Schloss Imarkar

  • In einem Hutladen. Die gute Maida hatte bestimmt an die 100, ach was, 5 mal so viel, Kopfbedeckungen anprobiert. Und zu jeder wurde seine unbedeutende Meinung eingeholt. Und dabei sah er sie am liebsten ganz ohne. Also ganz ohne Hut natürlich. Mit 3 Exemplaren, bestimmt nicht die kostengünstigsten des von Haus aus nicht besonders billigen Ladens, waren sie dann aus aufgebrochen.


    "Verehrteste Frau Maida" hatte er dann ohne Umschweife begonnen, "würdet Ihr mir - also uns - die Ehre geben und heute mit uns des Abends dinieren? Meine Schwester Alimea und meine Wenigkeit würden zu gerne die Gesellschaft mit Euch verbringen. Die Küche wird angehalten, an Köstlichekaeiten nicht zu geizen. Habt Ihr schon mal Bachstelzen probiert? Ein kleines aber feines Streichertrio wird die musikalische Umrahmung gestalten.Dezent und unaufdringlich. Wollt Ihr wohl die Einladung annehmen?"


    Zzu seiner großen Enttäuschung, hatte sie dem Anstand folgend, zuerst höflich aber bestimmt abgelehnt.


    Doch am Ende, der Adelige hatte da schon fast aufgegeben, so standhaft hatte sie widersprochen, hatte sie verschämt zusagt, mit der Einschränkung, nicht lange bleiben zu können.


    Herr von Muesig hatte nicht gewagt, dass sie doch mit ihren heutigen Einkäufen auftreten sollte.


    "Wohin soll ich die Kutsche schicken, die Euch abholt?"

  • Darauf war die Antwort eine schwierige gewesen. Unschwer zu erraten, dass es unmöglich war die Kutsche zur Gemüsehändlerin zu bestellen. Es war dringend an der Zeit, sich eine eigene kleine Kutsche schenken zu lassen, um selbst vorfahren zu können. Einen spritzigen Einsitzer mit einem strammen Apfelschimmel vorne dran. Das hätte Stil.


    "Ins Palastviertel, wenn es Euch Recht ist", hatte sie rasch improvisiert. "Vor den Tempel der Minaril. Eine kleine Andacht vor dem Essen."


    Minaril, die Geheimnisvolle, Herrin der süßen Träume. Jene Göttin, die sich hinter einem schwer durchschaubaren Schleier verbirgt. Treffender hätte Maida sich selbst kaum zu beschreiben vermocht.


    Zu Hause machte sie sich frisch. Iola bürstete nach einem ausgiebigen Bad in duftenden Ölen das lange Haar bis es seidig glänzte und verführerisch über die nackten Schultern floss. Meine zukünftige Kammerzofe, scherzte Maida gern, was Iola durchaus ernst nahm.


    "Ihr müsst unbedingt bald heiraten, Madame Ser'Afina. So werde ich nie Eure Zofe."


    Maida lachte und ließ sich von dem Mädchen gekonnt Lidstrich und Rouge auftragen. "Da du noch zu jung bist, liebes Kind, habe ich noch etwas Zeit für die Fesseln der Ehe. Würde ich dich schon jetzt einstellen, würde man mir Kinderarbeit vorwerfen. Hier, flechte ein paar Schleifen ins Haar, während ich das Parfüm auftrage."


    Gewandet in ein opulentes Kleid in einem dunklen Orangeton, das ihrer grünen, mit orangen Splittern durchsetzten Iris schmeichelte, sowie einem passenden Hut mit hellen Federn, erschien sie auf der Schwelle von Schloss Imakar. Sie hatte den warmen Farbton gewählt, da er Lebensfreude, Genuss, Ausgelassenheit und Lust bedeutete. Von der Farbe Türkis hatte sie Abstand genommen, da diese für Eigenständigkeit, Unabhängigkeit und Selbstbehauptung, aber auch für Egoismus und Selbstdarstellung stand. Zwar entsprach diese Farbe ihrem Charakter, doch sie wollte Herrn von Muesig nicht gleich verschrecken. Jemand, der von farblosem Flieder schwärmte, bevorzugte wohl devote Frauen.


    Sie überlegte, während sich der Butler vor ihr verneigte und sie in den geschmackvoll eingerichteten Salon führte, was es wohl mit der Schwester auf sich hatte. Ein unverheirateter jungfräulicher Anstands-wauwau? War die Schwester anwesend um hinterher ihr Urteil über Maida abzugeben? Die Cath'shyrr wappnete sich, gleich nach allen Regeln der Kunst taxiert zu werden. Ihre Hand tastete verstohlen zum silbernen Medaillon um ihren Hals und rückte es zurecht.

  • Wie hattene es die gerade herrschenden Gottesvölker nur angestellt, so ein irdische Schönheit zu erschaffen. Bisher war er nur auf die herben Reize seiner Schwester angesprungen, aber jetzt war alles anders. Er hatte sich Hals über Kopf in dieses Geschöpf verliebt und es wurde ja auch Zeit. Nachdem Alimea nicht den Anschein machte, sich bald vermählen zu wollen, trotz aller Gerüchte um Sandir Eisenklinge, um den sehnsüchtig erwarteten Stammhalter zu gebären. Es waren schon Pläne gewälzt worden, wer mit wem und wann zu welchem Preis. Die Nicht Yessra war eine Lösung, aber nur eine sehr halbherzige.


    Mit einem Lächeln sah er Maida die Kutsche entsteigen. Tatsächlich hat sie einen der erstandenen Hüte auf dem Haupt.
    "Sie sieht teuer aus" unbemerkt hatte sich Alimea an seine Seite gestellt und blickte ebenfalls in den Schlosshof "Aber wenigstens hast Du dieses Mal mehr Geschmack. Die Letzte, die Du angeschleppt hast, war nicht nur gewöhnlich sondern auch noch potthässlich".
    "Aber Schwester, was redest Du wieder" wehrte er sich schwach.
    Er richtet seine Plusterhose, die in sattem Malve erstrahlte, überprüfte sein dottergelbes Hemd das mit dem Wappen des Hauses bestickt war und polierte seine schwarz lackierten Schuhe und die Metallspangen. Seine Haare waren schon am Spätnachmittag 3 Stunden in lauwarmen Kamillensud getaucht worden und anschließend eingefettet und mit Duftstoffen, wie sie Bienen lieben, behandelt worden. Das Rot glänzte wie schon lange nicht mehr.
    Unabgesprochen setzten sie sich in Richtung Entree in Bewegung.
    "Ich mag sie nicht, aber wenn Du sie rund machst..."
    "Aber Schwester!" antwortete Herr von Muesig mit spontaner Empörung aber der Gedanke gefiel ihm auch irgendwie.
    "Ich meine ja nur..." schwächte sie ab, als sie die Reaktion Herrn von Müsigs vergegenwärtigte.


    Die Tür wurde aufgestoßen Ihro Schönheit betrat das Schloss. Herr von Muesig verbeugte sich nahm die Hand von Madame und hauchte einen Kuss darauf. Alimea deutete eine Verbeugung mehr an, als dass sie sie tatsächlich ausführte.


    "Schloss und die Herrscher Imarkar fühlen sich außerordentlich geehrt Euch in diesen Gemäuern begrüßen zu dürfen." hob der männliche Teil der Imarkar an.


