Bücher, Gespräche und Begegnungen - In der Bibliothek

  • Ein wohlig warmes Gefühl stieg in Tamrin auf als er mit Tari zusammen die mächtigen Stufen hinauf schritt. Dieser Ort, das wusste er, würde ihm vertrauter sein als jeder andere Ort in dieser Stadt. Die festen, schlichten Mauern, die das Abendlicht in einen warmen Glanz getaucht hatte, schienen ihn eindringlich zu betrachten und freundlich zu empfangen. Es war ein gutes Gefühl. Ein gutes Gefühl war es auch, Tári's schmale kleine Hand in seiner eigenen zu spüren und sie an seiner Seite zu wissen. Die großen Flügeltüren waren immer noch einladend geöffnet und beim Durchschreiten offenbarten sie den beiden jungen Leuten, dass auch der Eingangsbereich die Hektik und den Trubel des Tages abgestreift und die Ruhe des Abends eingeläutet hatte. Hinter dem großen Tresen saß nur eine junge Frau mit braunen Haaren, die bei ihrem Eintritt kurz aufsah und sich lächelnd wieder einem Kästchen zuwandte, in dem sie größere Plättchen zu sortieren schien, nachdem Tamrin lächelnd den Kopf geschüttelt hatte zum Zeichen, dass sie ihrer Hilfe nicht bedurften. Eine Tür öffnete sich und eine hochgewachsene Frau in dunkelblauen Umhang und reichlich verkniffenen Gesichtszügen trat in Begleitung eines jovial lächelnden Gnoms heraus, dessen hellbrauner Überwurf mit unübersehbaren Brandflecken geziert war und Tamrin fragte sich schmunzelnd, ob dieser Herr wohl auch dem alchemistiscen Lehrkörper angehörte. Die beiden schenkten den jungen Leuten keinerlei Beachtung beim Verlassen des Gebäudes sondern blieben in ihr angeregtes Gespräch vertieft. Zwischen der hinteren Glaswand und dem Tresen vorbei ging es einen kurzen Gang mit hoher Decke entlang, an dessen Ende eine weitere, mächtige Flügeltür einen Torbogen freigab und schon den Blick in das Innere der Bibliothek hinein erlaubte. In reich verzierten Lettern stand etwas über dem Eingang und Tamrin sah Tári an. "Was steht dort über dem Eingang ?", fragte er neugierig.

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    >> Es ist so schwer, das Glück in uns selbst zu finden, nur leider ist es ganz unmöglich, es anderswo zu finden. <<


    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

  • Das ungleiche Paar, welches die jungen Leute passierte, zog die Aufmerksamkeit der jungen Frau auf sich, genauer der Überwurf mit den Brandflecken. Sie musterte die Beiden, welche tief in ihr Gespräch vertieft waren, bis sie sich selbst wieder in Bewegung setzten. 'Was sie wohl versucht hatten?', spukte es in Táris Gedanken. Sie gingen an dem Tresen vorbei immer weiter bis sie vor einem Torbogen standen. Noch immer war es ihr nicht unangenehm Hand in Hand an Tamrins Seite den Weg zurück zu legen. Und es keimte die Ahnung auf, es würde ihr auch nicht mehr unangenehm werden. Táris blick wollte sich soeben in den Raum hinein richten, als Tamrin ihr eine Frage stellte. So richtete die blonde Frau ihre Aufmerksamkeit auf die Schrift über dem Eingang. "Also da steht: Der Weise kann des Mächtigen Gunst entbehren, doch nicht der Mächtige des Weisen Lehren.", las sie ihm vor und sah ihn danach an.

