Der Park (alt)

  • Das Lächeln ihres Gesprächspartners war atemberaubend und einen Moment hingen die Augen von Atashkada an seinen Lippen fest. Als ihre Augen wieder die seinen fanden, sah sie einmal mehr, wie auch dieses Lächeln jene nicht erreichte. Seltsam.
    "Das freut mich Daerid Canvele und ich hoffe von ganzem Herzen, dass sich neue Geschäftsabschlüsse für Euch auftun."
    Kurz nur unterbrach der edle Mann den Blickkontakt und erzählte ihr dann von einem Gedanken, der ihm gerade kam. Aufmerksam lauschte sie den Worten und seiner ungewöhnlichen Stimme. Seine Geste, welche leichte Arroganz vermuten lies, nahm sie mit einem belustigten Lächeln zur Kenntnis. Dennoch begannen ihre Gedanken sich um seine Fragen zu drehen. Deléuna in der Länderei Vakris. In der Stadt war sie schon länger nicht mehr gewesen, aber Vakris hatten sie schon mehrfach bereist. Das Land war durchzogen mit sanften Hügeln und sehr fruchtbarer Erde. Ihr Blick viel auf den Wein und sie schwenkte leicht ihren Becher. Der Wein, welchen die smaragdgrünen Weinberge hervor brachte, war edel und äußerst erlesen. "Corlan Sandaîr ...", sprach sie leise in ihren Gedanken vor sich hin. Der Name passte gerade so gar nicht zu ihren Assoziationen, welche sie mit Vakris in Verbindung brachte. Doch dann war es wie ein schrilles Kreischen ihres Bruders, welches sie die Informationen finden lies. Lang und breit hatte er ihr auf nicht nur einer Fahrt davon berichtet. Er war immer äußerst aufgebracht gewesen, denn er hatte sich so viel versprochen ... "Das Schicksal ist nicht gerade gnädig mit Euch.", begann die Dehoran mit betrübter Stimme und senkte den Kopf etwas. "Es tut mir aufrichtig leid. Man munkelt von einer Liebschaft zwischen Eurem Geschäftspartner und einer hohen verheirateten Frau. Ob dem wirklich so war, weiß leider niemand. Aber man spricht auch über sehr hohe Geldsummen, welche deren Ehegatten vor einer Verhaftung bewahrt haben sollen, obwohl die Beweise wohl sehr belastend gewesen sein müssen." Atashkada war unbehaglich in dieser Situation. Einem ihr Fremden eine solche Kunde zu überbringen und so klang auch ihre Stimme. "Kurz nach der von Euch genannten Prüfung wurde der Herr Sandaîr tot aufgefunden - wie in blinder Rachsucht sei immer wieder mit einer Klinge auf ihn eingestochen worden - ein furchtbarer Anblick soll es gewesen sein ........ so sagt man. Sein Tod warf noch nachträglich einen großen Schatten auf die Prüfung, denn er war tatsächlich als großer Favorit gehandelt worden. Den begehrten Titel des Meisterparfumeurs gewann stattdessen Zarial Berjàr ... Das Parfum, mit dem er gewann war grandios, sagte man mir. Es heißt Thurin. Die Herznote soll aus Gartennelke, Iriswurzel, Jasmin, Maiglöckchen, Narzisse, Rosmarin, Tuberose, Veilchen und Ylang-Ylang bestehen." Als es um das Parfum ging, fand Atashkada wieder in ihre fröhliche und ungezwungene Art. "Kopf- und Basisnote sind natürlich streng geheim. Es hat eine überragende Eröffnung nach dem ersten Sprüher." Belustigt musterte sie kurz den Mann mit den eisigen blauen Augen und beschloss, dass er sich wohl für solcherlei Ausführungen nicht sonderlich interessierte. "Ich könnte Euch nun eine Abhandlung erzählen, ...", lachte sie leise und zeigte mit einer Geste, dass dieses sicherlich nicht sonderlich wichtig war. "...Nur kurz um ... Thurin ist ein sehr weicher und vor allem sehr haltbarer Duft. Verführerisch und geheimnisvoll für viele, die den Duft wahrnehmen. Man denkt an ein Feuer, das in Seide und Chiffon gepackt ist. Einfach eine Verführung wert." Atashkada schenkte Daerid erneu ein charmantes Lächeln. Die Erzählung zu dem Parfum hatte sie von den traurigen Neuigkeiten für den Mann ihr gegenüber etwas hinfort geführt und sie hoffe es würde ihn nicht stören. Und auch wurde ihr bewusst wie oft Nalu ihr von diesem besonderen Parfum und diesen seltsamen Ereignissen erzählt hatte. Nalu, der Jüngste von Atashkadas Brüdern und doch noch fünf Jahre älter als sie, hatte seine Leidenschaft in der Vielfalt von Düften gefunden und versuchte sich immer wieder selbst an eigenen Kompositionen. "Vielleicht könnt Ihr uns einmal in unserem Lager vor der Stadt besuchen, solange wir noch hier verweilen? Ich denke einer meiner Brüder hätte sicherlich Interesse an Euren Waren ..."

  • Daerids Gesicht nahm den angemessen Ausdruck für eine unliebsame und unerwartete Nachricht an - nicht zuu übertrieben. Sacht schüttelte er den Kopf dazu als könne er es nicht so recht glauben, was er da hörte.
    Der Sermon über das Parfum des Begünstigten gab dem Assassinen Zeit für ein paar eigene Gedanken über das Geschehen.
    Es war eine ziemliche Sauerei gewesen, Sandaîr so zu zurichten und der Valisar bevorzugte, nicht daran zu denken. Es bewies allerdings auch die Unzulänglichkeit der ermittelnden Stadtwachen, wenn sie nicht erkannt hatten, dass die Stiche dem Opfer erst nach Todeseintritt zugefügt worden waren...... andererseits - auf ein paar Tricks und kleine Hilfsrezepturen, die auch totes Blut nochmal etwas ausschwemmen ließen, musste man erst einmal kommen. Es war wohl Ironie des Schicksals, dass dennoch ein Mann den Titel des Meisterparfumers gewonnen hatte. Daerid war sich ziemlich sicher, dass seine Auftraggeberinnen dies anders vorgesehen hatten...... Und die untreue "hohe" Frau war nur ihren Liebhaber, nicht aber den ungeliebten Gatten losgeworden. Aber das alles kümmerte ihn nicht. Der Auftrag war reich entlohnt worden und solange alle Welt überzeugt war den Täter zu kennen, spielte es keine Rolle, dass der aufgrund seines Vermögen dem Strick entgangen war. Geschäfte würden sich auch mit Zerial Berjár abwickeln lassen, da war der Assassine zuversichtlich.
    Die Augen des Valisar kehren vom Wein, den er sanft in seinem Kelch hatte kreisen lassen, wieder zu Atashkada zurück und erneut erschien das anziehende Lächeln auf seinem Gesicht "Da spricht die Kennerin - sehr interessant Eure Ausführungen." und nichts an seinem Gesichtsausdruck verriet, dass er kaum zugehört hatte. "Nun - solche Dinge sind natürlich sehr betrüblich." wahrte er den Anstand und bekannte "Aber es war tatsächlich eine reine Geschäftsbeziehung, keine engere Verbindung. Ich denke, ich werde die Zutaten auch anderweitig gut handeln können." Das stand außer Frage und auch wenn Daerid stark bezweifelte, dass ein junger Dheoran sich dieselben würde leisten können, fuhr er artig fort. "Es wäre mir ein Vergnügen, Eurem geschätzten Bruder meine Waren zeigen zu dürfen." Er prostete ihr angedeutet zu und leerte sein Glas. Der Abend hätte aus seiner Sicht kaum zufriedenstellender verlaufen können. Doch die lebhaften blitzenden Augen hatten ihn gewarnt, das Glück nicht all zu sehr heraus zu fordern und so ließ er jetzt den Blick etwas über ihren Tisch hinaus schweifen bis hinauf zur Tanzfläche. "Das Orchester ist hervorragend, nicht wahr ?" schlug er mit verführerischem Lächeln ein aus seiner Sicht unverfängliches Thema an. Sein Informationsbedürfnis hatte Atashkada bis hierhin wahrlich gut gestillt, vielleicht war die schöne Dheoran auch für ein Übereinkommen zu gewinnen, in dieser Nacht noch ganz andere Bedürfnisse zu befriedigen. Und falls nicht, war sie die Sünde des Weins dennoch wert gewesen, resümierte Daerid. "Darf ich Euch noch etwas zu Trinken holen, Verehrteste ?"