    Alimea hatte ganz etwas Anderes im Auge. "Euer Medaillion außergewöhnlich...mir deucht, ich habe so eines schon einmal gesehen - seid herzlich Willkommen auf Schloss Imarkar" die ersten Worte waren geflüstert, die letzten sprach sie deutlich und lächelte das zuckersüsseste Lächeln, das sie parat zu haben glaubte.

  • "Die Ehre ist ganz auf meiner Seite, Graf", hauchte Maida ergriffen und streckte Herrn von Muesig in einer geschmeidigen Bewegung die Hand zum Kuss hin.


    "Madam", nickte sie anmutig zur Schwester hin und wartete darauf, dass sie einander namentlich vorgestellt wurden. Älter als ihr Bruder, das war deutlich zu sehen, aber keineswegs so verzopft, wie Maida befürchtet hatte, zumindest auf den ersten Blick. Die Cath'shyrr erwiderte das Lächeln, das genauso falsch war wie das der Dame des Hauses. Die Grenzen waren gesteckt. Blieb nur die Frage: Krieg oder Frieden.


    Graf von Muesig war eindeutig der reichste Mann, der Maida bisher begenet war. Nichts Protziges oder Übertriebenes haftete ihm an, daher war die Cath'shyrr beim Anblick von Schloss und Salon ehrlich überrascht. Der Rothaarige schien der Fang ihres Lebens. Sie brauchte ihn nur noch an sich zu fesseln. Kein einfache Aufgabe, denn die Schwester würde ein Wörtchen mitzureden haben. Schließlich wohnten die beiden unter demselben Dach. Also galt es, sich das Frauenzimmer gewogen zu machen. Ein ähnlich schwieriges Unterfangen. Denn weibliche Schönheit veranlasste zu grenzenlosem Neid. Und Schönheit war Maida größtes Kapital, im Gegensatz zu der eher farblosen Herrin von Imarkar. Hätte sie sich zum ersten Abendessen mit weniger ausladender Garderobe begnügen sollen?


    Maida ließ verhalten den Blick schweifen, alles andere wäre proletarisch gewesen. Riesige Gemälde mit den Vorfahren der Familie waren ihr im Korridor auf dem Weg zum prachtvollen Salon aufgefallen. Polierter Marmor auf dem Fußboden reflektiere das Licht aus prunkvollen Kristallleuchtern, die den hohen Raum mit ihrem goldenen Leuchten fluteten. Das Feuer im Kamin loderte in demselben satten Orange wie ihr Kleid. Große Spiegel an den Seitenwänden ließen den Raum doppelt so groß erscheinen.


    "Ah, das Medaillon. Ein Geschenk, Madam", lächelte Maida Ser'Afina bescheiden. "Es gibt tatsächlich eine Kopie davon? Hoffentlich nicht am Hals einer Frau, die hier ein und aus geht", scherzte sie und warf dem Hausherrn einen betörenden Blick zu. "Ein herrliches Anwesen. Es übertrifft meine kühnsten Erwartungen und steht dem Hausherrn in Pracht kaum nach."


    Was sie durchaus ehrlich meinte. Herr von Muesig war atemberaubend gut aussehend und zudem geschmackvoll wie schick gekleidet. Ein Genuss ihn anzusehen. Unauffällig sog sie seinen Duft ein, der sie schier benebelte.


    "Genau wie Euch, Madam", betonte sie die Aufmachung der Schwester, die ihrer Meinung nach alles andere als prunkvoll war. Eher altbacken. Kein Wunder, dass die keinen Mann abbekam.

  • Herr von Muesig hätte in der ganzen Aufregung fast vergessen, dass es seine Aufgabe war, die soeben angekommene Person vorzustellen.
    "Verehrte Schwester, darf ich vorstellen: Frau Maida Ser'Afina. Wir haben dem Tode gemeinsam ins Auge geblickt - Maida meine Schwester Alimea, das Oberhaupt unser Familie" neben der prächtig herausgeputzten Maida fiel die Schlichtheit der Hausherrin noch mehr auf.
    Der 1. Diener führte sie die die weiten Gänge entlang zum Salon.
    "Ich hoffe der Weg in diese entlegene Gegend war nicht zu anstrengend. Wen es Euer Bedürfnis ist, Euch vor Auftragung des 1. Ganges noch etwas frisch zu machen, habt Ihr dazu Gelegenheit." Nicht dass sie das nötig hatte. Maida ließ den Blick schweifen, anscheinend beeindruckten sie die Ahnen. Herr von Muesig nahm sie schon längst nicht mehr wahr. Außerdem hingen für seinen Geschmack auch ein wenig zu viele Frauen Portraits. Aber bei den Imarkars hatten die Frauen schon immer eine führende Rolle.
    Beim Scherz von Maid lachte Alimea gallig. "Man berichtete mir, dass Frauen, die sich aus der Anbahnungsgasse zur Mätresse hochgesch...gearbeitet haben, gerne mit solchen Medaillons bestückt werden. Ein Zufall, gewiss. Mein Bruder beweist jedenfalls Geschmack." Der Hinweis auf auf das Viertel in dem sich die Frauen für wenig Geld anbieten, war bitterböse.
    "Wir speisen heute im Salon der 100 Spiegelbilder und Eures wird bestimmt das glanzvollste sein" balzte Herr von Muesig. Was ihm von seiner Schwester einen vorwurfsvollen Blick einbrachte.


    Der Diener öffnet die Tür und liess die Herrschaften eintreten.
    Alimea klatsche 2 Mal in die Hände, worauf ein ein anderer Livrierter aus dem Nichts erschien, Alimea flüsterte ihm etwas ins Ohr. Der Livrierte verschwand um schon kurze Zeit später mit einem kleinen Tablett wieder zu erscheinen auf dem sich verzierte kleine Kristallschalen befanden. Alimea reichte eine an Maida und eine an Herrn von Muesig.
    Zum Glück hatte Muesig den Hofbarden beauftragt einen Trinkspruch zu kreieren, was dieser getan hatte und so konnte er anheben:
    "Euer Wohl, Ihr Lieben, Holden, -
    an Euer Herz, - ich preis es auch -
    Wonnen, die das Sein vergolden.
    Hoch die Frauen! Hoch dem Brauch
    !"


    Gut gelernt ist halb rezitiert. Er hob das Glas und sah Maida tief in die Augen. In den Spiegeln brachen sich die Kristallgläser vielfach.
    Nachdem sie ausgetrunken hatten, wurde ihnen die Plätze zugewiesen. Die ansonsten gebräuchliche lange Tafel war gegen eine Tisch, der die Form einer Ellipse hatte, getauscht worden. Alimea nahm den Platz gegenüber von Maida und ihrem Bruder ein, wobei aber ein anstandshafter Abstand zwischen dem Stuhl der Cath'hsyrr und dem Adeligen war. Fast ein wenig zu abstandshaft für Muesigs Geschmack.
    Das Essen konnte beginnen.

  • "Dem Tode, oh ja, was für ein grässlicher Abend. So ein Glück, dass ich Euren Heldenmut an meiner Seite wusste. Wer weiß ob ich sonst je lebend..."


    Sie ließ den Rest des Satzes in der Luft hängen, um den Mut des Rothaarigen angesichts des Grauens zu unterstreichen. Mit geschickten Fingern löste Maida die Hutnadeln und reichte die schmucke Kopfbedeckung einem der Diener.


    "Habt vielen Dank, Verehrtester, doch ich fühle mich recht erfrischt, jetzt da ich Eurer ansichtig bin. Die Anreise in Eurer Kutsche war zudem äußerst komfortabel."