  • "Danke!" Tamrin hob schmunzelnd die Augenbrauen. Die Schätze, die den Besucher nach dem Durchqueren dieses kleinen Tunnels erwarteten, waren nicht in Gold zu beziffern und irgendein Wort, dies dem davor Stehenden bewusst zu machen, war zu erwarten gewesen. Aber diese augenzwinkernde Mahnung an das Leben vor diesen Türen verriet das Bewusstsein ihres Schöpfers, dass das Wissen, welches hier gehortet wurde, seinen wahren Wert nicht hinter diesen Mauern entfalten konnte. Sondern aus diesen Türen mit hinaus getragen werden musste. Und als kleiner Seitenhieb taugte es durchaus auch. Weisheit und Humor hatten sich in dieser Person offenbar gleichermaßen ihren Platz gehabt. "Gehen wir hinein, oder ?" fragte er, setzte sich aber bereits wieder in Gang und durchschritt die Flügeltüren. Dahinter öffnete sich vor ihm der größte Raum, den er bislang gesehen hatte und schon nach wenigen Schritten blieb Tamrin stehen, um sich tief beeindruckt umzusehen. Der Weg führte genau in die Mitte des Saales hinein, wo im Zentrum ein kreisrunder Tresen stand. Zwei Personen befanden sich dort. Ein Mann und eine Frau glaubte Tamrin, aber der Raum war so groß, dass er sich auf die Entfernung nicht völlig sicher war. Um das Zentrum herum waren in konzentrischer Abfolge Stehpulte errichtet worden. Obendrauf waren Lichtmuscheln angeordnet, um im Stehen einen schnellen Überblick über das ausgewählte Buch zu ermöglichen, die Unterbauten dienten als Bücherregale. Sternförmig liefen lange Sitzbänke aus dem Zentrum heraus auf die Wände zu, ebenfalls in bestimmten Abständen mit Lichtmuscheln bestückt. Und Bücher. Staunend sah Tamrin die Wände voller Bücher empor, an denen sich etagenförmig Rundwege immer weiter hinauf zogen, bis er den Kopf in den Nacken legen musste um darüber in der Kuppel des Raumes ein Kunstwerk aus hohen Buntglasfenstern zu sehen, in denen selbst das gedämpfte Abendlicht sich in sanften Kaskaden brach und auf dem Boden des Saales ein faszinierendes Spiel aus Licht entstehen ließ. Überwältigt schloss er die Augen und genoss den vertrauten Geruch von altem, aber sorgfältig poliertem Holz und alten Büchern, der hier überall um ihn herum in der Luft hing für einige Augenblicke. Mit leuchtenden Augen sah er Tári an. "Beeindruckend, oder ?" Unwillkürlich flüsterte er nur.

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    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

  • Tamrin beantwortete sich seine Frage gleich selbst und so schritt Tári an seiner Seite in einen riesigen Raum. Schweigend und eher nüchtern betrachtete sie das Bild, welches sich ihr bot. Sie war beeindruckt, gar keine Frage aber sich hier in diesen Massen an Büchern würde sie sich wohl nie verlieren. Nicht so wie in den Wäldern, in der Natur.
    Gezielt nach etwas suchen, das konnte sie sich vorstellen. Diese Bibliothek war viel großzügiger angelegt als sie gedacht hatte. Auch wenn es voll werden mochte, es sah so aus als könne man sich dennoch gut aus dem Weg gehen. Sie bemerkte wie still Tarmin war, das muss wohl seine Welt gewesen sein…? Etwas in dem er sich verlieren konnte und die Zeit wie im Flug verging, für ihn. Als er sie dann mit leuchtenden Augen ansah, fühlte sie sich in ihrer Annahme bestätigt. „Ja sehr.“, antwortete sie leise und lächelte ihn an. „Und nun?“