    Man beherrscht die Leute mit dem Kopf - mit einem guten Herzen spielt man nicht Schach.


    Nicolas Chamfort

  • Atashkada war froh zu hören, dass es nun keine so schrecklichen Nachrichten für ihren Gesprächspartner waren wie sie befürchtet hatte. Auch wenn diese Nachrichten dennoch von grausiger Natur waren. "Ihr werdet ein gern gesehener Gast sein in unserem Rund.", nickte sie Daerid dankbar zu und erhob - seine Geste erwidernd - ihren Becher und trank von dem Wein. Der Themenwechsel kam der Dheoran sehr gelegen, überbrachte sie lieber frohe Nachrichten als solche über einen Lagerbrand oder einen Verstorbenen. "Ja das ist es wirklich und die Musik lädt sehr dazu ein sich bewegen zu wollen.", sie lächelte fröhlich und blieb einmal mehr an den blassen blauen Augen des Mannes hängen, die das verführerische Lächeln seiner Lippen nicht spiegelten. Noch immer konnte sie nicht greifen, woran dieser attraktive vornehme Mann und seine Augen sie erinnerten. Bei seiner Frage blickte Atashkada abschätzend in ihren Weinbecher und schüttelte sacht den Kopf. "Ich danke Euch vielmals. Aber ein Tanz wäre mir lieber." Nun war es ihr Lächeln, welches verführerisch war.

  • Das Lächeln verblieb auf Daerid's Gesichtszügen wie in Erz gegossen, während sein Blick wieder zu den Tänzern hinüber glitt. Bewegen war das richtige Wort für das Trauerspiel, dass den kundigen Augen auf der Tanzfläche geboten wurde, denn Tanzen konnte man das wohl kaum nennen. Zwischendurch hatten ein Meereself und seine Partnerin kurzfristig dafür gesorgt, dass den zauberhaften Klängen der Musiker etwas Ebenbürtiges zuteil wurde .... im Großen und Ganzen war es jedoch eine Beleidigung dieser Virtuosen, was aus ihren beflügelnden Klängen gemacht wurde. Und eine Beleidigung für Daerid's Sinne. Aber was konnte man auch erwarten, wenn massentauglicher Tanz für alle gesellschaftlichen Klassen das Bild bestimmte.
    Nüchtern wog der Valisar ab, ob seine aparte Gesellschaft die Zumutung wert war, diese Figuren aus der Nähe betrachten zu müssen. SIE würde weder sich noch ihn derart blamieren, da war der Valisar sich sicher. Einer Dheoran lagen Rhythmus und Körpergefühl im Blut - er sollte die restlichen Leute ein Stück weit ausblenden können dafür.
    Ein berechnendes, leicht diabolisches Grinsen erschien auf seinen Zügen als er Atashkada wieder ansah. Sie wollte also tanzen. Daerid verzieh ihrer Schönheit den kleinen Trick, mit dem sie unschicklicherweise beinah eine Art Damenwahl praktiziert hatte. Er schloss daraus, dass auch sie seinen heimlichen Erwägungen nicht völlig abgeneigt war. Denn was war Tanzen schon anderes als das gesellschaftskonforme Ausloten des anderen Körpers, wenn man Leib an Leib schmiegte ? 'Ja' entschied der Valisar für sich. Er verspürte in der Tat ein gewisses Interesse daran, ob die üppigen Rundungen seiner Begleiterin auch bei dieser näherer Betrachtung hielten, was sie versprachen. Und so glitt er mit fließender Bewegung von seinem Platz kaum dass Athashkada's Worte verklungen waren, streckte ihr die Hand entgegen und verneigte sich formvollendet vor ihr. "Dann habe ich die Ehre und das Vergnügen, Euch um diesen Tanz zu bitten, schöne Atashkada." Sein Blick senkte sich auffordernd in ihre Augen hinein.

  • Die Augen ihres Gesprächspartners suchten die Tanzfläche auf, auch wenn er noch lächelte überlegte Atashkada einen Moment, ob er vielleicht gar keine Lust zu einem Tanz hatte. Vielleicht hätte sie doch mit dem netten Nachtelfen tanzen sollen? Nein befand sie ein weiteres Mal, es war richtig gewesen, ihm und der schönen Dunkelhaarigen die Möglichkeit zu geben den Abend miteinander zu verbringen, nachdem sie sie schon gestört hatte - wenn auch ganz unbeabsichtigt.


    Außerdem saß ihr ja nun ein sehr eleganter und ansprechender Mann gegenüber, dessen Gedanken sie gerade gerne kennen würde. Seine Art reizte sie etwas, wie sie sich vergnügt eingestand. Atashkada blickte in ihren Becher und begann ihn betont langsam zu leeren, als Daerid sich bereits erhob. Wenn er so tanzte wie er sich bislang bewegte, würde es ein wahres Vergnügen werden. Sie ließ ihn kurz warten, trank den letzten Schluck und stellte den Becher beiseite. Erst dann fasste sie die Hand des Schwarzhaarigen, raffte die Röcke etwas und erhob sich in ihrer natürlichen Anmut. Die Kälte seiner Haut ließ Atashkada einen Moment stutzen, doch der Herausforderung, die in seinen Augen lag, wollte sie gar nicht widerstehen. "Ich freue mich darauf.", antwortete sie ihm mit blitzenden Augen und genoß die feine Spannung, die sich zwischen ihnen aufgebaut hatte. Züchtig wie es das vielfältige Spiel von erobert werden und sich erobern lassen verlangte, wartete sie, dass der galante Mann die Führung auch zu der Tanzfläche übernahm.

  • Daerid's Augen verengten sich unmerklich als Atashkada ihn exakt den richtigen Hauch zu lange warten ließ, um die Situation reizvoll zu gestalten. Zwar vermochte es den Valisar nicht zu reizen, aber er kannte dieses Spiel in und auswendig und seinem in langen Jahren intensivster Beobachtung geschärftem Auge entging nicht die leiseste Geste oder Andeutung, die seine Begleitung machte. Der Abend bewegte sich auf einen verheißungsvollen Ausklang zu. Zwar kannte der Valisar keine Gefühle, dies hinderte ihn jedoch nicht daran, mit einer Art Wohlwollen die natürliche Eleganz zu bewundern, mit der Atashkada ihm virtuos schelmisch-verführerisch zulächelte, um sich gleich im Anschluss daran scheinbar zahm seiner Führung zu überlassen. Sie beherrschte ihren Part. Nüchtern stellte der Assassine fest, dass sein Körper sich der Anziehungskraft der schönen Dheoran jedenfalls überaus bewusst war. Nun - der hatte auch schon längere Zeit auf derartiges verzichten müssen, denn der Valisar war wählerisch mit seiner Gunst.
    Und Arbeit ging ohnehin immer vor.
    Federleicht und warm lag Atashkada's Hand auf seinem Arm und für einen Augenblick bohrte sich Daerid's Blick in ihre Augen. "Ihr freut Euch zurecht darauf." versicherte er ihr mit der unwiderstehlichen Arroganz, zu der nur ein Valisar fähig war. Nur dass es für Daerid lediglich die simple Feststellung einer unumstößlichen Tatsache war, auch wenn ihm durchaus bewusst war, dass sich sonst kaum jemand zu einer solchen Bemerkung hinreißen lassen würde. Oder trauen würde.
    Ehrerbietig und achtsam geleitete er seine Tanzpartnerin den Weg entlang, den er lange zuvor schon als den störungsfreisten eruiert hatte und tatsächlich zeigte niemand ein Interesse daran, seiner schönen Begleiterin den Weg zu verstellen. Und auch der eine oder andere Betrunkene zog es angesichts des eisig-stechenden Blick ihres hochgewachsenen Begleiters ganz freiwillig vor, sie nur trunken und selig anzuhimmeln. An der Treppe genügten ein paar unauffällige aber um so unmissverständlichere Gesten seitens des Assassinen, um die jungen Strolche, die sich auf ihr herumtrieben, dazu zu bewegen, ihnen augenblicklich Platz zu schaffen. Ihr leises Flüstern wurde von den sanften Klängen der Musik zurück gedrängt, die den Rest ihres Wegs umschmeichelte. Auf der Tanzfläche angelangt, wartete Daerid wohlerzogen ab, bis sich Atashkada ihm zugewandt hatte und führte dann die Hand auf seinem Arm in einer erneuten Verneigung an seine Lippen.
    Das geplante, zweideutige Lächeln erschien auf seinen Zügen als er sie wieder ansah. "Auf das Vergnügen." sagte er mit bewusst leicht rauem Tonfall - diesen seinen jeweiligen Absichten anzupassen, hatte ihn viel Mühe gekostet, aber inzwischen saßen die gewollte Nuancen - und zog den Körper seiner Partnerin eng an den seinen heran und umfing ihn unaufdringlich mit seinem Arm. Mit gelassener Selbstverständlichkeit begann er die schöne Dheoran in die wunderbare Melodie hinein zu führen und stellte zufrieden fest, wie mühelos und elegant sie ihm folgte. Und was er von Atashkada's Körper fühlte während dieser ersten einfachen Schritte zur beiderseitigen Orientierung ...... nun es passierte Daerid nicht häufig, dass seine Erwartungen übertroffen worden. Heute war es soweit. Aber heute nahm er es mit Genuss zur Kenntnis, denn sogar das Parfum, welches sie angelegt hatte, schmeichelte seinem Sinn mit leidenschaftlich seidiger Note und passte perfekt zu den Verlockungen, die ihre Kleider noch vor seinem Blick verbargen.
    Schnell wurde ihre Choreografie mutiger und schwieriger und es befriedigte Daerid's Sinn für Ästhetik, mit ihrer biegsamen Gestalt taktgetreu über die Tanzfläche zu schweben. Atashkada raubte der Unzulänglichkeit um sie herum jede Beachtung von Daerid's Seite.
    Als die Musik wieder zu ruhigeren Klängen überging und ihre Körper sich wieder nah waren, senkte der Valisar seinen Mund an ihr Ohr. "Es ist wahrlich ein Vergnügen Euch so zu spüren, schöne Dheoran." flüsterte er in sanftem verführerischen Ton hinein und zog sie noch näher zu sich heran. Langsam war es an der Zeit, seinen Absichten etwas mehr Nachdruck zu verleihen und zu sehen, was die schöne Frau in seinen Armen davon halten mochte.