    Alimea versuchte sich in einem ersten Untergriff. "Anbahnungsgasse?" Maida zog eine Augenbraue hoch. "Tatsächlich? Diese Gegend ist mir gänzlich unbekannt. Verkehrt Ihr dort öfter?", giftete Maida mit honigsüßer Stimme zurück. "Sehr ärgerlich, sollte eine billige Mätresse dasselbe Schmuckstück tragen wie eine Ser'Afina aus Canthar. Es bleibt mir ohnehin unverständlich, wie sich eine Frau für Geschmeide einem Mann an den Hals werfen kann. Äußerst geschmacklos."


    Sie klang wie jemand, der sein Leben lang alles besessen, nie gedarbt und solcher Art nicht nötig hatte. Hoffte sie zumindest.


    "Ganz im Gegensatz zu diesem Salon. Diese vielen Spiegel. Berauschend", gurrte de Cath'shyrr in Muesigs Richtung und nahm die Kristallschale entgegen. Diese war allerliebst. Maida verliebte sich sofort in den verschwenderischen Prunk. Ihre grünen Augen funkelten. Dem Trinkspruch applaudierte sie mit damenhafter Zurückhaltung, doch mit einem herzlichem Strahlen im Gesicht.


    "Verehrter Herr von Muesig, Ihr seid wahrhaft ein Poet!", schmachte sie und erwiderte seinen Blick. Der Mann überraschte sie immer wieder.


    Nach dem Trunk ließ sich Maida auf dem zugewiesenen Platz am Tisch nieder. Sehr ungewöhnliche Form, dieses Oval. Doch sie durfte ihrer Ver- und Bewunderung nur dezent Ausdruck verleihen. Gezielte Komplimente, ja, alles andere wirkte billig. Reiche Frauen goutierten, doch sie sprachen nicht darüber. Einzig ihre Miene durfte Wohlgefallen ausdrücken. Herr von Muesig würde es zu deuten wissen. Er war darin von Standes wegen geübt. Genau wie seine Schwester, die mit unbarmherzigen Argusaugen den Eindringling fixierte und jedes Wort, jede Geste beurteilte.


    Das Auftragen der Speisen löste ein wenig von der Spannung. Auf Silbertabletts wurden als Vorspeise Confiertes und Roh mariniertes Elchenfilet, Erbsenschoten, Zitronenverbene und natürlich passender Wein aufgetragen, gefolgt von Dotter-Spinattaschen mit Schwarzer Trüffel. Der Hauptgang bestand aus Lachsforellenfilet gebraten mit Zucchiniravioli und weißem Balsamicoschaum gefolgt von Bachstelzenbrust mit knuspriger Steinpilz-Pfirsichlasagne. Zum Abschluss, vor dem Desert, wurde der Gaumen noch mit Zweierlei vom Heimischen Reh mit Rahmkohl, Sellerie und Grieß in vollendeter Kräuterwürze verwöhnt.


    Maida versank förmlich in diesem Feuerwerk der Gaumenfreude.


    "Woher habt Ihr diesen exzellenten Koch, Graf", warf sie zwischen der Bachstelze und dem Reh ein - beides zerschmolz förmlich auf der Zunge. "Ich werde ihn Euch entführen müssen."

  • Die Figur des so gerühmten Adelsmannes straffte sich immer mehr und zumindest fühlte er sich so als würde er im Augenblick merklich wachsen.
    Sein Versuch Bescheidenheit zu heucheln war ziemlich kläglich zum Scheitern verurteilt: "Ach Schwesterherz, sie übertreibt immens, mir gehörte nur der etwas größere Anteil an der erfolgreichen Abwehr des Bösen und wenn ich ehrlich bin, außer Mai..also Frau Ser'Afina, war auch keine Person dabei, bei der sich Heldenmut, also das waren alles Waschweiber. Nicht standesgemäß."
    Er und ein Poet, da lachen sogar die Hühner, aber er widersprach nicht. Sein Hofpoet, der sohl die Kosten für Verpflegung als auch für Logie sparte und sich immer nur über ihn und seine Schwester lustig machte, würde nun bald mehr Arbeit bekommen. Jetzt muss der Bursche liefern.
    "Wenn die exaltierte Schönheit..." seine Schwester unterbrach ihn. "Ist ja gut Brüderchen, was Du von Deiner Bekannten hältst, wissen wir jetzt schon." die Verkleinerungsanrede war natürlich überhaupt kein Zufall.
    Herr von Muesig biss sich auf die Lippen. Das war keine gute Figur, die er da machte, aber gegen die Schwester auflehnen ging auch nicht. So blieb ihm nur klein beizugeben.


    Auch wenn die Herrin des Hauses Maida genau auf die Finger sah, ließ sich ein eklatanter Stilbruch bei der Aufnahme der Köstlichkeiten nicht beobachten. Weder sprach sie mit vollem Mund, noch lümmelte sie sich nicht auf den Tisch wie ein Bauerntrampel. Und dei Führung des Bestecks war spielerisch und elegant zugleich.
    Und dann spielte doch ein hauchzartes Lächeln über Alimeas Miene, das aber sogleich wieder erlosch. "Ich muss Euch etwas gestehen: Der Koch war bis vor kurzem in der Residenz von Sarandir Eisenklinge tätig. Ihn von dort loszueisen ging nur, indem ich sein Täubchen, eine hübsche, junge, arglose Kammerzofe äh na ja überzeugte, dass es für sie sei gesünder wäre, für mich zu arbeiten. Und dann ging eins zum anderen." Andere würden eher sagen: Alimea hatte ihr mit Prügel gedroht, sollte sie nicht sofort die Stelle bei ihr antreten.


    Grund zum Einhaken für von Müsig. "Ja und jetzt ist die Zofe in guter Hoffnung und weigert sich in ihrem Zustand weiter für Dich zu schuften. Maida habt Ihr auch immer solche Scherereien mit dem Dienstpersonal?" schnitt Herr von Müsig einen Dauerbrenner in den Adelskreisen an. Wenn man nicht gerade über harten Zeiten klagte, die früher viel besser gewesen waren, beklagte man sich über das Personal, wobei sich der Bogen von der gemeinen Magd bis zum hochgestellten Diner erster Klasse spannte.
    Genüsslich schlürfte er den Likör von der Marille. eine auswärtige Spezialität, den er von den hereingerollten Wagen gegriffen hatte. Seine Schwester war da für schwerere Waffen und hatte etwas mehrfach Gebranntes bevorzugt. Klar und den Rachen reizend. War Maida noch unschlüsssig, weil sie sich nicht sogleich und blind für etwas entschieden hatte?
    Ansonsten bedauerte Herr von Muesig den großen Abstand zutiefst. Wie gerne hätte er jetzt sein Bein seit an Seit mit Maidas stehen. Und sein Knie könnte ihres berühren.


    Und wie wenig Alimea an höfische und höflichen Umgangsformen lag, mag man daran ermessen, dass sie Maida unverblümt fragte: "Und wie ist es um Eure Fruchtbarkeit bestellt?"


