliche Meer, das hier, unter der Kuppel in Gefangenschaft eines Sees, scheinbar auf seine Möglichkeit furchtbar zu sein, verzichtet hatte. Sanft war die Brise, die seinen Spiegel nur kräuselte, unerschöpflich wäre sein Farbenspiel unter freien Himmeln. Gerade von diesem mondenen See konnte man sich vorstellen, dass eine Göttin aus ihm aufgestiegen sei, die Herrschaft über alle Lebewesen zu ergreifen. Wer auch kein Herz für die Fülle, hatte mindestens ein Ohr übrig für die Melodie ihrer Stimme.
    Beim Anblick dieses nächtlichen Gemäldes und der Stille empfand Zarasshin zum ersten Mal die wirkliche Art ihrer Natur: die aus ihr selbst kommende Verbundenheit zum Sternenmeer. Jetzt war die Welt wieder viel weicher an den Kanten und sehnsüchtig beneidete sie wohl schon jeden Wind, der seine Schwingen bereits den Küsten außerhalb zu wandte. Jetzt riss sie das wenige Licht an sich, befühlten ihre Augen den dunklen Himmel, der keiner war, verglich Zarasshin das Land mit den Schichten nah am Horizont und mit der Dunkelheit des Sees, der Leere dazwischen. Sie neigte düster den zerschlagenen Kopf, ungeachtet der sorgfältigen Ausführung, war es eine Parodie von dem, was die Yassalar im Grunde fühlte.


    Somit sah Zarasshin seine Schritte, wie ein Stiefel neben ihren baren Fuß kam, so dicht an ihren Leib mündete Juvenos Gehen und sie kam zum unwilligen Stehen; da kam ihr dies Abschweifen der Gedanken zu Bewusstsein und sie entriss sich ihnen durch ein jähes Öffnen der Lider, die sich irgendwie halb geschlossen hatten. In einem wachsamen Zucken raste die Umgebung an ihnen vorüber, während die Schwarze sich an den dünnen Mantel ihrer schuppigen Haut presste, da sie die plötzliche Berührung nicht wahrnehmen wollte: es würde ihm nicht gut bekommen. Sie schüttelte ihre Gedanken zurecht, so dass sie seinem Blick auch stechend begegnen konnte.
    Es war drohendes Schweigen und nach dem Schweigen kam der Laut. „Verzeiht?“, spottete sie leise fragend und zuletzt im Klang versickernd, da seine Stimmlage dies nicht mitgetragen hatte, dann nimm die Hand zu dir zurück. Ein Schleier schien von ihren hellen Augen zu fallen. Eine wohlwollende Warnung am Rande: erschien ihr sein Vorstoß, als habe er vergessen, auf wen er getroffen war. Nur Geduld.
    Wie kann etwas fordernd und sanft zugleich sein? Gibst du auch?, da war er wieder der Spott; zwei ihrer Finger schnitten zwischen den Mündern, die Fäden Atem zerreißen, die da vielleicht gehangen hatten. Noch hatte man keine Gemeinsamkeiten gefunden als den Tod im Meer. Den leisesten Versuch einer Fortsetzung sollte man jetzt und hier im Keim ersticken. An einer Erfahrung wachsen und andere zur Seite schieben, sie zuwachsen lassen an einer neuen Erkenntnis, einer einzigen Form wahrhaft ansichtig werden, so ließ sie sich nicht beirren: nie hatte da ein Freund benannt werden können. Auch wenn sie nun wissen wollte, wie es sich anfühlte. Merkwürdigerweise musste sie wirklich nicht glauben, was sie wusste, mit diesen drohenden Schatten der Yassalar im Nacken konnte man nicht ewig urteilslos existieren – aber wo bliebe da die Hoffnung? Im Gegenteil, je schmerzlicher es werden würde, umso weniger erschütterte es sie. Verrate sie, Juveno, und sie fühlte alles, ja, sich bestätigt.