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    Nicolas Chamfort

  • Die Arroganz in den Worten des hochgewachsenen Mannes ließ Atashkada leise und amüsiert auflachen. Auch wenn sie nicht wusste was sie darauf erwidern sollte, denn sie war sich in einer unbestimmten Art gewiss, Daerid würde seinen Worten Taten folgen lassen und sie würde sicherlich noch lange daran zurückdenken. So lächelte sie ihn einfach nur herausfordernd an.
    Es gab nicht viele Männer die sich ihrer Selbst so gewiss waren oder dies so herablassend nach außen trugen. Niemand hatte es gewagt sich ihnen in den Weg zu stellen und dennoch fühlte die Dheoran die Augenpaare, die auf ihnen hingen. Selbst die jungen Leute an der Treppe machten ihnen Platz, als hätte eine sehr wichtige Person gerade Einzug gehalten. Immer wieder war ihr Blick kurz zu dem Mann an ihrer Seite gewandert. Diese Augen...
    Atashkada war nicht auf den Mund gefallen und flink, sie hätte sich durchaus gegen Betrunkene und auch jugendliche Draufgänger behaupten können - auf ihre Weise.
    Dies hier war ein Erlebnis, welches ihr so noch nie zu Teil geworden war - umsorgt und hofiert zu werden wie eine adelige Dame von hohem Rang. Niemals hätte sie mit einer solchen tauschen wollen - aber heute Abend genoss sie es an der Seite ihres Begleiters in vollen Zügen. Oben auf der Treppe angelangt erstreckte sich vor ihnen die Tanzfläche und ein paar wenige Augenblicke besah sie sich der anderen tanzenden Paare. Sie waren allesamt fröhlich und schienen sich an den wunderbarenKlängen der Musik zu erfreuen.
    Atashkada wandte sich ihrem Begleiter zu und ein weiteres mal waren seine Manieren perfekt. Sie hätte vor Wohlbehagen fast seufzen wollen. Selten wurde ihr eine solche Aufmerksamkeit zu Teil und noch seltener in dieser formvollendeten Art.
    Mit der freien Hand den Rock etwas zur Seite gehoben, machte sie einen leichten Knicks und sah ihn von ihrer Position einen Moment lang mit sinnlichem Lächeln musternd an. "Auf das Vergnügen, Daerid Canvele." Hatte da auch ihre Stimme eine rauchige Note bekommen? Und konnte sie es sich verübeln?
    Der Mann der sie eng an seinen Körper zog und sie fest, aber auch nicht zu fest hielt, war nunmal ein Bild von einem Mann. Und die Aufmerksamkeit die er ihr schenkte... Die Wertschätzung, die er in seine Gesten legte... Atashkada war gerade dabei gedanklich den Abend etwas weiter zu spinnen, als ihr Tanzpartner die ersten Schritte machte. Fast wie von selbst folgte sie der souveränen Führung und ließ sich komplett darauf ein. Kein Zögern, auch nicht als Daerid schwierigeres Verlangte. Sie verließ sich ganz auf ihr Können und ihr Körpergefühl und natürlich hatte der hochgewachsene Mann recht gehabt. Die fast perfekt auf einander abgestimmten Bewegungen, bereiteten ihr großes Vergnügen und wieder fand sie sich mit ihren Gedanken an einem anderen Zeitpunkt.
    Reizvoll und verheißungsvoll war das Muskelspiel, dass ihre Hände unter der edlen Seide seiner Kleidung ertasteten, geschmeidig und traumhaft sicher jede Figur, in die er sie hineinführte. Ihre Wangen waren erhitzt von der Bewegung und ihr Lächeln verlangte nach mehr. Mehr Tanz, und auch hätte sie inzwischen wenig dagegen einzuwenden, sich noch etwas weiter von Daerid Canveles Aufmerksamkeiten erobern und verführen zu lassen, wie sie sich ohne Schamgefühl eingestand. Es war fast so als hätte dieser ihre Gedanken gelesen. "Das kann ich nur zurück geben werter Herr.", antwortete sie ihm mit sich hebender und senkender Brust, etwas heftiger atmend, als ihre gute Kondition das eigentlich erforderte. Unmissverständlich drückte er sie noch näher an sich heran, als hätte die Tuchfühlung der ersten Runden noch nicht verraten welch perfekt geformter Körper sich unter seiner edlen Kleidung verbergen musste. "Die Nacht ist noch jung, nicht wahr?" gab sie mit vielsagendem Lächeln zurück und hatte aufrichtig Freude daran, die Anziehungskraft zu spüren, die sie aufeinander ausübten.