  • Tamrin drehte sich zu Tári um und sah sie an. So ganz glücklich sah sie nicht aus, wenn auch nicht offensichtlich beunruhigt oder verpannt. Unwillkürlich musste er schon wieder an ein Tier denken. Ein Tier in einer unbekannten Umgebung. Nicht ängstlich, aber instinktiv ein klein wenig auf der Hut. Aber mittlerweile fand er es eher faszinierend als merkwürdig, wenn ihm dergleichen über sie in den Sinn kam. Tjaaaa ... was nun ? Immer noch lächelnd bewegte er sich Kreis auf der Stelle. An den bogenfömigen Bücherregalen mit den Stehplätzen fielen ihm helle Tafeln mit verschnörkelten Buchstaben und Zahlen auf. "Irgendwo muss eine Karte des Raumes hängen, aus der sich die Nummerierungen im Überblick ersehen lassen.. Ganz sicher." sagte er mit gedämpfter Stimme. "Irgendwo beim Eingang, sollte man meinen." Er streckte die Hand nach Tári aus. "Lass uns nachsehen. Und bestimmt hängt auch eine Legende zu den einzelnen Abteilungen ganz bei ihr in der Nähe."

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  • Leise amüsiert sah sie zu wie Tamrin sich mehrfach um sich selbst drehte. Sollte er die Stelle bei dem Alchemisten bekommen, so würde man ihn hier wohl auch sehr häufig antreffen. Zumindest konnte sie sich das gut vorstellen. Der junge Mann sprach von einer Karte, welche wohl den Raum abbilden sollte. Tári lies die Augen leicht schweifen und bemerkte dann die ihr entgegengestreckte Hand von Tamrin. Jene ergriff sie nur allzu gern. Er schien zu wissen wo sich solche Karten normalerweise befanden oder befinden sollten. "Ja ist gut.", bestätigte sie leise. Froh darüber, dass Tamrin sich scheinbar mit den Gepflogenheiten in solchen Bibliotheken auskannte. Der Blick der jungen Frau wanderte zu dem Eingangsbereich, welcher von je einer Treppe zu seiner Rechten und Linken gerahmt wurde. Aber keine Karte... Weiter glitten ihre Augen an den daneben befindlichen Regalen entlang. Doch an der dritten Stelle unterbrach sich das einheitliche Bild. Keine Regale mit Büchern, nein eine Karte hing etwas nach hinten versetzt an der Wand und davor stand ein sehr schmales Pult... "Tamrin, dort...", sagte sie leise und deutete mit leichtem Zug an seiner Hand die Richtung an...

  • Seine Begleiterin hatte offensichtlich die besseren Augen. Oder sie konnte sich einfacher von den turmhohen Wänden voller Bücher lösen als er. Die schiere Menge allein nahm seinen Blick gefangen und ließ seine Augen immer wieder zu ihnen empor schweifen. Leise lachend gab er dem Zug der kleinen Hand nach und folgte Tári zurück in den Eingangsbereich, von wo sie gekommen waren. Jetzt sah auch er, was sie gemeint hatte. Rechter Hand begann der unterste Regalring nicht mit Bücherwänden, wie auf der linken Seite sondern hinter den Stufen, die in den zweiten Ring hinauf führten, war ein großer flacher Glaskasten an der Wand aufgehängt. Oder zumindest war er durchsichtig. Und darin hing tatsächlich eine sehr große Abbildung des Raumes, die einzelnen Bereiche mit großen und kleinen Buchstaben gekennzeichnet - und, wie er beim Näherkommen bemerkte, auch jeweils in verschiedenen Farben eingefasst. "Das ist sie.", bestätigte er eifrig als sie endlich davor standen und das mannshohe Werk betrachteten. Tamrin sah sich suchend um und entdeckte ebenfalls das Pult. "Dort könnte die Legende ausliegen." sagte er und ging hinüber, um es sich genauer anzusehen. Zumindest lag ein sauber beschriftetes Dokument unter einer durchsichtigen Platte eingefasst in der Schräge des Pults. Tamrin wartete, bis Tári ebenfalls herüber gekommen war. "Und welche Bücher finden wir unter "T" ?", fragte er sie lächelnd.