    So sehr er seine Schwester liebte, sie verehrte und respektierte, in Momenten wie diesen könnte er sie gnadenlos an die Wand knallen. "Ich glaube nicht, dass blühende Wiesen und reifes Obst, das bevorzugte Thema unseres Gastes sind." versuchte er zu retten, was nicht mehr zu retten war. "Vielmehr würde ich vorschlagen, dass wir uns über die aufsehenerregende Ausstellung derangierte Bauernmöbel einst und jetzt unterhalten. Ihr seid doch bestimmt schon dort gewesen, werte Maida? Aber darüber sprechen wir besser im flauschigen Salon"

  • "Ihr habt die Kammerzofe...?" Maida sah bewundernd von ihrem Teller auf. "Seeeehr raffiniert, Madame. Einem Mitglied des Rates der Weisen den Koch abspenstig zu machen, das zeugt von... Kühnheit. Ich bin beeindruckt."


    Ein ehrlich gemeintes Schmunzeln legte sich auf die perfekt geschminkten Lippen der Cath'shyrr. Diese kleine Anekdote zeigte eines: Mit Alimea war nicht zu spaßen. Eine alternde, unverheiratete Frau mit strenger Moral einerseits und ohne Hemmungen andererseits war ein gefährliche Gegnerin. Dass Herr von Muesig ausgerechnet eine derart abgebrühte Schwester hatte, war betrüblich.


    "Junges weibliches Personal ist stets ein Problem", wich Maida einer Antwort auf die Frage nach ihrem eigenen Dienstpersonal geschickt aus. "Entweder verführt es den Hausherrn oder lässt sich von irgendjemandem sonst schwängern. Und schon war die ganze Ausbildung umsonst. Ich bevorzuge ältere Zofen, die sind weniger nervös und vor allem diskret. Diese jungen Gänschen tratschen einfach zu viel. Findet Ihr nicht auch, verehrte Gräfin?"


    Als die Spirituosen serviert wurden entschied sich Maida nach anfänglichem Zögern für Pistazien-Mandel-Likör, eine Leckerei für Naschkatzen. Dezent prostete sie den beiden Herrschaften zu, als Dank für die Einladung, und versank in den schmachtenden Augen des Herrn von Muesig. Er hatte angebissen, der Haken saß tef im Rachen. Wundervoll. Sie sollte ihn demnüächst nach dem Vornamen fragen. Eine ganz andere Frage riss Maida aus ihrer Versunkenheit, die sie um ein Haar unfein ins Kristallglas prusten ließ, welches sie gerade an die Lippen geführt hatte. Krampfhaft zwang die Cath'shyrr den Likör den Gaumen hinab, bekam einen Tropfen davon in die Luftröhre und konnte ein gedämpftes Husten nur mit Mühe unterdrücken. Ihre Wangen brannten von dem Würgereiz, was diese wie Beschämung aussehen ließ.


    Entgeistert sah die Cath'shyrr zu Alimea hin. Trotz ihrer Abgebrühtheit rutschte Maida ein heiseres Stammeln über die Lippen: "Also, ich weiß nicht, ich bin noch Jun..."


    Jäh klappte Maida den Mund zu und senkte scheinbar verlegen die Lider. Muesig versuchte die Situation zu retten. Bestimmt hatte er den Fauxpas bemerkt. Wie sie ihn einschätze, steigerte das höchstens ihren Wert. Eine weiteren wehrhaften Kaktus in diesem Haus zu ertragen wäre zu viel, eine unschuldige lebensfrohe Blüte hingegen... Falls er ihr glaubte. Paradoxerweise war die Wahrheit ein verkanntes Gut. Maida war noch tatsächlich noch unberührt. Ihr erster Mentor war alt und impotent gewesen, hatte viel mehr Gefallen an ihrem Charme gefunden. Auch danach hatte sie sich nie mit anderen Männern eingelassen. Die magischen Essenzen aus Sprungbart Pottlers Laboratorien, aufgelöst in Champagner, verschafften den Verehrern wollüstige Träume. Sie glaubten, was sie träumten, von samtener Stimme eingeflüstert in schlafende Ohren. Jungfräulichkeit war ein Kapital, das zu verkaufen sie sich vorbehalten wollte.


    Mit einem befangenen Lächeln schielte sie zu dem Hausherrn hin - sie durfte es keinesfalls übertreiben -, setzte dann ein strahlendes Lächeln auf und streckte Herrn von Muesig in einer eleganten Bewegung die Hand hin, damit er ihr aus dem Stuhl helfen und ihren Arm beim Gehen bei seinem unterhaken konnte.


    "Obst im flauschigen Salon. Oh, das klingt zu verführerisch nach dem vorzüglichen Mahl. Mit einem Tässchen Assam-Tee, vier Minuten ziehen, nicht länger, und einem winzigen Tropfen Milch... herrlich", schwärmte sie. "Bauernmöbel? Die letzten Tage habe ich mich wohl zu sehr mit Pferden beschäftigt. Kennt Ihr die Familie Mar'Rennor? Gut betuchte Händler aus der Stadt der Vögel, Shayvinyar. Sie besitzen die edelsten Blutlinien und züchten die teuersten Tiere. Allerbeste Qualität, habe ich mir sagen lassen. Erst vor kurzem lernte ich die älteste Tochter bei einem geselligem Beisammensein des Hauses Arisdar kennen. Hübsches Anwesen, sauber und ordentlich."


    Familienresidenz, Randgegend, aufstrebende Händler, kein Hochadel, hieß das übersetzt.

  • <---- Haus der Amandils


    Ohne sich noch einmal um zu sehen, schritt Tamrin den Weg zum imposanten Eingang des Gebäudes entlang. Kein verschlossnes Tor und auch kein sonstiger Diener hatten ihn aufgehalten. Seine Augen glitten über den makelos geharkten Weg an dessen Rand nicht ein einziger Grashalm es wagte, die strenge Symmetrie von Rasen und Weg überhängenderweise zu verletzten. Bäume und Hecken hier vor dem Anwesen waren akkurat zurückgeschnitten und prächtige Blüten hingen in leuchtend-bunter Pracht schwer wie Juwelen am Hals einer reichen Dame im satten Grün der Blätter. Das Haus hatte schlossartige Ausmasse, auch von hier, vom Eingang her waren sein gepflegter Zustand und die schiere Größe nicht zu übersehen.


    Tamrin brauchte gar nicht darüber nachzudenken - in einem auch nur annähernd vergleichbaren Haus war er noch niemals gewesen und er verspürte echte Neugier auf sein Inneres. Leichtfüßig lief er die breiten Stufen aus schwerstem Marmor hinauf und stand vor der hohen und kunstvoll verzierten Eingangstür. Beeindruckt aber nicht gehemmt betrachtete er den schweren, edlen Klingelzug. "Dovie'andi se tovya sagain.' (Zeit, die Würfel rollen zu lassen) murmelte er leise und verspottete sich selbst ein wenig. Beherzt griff er nach dem golddurchwirkten geflochtenen Seil und zog energisch daran. Ein sonorer tiefer Ton erklang, den er sogar hier draussen noch gut hören konnte. Tamrin trat einen Schritt zurück und wartete.

    .................


    >> Es ist so schwer, das Glück in uns selbst zu finden, nur leider ist es ganz unmöglich, es anderswo zu finden. <<


    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

    Einmal editiert, zuletzt von Tamrin ()

  • Die sonore Stimme war nicht die, die Tamrin wohl erwartet hatte. Es war ein Lakai, der heute den Dienst am Eingang schob. Mit der nötigen Begeisterung. Tordienst war gut bei großen Empfängen, da die Damen und Herren beim Betreten noch gutgelaunt in fröhlicher Erwartungshaltung gerne etwas spendabel waren. Und zu späterer Stunde wenn einige schon 'erleuchtet' waren oder diskret mit einer Dame verschwinden wollten mit der sie nicht gekommen waren.
    Aber nicht, wenn es eine sehr intime Veranstaltung war so wie heute wo der Herr des Hause eine Dame empfing. Eine, die den Dienstpersonal aber aufgefallen war. Nicht immer war der herr so geschmacksicher wie dieses Mal.