  • Natürlich konnte sie das nur zurückgeben, befand der Assassine ganz selbstverständlich für sich. Aber es gehörte nun mal zum Spiel dazu, dass sie es auch aussprach. Schamlos glitt Daerid's Blick über ihre vollen Lippen hinunter zur heftiger atmenden Brust seiner Tanzpartnerin. Keine zehn Sekunden Tanz hatte es ihn gekostet, um festzustellen, dass sie absolut nichts weiter trug unter ihrer Bluse. Es gab keine künstliche Vermehrung und in Form gezurrt war auch nichts. Allein schon deswegen wäre die überreiche Pracht, die sie ihm da dar bot, auch ganz ohne sonstige Ambitionen einen genaueren Blick wert gewesen. In der Kombination mit ihrer lebensbejahenden Fröhlichkeit sprach es Daerid's Sinne und Instinkte gleichermaßen an, wie er kühl feststellte. Es passte ihm gut ins Konzept, dass die Dheoran einer Fortführung des gegenseitigen Umgarnens offensichtlich nicht abgeneigt war, wie ihr verführerischer Tonfall und der Augenaufschlag bewiesen.
    Der Valisar hätte dieses Balzen nicht gebraucht, aber er war bereit, es der Schönen zuzugestehen. Leistung gegen Gegenleistung, das Prinzip war ihm bestens geläufig und Perfektionist wie er nun einmal war, würde es auch hier keine halben Sachen geben.
    Betont langsam fuhren seine Augen über ihren Körper zurück, bis sich sein Blick wieder in ihre Augen senkte, sein Gesicht zu einem Lächeln höchster Anerkennung geformt. "Wohl gesprochen, schöne Atashkada." flüsterte er mit gezielt sanfter Stimme. "Und sie verheißt, was man kaum zu erträumen wagte." Es war längst zu dem Schluss gelangt, dass sie eine selbstbewusste Frau mit Erfahrungen war, geradeheraus, kein jungfäuliches Püppchen, dass man mit zu direkten Komplimenten womöglich verschreckte. Ihr freier Geist würde im unverhohlenen Begehren den Reiz der Jagd empfinden und das Abenteuer des Augenblicks genießen können. Und sich erobern lassen, wenn es ihr gefiel. Und das Wichtigste: Für eine Dheoran würde es keine falschen Liebesschwüre für die Ewigkeit brauchen, um ihre Gunst zu gewinnen und nachfolgend weder Tränen noch Eifersuchtsszenarien geben. Sie hingen ebenso an ihrer Freiheit und Unabhängigkeit wie er selbst.
    Nach den ruhigeren Klängen, die dem Valisar zusätzlich zu seinen gedanklichen Betrachtungen daneben auch ermöglichten, die Fortsetzung des weiteren Abends und die Eroberung der Dheoran ähnlich einem Kriegsherrn zu planen, griffen die Musiker bald einmal wieder flotter in die Saiten und Tasten ihrer Instrumente. Ein wahres Feuerwerk aus Rhythmus und Klängen forderte die Tänzer nun geradezu zu ebensolchen Höchstleistungen auf. Konzentriert ließ Daerid seine Partnerin um sich herum wirbeln, jederzeit auf das Sorgfältigste darauf bedacht, dass sie zu keinerlei Blöße von ihm genötigt wurde und er jeden Fehltritt augenblicklich hätte auffangen können. Doch es gab keinen. Perfekt auf ihn eingestimmt wie die Instrumente des Orchesters es aufeinander waren, tanzte Atashkada anmutig und leicht in seinen Händen und Daerid musste zugeben, dass er mit der Dheoran auch im prunkvollen Ballsaal eines Hohen Hauses keinesfalls unangenehm aufgefallen wäre. Der feurige Tanz erwärmte sogar seinen Körper ein wenig, wie er distanziert bemerkte - auch wenn er ihn zu keinem Zeitpunkt als Anstrengung bezeichnet hätte. Eine letzte gekonnte Drehung, eine letzte wirbelnde Pirouette und exakt zum grandiosen Finale des Stücks lag Atashkada in Fallpose an seinen Oberschenkel gelehnt und von seiner Hand im Rücken gehalten, die andere stütze ihr erhobenes Bein und hielt zugleich schicklich den Rock über jeden etwa zu tiefen Einblick. Die Tanzfigur erlaubte dem Assassinen den uneingeschränkten Blick auf ihren heftig atmenden, hingegebenen Körper und Daerid entschied endgültig, dass er sie genau so sehen wollte später. Musste. Sie würde ein unvergessliches Kunstwerk bilden in ihrer entfesselten Leidenschaft.
    Ein anerkennendes, begehrliches Lächeln stand wohl modelliert in seinem Gesicht und er ließ sich sogar dazu herab, ebenfalls etwas betonter zu atmen. "Die Versuchung dieser Nacht ist wahrlich übermächtig, Atashkada aus dem Feuer des Nelio." bekannte er anzüglich und mit rauchiger Stimme und ließ erst gar keinen Zweifel daran aufkommen, dass er ihren eindeutigen Anblick unter sich genoss. Und sie trotzdem auf das leiseste Anzeichen von ihr hin augenblicklich wieder aus ihrer Position herausholen und aufrichten würde.

  • Langsam fuhren die blassen Augen des Hochgewachsenen über Atashkadas Körper und es kam fast einer Berührung gleich. Ebenso seine Worte streichelten sie, in jedem Fall ihr gesundes Selbstbewusstsein. Schon lange hatte die Dheoran die Unliebsamkeiten der vergangenen Tage vergessen und widmete sich ganz dem Hier und Jetzt. Es wäre eine Sünde gewesen dies nicht zu tun.
    „Ihr wisst wahrlich, wie man einer Frau Komplimente macht.“, sagte sie leise und lächelnd. „Aber bislang habe ich noch keinen Grund zur Beschwerde gefunden. Ganz im Gegenteil.“, stellte sie mit wachsender Lust fest.
    Die Musik wurde fordernder und so auch die Bewegungen von ihrem Tanzpartner. Mittlerweile hatten sich ihre Bewegungen ausnehmend gut aufeinander abgestimmt, Daerid führte die Dheoran fast in Vollendung über die Tanzfläche, als hätten sie noch nie etwas anderes getan.
    Atashkada hatte schon sehr viele Tanzpartner gehabt und oft schon stand man sich gegenseitig auf den Füßen. Gerade bei den ersten Versuchen mit Fremden, selbst mit Ihresgleichen. Aber nicht mit diesem Mann, jede Bewegung, jede Führung ihrer Person war so vollkommen, dass sich nicht einmal ihre Füße unbeabsichtigt gestreift hätten.
    Die Dunkelhäutige hatte sich längst der Führung ihres Tanzpartners völlig anvertraut. Verlor sich in der Musik und den Bewegungen zu ihr. Jedem Schritt, jeder Berührung, jeder Drehung bis sie sich in der – von ihrem Partner erwählten – Endtanzpose befand. Den Rücken durchgebogen, die Haarspitzen berührten den Boden der Tanzfläche, ein Arm nach hinten gestreckt. Sicher und fest gehalten. Die Brust der Dheoran hob und senkte sich heftig, als sie langsam den Blick hob. Sollte das vielleicht nur der Einstand auf Weiteres sein…? Daerids Worte ließen keinen Zweifel daran und sie lächelte ihn sinnlich an. „Vielleicht ist es dann an der Zeit, der Tanzfläche den Rücken zu kehren?“ Sie genoss es den Blick des arroganten Mannes auf sich zu spüren und dachte nicht daran diese Pose ihrerseits zu beenden, selbst sollten andere Augen auf ihnen hängen. Sie hielt ihren Blick in den kalten Augen, deren Rätsel sie nach wie vor faszinierte.

  • Sie hatte keine Angst, wie Daerid anerkennend feststellte. Nicht vor ihm, nicht vor den Blicken der Leute um sie herum und ganz sicher nicht vor dem, worauf ihr Spiel aus doppeldeutigen wie eindeutigen Anspielungen hinaus lief. Obwohl sie sich ihm völlig überlassen hatte in diesem Tanz und erst recht in dieser Endposition. Er nickte kaum merklich, die Lippen immer noch zu dem genüsslichen Lächeln geformt. "Euer Wunsch ist mir Befehl." schmeichelte er der Dheoran und hob sie unendlich langsam aber vollkommen mühelos wieder zu sich empor. Keine Sekunde ließ er dabei die Augen von Atashkada, deren Körper ihm weich und biegsam folgte, bis sie wieder sicher auf ihren Füßen und in seinem Arm Halt hatte. Erneut führte er die warme Hand an seine kühlen Lippen. "Ich danke Euch für ein höchst vergnügliches Erlebnis, schöne Dheoran." sagte er dann zu ihr - und musste seiner Tanzpartnerin dafür nichts vorspielen, denn er zollte ihr tatsächlich ehrlichen Respekt für die tänzerische Leistung, die sie hier geboten hatte.
    Formvollendet bot er ihr sodann seinen Arm, um sie von der Tanzfläche zu geleiten. In beabsichtigter leichter Ungehörigkeit neigte er den Kopf zu ihr hin "Ihr seid ein klein wenig erhitzt, Verehrteste." hauchte er dabei mit leiser Ironie in ihr Ohr hinein. "Was würdet Ihr davon halten ein wenig im Mondschein zu flanieren, um wieder zu Atem zu gelangen ? Auch ließe sich dabei sicher besser eine Unterhaltung führen als ...."
    Sie hatten die Treppe erreicht und Daerid's unverhohlen missfälliger Blick glitt von oben über die mittlerweile doch recht beachtliche Zahl trinkfreudiger Gäste, die immer noch eifrig Wein und Bier zusprachen und dabei ungeniert lachten und sich laut unterhielten "...... hier." beendete er den Satz. Niemals würde er sich so gehen lassen.
    Langsam schritten sie die Stufen hinab, nach wie vor machten ihnen die jungen Gaffer beinah ehrerbietig Platz. "Was haltet Ihr davon, Atashkada?" wandte der Assassine sich wieder mit sehr charmantem Lächeln an sein Zielobjekt. Wobei das anvisierte Ziel dieses Mal ein ausgesprochen harmloses war. Und für den Valisar zusätzlich längst eine willkommene Gelegenheit, ganz nebenbei einige seiner einstudierten Talente zu überprüfen.

