Heimkehr ins Meer

  • [Fortsetzung von Für Kea]


    Es war ein langer Durchbruch, der unterirdisch vom Mondteich ins Meer führte. Ein dunkler Gang, eng und scharfkantig, für geübte Schwimmer schnell zu durchqueren, wenn man sich elegant den Strömungen überließ. Irgendwann würde man das Salzwasser schmecken, irgendwann, aber bis dahin konnte man Furcht spüren, das Eingeengtsein, die Massen von Fels, die auf einem lasteten. Mallalai schloss für gewöhnlich die Augen, wenn er diese Passage nahm, denn für gewöhnlich bevorzugte er den Hafen. Jetzt jedoch musste er Sorge für Kea tragen, jetzt musste er seinen eigenen Kampf bestehen und für sie beide stark sein bis die Freiheit sich wieder öffnen würde.

    Crawling in my skin
    These wounds they will not heal
    Fear is how I fall
    Confusing what is real

    Einmal editiert, zuletzt von Shiai ()

  • Stillschweigend folgte sie. Hinab in die Tiefen des Meeres. Das Wasser fühlte sich anders an, schmeckte anders, es rauschte durch ihre Kiemen und sie schien mit allen Sinnen zu fühlen.
    Ihr Blick blieb fest auf Mallalai gerichtet, sie hielt sich nahe bei ihm. Kea, der kleine Seestern, auf ihrer ersten Reise in das Meer. Nie zuvor war sie hier draussen gewesen, nie zuvor so nahe an der Heimat ihres Vaters.
    Zwei verletzte Seelen, schweigend, still vereint in den Tiefen des Wassers, bahnten sie sich ihren Weg.


    Sie hielt sich an das, was er ihr gezeigt hatte, bewegte sich mit der Leichtigkeit durchs Meer, welche seine Bewegungen inne hatten. Ihr Blick streifte herum, erfasst bunte Fische, große Wesen weiter unten im Wasser, Korallen, andere Wasserpflanzen, den Sand am Boden. Fasziniert nahm sie das Meer mit allen seinen Facetten in sich auf und hatte das Gefühl, heimzukehren, obgleich sie erst vor wenigen Wochen ihre Mutter verloren hatte.

  • Zuerst schweigend beobachtete Mallalai ihr Staunen über die Meereswelt, versuchte mit ihren Augen zu sehen und entdeckte so selbst Dinge neu und wie zum ersten Mal. Das Wasser hatte auf einmal einen schwebenden Zauber, ein Glitzern, mit den Augen eines Kindes gesehen. Er staunte über sich selbst und nahm Muscheln in die Finger, drehte sie in dem anderen Blickwinkel, welcher ihm stetig ein Lächeln schenkte.
    Sie befanden sich in sicherem Gebiet, doch Mallalai riss sich plötzlich zusammen, sein Kopf schwenkte herum, seine Augen glitten über den Untergrund. Wie töricht von ihm! Er streckte seine Sinne in das Meer, so dass er nicht nur sehen, sondern auch fühlen konnte, dass sie alleine waren. Keine Gefahr. Seine Kiemen flatterten dennoch nervös. Er zeigte ihr an, dass sie weiter mussten, erst wenn er eine der Wachen der Mira'Tanar sehen konnte, würde er sich wirklich sicher fühlen.


    Auf ihrem Weg nannte er ihr Namen von den Dingen, die ihren Blick kreuzten, einfach so, weil es ihm Spaß machte, weil sie gelehrig und aufmerksam war. Dann hielt er inne, schloss die Augen... spürst du es? Ya’tanai! Die Heimat der Mira'Tanar.
    "Fühle, lerne. Du musst wissen, wann du die Grenze überschreitest!" sagte er leise. Mit halb geschlossenen Lidern beobachtete er Kea. In den Augenwinkeln sah er eine Wache, die herübersah, aber ruhig blieb, er fühlte den Krieger ... fühlte Kea ihn?