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  • Tamrin bestätigte, dass es sich um jene Karte handle, welche er genannt hatte. Viel zu viel war auf dieser Karte notiert für Táris Geschmack und so gleich konnte sie noch nicht einmal das System dahinter ausmachen. Während sie noch auf diese große Karte starrte und sich überlegte was die Farben und unterschiedlichen Buchstaben bedeuten sollten, sprach der junge Mann an ihrer Seite von einer Legende. Ihr Blick hing noch einen Moment auf der Karte fest. Seltsam, was man alles benötigte um ein Buch zu finden, dachte sie so für sich. Tamrin war bereits vor zu einem Pult gegangen und betrachtete das Schriftstück, welches darauf auslag. Sie folgte ihm dorthin und warf einen Blick darauf. Noch mehr Buchstaben und zwar in wilden Kombinationen. Aber immerhin verstand sie hier mehr als an der Karte. Oder besser, es erschloss sich ihr, wie man Legende und Karte miteinander zu nutzen hatte. Die Themengebiete, wovon es reichlich gab - stellte die Halbelfe erstaunt fest, waren alle mit großen Buchstaben gekennzeichnet. Nach dem Buchstaben 'T' hatte Tamrin gefragt und so überflogen ihre Augen das Dokument und sie las hier und dort kurz etwas, ehe sie sich auf das gewünschte Themengebiet konzentrierte. "Unter 'T' findet man die Völkerkunde zu Niel'Anor.", sagte sie fast in normalem Ton und wurde dann schlagartig leiser, als sie sich erinnerte hier war es angebracht leise zu sein.

  • Tamrin musste unwillkürlich grinsen als Tári in normal-lauten Ton zu antworten begann, leicht zusammen zuckte und ihre Stimme dann immer leiser wurde als erwartete sie, dass der rothaarige Drache von ihrem ersten Besuch hier aus einer geheimen Ecke springen und sie verschlingen würde, wenn sie hier so sorglos dahin plauderte. Nach dem "T" hatte er eigentlich nur gefragt, weil es ihm durch seine Schreibübungen mit seinem eigenen Namen als Anfangsbuchstabe schon recht geläufig war und er es deshalb problemlos erkannt hatte. 'Völkerkunde' klang auch nicht uninteressant und da der Wandplan offenbarte, dass es mit diesem Bereich ganz oben auf der letzten Ballustrade begann, könnten sie doch eigentlich dort hinauf gehen. Ein Blick von dort oben herab lohnte bestimmt - und vermutlich würden sie dort oben auch niemand stören, selbst wenn das Geflüster einmal etwas lauter sein sollte. "Der Bereich fängt ganz oben an." flüsternd deute er mit dem Zeigefinder vor der Brust nach oben. "Wollen wir hinauf gehen und mal nachsehen ? Und vielleiht kannst Du mir ein bisschen etwas über die Völker hier erzählen ? Wahrscheinlich ist dort doben auch kaum noch jemand." Lächelnd begab er sich zu der Treppe, die auf den ersten Ring hinauf führte und sah sich auffordernd nach seiner blonden Begleiterin um.