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    Nicolas Chamfort

  • Es war ein unbeschreibliches Gefühl, von den Armen dieses Mannes gehalten zu werden, sicher und doch auch aufregend zugleich. Atashkada hatte auf einen unterhaltsamen und lustig-leichten Abend gehofft und bisher war sie nicht enttäuscht worden. Und nun? Nun sollte der Abend noch intensiver werden. Ein leichtes Nicken verriet die Zustimmung des edel gekleideten Mannes und ganz langsam holte er sie wieder auf ihre Füße. Ihre Finger fühlten das feine Muskelspiel unter dem edlen Stoff und es ließ ihre Neugier weiter ansteigen.
    Der Kuss auf ihrer Hand, eines zarten Eishauches gleich, ließ ihre Nervenenden leicht kribbeln, aber es war keineswegs unangenehm. Auf seine Worte hin lächelte Atashkada Daerid sinnlich an. "Auch Euch gebührt ein Lob, werter Herr. Ihr habt wahrlich nicht zu viel versprochen.", antwortete sie ihm und nahm den ihr gebotenen Arm nur zu gerne an.
    Atashkada's Augen blitzten bei der Bemerkung von Daerid. Es war sicher nicht der Tanz der sie erhitzt hatte. Sondern dieses sinnliche Knistern zwischen Ihnen beiden an dem sie zunehmend Gefallen gefunden hatte. "Wundert es Euch?", fragte sie ihn leicht schelmisch und ließ sich seinen Vorschlag kurz durch den Kopf gehen. Die Zeit verging rasch in der zuvorkommenden Gesellschaft Daerids und so gab es zwischen den Tischen und Bänken mittlerweile immer mehr torkelnde und ungezwungene Gestalten. Es erinnerte die Dheoran an die eigenen Feste die hier und da von ihrer Familie veranstaltet wurden. Es störte sie nicht, wenn gesellschaftliche Konventionen und Hemmungen nachließen. Sie wusste damit umzugehen, auch wenn manche Leute hier und da etwas lästig wurden, wenn sie dem Alkohol zu sehr zugesprochen hatten, aber ob es einem so vornehmen Mann wie Daerid ebenso ging ...?
    "Es ist eine hervorragende Idee.", stimmte sie zu. Atashkada verspürte Lust, die Aufmerksamkeit, die ihr Daerid zu Teil werden ließ, noch etwas länger zu genießen und ein paar Schritte in der angenehmen Nachtluft .... warum nicht? Zumal sie gespannt war, wie sein Werben wohl weitergehen würde. Bislang war es genau die richtige Mischung aus Ehrerbietung und unmissverständlichem Begehren, welches ihr eigenes Interesse an Daerid erweckt und verstärkt hatte. Atashkada liebte den Reiz des Abenteuers und sie wollte mehr wissen. Sie wollte wissen wie perfekt Daerid wohl in anderen Bereichen sein würde. Und leise in ihr summte eine gewisse reizvolle Vorahnung, dass er es auch dort sein könnte...

  • Schon seit er den Vorschlag gemacht hatte, suchte Daerid's kühler Verstand nach dem geeignetsten Vorgehen, nach einem möglichst störungsfreien Weg durch die Menge hindurch ebenso wie nach einem Ort, an dem die Dheoran an seiner Seite Gefallen finden mochte. Alles an Etablissements schied jedenfalls aus, lächelte er süffisant wenn auch kaum merklich in sich hinein. Aber sie waren ja bereits an einem recht romantischen Plätzchen. Daerid's Blick musterte das fackelbeleuchtete Seeufer, wenn er es recht in Erinnerung hatte, befand sich dort auch irgendwo ein Steg, der etwas auf den See hinaus führte.
    "Gehen wir doch etwas am Ufer entlang." schlug er also vor als sie die letzten Stufen zurück gelegt hatten und führte Atashkada am Ende der Treppe höflich aber sehr bestimmt weg von den Tischen und den lauten Stimmen hinüber in die etwas lauschigere Umgebung des Seeufers.
    Langsam und gemessen setzte der Assassine seine Schritte, so dass seine Begleitung mühelos an seinem Arm neben ihm her schlendern konnte. Hinter ihnen wurden die Gespräche und die Musik langsam leiser. "Eine herrliche Nacht." bemerkte der Assassine und es stimmte durchaus. Nicht nur wegen ihres möglichen Verlaufs - die Luft war trotz der späten Stunde noch sehr mild und abseits der Festlichkeit wagten sich sacht die lieblichen Düfte der sorgfältig gehegten Blumenanlagen hervor und umschmeichelten den Weg des Paares am vom Fackelschein beleuchteten Ufer entlang. Still und ruhig lag das Wasser da und nur die vorwitzigen Flammen zeichneten hier und da ein geheimnisvolles Licht auf seine Oberfläche als wollten sie mit dem silbrigen Schein einer Mondscheibe konkurrieren, die gar nicht da war. Der Valisar registrierte all dies, auch wenn es in ihn nichts auszulösen vermochte. Aber er wusste um die Wirkung auf andere - nicht auf alle, aber seiner Einschätzung nach würde es Atashkada gefallen - und das war schließlich beabsichtigt. 'Wundert es Euch ?' hatte sie auf seine Nachfrage hin geantwortet und der Assassine musste feststellen, dass ihm gefiel, dass sie das Spiel so klar durchschaute und so gekonnt daran teilnahm - auch wenn es nicht das überschwängliche Gefallen der Fühlenden war, so machte es doch auch für einen Valisar einen Unterschied, ob ein Vorhaben nach Plan verlief oder misslang.
    Der anvisierte Steg tauchte im Fackelschein auf. Der Assassine war mit der Planung des folgenden Wegabschnitts bereits am Ende und wandte sich an die Frau an seiner Seite. "Sagt, Verehrteste - es wird sich auf dem Fest niemand beunruhigen, wenn wir die Zeit vergessen sollten oder die Sonne am Morgen etwas zu schnell aufgehen wird, nicht wahr ?" Er fragte es nicht aus Sorge. Es war Atashkada's letzte Gelegenheit, in die Nacht einzuwilligen oder einen Rückzieher zu machen.

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    Nicolas Chamfort

  • Sie hatten gerade die letzten Stufen zurück gelegt, als Atashkada Daerids seltsam kühle aber doch irgendwie wohlklingende Stimme vernahm. Es war eine wunderbare Idee, befand sie. "Ein guter Vorschlag.", bekannte sie fröhlich. So ein Seeufer des Nachts mit den sich spiegelnden Flammen der Fackeln darin... Es wirkte schon von weitem wunderschön.
    Atashkada überlies sich der Führung des hochgewachsenen Mannes und noch immer machten die Leute ihnen den Weg frei. Sie könnte sich daran fast gewöhnen, scherzte sie selbst mit sich. Es war noch immer ein einmaliges Erlebnis und so zog der Mann an ihrer Seite hier und da den Blick der Dehoran auf sich. Das gewählte Tempo war wie alles andere was Daerid zu tun schien perfekt. Langsam entfernten sie sich und die Stimmen sowie die Musik traten immer mehr in den Hintergrund, wurden immer leiser. Bald schon wurden sie von den Geräuschen einer Stadt bei Nacht abgelöst. Eines Stadtparks bei Nacht. Hin und wieder bewegte eine sanfte Brise ganz leise das Wasser, Grillen zirpten und auch die Vögel der Nacht teilten mit, dass sie nicht untätig waren. Immer wieder flogen kleine Punkte über die Wiesen, die Blumenbeete hinweg - Glühwürmchen. Die Luft trug eine sanft duftende Note mit sich. Atashkada war so versunken in den Moment. Diese Nacht machte fast dem Mann an ihrer Seite Konkurrenz. Aber nur fast. "Sie schafft es nicht meiner Begleitung Konkurrenz zu machen.", Atashkada lächelte Daerid offen an. Die Umgebung des Weges, welchen der edel gekleidete Mann gewählt hatte zog erneut die Aufmerksamkeit der Dheoran auf sich. Ein Steg tauchte im Schein der Fackeln auf und dem gespiegelten Spiel der Flammen. Atashkada wand den Blick und sah zu ihrem Begleiter hinauf. "Ihr kennt unser Volk sehr gut, Daerid Canvelle.", gestand sie ihm lächelnd ein. "Genauso ist es und ich bin gerade sehr froh darum." Leise Vorfreude auf eine bevorstehende aufregende Zeit. Sie ging fest davon aus, dass es sich bei Daerid Canvele eben so verhielt, aber - ihr Blick fiel auf den aparten Mann - eigentlich konnte sie gar nicht verstehen, dass es nicht jemanden gab, der sehnsüchtig auf diesen Mann wartete. Aber was wusste sie schon, vielleicht liebte er seine Freiheit einfach genauso sehr wie sie...?
    Aber was, wenn es sich doch so verhielt? Atashkada hatte es nicht gewollt, doch für einen Moment holten die Schatten der jüngsten Vergangenheit sie ein, standen präsent vor ihr. Ihr Neffe, das Schwanenmädchen... soviel unnötige Trauer... und so viel Leid. Und ... Sie schüttelte sacht den Kopf als könne sie so die Gedanken daraus vertreiben. "Und wie steht es mit Euch, werter Herr? Ihr werdet auch nicht vermisst werden?" hörte sie sich schließlich fragen. Die Worte waren ihrer impulsiven Natur einfach entfleucht bevor sie es verhindern konnte und sie hoffte inständig, dass sie sie nicht den schönen Abend und die Nacht kosten würden. Sie waren eigentlich gar nicht ihre Art.