  • Ab und an sprach sie leise die Namen nach, auch wenn es sich für sie noch fremd und seltsam anfühlte. Doch sie hatte es im Blut, auch wenn sie die Sprache nie zuvor benutzt hatte. Immer weiter ins Meer ging es und sie war begeistert. Wie wunderschön es doch war, hier im Meer.
    Keas Blick streifte immer wieder neue Dinge, Dinge die sie nicht kannte oder die sie höchstens in nicht lebendigem Zustand einmal in der Stadt gesehen hatte.


    Fühlen, lernen.. merken, wann sie die Grenze überschreitet? Kea schloss ihre Augen und hielt in ihren Bewegungen so weit inne, das es aussah, als würde sie im Wasser stehen. Fühlen.. das Meer fühlen, sie spürte das Meer.. kleine Fische.. und.. noch jemanden. Da war jemand. Kea riß ihre Augen auf, Angst flammte darin für Sekunden sichtbar auf. Sie wusste nicht, wen oder was sie da gespürt hatte. War es ein Yassalar oder eine andere Gefahr? Aber Mallalai blieb so ruhig.. und so wandte Kea ihr Gesicht langsam in Richtung des Wächters.. und die Angst wich aus ihrem Blick, als sie des Mira'Tanar angesichtig wurde.


    Sie sah wieder zu Mallalai und legte den Kopf schräg. Diese Reise brachte so viel Neues!

  • Er lachte ob ihres Blickes, dann zeigte er auf eine Reihe kleiner, weißer Kiesel. „Grenzsteine!“ Er tätschelte ihre schmale Schulter und lachte wieder. Aber im Namen der Alin’Amoran, sie hatte es wirklich gut gemacht die elektromagnetischen Schwingungen zu erspüren.


    Bald war es soweit: Kina’mallei, die weiße Perle des Meeres.
    Ehrfürchtig blieb Mallalai an Ort und Stelle, wie jedes Mal, wenn er zurückkehrte. Der Anblick konnte einem Tränen in die Augen treiben.
    Es war ein leuchtender Anblick, möge er auf ewig erhalten bleiben. Runde Harmonie voller Leben, die einzelnen Ringe der runden Bauten, die Alin’Amoran, die alles überragte. Es wurde langsam belebter, sie waren nicht mehr alleine… Mira’Tanar schwammen Richtung der großen Stadt.
    Hier war es, wo er sich am wohlsten fühlte, hier, unter jenen mit den schillernden Augen, jenen, die voller Anmut durch die Unterwasser-Parks schwammen, die für manche Momente die Yassalar vergessen konnten.

  • Man konnte getrost sagen: Kea bekam große Augen. Sehr große Augen. Staunend und fasziniert und ja, auch ehrfürchtig, blickte sie gen der weißen Stadt. Das erste Mal sah sie jene nun mit eigenen Augen. Ihr Herz schlug schnell gegen ihre Rippen und sie blickte kurz zu Mallalai, dann wieder zu der Stadt. Zu den dort hinstrebenden Mira'Tanar und wieder zur Stadt, unfähig, ihren Blick von der wundersamen Welt hier unten abzulenken.


    Eine kleine Hand hob sich, als wären die Gebäude bereits zum Greifen nah, senkte sich wieder. Kea war wie gebannt. Sie blickte einfach auf diese Stadt.. diese Stadt, in der irgendwo ihr Vater lebte. Ohne von ihr zu wissen.

  • Es waren die beiden Wächter am Tor, bei denen er zuerst schwebend blieb, denn man sollte ihnen einen Moment widmen: unbeweglich, gerade, einen Arm in der Waagrechten, dessen Hand in einer Art Wasserwall endete, standen sie rechts und links neben dem großen blauen Portal. Jener Wall führte um die ganze Stadt und jeder Erschütterung wurden diesen beiden magisch begabten Mira’Tanar gewiss.
    „Gedenke ihnen immer, wenn du hier die Stadt betrittst, Kea. Sie sind geboren, um zu wachen und fallen sie, fällt die Stadt, denn der Wasserwall ist undurchdringlich. Sie sind unser aller Schutz“, erklärte er ihr.
    Die Augen der Wachen waren in die Ferne gerichtet, unbeweglich und starr, aber ihre Gedanken rege und voller Lebendigkeit.
    „Komm, lass uns einen Caife trinken gehen“, er lockte sie wieder mit dem Finger und schwamm voraus, durch das Portal, hinein in die weiße Perle des Ozeans.