    Federspiel, so der Name des Lakaien, öffnete das schwere Tor.


    "Wen darf ich melden und was ist der Grund Euer Intervention zu später Stund'?"

  • Es dauerte gar nicht lange bis die prächtige Eingangstür sich öffnete. Ein Mann in der Kleidung eines Bediensteten sah Tamrin an und stellte mit wohlklingender Stimme eine Frage, die der junge Mann zwar nicht vollständig verstand - aber so besonders viele Alternativen gab es ja zum Glück nicht. "Seid gegrüsst!", verneigte er sich höflich. "Die ehrenwerte Geschäftsfrau Tilla Acai lässt dem Grafen durch mich eine persönliche Nachricht übermitteln. Es sei dringlich. Ich bitte, vorsprechen zu dürfen.", sagte er langsam und deutlich artikuliert auf, was Tári und er beim Üben als angemessen und zweckdienlich gleichermassen auserkoren hatten und blickte dem Lakaien unbefangen ins Gesicht.

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    >> Es ist so schwer, das Glück in uns selbst zu finden, nur leider ist es ganz unmöglich, es anderswo zu finden. <<


    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

  • Der Lakai liess eine Augenbraue springen, was als Zeichen von Verunsicherung gewertet werden kann. Das bemühte Sprechen machte die Verständlichkeit nicht leichter. Es waren aber zwei Schlüsselwörter, die ihn aufmerken ließen: 'Geschäft' und 'dringlich'. Geschäfte sind immer dringlich, eine Lektion, die er gelernt hatte. Und dringeliche Geschäfte sind Sache der Herrin.


    Er wisperte dem Mann rechts hinter ihm etwas zu und setzte sich dann in Richtung des Salons ab.


    Der Mann verbeugte sich sehr dezent vor Tamrin und seine Geste war eindeutig.


    [Auf dem Weg vom einen Salon zum nächsten]


    Herr von Muesig hatte Maida den Sitten entsprechend aus dem Stuhle geholfen und sie hatte sich bei ihm untergehakt. Das gab von Seiten der Schwester sofort wieder giftige Blicke. Leise sprach er, nur für Maida hörbar: "Euch unberührt zu wissen, macht mich sehr glücklich. Bitte verzeiht, die Direktheit miner Schwester, auf Ihr lastet die ganze Verantwortung und Erben wird sie wohl keinen mehr..."


    [Der flauschige Salon]


    Der Raum war mit Sicherheit der verspielteste im ganzen Schloss, viele Uhrwerke, kleine Tischchen, flauschige Ohrensessel, Wölkchen an der Decke, eine Farbgebung der Wände, die jener einer Zuckermanufaktur entsprach. Die Art der Gemütlichkeit, die Herr von Muesig liebte. Alimea hasste diesen Ort.
    Auf den Tischen standen bereits kleine Täschen und heißes Wasser und Kekse und köstlich aussehende Pralinen. Und der Duft der großen weiten Welt durchzog den Raum.


    "Ihr habt also auch Erfahrung mit dem Dienstpersonal, das in der Tat sehr unzuverlässig geworden ist" nahm Alimea den Faden von vorhin wieder auf. "Gerade jetzt wurde Olivia...schon zum zweiten Mal...unverantwortlich. Ich musste mich von ihr trennen, da ist sie dann auch noch richtig pampig geworden" Sie sah kurz auf, bereute es sichtlich so Vertrauliches abgesondert zu haben " Lassen wir es gut sein, ich will kein Aufsichtswolf sein und die Sittenlosikeit unserer Angestellten bloßlegen, Ihr seid erwachsen und könnt es tun oder lass..." die Tür des flauschigen Salon, die mit der Wand eine Einheit bildete, ging sachte auf, ein Seidenvorhang plusterte sich kurz auf. Der Kopf des Lakaien erschien in dem Türspalt. Alimea sprang auf, als die das Zeichen verstanden hatte. "Meine Aufgaben rufen, nicht jeder kann sich dem Müsiggang gänzlich verschreiben. Ach so ja, Mar'Rennor, sagtet Ihr....vielleicht schon mal gehört, vielleicht auch nicht. Vielleicht lohnt es sich ja, wir haben da gerade einen in letzter Zeit etwas unterbeschäftigten, unausgelastetten und verständlicherweise sehr nervösen Hengst" rein zufällig fiel Ihr Blick auf den seine Fingernägel kauenden Muesig. Dann war sie fort


    [Kleiner, kalter, schmuckloser Raum, keine Sitzgelegenheit]


    Alimea rauschte herein. Sie stemmte die Hände in die Hüften, stellte sich vor Tamlin. "Zum Gruße, man sagte mir es sei Dringlichkeit geboten. Sprecht!" Der Ton war so wie sie war, herrisch und direkt, aber nicht wingend unfreundlich.


    [Im flauschigen Salon]


    Ruhe. Schweigen Verlegen schenkte Herr von Muesig Tee nach und fingerte nach einer Schokoladenpraline. Er wagte Maida nicht anzusehen "Unser Gestüt. Meine Schwester sprach von unserem Gestüt." Seine Stimme war etwas belegt. Dann schwieg er wieder. Er widmete sich wieder seinen Nägeln. Reden war nicht einer seiner größten Stärken. "Maida..." aber es folgte - nichts.

  • Der Bedienstete hatte sich nicht vollständig im Griff, wie seine unmerklich zuckenden Augenbrauen Tamrin verieten. Der junge Mann fragte sich, ob sein kurzes Zögern an seinem vermutlich vorhandenem Akzent liegen mochte, denn fehlendes Verständnis schloss er aus. Dafür war er sich bei diesen Worten zu sicher, dass sie korrekt gewesen waren. Aufmerksam verfolgte er, wie der Lakai den Kopf wandte und etwas nach hinten wisperte. Und dann von der Tür verschwand.


    Nun war es an Tamrin, die Augenbrauen sacht anzuheben. Doch nur für eine Sekunde, denn augenblicklich trat ein weiterer Bediensteter an dessen Stelle, der eine Verneigung andeutete und Tamrin mit seiner Geste unzweifelhaft aufforderte, ihm zu folgen.
    Höflich erwiederte er den Gruß und folgte dem Mann in das Schloss hinein.
    Es war nur ein kurzer Weg, den der zweite Diener ihn entlang führte in einen nüchtern eingerichteten Raum hinein - offensichtlich nicht das Empfangszimmer für höherrangigen Besuch der adeligen Familie sondern gedacht genau für gewöhnliche Boten wie Tamrin einer war. Angesichts des prächtigen Eingangsbereichs mit der ausladenden Treppe und den herrlichen Teppichen und Gemälden, war Tamrin fast erstaunt darüber, dass das Schloss über einen so winzigen Raum wie diesen hier überhaupt verfügte. Wortlos entfernte sich sein Führer und fast ein wenig belustigt drehte Tamrin sich einmal um sich selbst und betrachtete das Nichts um ihn herum - und fragte sich, ob es ihn wohl einschüchtern oder eher mit Ehrfurcht erfüllen sollte. Es wurde ihm bewußt, dass er sich auch hier gerade in einem Leben befand, dass er sich mangels bisheriger Erfahrungen nicht wirklich vorzustellen vermochte. Wie fühlte sich ein einfacher Bote in so einer Situation wohl tatsächlich ?