  • Das 'Zurecht!', welches unverzüglich in Daerid's Gedanken auftauchte, verließ nie seine Lippen. Stattdessen deutete er eine Verneigung an. "Die Freude ist ganz auf meiner Seite." bekannte er ohne Zögern und mit charmantem Lächeln - es mochte gefühlsmäßig nicht der Wahrheit entsprechen und doch spürte der Valisar den Adrenalinanstieg in seinem Blut. Eine ihm vertraute Reaktion darauf, wenn ein Vorhaben erfolgreich Gestalt anzunehmen begann. Ein schwacher und dazu auch rein körperlicher Abklatsch dessen, was die Fühlenden als Euphorie bezeichneten, vermutete Daerid in nüchterner Betrachtung seiner selbst versunken.
    Gemächlich schlenderten sie auf den Steg zu, schritten auf den leise knarrenden Holzplanken über das Wasser und wandten die Blicke zurück zu den Lichtern und der leisen Ahnung von Musik.
    Sonderbar wie viele Gesichter die Nacht doch hatte. Dieses hier war eines ihrer freundlicheren, ruhig und scheinbar friedlich. Wie anders waren doch ihre Fratzen in den düsteren Schatten der engen Gassen oder gar im Abgrund des Nachmarkts. Lauernd und gierig auf die Gelegenheit wartend oder schrill und zerstörerisch in den Augenblicken, in denen Leben verlosch. Doch weder verschlafenes Vogelgezwitscher noch liebliche Blumendüfte konnten den Assassinen darüber hinweg täuschen, dass auch diese Nacht hier jederzeit in ihr hässliches Gesicht umschlagen konnte. Konkurrenz ? Nein. Er gehörte zu diesen Gesichtern der Nacht dazu, war eines von ihnen, lebte und atmete ihren Rhythmus. Vielleicht war sie in Wahrheit seine Braut, die sich schon längst mit ihm und seinen Umtrieben abgefunden hatte und ihn immer wieder bereitwillig in ihre Arme schloss.


    Seine aparte Begleitung hatte sich augenscheinlich mit ganz anderen Gedanken getragen, wie die Fragen verrieten, die aus ihren sinnlichen Lippen hervor kamen. Womit auch immer der Valisar gerechnet hatte - etwas anzüglicheres Geplänkel oder heftigere Flirterei - mit einer solchen Frage jedenfalls nicht. Er hatte sich zu gut im Griff um die Frau an seiner Seite rasch anzusehen, aber diese Fragen passten nicht zu dem Bild, welches er sich von ihr gemacht hatte. Und wenn etwas die ungeteilte Aufmerksamkeit des Assassinen erregen konnte, dann ein neuer Aspekt im Verhalten der Personen um ihn herum, den er nicht vorhergesehen hatte. Nebeneinander lehnten sie auf dem Geländer des Stegs und Daerid wandte sich der Dheoran nun doch zu. Bewusst langsam und seine Augen blickten forschend in ihre Gesichtszüge, suchten nach dem Grund ihrer Frage. So sehr er auch suchte, er fand keine Anzeichen von Eifersucht in ihrem Gesicht, keine verkniffenen Lippen, keine eigensinnigen Linien um Augen und Mund, keine verkrampfte Haltung. Sie lächelte fast ein wenig verzagt und ihm schien eher leise Wehmut in den strahlenden dunkelblauen Augen zu schimmern, die ihn ohne Scheu ansahen. Mitgefühl ?
    Höchst sonderbar. Aber nicht auf sie selbst und ihn bezogen und deshalb unbedenklich, befand der Valisar nüchtern. Behutsam hob er die Hand zu Atashkada's Wange und strich mit den Fingerkuppen sacht hinüber, nur ein leiser kühler Hauch beinah. Daerid hatte die Menschen um sich herum hier und da sagen hören, man solle die Feste feiern, wie sie fallen. Nun - Feste waren nicht unbedingt sein bevorzugter Zeitvertreib - aber die Kernaussage traf den Geschmack des Assassinen. Er hatte ohnehin nie vorgehabt, diese betörende Frau irgendwo hier draußen hinter einem Baum zu verführen. Fast schauderte er beim Gedanken an solche Stümperei, die ihr nicht im Mindesten gerecht werden würde. Nichts gegen die raue Schönheit der Natur - dieses Geschöpf da wollte er allerdings bevorzugt in Samt und Seide vor Lust vergehen sehen. Sie in sein Haus zu locken hatte er sich schwieriger vorgestellt. Doch nun hatte sie ihm eine Vorlage geliefert, geradezu auf dem Silbertablett serviert und Daerid war nicht gewillt, die Gelegenheit dieses "Festes" ungenutzt vorüberziehen zu lassen. "Eure Haut ist so weich wie Seide." flüsterte er mit kalter Berechnung in sanfter Tonlage während er seine Hand sinken ließ. "Warum überzeugt Ihr Euch nicht selbst davon, dass niemand mich vermisst, und begleitet mich zu meinem Haus, faszinierende Dheoran ?" fragte er in verführerischer Herausforderung und bot ihr abermals seinen Arm. Kluge Menschen. Wenn man den Sack zubinden konnte, dann sollte man es auch tun.

    Man beherrscht die Leute mit dem Kopf - mit einem guten Herzen spielt man nicht Schach.


    Nicolas Chamfort

  • Es war ein so schöner Abend gewesen und Atashkada wäre lieber nicht von den Gedanken um Lazarion und seinem gebrochenen Herzen eingeholt worden. Aber sie liebte ihn wie einen Bruder und litt noch immer sehr unter der Veränderung, die mit ihm vorgegangen war seit ......... Lange schwieg der Mann an ihrer Seite und fast war sie sich sicher, ihm vielleicht doch zu nah getreten zu sein. Doch dann wandte Daerid sich ihr zu, berührte zart ihr Gesicht. Ein kühler Hauch auf der noch leicht erhitzten Wange und doch schoss es heiß durch sie hindurch. Sie sah ihn unverwandt an. Sah in diese hellen blauen Augen, die sie so durchdringend musterten als wolle er mitten in ihre Gedanken hinein sehen. Ihre Farbe kannte sie aus Liedern, besungen von ihrem Volk. Denn einmal mehr ward sie daran erinnert, an das Blau der ewigen Gletscher und auch der eisige Hauch passte dazu. Mit jedem Wimpernschlag faszinierte Daerid sie auf's Neue. Der perfekte vornehme Herr, der mit Worten und deren Wirkung umzugehen wusste. Welche Frau hörte nicht gerne, wie weich ihre Haut sei?
    Er bot ihr seinen Arm erneut dar, um sie in sein Haus zu führen und Atashkada wusste genau, was das bedeutete. Hatte sie sich doch schon längst gefragt wie aufregend eine Nacht mit Daerid Canvelle wohl sein würde. Sie tat zumindest so als würde sie überlegen, während stille Erleichterung in ihr empor stieg. Er hatte ihre Fragen offenbar nicht übel genommen. Nach kurzem Zögern also ergriff sie seinen Arm und ließ sich fort von dem romantischen Flecken am Wasser führen. "Davon will ich mich sehr gern überzeugen.", räumte sie ein und verbannte die Gedanken an Lazarion energisch aus ihrem Geist. Sie würden von allein wiederkehren. Jetzt war die Zeit, dass Leben zu genießen und Atashkada würde sie nicht verschwenden.
    Daerid nannte also ein Haus sein eigen. So weit hatte sie bislang nicht gedacht, wo sie sich einfinden würden. Bewusst war ihr, ihr Wagen wäre sicherlich nichts für den edlen Mann gewesen. In ihren Augen war er wunderschön und mit keinem Haus dieser Insel aufzuwiegen. Er war ihr Reich und heimelig eingerichtet. Aber für das Spiel dieser Nacht? Mit ihrer ganzen Familie drum herum? Fast musste Atashkada schmunzeln. Nein, das wäre kaum ein geeigneter Ort. Die Neugier wuchs, ob das Zuhause ihres Begleiters mehr über ihn verraten würde? Noch immer hatte sie das unbestimmte Gefühl, eigentlich wissen zu müssen, welchem Volk er angehörte. Nicht das es eine Rolle spielen würde, aber er hatte etwas an sich was sie nicht benennen konnte. Noch nicht beschloss sie. Noch nicht. "Ist es sehr weit bis zu Eurem Haus, Daerid?"