  • Sie verharrte mit ihm, still die Wachen betrachtend, seinen Erklärungen lauschend. Ein undurchdringlicher Wasserwall und wenn die Wachen fielen, fiel der Wall. Hoffentlich würden die Yassalar das NIE schaffen. Ein weiterer Schauder rann durch den schlanken, zierlichen Kinderleib. Dann folgte Kea Mallalai durch das Portal. Ein fremder Ort voller Mystik und in ihren Augen atemberaubender Schönheit tat sich vor ihren Augen und voller Faszination sah sie sich um. Doch achtete sie darauf, immer dicht bei Mallalai zu bleiben. Ja, ein wenig Angst hatte sie, natürlich, immerhin war ihr diese Welt unter Wasser noch fremd, auch wenn sie das Gefühl hatte, als wäre sie schon lange hier zuhause. Sie hatte ihr ganzes Leben in Nir'alenar verbracht - da war es natürlich, das ihr diese Unterwasserwelt, die ihr so wundervoll lebendig vorkam, noch fremd war.

  • Auch im Meer war es Nacht, aber es schimmerte zauberhaft im Weiß der Rosen in den gepflegten Gärten, im feenhaften Licht der Sternenkorallen, die ihre Lichtreflexe ausstrahlten, als dreiste Hände sie streiften, als das feine Seegras sie berührten.


    Voll war die große Straße nicht, obwohl einige Nachtspazierschwimmer unterwegs waren, die freundlich grüßten. Es war ein einfaches sich hindurch zu schlängeln, den ersten Ring zu duchqueren, die runden, feinen Bauten, die mit jedem Ring prächtiger werden würden, und im zweiten Ring an einem kleinen Stand zu halten, der sich unter einen gewundenen Bogen aus Rosen schmiegte.


    Mallalai nahm zwei Gläser Caife, einem blau-violetten Getränk, welches sich nicht mit Wasser vermischte. Es war der Saft einer Meeresbeere, die man in den Gärten zog, der jedem frei ausgeschenkt wurde, wenn es ihn danach gelüstete und für den man keine Bezahlung verlangte. Die Schwierigkeit lag jedoch darin ihn zu trinken, ohne dass er sich aus den Kiemen wand.
    Mallalai dankte der Mira'Tanar und reichte Kea den Becher, drückte ihn ihr fest in die Hand. Wenn sie es richtig machen würde, musste sie die schwere Süße schmecken, wenn es ihr misslang, dann würden bald alle schmunzeln können, denn die violette Färbung des Wassers um Keas Kopf würde es zeigen.

  • Tja, nun war guter Rat teuer. Fest hielt sie den Becher umklammert, den Mallalai ihr in die Hand gedrückt hatte. Trinken, unter Wasser? Ja wie sollte das denn gehen? Es war ja schon faszinierend genug für das Kind, dass dieses Getränk sich nicht mit dem Wasser zu vermischen schien. So stand sie nun also da und sah in diesen Becher hinein, dann wieder zu Mallalai und wieder zu dem Becher. Ein wenig ratlos wirkte sie ja nun schon, kein Wunder, sie wusste ja nicht, wie man so etwas unter Wasser trank. Fast ein wenig scheu senkte sie den Arm mit dem Becher ein wenig, so als hätte sie keinen Durst. Das stimmte natürlich nicht. Aber eine Blösse geben über ihre Unwissenheit wollte sie sich auch nicht, bei all den Mira'Tanar, die hier noch unterwegs waren.