    Es gab keine Sorgen, ob man gesehen werden könnte – das Bewusstsein des eigenen Stolzes enthob sie solcher Gefühle, denn sie war vom Boden des Gewöhnlichen erhoben. Nun würde es wirklich finster für solche, die des nachts nicht zu sehen fähig waren, verloren sie die Helligkeit der Lampen, das Blätterdach schloss sich und sie setzte mit traumwandlerischer Sicherheit die Füße von der Ferse zu den Zehen, genoss unerwartet das Gefühl des sprießenden Grases, das glatte Gefühl der Steine.
    Zarasshin erstarrte, dort, wohin er sie geführt hatte, nahm sich behutsam aus seiner Führung und starrte in das Dunkel. War es eine Aufforderung? Gewiss, sie sah den See – mehr als das. Sie roch und fühlte die Fülle. Der geheime Genuss strahlte weiter, die Nerven nahmen ihn auf und gaben ihn weiter, er drang ins Hirn und das Herz verdoppelte seine Schläge. In den Fingerspitzen, den Handgelenken, den Schläfen schlug rhythmisch das erregte Blut.
    Das Wasser machte hier sogar, eingeschlossen von einigen Felsen, einen Sprung, hart wie Eis erschien es ihr, so weich wie eine tanzende Fee. In seinem Fall umschwebte luftgleicher Staub das Wasser, webte einen funkelnden Schleier im gedimmten Licht. Ihre Augen im Wasser könnten auch an ihr vorbei in die Parodie eines Himmels sehen. Ein Echo, hin und her geworfen, ein Schall zwischen Himmel und Erde, ein Nachthimmel im Wasser ... das Wasser im Himmelszelt. Keine Form war beständig, kein Sein ewiglich, alles war im Fluss, beständig in Veränderungen begriffen; Juveno hatte es erst bewiesen.
    Eine flache, geschwungene Linie Bäume konnte Zarasshin sehen, die Grenze wie Quecksilber schwimmend auf ihrer Welt … langsam spürte sie, wie der letzte Atem verbraucht wurde, so unbewegt sie sich auch hielt, der Zwang begann, ihre Kiemen wollten ausatmen und verlangten nach frischem Nass. Die geschwollenen Schmerzen im Gesicht verlangten nach Kühle. Noch bedeutete es zwar nicht ihren Tod an Land zu bleiben, noch fand sie Halt unter ihren Füßen ... „Juveno“, sagte sie seinen Namen, gleichmäßig und betont, „hier wird sich unser Weg vorerst trennen, denn wir nehmen an, ein Bad zu nehmen, liegt Euch fern. Diese Nacht also dann: im Guten.
    Lasst nicht zu, dass die Götter mit Euch spielen.
    “ Wie versprochen waren ihre Krallen in Verborgenheit geblieben, ruhend mit ihrem Spott. Sie hielt ihm ihren Arm zum Ergreifen hin, wollte seinen Unterarm nehmen wie Kriegerart.