    Ihm blieb nicht lange, darüber nachzudenken, denn nur wenig später öffnete sich eine Tür und eine Dame trat herein.
    Tamrin musterte sie mit unbewegter Miene, wenn gleich in seinem Kopf die Gedanken zu laufen begannen. Die schwarzhaarige Frau war offensichtlich nicht der Graf. Das traf ihn etwas unerwartet, hatte er doch gedacht, dass dieser sich an sein Geschäft in der Pfandleihe würde erinnern können. Aber vielleicht war er außer Haus. Tilla Acai war eindeutig gewesen: Dem Grafen oder der Familie.... Blieb heraus zu finden, ob sie Famlie war. Sein Blick huschte über die Erscheinung der Frau - ohne jede Spur von Anzüglichkeit - sie war edel gekleidet, ihre Gesichtszüge makellos und das schwarze Haar glänzte auch in der Frisur wie Ebenholz. Auch wenn Tamrin keine Ähnlichkeit zu den in seiner Erinnerung auch nur noch flüchtig vorhandenen Gesichtszügen des Grafen feststellen konnte - nachdem Tilla Acai die Schönheit in der Pfandleihe als Gespielin bezeichnet hatte, könnte es sich bei ihr natürlich auch um die Gattin des Grafen handeln. Eine Dienerin schloß Tamrin schon aufgrund ihrer Erscheinung eigentlich aus und ihre mehr als selbstbewusste Art, mit der sie die Hände in die Hüften gestützt hatte, tat ihr übriges.


    Dies alles war dem jungen Mann in Sekundenbruchteilen durch den Kopf geschossen, so dass er sich fast unmittelbar nach dem Eintritt der Dame ehrerbietig vor ihr verneigte. Mit gespitzten Ohren vernahm er die in befehlsgewohntem Ton gesprochenen Worte - und auch wenn sie schnell sprach - "Dringlichkeit" und "Sprecht!" waren Worte, die er aus seiner Übungseinheit problemlos wieder erkannte. "Ich entbiete Euch die aufrichtigsten Grüße der Geschäftsfrau Tilla Acai.", wiederholte er sehr ähnliche Worte wie jene, die er schon an den Diener gerichtet hatte. Innerlich wand er sich immer noch, die schmucke Diebin bloß zu stellen - und dann noch vor dieser Dame, deren Position er nicht einschätzen konnte. Tamrin verfluchte sich innerlich dafür, dass er sich von Tári die Familienmitglieder nicht näher hatte beschreiben zu lassen. Ein wenig hilflos versuchte er es abermals mit dem dezenten Hinweis auf den persönlichen Charakter der Nachricht, in dem er das entsprechende Wort explizit betonte. "Sie lässt eine persönliche Nachricht an den ehrenwerten Grafen von Müsig übermitteln." und gab seinem Gesicht einen leicht erwartungsvollen Ausdruck. Vielleicht kam er ja doch noch an den rothaarigen Adeligen.

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    >> Es ist so schwer, das Glück in uns selbst zu finden, nur leider ist es ganz unmöglich, es anderswo zu finden. <<


    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

  • Alimea achtete nicht auf das Mienenspiels ihres Gegenübers.
    Obwohl sie verstanden hatte, ließ sie sich die Worte nochmals von ihrem Lakaien durchsagen.


    "Welche Art Geschäfte Tilla Akai zu machen pflegt, entzieht sich meiner Kenntnis, aber da sie nicht den Titel eines Lieferanten für dieses unser Haus hat, kann es keines sein, von dem ich wissen müsste." Vielleicht hatte ihr Bruder neben dieser Maida auch noch mit jener Tilla laufen. Alimea konnte ein Rollen der Augen gerade noch unterdrücken.
    Sie überlegte. "Der ehrenwerte Graf, befindet sich in einer *hust* persönlichen Mission, die keine Störung duldet. Diese persönliche Nachricht kann nicht so persönlich sein, wenn sie ein Abgesandter überbringt. Würde Tilla Akai selbst erschienen sein und begehrte meinen Bruder zu sprechen, könnte ich ihr das schwerlich abschlagen. So aber, bin ich mehr als nur geneigt, zu sagen: bringt Tilla Avais Anliegen mir vor oder besagte Person soll sich selbst auf den Weg machen. Aber da ich auch glaube, das Wort 'Dringlichkeit' vernommen zu haben, wäre es bestimmt klüger die Sache mir anzuvertrauen. Mein Lakai wird nichts gehört haben" Sie streckte das Kinn energisch vor lächelte ihn aber süsslich an während ihr Blick in Richtung ihres Lakaien huschte.

  • Erben wird sie wohl keinen mehr...


    Es war Musik in ihren Ohren. Einen betuchten Herrn zu finden, der noch dazu charmant und gut aussehend war, war ein absoluter Glückstreffer. Und falls dieser Mann auch noch in die Gespielin verliebt war... Maida wagte kaum darauf zu hoffen. Ihr Herz schlug augenblicklich schneller und meinte aus ihrer Brust zu springen.


    "Ich verstehe Eure Schwester durchaus...", dieses Miststück, "...es ist nicht leicht ohne die Fürsorge eines liebenden Ma...", hauchte sie ihrem Gastgeber ins Ohr.


    Der flauschige Salon verschlug ihr die Sprache. Ein wahr gewordener Traum. Der Miene Alimeas nach zu urteilen das alleinige Refugium des Herrn von Muesig. Genüsslich schlug Maida in die wahrgenommene Wunde.


    "Oh, was für ein Traum. Diese bezaubernde Farbgebung. Wie geschaffen für romantische Abende. Und diese prachtvollen Uhren. Oh, wie ich ihr Ticken liebe. Ah, Schokolade. Das Begehren jedes Gaumens. Darf ich? Es gelüstet mich außerordentlich."


    Maidas Blick in Muesigs Richtung war eindeutig nicht jugendfrei, ehe sie sich abwandte und sich neben dem Tischchen in einen weichen Ohrensessel sinken ließ. Mit spitzen Fingern naschte sie ein Konfekt und ließ die Schokolade auf der Zunge zergehen. Sie musste sich dringend eingehender über das Grafengeschlecht informieren. Bis zu ihrer Ankunft hatte sie nicht ansatzweise geahnt, dass Herr von Muesig ein Graf Imarkar war.


    "Herrlich", schnurrte sie zufrieden. Ein Laut, der Herzen sschmelzen ließ. Ausgenommen jenes von Gräfin Imarkar. Höflich nickte Maida zu den eisigen Ausführungen der Dame. Erst als diese sich verabschiedete fügte sie an: "Aufgaben gehen vor, da stimme ich Euch voll und ganz zu. Was die Pferde betrifft, nun ich hörte, die Hengste des Hauses Eisenklinge sollen ebenfalls recht prachtvoll sein."


    Dann war Alimea fort. Stille trat ein. Eine unangenehme Situation. Maida hasste peinliches Schweigen.