  • Während der Arm der Dheoran erneut federleicht auf seinem eigenen zu liegend kam und Daerid die Schönheit gemessenen Schrittes den Holzsteg wieder hinunter geleitete, fragte er sich einen Moment lang tatsächlich, ob sie ihn gerade genarrt hatte mit ihrer Frage. Sehr kurz war das Zögern gewesen bis sie dann einwilligte, ihm in sein Domizil zu folgen. Etwas zu kurz vielleicht und etwas zu bereitwillig. Unauffällig musterte er die schöne Frau von der Seite. Waffen trug sie jedenfalls keine, davon hatte er sich beim Tanz ausgiebig überzeugen können. Aber bitteschön - als ob er selbst eine Waffe bräuchte, um jemanden aus dem Leben zu befördern.
    Kurz ließ der Valisar noch einmal den Moment vor seinem Inneren ablaufen, wie er sie am Arm gepackt hatte. Nein... Da war nicht das aller kleinste Anzeichen dafür da gewesen, dass Atashkada es darauf angelegt hätte, von ihm angesprochen zu werden. Überhaupt war sie bis auf diese eine kleine Merkwürdigkeit vorhin vollkommen authentisch gewesen.
    Wie dem auch sei, er würde wachsam sein.
    Nichts von diesen Gedanken war Daerid anzumerken als er ein kleines charmantes Lächeln in seinem Gesicht entstehen ließ. "Selbst wenn es das so wäre, Verehrteste - kein Weg könnte zu weit sein, wenn ich ihn in Eurer bezaubernden Gesellschaft und in einer so zauberhaften Nacht zurücklegen darf." Mit eleganter fließender Bewegung wies der Assassine den vom Fackellicht sanft beleuchteten Weg am Seeufer entlang, weiter fort von der Musik und den Geräuschen des Fests.
    Am Ende des Stegs angelangt, hielt er an, so dass Atashkada vor ihm zu stehen kommen und ihn ansehen musste. Er beugte sich vorsichtig zu ihr hinunter, seine Wange so nah an der ihren, dass sie sich beinah berührten, und flüsterte ihr sacht ins Ohr. "Aber beunruhigt Euch nicht. Es ist in der Tat kein besonders weiter Weg." Im Grunde war es tatsächlich nicht viel mehr als der Spaziergang, zu dem sie sich ohnehin entschlossen hatten. Zumindest vorgeblich. Tief atmete Daerid den unaufdringlichen Duft ein, der um die schöne Frau herum war und der so perfekt auf sie abgestimmt war, dass er seine feinen Sinne zu faszinieren vermochte. Der Valisar zog den Kopf wieder ein wenig empor, so dass ihre Gesichter sehr nah voreinander waren und heftete seine Augen ohne die geringste Scham auf Atashkada's leicht geöffnete, sinnliche Lippen. "Aber was diese Nacht an Verlockungen zu bieten hat, wäre jeden Schritt wert gewesen." flüsterte er mit wohlgefeilter, leicht rauer Stimme. Kurz hatte er überlegt, sie zu küssen - aber dann Abstand davon genommen. Das würde er sich aufheben. Lange würde er in seiner Erinnerung forschen müssen, wann er das letzte Mal eine derart anziehende Frau gehabt hatte und er würde sich diesen Genuss jetzt nicht mit irgendwelchen Schnellschüssen selbst schmälern. Distanziert stellte er für sich fest, dass seine Überlegungen zu ihr, die leise Möglichkeit einer dunklen Gefahr, ihre fast unwiderstehliche Attraktivität für ihn noch verstärkt hatte. Längst gab sein kühler Verstand bereits die leisen Anweisungen an sein Hauspersonal angesichts ihrer Ankunft dort als der Valisar mit einem tiefem Blick in Atashkada's strahlend blaue Augen und einer angedeuteten Verneigung den geziemenden Abstand zu der Dheoran wieder herstellte und sie weiter den Uferweg entlang führte, auf die nördlich gelegenen Ausgänge des Parks zu.

    Man beherrscht die Leute mit dem Kopf - mit einem guten Herzen spielt man nicht Schach.


    Nicolas Chamfort

  • Der vornehme Mann an Atashkadas Seite wusste sehr genau mit Worten umzugehen und sie hörte gerne seine charmanten und schmeichelnden Worte. Der Abend hatte sich so völlig anders entwickelt als sie gedacht hatte, um so mehr genoß sie es, jetzt mit Daerid hier zu sein. Atashkada sah noch einmal kurz zu dem Fest hinüber auf dem noch reges und buntes Treiben herrschte. Solch fröhliche und ausgelassene Feste, auf denen sie nicht auftrat, waren ganz nach ihrem Geschmack, aber dort einen so überaus anziehenden Mann zu treffen, der so viel versprach und sicherlich auch halten würde… Etwas verdutzt blieb Atashkada stehen und musste den Kopf heben um dem hochgewachsenen Mann in die Augen sehen zu können. Seine Worte und diese distanzierte Nähe ließen das Blut schneller in der Dheoran fließen, ihre Lippen hatten sich erwartungsvoll leicht geöffnet. Er wusste genau was er tat, stellte sie für sich fest, fast ein wenig enttäuscht, aber es war dieses Verhalten, welches ihre Zweisamkeit so knisternd und erregend gestaltete. Es ließ die Vorfreude auf das Bevorstehende nur weiter anwachsen. „Mein Herr…“, sagte Atashkada etwas atemlos. „Ich bin gewiss, diesen Weg und diese Nacht an Eurer Seite werde ich niemals vergessen.“ Er hätte sie küssen können so nah wie sie einander gewesen waren und doch zog er es vor, es nicht zu tun. Atashkada bewunderte sein Vorgehen über alle Maße. Es war so ganz anders, als das plumpe was so manche Männer an Eroberung zu bieten hatten. Dearid hatte Stil, war sich dessen nur allzu bewusst und gab ihr gleichzeitig das Gefühl, die größte Kostbarkeit auf Erden zu sein. Atashkada genoss es. Aber er war auch ein Rätsel, seine Augen, seine kühle Haut und irgendwo wirkte er - vielleicht nicht genau hier und jetzt, aber sie war sich gewiss - dieser Mann konnte sehr gefährlich sein. Dennoch folgte sie ihm vertrauensvoll weiter den Weg entlang. "Ich bin wirklich gespannt." gestand sie ihm. "Ist Nir'alenar Eure Heimatstadt oder führen Euch Eure Geschäfte so häufig hier her, dass Ihr hier ein Haus unterhaltet?"