  • Ihr Zögen beobachtend setzte er den Becher an und trank einen Schluck. Da er es von Kind auf gewohnt war, zeigte sich keinerlei Färbung des Wassers. Mallalai lächelte, trank und presste den Caife durch die Kiemen, wodurch sich eine violette Wolke bildete, die sich schnell ausbreitete. Die Frau hinter dem Stand lachte laut und heiter und Mallalai tat es ihr gleich.
    "Siehst du, Kea", er betonte ihren Namen für sie. "Dann lache über sich selbst!"

  • Kichernd beobachtete sie die Wolke, die sich um Mallalais Kopf ausbreitete und blickte abermals auf ihr Glas, dann auf die Frau hinter dem Stand. Und dann versuchte sie es - aber es misslang ihr prompt und somit war auch ihr Kopf von einer violetten Wolke umrahmt, was Kea prompt wieder kichern ließ, obwohl ihre Wangen sich auch etwas röteten. Gar nicht so einfach, unter Wasser zu trinken.
    Aber sie versuchte es gleich nochmal. So wirklich gelingen tat es ihr nicht, aber zumindest war die Wolke um ihren Kopf etwas kleiner und sie schmeckte etwas. Sie würde wohl noch ein wenig brauchen, bis sie das Trinken unter Wasser beherrschte. Ein wenig verlegen senkte sie nun den Blick.
    Hoffentlich hielt man sie nicht für vollkommen unfähig nun.

  • Sein Lächeln galt ihr. So war es gut, noch war es nicht zu spät, ihre Seele schien heil und in ihrem Herzen wohnte die Fröhlichkeit. Sie griff nach seinen Scherzen wie ein Ertrinkender die Hand des Mira'Tanar, der sie ihm reichte. Mallalai reichte ihr seine Hand und zog sie weiter.
    Er zeigte ihr, wie man die Sternenkorallen zum Leuchten brachte, ein Spiel für Kinder, er zeigte ihr die Beeren für den Caife.
    Aber noch vor dem Erwachen des Morgens würde er sie zum Durchgang in den Mondenteich bringen. Er hatte es sich fest vorgenommen. Aber noch war es Nacht, noch war es nicht soweit und das Herz von Kina'mallei wartete.

  • Sie lauschte jedem Wort, jedem Fingerzeig folgte sie neugierig mit dem Blick. Es gab so vieles zu entdecken.. so vieles neu zu lernen hier unter dem Meer. Noch immer schwieg sie. Sie schwieg, weil sie nicht reden wollte, weil sie nicht über ihre Mama sprechen wollte oder darüber, wieso sie mit ihm mit gewollt hatte. Sie war hier.. nur das war wichtig. Hier mit ihm und er zeigte ihre so viele schöne Dinge. Ihre Seele war nicht mehr heil - nicht so heil, wie die Seele eines Kindes hätte sein sollen. Doch sie brauchte diese Scherze, die Aufmunterung, brauchte das Lachen, das sie verloren geglaubt hatte.


    Vielleicht würde ihre Seele eines Tages wieder heil sein. Doch das würde einiges an Zeit brauchen.. und die Erinnerung an ihre Mama würde immer wehtun. Zwischendurch versuchte Kea sich wieder daran zu trinken und es gelang ihr sogar ein, zwei Mal ohne eine violette Wolke um ihren Kopf schweben zu haben. Sie schien offen für alles Neue, wissbegierig, vielleicht gar zu sehr. Sie wollte wissen, wie ihr Vater lebte und wo er lebte und was hier alles möglich war und sie ließ sich alles von Mallalai erklären und jedes Ding mit einem Wort benennen, das ihr unbekannt war.

  • Die runde Schönheit der Bauten war eine Wohltat, eine Harmonie, die seinen Augen gut tat. Fische durchschwammen auch hier das Wasser, schlüpften durch die Lücken zwischen den Bewohnern und empfanden keinerlei Angst. Mit Kea an der Seite entdeckte er es neu und Mallalai fühlte sich warm und geborgen. In der Nähe des inneren Kreises schlug er einen gewissen Bogen um das herrschaftliche Haus von Tehanu, der er jetzt nicht begegnen wollte. Sie schwammen langsam, damit Kea vieles sehen konnte und benötigten fast die halbe Nacht die Stadt zu durchqueren.