    "Euer Gestüt? Ich meinte, gehört zu haben, Eure Familie handle mit Textilien. Mode ist etwas höchst schnelllebiges. Doch Ihr versteht es prachtvoll Euch dem Zeitgeist entsprechend zu kleiden. Es gibt Herren, die stumpfes Mausgrau mit grell violettem Halstuch kombinieren. Grässlich. Ich bin wahrhaftig beeindruckt von Eurem Gefühl für Farben. Wie von diesem Raum. Wer hat ihn eingerichtet? Allein der Duft nach Rosenblüten. Kennt Ihr die Geschichte von Kleopatra Selene, die von ihrem Liebsten Rosenblätter gestreut bekam, dass sie bis zu den Knöcheln darin versank?"


    Maida nahm ein Schlückchen Tee, den kleinen Finger keck in die Luft gestreckt, und lächelte verträumt.

  • Mit einigem Erstaunen sah Tamrin dabei zu, wie sich die elegante Dame seine Worte noch einmal von dem Bediensteten wortwörtlich wiederholen ließ. So etwas hatte er entschieden noch niemals erlebt - bestätigte ihn aber in dem Eindruck, dass diese Frau hier wohl zur Familie gehören musste, wenn sie solcherlei - in seinen Augen - überflüssiges Getue mit dem Diener veranstaltete. Denn dass sie selbst der Sprache mächtig war, bewies sie unmittelbar darauf.


    Tamrin war einen Augenblick lang versucht, auch seinerseits dem Diener einen auffordernden Blick zu zu werfen - erinnerte sich aber rechtzeitig daran, dass dies nicht nur auf ihn, sondern vor allem auf Tilla Acai zurückfallen würde. Und das war nun nicht in seinem Sinne, er war hier nur der Bote, der einen anständigen Eindruck zu hinterlassen hatte. Zudem hatte er eines der Worte, die er mit Tári besprochen hatte, in der Rede der Schwarzhaarigen heraus gehört. "Keine Störung" unmittelbar nach dem "Ehrenwerten Grafen". Sie hatten eine gewisse Auswahl davon gehabt wie zusätzlich "ausser Haus", "verhindert", "späterer Zeitpunkt" oder "nicht anwesend".
    Dann sollte es wohl so sein, dachte er mit leisem Bedauern.


    Das ihm auffordernd entgegen gereckte Kinn der Dame beantwortete er erneut mit einer zustimmenden Verneigung und begann, die zurecht gelegte Nachricht auf zu sagen.
    Die Anwesenheit des Bediensteten störte ihn nicht - vermutlich hatte der ohnehin seine ganz eigenen Einblicke und Ansichten in seine Herrschaft. Womöglich zutreffender als es diesen lieb war.


    "Seit dem Besuch des ehrenwerten Grafen und seiner geschätzten Begleitung im Geschäft meiner Herrin ist ein sehr wertvolles Paar Ohrringe unauffindbar, welches zuvor noch dort war."
    Tamrin sprach langsam und deutlich und betonte die entscheidenden Worte so, dass es bemerkt werden musste - auch wenn seine Miene dabei undurchdringlich blieb.
    "Möglicherweise ist es durch unerklärlichen Zufall in der Verpackungsschachtel der werten Begleiterin gelandet - das Personal ist nicht mehr das, was einmal war. Ihr versteht sicher.
    Meine Herrin wäre dem Grafen sehr verbunden, wenn seine Begleitung sorgfältig prüfen würde, ob der Ohrschmuck nicht aus Versehen in ihrem Besitz gelandet ist.
    Die Erwartung meiner Herrin nach der baldigen Benachrichtigung durch den ehrenwerten Grafen erklärt sich sicherlich von selbst."


    Die angedeutete Verneigung bezeichnete das Ende der Nachricht. Tamrin hatte keine Ahnung, in wie weit diese Dame hier befähigt war, zwischen den Zeilen zu lesen - aber viel deutlicher konnte man den Vorfall in der Pfandleihe ohne direkte Anklage kaum beschreiben. Tamrin wünschte der schönen Diebin, dass sie clever genug war, die Sache vor dem Adeligen so bereinigen zu können, dass ihr Ruf in seinen Augen nicht litt. Aber das hatte er nun nicht mehr in der Hand.
    Stumm harrte er der Reaktion dieser adeligen Dame vor ihm.

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    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

  • Jetzt merkte und blickte Herr von Muesig auf, als Maida verständnisvolle Worte für seine Schwester fand. Eigentlich hatte sie sich, seinem Empfinden nach, recht kühl und abweisend gegenüber Maida verhalten. "Ihr meint wirklich? Dass ein fehlender Mann in ihrem Leben sie so gemacht hat? Ihr müsst wissen, es gab da schon Interessenten, aber es hatte sich nicht er..." die Pause entstand, weil er den Blick von Maida auffing. Für ihn war das Angebot, Versprechen, Vergnügen, Laster alles zugleich. Und zuviel auf einmal. So etwas hatte er hier noch nie gehabt. Entweder waren seine Eroberungen gleich zum Zweck ihres Besuches gekommen ("Herr wollen im Voraus einen Beitrag spenden!") oder es waren verschüchterte Rühr-mich-nicht-an, die sich aber im Gegensatz zu Muscheln nicht öffnen ließen.
    "Fa-Fa-Farbe der Uhren" er war sichtlich und hörbar etwas außer Fassung, was auch der Griff zu seinem Hamdkragen bestätigte, den er versuchte etwas zu lockern. Anscheind litt der Graf etwas an Frischlufuftzufuhr.
    Seine Hingabe und Liebe zu gewissen Farben hatte bisher noch niemand in so lobende Worte gefasst. "Ich bin entzückt, dass Ihr diese Farbkompositionen so zu schätzen wisst. Ich musste das gegen heftigste Widerständen durchsetzen. Und meine Schwester hält es hier nie lange aus. Sie findet es grässlich und schwülstig." Er schien sich wieder etwas erfangen zu haben.
    "Ihr habt recht, von Arabern, Zelter, Rouncey, Hobby [Aus dem Netz gelesen - Pferde in MA] habe ich keine Ahnung, aber von golddurchwirkten Blusen...Euer Kleid, dieses Orange und das Grün erst...wir hatten erst gestern eine Eiskreation als Dessert in den gleiche Farben." er konnte den Blick jetzt nicht mehr von Ihr reißen.
    "Interessant, welches Wissen Ihr habt, Ihr seid wohl weit gereist und hattet kluge Lehrer und das in noch so jungen Jahren. Erzählt mir mehr von dieser Klopapiera, das scheint mir eine faszinierende Person zu sein, gewesen zu sein" wer es hören wollte, konnte es hören, wen der Herr von Muesig wirklich faszinierend fand. Das mit den Rosen, das musste er sich merken und gleich mal morgen ein Wort mit dem Gärtner wechseln. Was der mit den abgefallen Rosenblättern macht. Er hatte da schon eine Verwendung im Sinn.

  • Sie ließ nicht von ihrem Gehabe ab. Auch die nachfolgenden Ausführungen des Ankömmlings ließ sie sich vom Lakaien, der ein erstaunliches Gedächtnis haben musste, vortragen. Aber wie veränderte sich ihre Miene. Es war unverkennbar, dass diese Nachricht sie in höchsten Maße amüsierte und befriedigte, ja sie geradezu glücklich zu machen schien. Dies war eine völlig veränderte Frau. Ein paar Mal nickte sie, wie zustimmend, dann tat sie wieder etwas erstaunt. Alles sehr theatralisch, eigentlich sonst nicht so ihre Art.