  • Der See, der vor ihnen lag und seine Umgebung, die sie umschlang, als hätte ein Künstler die Farben vergessen, nur noch mit glitzernden Kohlenkristallen Konturen gemalt, die sich rein in ihrer Tiefe voneinander unterschieden und darin badend Silberglimmer, sinnesfreudig tanzend.
    Ein Rinnsal dunklem Wassers neben ihnen, das stetig rauschend in die Tiefe fiel, nicht mehr als fünf Schritte hinunter in den See, dabei das Wasser den Silberglimmer ausatmete. Nein, sie waren keinen Hügel hoch gegangen, der See lag etwas tiefer. Es gab einige solch Orte, um den See, bei dem sich kleine Quellflüsse mit ihm paarten und liegend in einem Nest aus Stein. Ein vollkommen stimmiges Nachtgemälde und nur die laue Brise – des Künstlers Hand, die Konturen wiegte.
    Behutsam, wie nie zuvor, löste sich ihr Arm aus seiner Führung und wohltuend lautlose Schritte kamen zum Stillstand. Dunkel wie die Nacht und geweitet bis ans Lied waren Juvenos Augen, die bei Weitem nicht das Sehvermögen von Zarasshin erreichen konnten und doch, ja, nahm er jede Bewegung wahr, folgte mit seinem Blick dem Fliehen ihres Arms. Wohlbedacht verschlang ein tiefes Einatmen seine verräterischen Gedanken, wo zugleich Augen dankbar die Details ihrer erstarrten Silhouette vernaschten – dem erregten Pulsieren ihrer Adern, die ihre schimmernde Haut bewegten und die, wie die Schwingen eines Seeadlers, der auf der Jagd nach dem richtigen Moment verharrend in den Lüften stand. Jeden Augenblick erwartete er ihren Sprung ins dunkle Nass. Alles an ihr verlangte es zu gehen und seine Hand zuckte, wünschend nach ihr.
    Doch wozu sie zurückhalten?
    Zu seinem Zeitvertreib?
    Nein, er würde ihr das Gehen zugestehen, sich höflich verneigen und ihr alles erdenklich Gute dabei wünschen.
    Aber da wo seine Gedanken schon einen höflichen Abschied planten, zerriss ihre Stimme die erstarrte Stille. Dabei mit Gleichmut sprach sie seinen Namen und mit Wohlwollen reichte sie ihren Arm auf Kriegerart zum Abschied. Nur die Worte dazwischen:.. „hier wird sich unser Weg vorerst trennen, denn wir nehmen an,ein Bad zu nehmen, liegt Euch fern. Diese Nacht also dann: im Guten.
    Lasst nicht zu, dass die Götter mit Euch spielen.“
    ...hallten in seinen Gedanken wieder und wieder, jagten seinen Blick auf den nächtlich dunklen und kalten, ihnen wohlbekannten See. Seine Haare im Nacken und auf den Armen salutierten vor der Erinnerung. Weggewischt ein höflicher und einfacher Abschied im Guten. Und auch wenn er wusste, dass Zarasshin das nun Folgende, wohl weder interessierte, noch gerade jetzt gebrauchen konnte, begangen seine Hände sich in seinem Mantel zu verlaufen.
    Man konnte meinen: sie fischten nach einem Insekt, doch angelten seine Finger, in den Wellen aus Stoff, nur nach dem einem Silberknopf, der den Mantel schloss. Wie ein kleines Kind, das zum ersten Mal und in Eile seinen Mantel alleine ausziehen möchte, dabei entschlossen aber ohne Groll, seine Stimme:„Im Guten nennt ihr das?... Wirklich?...und nennt mich im selben Atemzug einen Feigling!?... Himmel nicht das Spiel der Götter sollte man fürchten.“ ...Endlich fiel der Mantel zu Boden, etwas schneller und gekonnter entledigte Juveno sich seines Hemdes. „Ich scheue mich vor keinem Bad, auch nicht in diesem See.“ Mit einem Auflachen: „Ihr seht die kleine Insel?“ und schon folgte sein Sprung in das dunkle Nass. Hose und Stiefel behielt er dabei an. Und allemal wie er sich gerade benahm, wäre jeder Harlekin auf einem Markt neidisch über Juvenos dargebrachter Vorführung. Über sich selbst konnte er am besten lachen, es war ihm einfach nicht wichtig, ob wer einen Narren, Harlekin oder verwirrten Elfen in ihm sah. Aber als Feigling wollte er sich selbst nicht sehen und noch weniger, wenn dies andere taten.

  • Er schien ihr unentschlossen, ein Hin- und Hergerissen. In Erwartung nahm sie langsam ihren Arm zurück; der unter der harten Manschette noch dem Druck der Hand nachsann. Da, Juveno sah sie derart an, dass es Zarasshin kribbelte; vielleicht sich nicht bewusst seiner Art, aber so ungefähr im Blick, wo der Weg hingehen sollte: den, wohin sie ihm gezeigt. Die Yassalar sah zum See hinab. Ihre Augen, ein Silbergrau, überhuscht von goldenen Lichtern, gleich dem Flirren der Sonnenreflexen auf einem Wildbach, als sie eine Ahnung bekam.
    Das Gefühl in ihrem Magen wurde zu einem eisigen Stich, der durch sämtliche Adern zu gehen schien und Zarasshin hatte das Gefühl, in dem Abstand zwischen zwei Herzschlägen hängen zu bleiben – alles folgte einem Zyklus, indem nun wiederkehrte, was man nie wieder sehen hatte wollen. Sie hoffte, ihre Miene sei unergründlich; ihre Gefühle derart fest in ihrem Inneren verschlossen, dass sie fast nicht zu ihr zu gehören schienen. Törichter Elf, knurrte sie gedämpft, wem wollt Ihr etwas beweisen, wenn Ihr in den Fluten ersauft?
    Glaubte er die Götter noch an seiner Seite, hoffte er, es auch ohne diese unvergleichliche Hilfe zu schaffen? … wollte er Zarasshin erneut in Verruf bringen oder zählte er auf die Yassalar, wenn ihn seine Kräfte verließen? Das Wasser war schon recht finster, aus der Tiefe käme anderes hervor, die Insel weiter als man denkt … vielleicht schälte sich mit der kalten Fülle die Narretei ab. Jede Bewegung musste ihm hier so fremd, jede Bewegung eine Anstrengung, eine Parodie der Wirklichkeit sein.


