Die Villa Shet A´kil

  • Arvanors Blick glitt über die Silhouette seines äußerst ansprechenden Gegenübers. Er lächelte und senkte seine Klinge. Ashaya war sich jedoch sicher das er blitzschnell zuschlagen konnte, schließlich hatte sie auch erfahren, dass er ein Fechtmeister von höchster Güte war und manches Gerücht besagte, dass er die Klingenfee gesehen und überlebt hatte. Aber die Bewohner von Nir´Alenar übertrieben gerne.


    "Ich habe nicht gesagt, dass ihr mir vertrauen könnt aber ich gebe euch mein Wort, dass ihr unbeschadet dieses Haus verlassen könnt, wenn ihr friedlich seid!"

  • Natürlich war Ashaya die Geste des Mannes nicht verborgen geblieben. Auch wenn sie gelassen wirkte, so blieb sie trotzdem auf der Hut und registrierte jede seiner Bewegungen aufmerksam.


    "Oh, ich bin jederzeit friedlich, sorgt euch da bloß nicht. Und was sagt mir, daß ich eurem Wort vertrauen kann? Euer Ruf in der Stadt ist womöglich nicht der Beste... hmm... soll ich es wagen?"


    Die Nymphe kämpfte mit sich, soviel war sicher. Einmal überwog ihre Neugier, dann wieder die Vernunft. Arvanor konnte sie in eine Falle locken oder es ehrlich meinen. Doch am Ende musste sie sich selbst vertrauen und das tat Ashaya meistens. Sie würde der Situation schon auf die ein oder andere Weise entkommen können, wenn es Not tat.


    "Also gut, dann zeigt mir euer Heim, Arvanor Shet A'kil."

  • "Das freut mich, dass ihr euch so entschieden habt, meine Gnädigste. Also, Lyria, auch wenn dies mit Sicherheit nicht euer echter Name ist, dann erlaubt mir, euch mein Heim zu zeigen. Ich würde sagen, wir fangen mit dem Ort an, wo ich einen großen Teil meiner Zeit verbringe. Folgt mir."


    Arvanor öffnete die Tür, Tali sprang mit einem Satz hindurch und wartete auf die beiden Personen schließlich im Flur.


    "Wie ihr sehen könnt, haben wir eine Schwäche für Bilder der verschiedensten Künstler. Eine Leidenschaft, die ich von meinem alten Herren geerbt habe. Schöne Bilder erfreuen mein Auge, ebenso wie ein feiner Wein oder eine schöne Melodie."


    Er hielt kurz inne. "Erlaubt mir eine Frage, Lyria. Was hat man euch so von mir erzählt? Ich bin äußerst neugierig, was man so von mir behauptet."

  • Ashaya betrachtete die Bilder mit einer gewissen, beruflich bedingten Neugier und der leichte Duft nach Erdbeeren verbreitete sich in dem Raum. Allerdings ließ sie sich dabei nicht anmerken, daß sie mit der Malerei mehr verband, als ein rein oberflächliches Interesse - es wäre zu dumm, jemanden auf ihre Spur zu bringen.
    Auf Arvanor's Frage hin, wandte sie sich jedoch von den äußerst interessanten Gemälden ab und musterte ihn. Im Schein des Lichtes war nun zu erkennen, daß Ashayas Augen von einem leuchtenden Honigton waren, der perfekt zu den kastanienfarbenen Haaren passte, die sie streng zu einem Knoten zusammengefasst hatte.


    "Möchtet ihr dies wirklich wissen, Arvanor? Ich glaube, daß es niemandem gut tut, zuviel von dem zu erfahren, was andere über ihn denken."


    Der Name kam ihr flüssig über die Lippen und sie zögerte nicht, als sie ihn aussprach, so als seien sie alte Bekannte.

  • "Ja, ich möchte es wissen. Es interessiert mich brennend, wie ich schon sagte. Gleichzeitig amüsiert es mich, denn die Leute erzählen so viele Dinge über mich. Dabei wissen sie nichts über mich. Wissen nichts von meinen Interessen, meinen Geschäften, meinen Neigungen. Ja ich mag schöne Frauen, aber sagt mir bitte, ob das unnormal ist. Und ja, ich bin adlig, kann ich da etwas für? Ich habe bei meiner Geburt nicht die Möglichkeit gehabt, es selber bestimmen zu können. Ja, ich werde manchmal als skrupellos verschrien, jedoch sollte man sich die Leute anschauen, die dies sagen. Also sagt mir bitte, was könntet ihr mir sagen, was mich noch schocken könnte. Oh vielleicht, dass ich ein Mörder bin? Laßt mich überlegen, hmm, nein ich bin kein Mörder, ich habe mein Leben verteidigt. Oder sollte ich ich einfach abstechen lassen wie ein Schwein? Nein, das ist nicht meine Art. Wenn ich einmal sterben muss, dann hoffe ich, dass es in den Armen einer Frau ist, die ich liebe oder im Kampf gegen einen würdigen Gegner. Ja, dass wäre akzeptabel." Arvanors Augen hatten bei dieser kleinen Rede regelrecht geglüht, die grünen Augen hatten wie zwei Lichter im Dunkeln geleuchtet.

  • Für einen kurzen Moment zogen sich Ashayas Brauen unter der Maske zusammen und sie musterte Arvanor von der Seite. Ein leichter Schauer rieselte unangenehm über ihren Rücken - hatten seine Augen gerade wirklich geglüht? Ashaya war nicht sonderlich leicht zu erschrecken, doch dieses Phänomen erschien ihr nicht als etwas Gewöhnliches.
    Mit einem leisen Räuspern wischte sie die Empfindung als Ausgeburt einer überreizten Phantasie beiseite und schickte sich dann an, dem Mann eine Antwort zu geben.