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  • Keiner der Anwesenden begehrte ob der Lautstärke der jungen Frau auf und selbst Tamrin hatte wie für ihn üblich ein Lächeln auf den Lippen. Wo ihr Blick einen Moment lang hängen blieb. Auf seinen Hinweis und den Zeig nach oben, wo der Bereich seinen Anfang hatte, hob Tári den Blick empor und ließ in aller Ruhe ihre Augen erst über die großen Buntglasfenster und dann über die oberste Regalreihe schweifen. Die Höhe fand sie weniger bedenklich, war sie doch schon zahlreich auf hohe Bäume geklettert, als das dieser Raum nur eine Türe hatte. Nun erst bemerkte sie die großen Lettern über den Regalen. Ob man sich wirklich von Oben nach Unten durcharbeiten musste? Na ja warum nicht? So blieb man immerhin in Bewegung. Tamrin war schon zur Treppe vor gegangen und sah ihr lächelnd entgegen. Sie erwiderte sein Lächeln sanft und nickte. Tári folgte ihm hinauf, wo nun also die Themengebiete ihren Anfang hatten. "Das kann ich gern tun, dir ein wenig von unseren Völkern erzählen. Und du sagst mir ob sie vergleichbar sind mit den deinen?", fragte sie und achtete besonders auf den leisen Ton. Oben angekommen richtete die junge Frau ihren ersten Blick nach unten. Von oben war das Muster in dem die Sitzbänke und kleinen Regale aufgestellt waren viel besser zu erkennen, als es sich von unten hatte erahnen lassen. Ja doch hier oben, stellte Tári fest, war es gar nicht so verkehrt. Die Anwesenden und wie sie geschäftig ihren Dingen nach gingen, ließ sich hervorragend überblicken. Der junge Mann hatte einmal mehr Recht behalten, es war allgemein schon wenig in dieser Bibliothek los, aber hier oben noch um einiges weniger.

  • Treppe um Treppe und Stufe um Stufe stiegen sie einträchtig nebeneinander hinauf. "Vermutlich ist der Unterschied gar nicht besonders groß." Leise antwortete Tamrin auf diesem Weg nach oben. "Elfen, Menschen, Gnome, Zwerge findet man scheinbar überall - gibt es noch sehr viele andere Völker auf der Insel ?", fragte er neugierig. Zugegeben - er kannte darüber hinaus auch unerfreulichere Völker oder Unterarten der zuvor genannten Völker. Aber auf die traf man regelmäßig nicht in den großen Städten des Landes - und wenn sie sich doch dort bewegten, dann eher versteckt und unauffällig, weil sie um die Gefahr aufgrund ihres schlechten Rufs wussten. Wahrscheinlich gab es Ähnliches auch hier - aber solange man sich innerhalb der Stadt bewegte .......
    Über diese Gedanken hatten sie den Aufstieg geschafft und Tamrin tat es Tári gleich, stützte die Arme auf die Begrenzung des Rundwegs und sah hinab zum Boden der Bibliothek. Ziemlich klein sah alles dort unten aus - die Tische, die Pulte und auch die wenigen Besucher, die sich noch vereinzelt in den Reihen dort unten aufhielten. So ähnlich musste sich wohl ein Vogel fühlen, wenn er halbhoch über der Erde flog und die Welt unter sich bestaunte, dachte Tamrin fasziniert. Von hier oben war das Lichtspiel der Buntglasfenster noch viel beeindruckender als von unten - und Tamrin bemerkte überrascht, dass sich bei genaueren Hinsehen tatsächlich Bilder und Muster erkennen liessen. Unwillkürlich drehte er sich um und sah zu den Fenstern hinauf. Welch erstaunliche Arbeit. Ob es wohl reine Spielerei und Herausforderung gewesen war ? Oder einem Zweck diente ?
    Mühsam riß er sich von dem Anblick und den daran hängenden Gedanken los. Außer Tári und ihm selbst war tatsächlich niemand mehr hier auf dem obersten Ring zu sehen. Aufmerksam sah er die riesigen Buchstaben an - und bemerkte zwischen den Trennwänden der einzelnen Abteilungen abermals in Glas eingefasste Blätter - wohl, um die Bereiche weiter zu unterteilen. Langsam ging er weiter, um zu dem Bereich des "T"s zu gelangen. Wahllos ließ er den Blick über die vielen Bücher mit den unverständlichen Titeln gleiten ...... und zog auf's Geradewohl eines heraus, um es aufzuschlagen. Er blätterte bis zur ersten Abbildung. Und seine Augen wurden groß.
    "Tári!", flüsterte er hastig und sah sich nach der jungen Frau um, ob sie ihm überhaupt gefolgt war. Als sie bei ihm stand, zeigte er ihr das Bild einer schön anzusehenden Frau, die auf einem Felsen im Meer lehnte - und statt mit ihren Beinen mit einem mächtigen Fischschwanz im Wasser zu plätschern schien. "Ich glaube, Du hast doch einiges zu erzählen über die Völker.", gestand er und starrte ungläubig auf das Bild. "Oder ist das eine Meeres-Göttin ?"