    Dann kamen sie in Sicht: die beiden hohen Gebäude, mit zarten Malereien verziert. Die Alin’Amoran und die Mira’manyr standen auf einem großen freien Platz, den nur sie allein beherrschten und die Augen in die Höhe zwangen. Man hörte Gesang aus dem Inneren, der Platz war belebt. Wie es für Meeresbewohner üblich war, befanden sie sich nicht alle auf einer gleichen Ebene, sondern schwammen mal höher, mal tiefer, in Gespräche vertieft, tanzend, lachend. Hier war das Leben. Kinder jagten sich gegenseitig durch die Erwachsenen.


    Hier im Herzen von Kina’mallei fühlte man sich fast in Sicherheit und erleichtert und die Mira’Tanar wollten mit zwanghaftem Trotz, dass dies auch so blieb.

  • Mit allem was sie sah, wurden Keas Augen immer größer. Mit stillem, ehrfürchtigem Staunen betrachtete sie alles, berührte hier und da sogar einen Fisch, der an ihr vorbeischwamm. Oh ja, das alles hier unten faszinierte sie und mehr und mehr entspannte Kea sich.. hier, an der Seite Mallalais. Sie fühlte sich sicher bei ihm. Wusste, er würde nicht zulassen, das jemand ihr etwas tat.
    Ihr Blick folgte den Kindern, welche sich durch die Erwachsenen jagten. Kinder, die hier aufgewachsen waren, die all das hier kannten, was sie nicht kannte. Beinahe schämte Kea sich dafür, das sie das hier nie kennengelernt hatte. Es gab so viel nachzuholen.


    Kea legte ihre Hand an Mallalais Arm und zog leicht daran, damit er auf sie aufmerksam wurde. Und dann öffnete sie das Beutelchen und holte das wasserdicht eingepackte Bild ihres Vaters heraus. Sie hielt es Mallalai hin. Das Bild eines grüngeschuppten Mira'Tanar mit hellgrünen Haaren und Augen, die denen Keas glichen. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Wie Mallalai wohl reagieren würde?

  • Als Mallalai ihrer Aufforderung folgte und sanft das Bild entgegennahm, erkannte er auf den ersten Blick, was es war: ein grüngeschuppter Mira'Tanar mit hellgrünen Haaren und Augen, Kea ähnlich, so dass es wohl ihr Vater sein musste. Er seufzte innerlich. So ließ er sich auf ihre Augenhöhe sinken.
    "Kea", er zeigte auf sie, dann auf das Bild, dann legte er die Hand auf die Stelle, wo sein Herz saß.
    Er besah es sich wieder. Der Elf war ihm nicht bekannt, es schmerzte ihn innerlich, dass er nicht den kleinsten Anhaltspunkt erkannte. Die Hoffnung in ihren Augen schmolz, während sie wartete, Mallalai musste den Kopf ob seiner Unkenntnis schütteln.


    Aber es war ja nicht so, dass er ideenlos war. Sie mussten in die Mira’manyr, dort gab es Geschichten, Stammbäume an den Wänden, Sänger, die ihr vieles wussten, Erzähler, die das Erbe der Mira'Tanar bei sich trugen: Wissen des Meeres, Wissen um Kina'mallei! Es war jeder Versuch wert, eine Familie war es wert, das Unmögliche zu meistern. Der Verlust des Blutes war kaum zu ertragen, er wusste das, ein Schimmer im Inneren glühte immer für sie.
    Fest griff er nach ihrer Hand, drückte sie und lächelte. "Komm!" meinte er, sie sollten beginnen, die Nacht war kurz und fortgeschritten.