    Der Sinn lag ihr fern zu lachen, die Worte auch. In diesem Augenblick zeigte er einer tückischen Yassalar die Wahrheit, wie es um ihn stand. Juveno konnte nicht mehr zurück, Zarasshin glaubte zu ahnen, dass er es nicht mehr würde ertragen können, alles hatte sich verändert und es wieder abzustreifen, wäre unendlich schwer. Sein altes Leben war kalt und fern von all dem, was man ihm im Tod anvertraut, was er erfahren hatte und es in Worte packen wollen klang gleich anders, ungenügend, wie leer. Man musste sich beweisen, um sich zu finden, man klammerte sich an jenen, der die letzten Schritte mitgegangen … man fand Erinnerungen, die leicht zu töten sind, die schon tot waren, seine Sehnsucht nach dem wahren Leben äußerte sich wohl mit jedem Moment, der verstrich und er zögerte.


    Ein Blatt löste sich und segelte vor ihr auf das Wasser und riss sie heraus aus der Gedankenwelt. Das der Pappel war hellgelb gefärbt, hatte die Form einer Lanzenspitze und war regelmäßig gezahnt – es fiel ihr auf, warum auch immer, als sie danach griff und es zwischen die Fingerspitzen nahm. Haben wir ihn Feigling genannt?, fragte sie sich.
    Nur nicht denken, Gedanken zerfressen einen wie der Wurm den Baum. Rechts erhob sich die Böschung mit meterhohem Fingerhut, von da aus wölbten die Bäume gierig ihre Wurzel nach dem Wasser, fleckten die Flanke des Ufers mit Braun und Dunkelgrün. Es war ein Ort zum Heilen, zum Ruhigwerden. Was wollte er?
    Eine Wassergeburt, wie das Meer den Mond gebiert? Hier war er gestorben, vielleicht musste er auch hier neu geboren werden und wies ihre Anwesenheit den Weg in beide Welten? Die Kraft des Wassers ist ungeheuer, denn es ist Kraft und Milde zugleich.
    Es könnte die Frage, wer er ist, neu aufwerfen, wenn er sich hier so anders befühlte, als hätte er sich mit gebundenen Handgelenken übergeben, die das Wasser nun lösen konnte. Keine Form war beständig, kein Sein ewiglich, alles war im Fluss, beständig in Veränderungen begriffen und der Elf hatte noch viel Zeit vor sich.


    Das Gras am Ufer wurde glitschiger, als Zarasshins Zehen den Schlamm zwischen sich fühlten, langsam, ganz bedächtig ging sie weiter, bis sie bis zum Nabel im See stand, ihre Handflächen erschütterten der Sterne Stand am Himmel. Es war kühl, es war ganz weich und dann tauchte die Schwarze gleitend unter, ohne auch nur einen Wasserklang zu beschwören. Der süße Genuss erfasste sie, weil alles auf einmal ganz warm war, die Nerven nahmen ihn auf und gaben ihn weiter, er drang ins Hirn und das Herz verringerte seine Schläge. In den Fingerspitzen, den Handgelenken, den Schläfen schlug rhythmisch das sich beruhigende Blut. Sie ließ sich auf den Abgrund des Gefühls ein, den auszumessen und in den sich hinabzustürzen ihr verlockend erschien. Ihr Inneres riet ihr stets die beiden Welten möglichst wenig zu vermengen, doch noch musste sie hier bei Juveno bleiben.
    Ihre blinzelnden Augen verschwanden unter Wasser, als sie eintauchte und hinauf wieder atmete, sich drehte und den Himmel bestaunte – und, was sagst du jetzt?, fragte sie die Schwester und spürte ihr amüsiertes Grinsen im Bauch. Wart ab, dir wird die Selbstgefälligkeit schon vergehen. Sie biss die spitzen Zähne aufeinander und versank. Die Lider hoben sich und Zarasshin ließ das stählerne Hell des Lichtes unter Wasser auf sich einwirken, lauschte, witterte und verstand … eine flache, geschwungene Linie Wald konnte sie sehen, die Grenze wie Quecksilber schwimmend auf ihrer Welt und mit Leichtigkeit fand sie Juvenos perlende Bewegung, wie sie die Fülle zerschnitt.
    Mit strammen, aber leichten Bewegungen glitt sie neben ihn; er war schon weit gekommen in seinem Wahn. Haltet einen Augenblick ein, forderte sie von ihm, dreht Euch auf den Rücken und hört zu. Sie sah ihn ungeduldig an. Es sind außer uns noch drei Wesen im Mondensee. Wir fühlen ihre Anwesenheit , erklärte sie jetzt, gleich, wer es ist, haben wir ein Problem, wenn man uns bemerkt und erkennt; versteht Ihr das?

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