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    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

  • Während die Augen der jungen Frau noch damit beschäftigt war, die Einzelheiten zu betrachten, welche sich ihr boten überlegte sie wo sie mit ihrer Erklärung zu den Völkern beginnen sollte. Zu Hause bei ihrem Mütterchen hatte sie nur immer viel erzählt bekommen zu jenen, bei ihren Eltern auf dem Hof, in ihrem Dorf war die Vielfalt auch nicht so groß wie in dieser Stadt. Auch wenn sie hier schon den ein oder anderen aus einem anderen Volk nun erblickt hatte, war ihr wissen nur aus den Erzählungen der alten Frau und aus Büchern. Sie würde bei 'A' beginnen und sich vorarbeiten beschloss sie für sich, als sie ihr geflüsterter Name aus den Gedanken darum riss. Tamrin war ein weiteres Mal vor gegangen und hatte bereits eines der Bücher in der Hand. Mit einem Lächeln trat sie näher zu ihm hin und betrachtete das Bild, welches das Buch aufgeschlagen in seinen Händen Preis gab. Gut dann fangen wir wohl bei 'N' an dachte sie belustigt. "Nein das ist keine Meeres-Göttin. Das ist eines der Meereswesen, eine Nixe. Neben jenen gibt es noch ein paar andere die die Meere unserer Welt bevölkern. Bei euch dann wohl nicht?", sie sprach leise und betrachtete den jungen Mann. Vielleicht waren die Welten doch unterschiedlicher als sie bislang angenommen hatte.

  • Tamrin könnte die Augen kaum von dem Bild losreissen. Oder vielmehr von dem Bereich des Körpers, der kein humanoider Körper mehr war sondern eben ein Fischschwanz. "Ich ......... ich weiß es nicht.", flüsterte er noch immer ungläubig. Kuriose Wesen gab es - bizarr und manche auch gefährlich - aber er hatte noch kein Wesen gesehen, dass halb Mensch und halb Tier .... oder halb Fisch war. "Ich war nicht oft am Meer und so richtig habe ich mich auch nie damit befasst..... irgendwie. Es gab so viel anderes zu Lernen." Er stockte. "Was meinst Du mit "bevölkern" ? Willst Du sagen, sie leben im Meer, so wie wir hier an Land ? Mit Städten und so ?" Jetzt wurden seine Augen wirklich groß. "Gibt es viele von ihnen ?"

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  • "Verstehe. Ich kann dir auch nur sagen was ich erzählt bekommen oder in Büchern gelesen und gesehen habe.", sagte die junge Frau freundlich und leise. Sie wand ihren Blick auf das Bild zu und betrachtete die Nixe, welche darauf abgebildet war. Ob die Abbildungen den Wesen wirklich gerecht wurden? "Ja neben Tritonen, Meereselfen, Yassalar scheinen sie das zu tun. Sie haben Städte und Märkte, bauen am Meeresboden pflanzen an. Sternenmeer nennt sich das Gebiet wenn ich mich recht erinnere. Auch soll es Meerpferde geben die gezüchtet werden. Aber ob das alles so ist, kann ich dir nicht sagen, bislang habe ich auch noch keine Nixe wahrhaftig zu Gesicht bekommen. Wie viele es von ihnen gibt, weiß ich leider nicht." Tári hob den Blick und sah auf die vielen Bücher, welche sich nur mit den Völkern dieser Welt befassten. Hier würde sicherlich einiges geschrieben stehen, was sie sicher nicht wusste.