  • 'Natürlich nicht! Und wenn Du hältst, was Du zu versprechen scheinst, ich für längere Zeit vielleicht auch nicht.' dachte der Valisar ganz automatisch in einer Selbstgefälligkeit, die für ihn keine war - neigte aber nur ehrerbietig das Haupt in Richtung seiner Begleiterin, zum Zeichen, dass er ihre Worte gehört hatte. Ohne Hast schlenderten sie weiter am Ufer des Sees entlang durch die von zahlreichen Blüten mit ihrem duftigen Hauch durchtränkte, milde Nachtluft. Daerid lachte leise und höflich zu Atashkada's Frage, wie es sich gehörte. "Ja und Nein." bekannte er dann mit einem Schmunzeln, dass ihm besonders leicht von der Hand ging. "Ich stamme aus Rosandrié und dort befindet sich auch das Haupthaus meines Handelsgeschäft." fuhr er dann fort und sann einen Augenblick lang darüber nach, ob er die Stadt wirklich als Heimat bezeichnen würde. Gefühlsmäßig selbstverständlich nicht - aber immerhin hatte er dort den Großteil seiner Jugend verbracht und kannte die Stadt in und auswendig. Und selbst nach Neheran's Dahinscheiden war irgendetwas in ihm gewesen, dass ihn dazu angehalten hatte - unter einigen Mühen und Risiken - das Handelskontor seiner ehemaligen Zieheltern zurück zu erobern und zu neuem Glanz zu führen. Es war einer der wenigen Orte, wo der Valisar sich mit seinem eigentlichen Broterwerb vollständig zurück hielt, wenn gleich auch aus eher taktischen Erwägungen heraus. Ja, vielleicht konnte man es dann tatsächlich 'Heimat' nennen. Nach den Maßstäben der Fühlenden gewiss. "Aber Ihr habt natürlich ganz Recht, Verehrteste. Nir'alenar ist ein überaus wichtiger Stützpunkt für meine Geschäfte und Umschlagplatz für meine Waren. Hier in den Lagerhäusern am ehemaligen Hafen kommt an, was ich auf meinen Reisen erwerbe und von hier startet auch, was ich verkaufe. Und damit sich keine Schlampereien einschleichen, ist es wichtig, häufig präsent zu sein und den reibungslosen Ablauf zu überblicken." fuhr er mit etwas kühlerer, geschäftsmäßiger Stimme fort. Das war nun auch die reine Wahrheit. Oder wenigstens ein Teil davon. "Ein eigenes Domizil erwies sich irgendwann als umungänglich, je umfangreicher das Geschäft sich entwickelte." Der Assassine neigte den Kopf etwas und ließ den Blick anerkennend und ein wenig anzüglicher als es eigentlich schicklich gewesen wäre, über den Körper der Dheoran an seiner Seite wandern. "Und mittlerweile weiß ich den Komfort und die Freiheit, die das Haus mir offeriert, ganz besonders zu schätzen." und es war ziemlich offensichtlich, dass er Komfort und Freiheit auf Atashkada's Gesellschaft und seine Absichten in dieser Nacht bezogen wissen wollte. "Und was, bezaubernde Atashkada aus dem Feuer des Nélio, nennt eine Dheoran wohl ihre Heimat ?" spiete er den Ball dann artig wieder zu ihr zurück, durchaus mit einem gewissen Interesse.

    Man beherrscht die Leute mit dem Kopf - mit einem guten Herzen spielt man nicht Schach.


    Nicolas Chamfort

  • „Rosandrié.“, wiederholte Atashkada mit einem leichten Lächeln. "Man sagt ihren Bewohnern eine große Leidenschaft nach, Daerid Canvele." Das traf sich doch hervorragend und als exzellenter Tänzer hatte sich ihr hochgewachsener Begleiter bereits bewiesen, befand die Dunkelhäutige. „Eine wunderschöne Stadt, habe ich mir sagen lassen… erinnert der Park hier Euch an sie?“ Es war eine herrliche Nacht und leichtfüßig ließ sich Atashkada von Dearid den Weg entlang führen. Das Seeufer nahm nun in einem sanftem Bogen eine andere Richtung als der Weg, dem sie folgten. Hier und da tanzten kleine helle Punkte in der der Dunkelheit und andere blinkten im Gras. Zart und elegant war der Duft der Nacht und beschwingte die Dheoran umso mehr. Dennoch hörte sie dem Mann an ihrer Seite aufmerksam zu, alles andere wäre unhöflich gewesen. „Ich sehe schon Daerid Canvele, Ihr habt Euer Geschäft wahrlich im Griff und alles sehr gut durchdacht. Es überrascht mich nicht, wenn es sich auch weiterhin sehr erfolgreich entwickelt.“ Atashkada verstand was Daerid ihr mit seinen weiteren Worten zu verstehen geben wollte und lächelte ihn offen an und lachte dann leise, bei der Frage ihres Begleiters. „Kennt Ihr die Antwort etwa nicht?“, fragte sie ihn charmant. „Eine Dheoran nennt ihr Herz ihre Heimat und vielleicht noch ihren Wagen. Wir sind überall zuhause und nirgendwo, das wisst Ihr doch, nicht wahr?“ Und genau so war es. Natürlich hatte sie gewisse Plätze die sie bevorzugte, Städte die ihr besonders gut gefielen aber nie würde sie eine von ihnen als ihre Heimat bezeichnen wollen, noch hatte sie keinen Flecken nicht gefunden der es wert gewesen wäre, so genannt zu werden und vielleicht würde es diesen auch niemals geben. Ihr Wagen war ihr Heim und ihre Familie das Wichtigste was sie hatte. „Wie viel Zeit verbringt Ihr hier in Nir’alenar, Daerid?“

  • Daerid gelang der Spagat eines stillen in sich Hineinlächelns, das von außen gut als solches zu erkennen war, obgleich er nichts Erheiterndes empfand. "Und das ist nur, was man sagt...Werteste" gab er sich verheißungsvoll. Eine sonderbare Ironie des Schicksals, dass ein Valisar ausgerechnet in Rosandrié von seiner Mutter abgegeben worden war. Oder nein - vielleicht nicht einmal so sonderbar. Vielleicht hatte sie auch Absichten dabei gehegt.... Hoffnungen ? Wer vermochte es zu sagen ?
    Hatten sie sich erfüllt ? Auch darauf würde der Assassine niemals die Antwort kennen. Es spielte auch keine Rolle. Er hatte noch nie diese seltsamen Anwandlungen gehabt, die manche seines Volkes ihre Existenz mit einem Verlust behaftet ansehen ließ. Für diese Sperenzien hatte Daerid nichts übrig. Nüchtern betrachtet sah er sich den Fühlenden gegenüber in jeder Hinsicht als haushoch überlegen an. Auch ein 'Verdienst' Rosandriés..... denn die heimtückischen und gefährlichen Intrigen, die hinter der schönen Fassade umgingen, ließen sich bar jeder Leidenschaft so viel besser durchschauen und umgehen. Unter diesem Gesichtspunkt hätte seine Mutter dann wohl alles richtig gemacht. Daerid hob den Kopf und sah sich betont um. "Nir'alenar kann sehr stolz sein auf das, was es in diesem Park erschaffen hat - aber nichts auf Beleriar geht über die Pracht und den Duft der dunklen Rosen in den Gärten des Palastes Varaskar." erklärte der Valisar in kühler aber weicher Tonlage. "Höchstens vielleicht eine der sehr seltenen wilden Rosen..." fuhr er dann mit einschmeichelnder Stimme fort.
    ".. aber die sollen sehr sehr schwer zu finden sein, sagt man. Ihr solltet die Stadt einmal besuchen bei Gelegenheit, Verehrteste."
    Ihre artigen Worte zu seinem Handelsgeschäft nahm der Valisar als selbstverständlich, nickte aber natürlich dankbar zu der Dheoran hin. Mittlerweile lag der See hinter ihnen und in nicht all zu weiter Entfernung war nun bereits das gut beleuchtete nördliche Parktor zu sehen. Daerid steuerte direkt darauf zu. Aufmerksam lauschte er nun der Frau an seiner Seite, denn unbekannte Eigenschaften der Fühlenden - oder eines bestimmten Teils von ihnen - waren für ihn immer von Interesse. "Durchaus hörte ich das." gestand er ihr. "Aber ich habe es noch niemanden so ausdrücken hören, wie Euch jetzt, Atashkada." Er deute zum Parkeingang hin. "Dort vorn liegt die Hälfte des Weges bereits hinter uns. Ich schätze, dass ich etwa ein Drittel eines Jahres hier in Nir'alenar verbringe." antwortete er dann sinnend. "Natürlich nicht am Stück, aber selten unter zehn Tagen." nickte er dann langsam und kam doch noch einmal auf ihre Beschreibung von Heimat zurück.
    "Und der Mann, der Euer Herz einst erobert, wird dann Eure neue Heimat werden ?" fragte er mit harmlos-interessiertem charmantem Lächeln aber durchaus auch aus der kühlen Logik des Assassinen in ihm heraus.

    Man beherrscht die Leute mit dem Kopf - mit einem guten Herzen spielt man nicht Schach.


    Nicolas Chamfort

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