  • Kea wartete, während er das Bild ansah. Je länger sie wartete, um so mehr wich die Hoffnung. Ihr Vater.. sie musste ihn finden.
    Als Mallalai ihre Hand fasste, folgte sie ihm sofort. Er schien eine Idee zu haben.
    "Er kennt mich nicht." brachte sie hervor, ob er sie verstand, war die andere Frage. Es tat weh, zuzugeben, das sie ihren Vater nicht kannte und das er nichts von ihr wusste. Aber sie musste ihn finden. Er war doch alles, was sie noch hatte. Auch wenn da ihre "Freunde" noch waren. Emiriel, Berengaria, Shiai und Layia.


    Ihr Blick nahm noch immer die Wunder dieser Stadt wahr, doch ihre Hoffnung ruhte nun bei Mallalai und der Idee, die jener gehabt hatte. Hoffentlich konnte er ihren Vater finden.. auch wenn sie Angst hatte vor dem Moment, in dem sie vielleicht ihn sehen würde. Vielleicht wollte er sie gar nicht?

  • Im ersten Moment nahm er gar nicht wahr, dass sie gesprochen hatte. Es war ein Gemisch aus Aros’Tanara und einem Wort in Mira’Tanara, ein Gemisch unter Wasser voller Luftblasen.
    „Er wird dich kennen“, antwortete Mallalai ohne sie direkt anzusehen, nebenbei gesprochen mit erfüllter Freude.


    Der große, halbmondförmige Eingang der Mira’manyr nahm sie auf, die Ritter dort mit den Speeren sahen nicht einmal auf, derjenige, den er allmorgendlich grüßte, war nicht unter ihnen.
    Sogleich zu Beginn waren die zart blauen Wände beschrieben, flüssige, geschwungene Buchstaben zeugten von der Vergangenheit, durchbrochen von lebendigen Bildern.
    Erzähler standen an den Wänden diskutierten die Schriften in den runden Gängen, Musiker klimperten auf ihren Instrumenten, Besucher, Anwohner lauschten schweigend. Es war eine aufmerksame, respektvolle Atmosphäre.
    Mallalai führte Kea weiter. Er suchte nach jemandem Bestimmten: einen alten Mira’Tanar mit weißen Haaren und freundlich wissenden Augen.
    „Panou, das hier ist ein kleiner Seestern“, sagte Mallalai und ließ sich mit gekreuzten Beinen vor einem Mann in derselben Stellung nieder. Sie waren in einer der ersten Hallen angelangt, mit großen Tafeln voller Schrift. Jener blickte schmunzelnd auf Kea.


    „Mallalai“, das Lächeln schmelzte seine Stimme, die gar nicht so alt klang, wie der Mira’Tanar aussah. Erst jetzt sah man die blinden Augen, gänzlich milchig weiß. Korallen und Muscheln zierten das weiche Haar, Perlenschnüre umschlungen seine dünnen Arme.
    „Du scherzt mit mir.“ Seine runzelige Hand legte sich über Keas kleines Gesicht. „Du bringst mir einen Sturm.“

  • Kea machte Anstalten zurück zu zucken, als die Hand sich über ihr Gesicht legte, doch dann hatte der alte Mira'Tanar mit seinen Worten ihre Aufmerksamkeit erhascht. Sturm? Sie? Aber wieso denn? Kea überlegte, ob sie irgend etwas angestellt hatte, seit sie mit Mallalai herunter gekommen war. Doch ihr fiel nichts dergleichen ein. Wovon wohl der alte Mann sprach?


    Kea verharrte vollkommen still neben Mallalai. Ja, ein wenig Angst hatte sie nun, weil der alte Mann sie als Sturm bezeichnete. Aber sie hatte doch gar nicht gewütet und sich immer ganz anständig benommen - nunja, sah man davon ab, das sie Emiriel schon das zweite Mal ausgebüchst war und er vermutlich wieder ausser sich vor Sorge war. Aber sie hatte einfach hier her müssen. Hier her, wo ihr Vater zuhause war. Der ihr so fremde Mann der in dieser Zauberwelt lebte.


    Abwartend blickte Kea auf den Alten - oder seine Hand, sofern diese noch vor ihrem Gesicht verharrte.

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