  • "Meereselfen ?", fragte er erstaunt und neugierig nach. "Richtige Elfen, die unter Wasser leben ? Wie atmen sie dort ?", fragte er leise. Wasser war für Tamrin bislang das Element nur von Tieren und Pflanzen gewesen. Der Gedanke, dass das Leben sich dort zutrug, wie er es von hier oben auf dem Land kannte, war sehr neu und aufregend für ihn. "Wie sehen sie aus ? Können sie an Land kommen ? Kann man irgendwo welche treffen ?" Er wusste gar nicht, wo er mit seinen vielen Fragen beginnen sollte. "Und was sind Tritonen und Yassalar für Meeresvölker ?" Tamrin zwang sich, inne zu halten damit Tári eine Chance hatte, mit der Beantwortung der Fragen überhaupt hinterher zu kommen.

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  • "Kiemen...?", fragte sie eher als das sie bestimmt antwortete. Etwas überfordert sah Tári den jungen Mann an und musste dann leise lachen. So viele Fragen hatte er und sie konnte sie ihm nicht alle mit Gewissheit beantworten. Zumindest nicht, ohne sich durch diese Massen an Büchern zu wälzen - schätzungsweise. "Ich werde dir gerne sagen was ich weiß, aber ich schätze fast du wirst glücklicher sein wenn du es selbst nachlesen kannst. Mein Wissen zu den Völkern ist sehr...allgemein... Ja ich glaube einige von ihnen können an Land kommen. Teilweise sollen sich auch hier und da welche in Nir'alenar aufhalten. Vielleicht trifft man welche im Wasser des Hafens an...? Tritonen sollen sehr große und muskulöse Meeresbewohner sein. Mit Schwimmhäuten zwischen Fingern und Zehen... Yassalar sind... Meereselfen, nur ist ihre Haut schwarz und ihr Haar meist silbern weiß."

  • Kiemen ? Ob sie dann überhaupt auf dem Land ......... ? Inmitten seiner Gedanken hörte er Tári zu und nahm erstaunt zur Kenntnis, dass sie es bestätigte. Wirklich aufregend. Und er verspürte den Wunsch, Angehörige dieser fremden Völker zu sehen und kennen zu lernen. Er schmunzelte ein wenig ergeben.
    "Es wird wohl noch einige Zeit dauern, bis ich solche Dinge einfach selbst nachlesen kann. Aber sie sind uns nicht irgendwie feindlich gesinnt, oder ? Weil Fischfang betrieben wird oder dergleichen." Vielleicht hatte er deshalb nie welche gesehen. Andererseits bargen die Kontakte zwischen den unterschiedlichen Völker häufig auch so genug Konfliktpotential, das wußte er aus Gesprächen mit seinen Eltern.
    Noch einmal ließ er seinen Blick über den leeren obersten Ring gleiten und lächelte Tári dann freimütig an. "Wollen wir nicht hier bleiben und uns hinsetzen ?", fragte er sie. "Hier stören wir niemanden, wenn wir flüstern. Vielleicht unterhalten wir uns einfach ein wenig über die Völker. Und üben, in dem wir alles sowohl in elfisch wie auch in Bereliarnai sagen. Ich glaube, es wäre gut, wenn ich die Worte auch im Zusammenhang höre."

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    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

    Einmal editiert, zuletzt von Tamrin ()

  • "Also ehrlich, ich weiß es nicht. Aber ich habe nichts dergleichen gehört bislang und da die Inselbewohner Handel mit ihnen treiben kann ich es mir auch nicht vorstellen.", sagte Tári grübelnd. Aber was wusste sie schon dazu, aber sie bedauerte es leise ihm seine Fragen nicht mit Gewissheit beantworten zu können. "Hier oben?, fragte sie leise. Ihre Augen nahmen den gleichen Weg wie jene des jungen Mannes. Viel besser als dort unten, fand sie. "Wenn das geht, sehr gerne.", lächelte sie ihn erfreut an. "Über die Völker können wir uns gerne unterhalten, Nachschlagewerke wenn mir meine Antworten ausgehen haben wir ja nun reichlich., Tári lächelte leise vergnügt.