    Nach einer Pause, die auch kalkuliert war, sprach Alimea wieder: "Ich kann Euch gar nicht genug danken, dass ihr mit dieser...diesem Missverständnis - und nichts Anderes kann es sein - zu mir gekommen seid. Den Herrn damit zu belästigen halte ich für übertrieben und es würde einer Diskreditierung...ich meiner einer unnötigen Blossstellung der Person darstellen" sie flüsterte dem Lakaine ins Ohr "Gebt dem Mann ausreichend was dieses seeeeehr wertvolle paar Ohrringe gekostet haben kann, gebt auch ihm ausreichend, aber haltet ihn von dieser Person, Du weisst schon, wen ich meine, und vor allem meinem Bruder fern. Du haftest mit Deinem Kopf, dass das alles unter uns bleibt. Hast Du verstanden." sie erwartet nicht einmal eine Bestätigung und der Lakai gab auch keine. Sie kannten sich einander zu gut. Dass er zu parieren hatte, wusste er und wusste sie.
    Süsslich und frohgelaunt wandte sie sich wieder Tamrin zu. "Ihr werdet von meinem Lakaien den Betrag für diese Tilsitakai bekommen und als Zeichen meiner Glückseligkeit, dass alles aufgeklärt ist, dank Eurer Umsichtigkeit, habe ich auch für Euch ein paar Münzen vorbereitet. Als Glücksgabe sozusagen. Gebt dieser Händlerin bitte mein ausgesprochen tiefes Bedauern wider und dass ich mich für deises peinliche Versehen vielmals entschuldige. Bevor Ihr abreist, würde ich mich freuen, wenn ihr in der Stube noch eine Erfrischung und eine Sättigung zu Euch nehmt. Ach ja, und es wäre mir sehr, sehr unrecht...wenn der Graf doch noch von dieser unsäglichen Geschichte erfahren würde." hierbei wurde ihr Gesicht mehr als nur eine Spur strenger. Und dass es Schweigegeld war, sagte sie natürlich auch nicht, machte es aber überdeutlich.
    Aber sogleich und etwas überhastet kehrte sie zu ihrem fröhlichen Ausdruck zurück "Es hat mich sehr gefreut Eure Bekanntschaft zu machen und wenn uns das Schicksal bescherrt, dass sich unsere Wege wieder kreuzen, werde ich sehr erfeut sein und gerne an Eure große Tat zurückdenken" in Gedanke hoffte sie hingegen tief und innig das Bürschlein niemals wieder zu Gesicht zu bekommen.


    Völlig unbermerkt war sie aber glücklich wie schon lange nicht. Diese paar Münzen würden ihr nicht wehtun, aber dieses Wissen, war unbezahlbar. Jetzt hatte sie das Luder. Sie hatte es von Anfang an gewusst, dass mit der etwas nicht stimmt. Ihr erster Verdacht war gewesen, dass sie eine Käufliche sei, die die ihren Körper anpreist. Vielleicht auch das, aber eines wusste sie nun ganz genau, sie war eine Diebin, eine die stahl. Und ihren Grafen würde sie sich jetzt 'malen' können. Ein Techtelmechtel vielleicht, aber was Festes, das kam jetzt nicht mehr in Frage. Mit ihrem Geheimnis würde sie sorgsam umgehen. Ihr Bruder wird es schon dereinst erfahren - dereinst nicht früher, aber auch nicht später. Und wie sie Maida behandeln würde...gemein und hinterfotzig, so viel war sicher.

  • Auch diese Worte musste der Bedienstete für die schwarzhaarige Dame wiederholen - was Tamrin die Gelegenheit verschaffte ihr Gesicht dabei genau zu beobachten, ohne mit den Worten selbst viel zu beschäftigt dafür zu sein. Was er sah, gab ihm zu denken. Mit allem Möglichen hätte man rechnen können - Zorn, Scham, Verlegenheit, Empörung. Aber diese offen zur Schau gestellte, diebische Freude darüber war irgendwie ... unheimlich. Was mochte die Dame so sehr an diesem Vorfall amüsieren ? War sie am Ende tatsächlich die Gattin des Grafen ?
    Tamrin mochte in dieser Richtung lieber gar nicht erst weiter denken.


    Als der Lakai geendet hatte, schwieg die Dame ein Weile. Dann sprach sie erneut zu ihm - "danken" hörte er heraus, ebenso "Ohrringe" und etwas, was nach "Diskretion" klang. Er hoffte, dass er nicht völlig falsch damit lag, dass die Gräfin ihm gerade bestätigte, dass sie verstanden hatte und Tilla Acai für die vertrauliche Benachrichtigung dankte. Vorsichtshalber deutete er abermals eine Verneigung an. "Ich werde Euren Dank ausrichten.", versicherte er dabei und musste irritiert feststellen, dass die Gräfin zu ihrem Diener getreten war, um diesem unhörbar etwas ins Ohr zu flüstern. Leichte Nervosität machte sich in ihm breit - hoffentlich hatte er sie auch wirklich richtig verstanden.


    Um so sorgfältiger spitzte er hochkonzentriert die Ohren als sie sich ihm wieder zuwandte. Eine Alarmglocke schrillte in seinem Kopf auf, als er die Worte "Betrag" und "bekommen" und "Münzen" aus ihrem Mund vernahm. Fast ungeduldig wartete er darauf, dass ihre Rede zum Ende kam - und registrierte eher am Rande die ihm ebenfalls bekannten Worte von bedauern und entschuldigen, während der Rest praktisch unverstanden an ihm vorbei rauschte. Auch wenn ihm auffiel, dass die Gräfin ihn zwischendrin mit einem Blick bedachte, der einen in Versuchung bringen konnte, befehlsempfangend die Hacken zusammen zu schlagen. Irgendwie musste es sich auf den Grafen beziehen ...... unrecht, wenn er erfuhr .... Geschichte ? Tamrin verstand so langsam überhaupt nichts mehr. Der Graf sollte von der ganzen Sache nichts erfahren ? Nun denn - das war nicht seine Sache, auch wenn ihm für einen Augenblick der unheimliche befriedigte Blick der Dame angesichts der Nachricht in den Sinn kam.
    Aber sie wollte anscheinend die Ohrringe bezahlen - und das WAR seine Sache.
    Vielmehr: sein Problem.
    Kurz darauf war die Frau jedoch schon wieder die Freundichkeit in Person. Die erste Floskel ihrer Verabschiedung verstand Tamrin sogar komplett - eine der einstudierten Varianten - und auch der Rest gehörte, dem salbungvollen Ton, den die Dame anschlug, nach, dazu.


    Hastig ergriff Tamrin die Chance.
    "Verzeiht, Verehrteste!" sagte er - etwas lauter als es nötig gewesen wäre, was er sogleich mit entschuldigendem Lächeln zu bereinigen bemüht war. "Ich bedauere außerordentlich, aber ich bin leider nur der Bote und nicht befugt, Geld für den Ohrschmuck zu bestimmen oder entgegen zu nehmen. Wenn Ihr so ausserordentlich freundlich sein mögt, diesen Teil des Geschäfts mit der ehrenwerten Tilla Acai persönlich abzuschliessen." abermals verneigte er sich tief vor der edlen Dame und hoffte inständig, dass er die verstandenen Teile des Wortpuzzles nicht völlig verkehrt zusammen gesetzt hatte.

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    >> Es ist so schwer, das Glück in uns selbst zu finden, nur leider ist es ganz unmöglich, es anderswo zu finden. <<


    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

    2 Mal editiert, zuletzt von Tamrin ()

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