  • "Fein!", lächelte der junge Mann und glitt gewand in den Schneidersitz zu Boden, nachdem er das Buch mit der Nixe zuvor wieder an seinen Platz im Regal zurück gestellt hatte. Er wartete, bis auch Tári sich zu ihm gesellte. "Ich glaube, so ausführlich, dass wir Nachschlagewerke bemühen müssen, brauchst Du es nicht zu schildern." Er dachte kurz nach. "Bis auf den Gnom vorhin, sind mir in der Stadt bislang eigentlich nur Menschen begegnet. Stimmt es, dass sie den größten Teil der Bevölkerung hier bilden ? Elfen leben ja eher selten in Städten - oder ist es hier anders ?" Vielleicht traf man Elfen auch eher im anderen großen Zentrums dieses Viertels, überlegte er für sich. Elfen wiesen meist Affinität zur Magie auf - und im Gegensatz zu ihm empfanden sie dies nur sehr selten als Last. Ja - in den Türmen der Magie traf man wahrscheinlich welche. Seine Gedanken glitten weiter. "Im Seeviertel könnte ich es spontan nicht sagen.", gestand der junge Mann Tári ein. "Selten sah ich einen Ort, wo sich so viele Leute bis zur Unkenntlichkeit verhüllten, wie dort. Obwohl sie darunter durchaus menschlicher Gestalt zu sein schienen - zweifellos. Gibt es hier viele Völker, die Menschen und Elfen ziemlich ähnllich sehen im Erscheinungsbild ?"

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    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

  • Die junge Halbelfe setzte sich, in halben Schneidersitz, zu Tamrin auf den Boden. "Ja es könnte gut sein, dass der größte Teil der Bevölkerung aus Menschen besteht, aber sicher bin ich mir da nicht." Tári hob zögerlich die Schulter. "Einst war Nir'alenar eine Stadt an dem alle Völker Niel'Anors aufeinandergetroffen sind um gemeinsam die größte Stadt zu errichten, welche jemals auf dieser Welt existieren sollte. Jenes zeigen auch nach wie vor die Bauwerke der Stadt. Vielleicht sind hier nicht mehr alle Völker vertreten, aber ich denke viele sind es noch immer. Elfen, Zwerge, Gnome, Nymphen...Mischwesen... Nachdenklich betrachtete Tári den jungen Mann. "Ja doch eine gewisse Ähnlichkeit ist oft gegeben und selten unterscheiden sie sich so eindeutig wie von Gnomen, Zwergen oder Satyrn. Bei so manchem muss man wohl genauer hinsehen um zu erkennen wen man vor sich hat... Tári sah dem Gesicht von Tamrin an, dass sie wohl doch etwas weiter ausholen sollte. So begann sie von den unterschiedlichen Völkern zu erzählen, sowie auch von ihren Gemeinsamkeiten und Unterschieden. Jenes tat sie zum Teil in elfischer Sprache und immer wieder, so wie Tamrin es vorgeschlagen hatte, sprach sie auch die Sätze in Beleriarnai. Fragen beantwortete sie so gut sie es vermochte, auch wenn die ein oder andere unbeantwortet bleiben musste. Es war ein angeregtes wenn auch leises Gespräch, welches die jungen Leute führten. Zum Ende hin vermischte die junge Frau die beiden Sprachen ungewollt miteinander und musste leise lachen, das war ihr so noch nie passiert. Aber wann hatte sie auch so intensiv zwischen jenen hin und her gewechselt. Belustigt sucht sie die grünen Augen von Tamrin.

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