    "Nun ja - es scheint mir, daß auch ich euch nichts Neues mehr berichten kann - euch zu beurteilen vermag ich nicht, denn ich kenne euch nicht."

  • "Dann solltet ihr mich einfach besser kennenlernen meine Liebste. Nur sind die Umstände im Moment etwas seltsam. Jeder andere Hausbesitzer hätte versucht euch gefangennehmen zu lassen oder euch mit Gewalt empfangen. Aber ich bin wohl selber ein wenig seltsam. Also kommt, gehen wir weiter."


    Sie gingen durch den weiten Flur bis Arvanor vor einer großen, mit kostbar verzierten Schnitzereien besetzten Tür anhielt.


    "Dies ist meine persönliche Bibliothek." Er machte die Tür auf und Ashaya konnte die vielen großen Regale an den Wänden sehen. Arvanor betrat das großzügig dimensionierte Zimmer. "Kommt herein und schaut euch um. Wir haben Zeit."

  • Ein leises Kichern dringt unter Ashayas Maske hervor, während sie an Arvanors Seite weitergeht und dabei den Blick über seine Kostbarkeiten schweifen lässt.


    "Nun, in der Tat seid ihr ein wenig seltsam, wenn ihr mit Einbrecherinnen durch euer Haus wandert und ihnen auch noch eure Schätze präsentiert. Doch das soll mich nicht stören. Es wird mir nur ein wenig schwer fallen, euch jetzt noch auszurauben, wie ich gestehen muss."


    Scheinbar vergaß sie langsam ihre Vorsicht - ansonsten hätte sich die Nymphe wohl niemals selbst als Einbrecherin bezeichnet. Neugierig tritt sie in die Bibliothek ein und bleibt dann beeindruckt stehen - einen solchen Anblick bekam man nur sehr selten präsentiert und die wenigsten Adelshäuser verfügten über einen solchen Reichtum an Büchern.

  • "Nun glaubt mir, ihr seid mit Sicherheit die angenehmste Einbrecherin, die ich jemals kennenlernen durfte. Aber es haben sich in all den Jahren nur selten ungebetene Gäste hierher verirrt. Das liegt aber damit zusammen, dass meine Familie ihre Kontakte überall pflegt, nicht nur bei unseren Geschäftspartnern." Er machte ine einladende Geste: "Schaut euch in Ruhe um und fragt, wenn ihr etwas wissen möchtet."

  • "Bin ich das? Nun, ihr hattet Glück, daß ich meine Waffe nicht ziehen musste."


    Ein begleitendes Lächeln macht deutlich, daß Ashaya ihre Aussage keineswegs ernst meint. Interessiert beginnt sie damit, durch die Bibliothek zu wandern und die Rücken der Bücher zu betrachten. Von Zeit zu Zeit berührt sie eines davon, das ihr besonders ins Auge fällt.

  • "Nun, da hatte ich mit Sicherheit die Götter auf meiner Seite, dass ist wohl wahr. Ihr müt gut im Umgang mit der Klinge sein, denke ich mir. Wahrscheinlich habt ihr schon so manches Duell hinter euch. Frauen, die mit der Klinge umgehen können, finde ich äußerst ansprechend und so manche Frau fechtet besser als ein Mann." Wieder dieses kurze Glühen seiner Augen.

  • Ashaya stutzte, zeigte jedoch keinerlei andere Reaktion, während sie eines der Bücher wieder zurückgleiten ließ. Das Aufglühen in Arvanors Augen hatte sie nicht bemerkt, doch seine Worte ließen ihr einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Für einen Augenblick wusste sie nicht, was sie darauf antworten sollte, doch dann versuchte sie, die Situation zu überspielen.


    "Wie gut jemand im Umgang mit der Klinge ist, entscheidet stets der Gegner, denke ich. Ich bin der Überzeugung, daß es immer einen Besseren gibt - und wenn man auf diesen trifft, muss man wohl dem Schicksal in das Auge blicken."

  • "Ja das ist wahr. Bisher habe ich nur einmal in meinem Leben jemanden gefunden, der wirklich und wahrhaftig besser als ich wahr. Ich wäre beinahe gestorben bei diesem Kampf. Aber sie war gnädig und hat mein Leben verschont aus einem mir unbekannten Grund. Die anderen vor mir, hatten nicht dieses Glück."


    Arvanors Blick schien in die Ferne zu wandern.


    "Ach, lassen wir das. Es ist Vergangenheit und ich habe noch viel vor in meinem Leben. Aber um auf euch zurück zu kommen, ich hätte euch gerne unter anderen Umsänden kennengelernt. Ich mag Geheimnisse aber so werde ich nie erfahren, wer hinter dieser Maske steckt. Das finde ich schade, meine geheimnisvolle Schönheit mit dem diebischen Talent. Eure Lippen glänzen verführerisch im Licht der Nacht. Von diesen Lippen zu trinken muss geradezu ein Gefühl der absoluten Ekstase sein. Verzeiht, ich bin wohl unhöflich. Mögt ihr etwas trinken?"

  • "Geheimnisse sind dazu da, eines Tages gelöst zu werden, nicht wahr? Aber ihr werden verstehen, daß ich die Maske nicht einfach ablegen werde. Trotz unserer kleinen Plauderei wäre es dumm von mir, euch einfach zu vertrauen."


    Schnell wendet sich Ashaya ab, als Arvanors Worte etwas tief im Inneren der Nymphe berühren, das sie in diesem Moment eigentlich lieber verdrängen wurde. Der Fluch ihres Nymphenblutes machte ihr die Situation nicht eben einfacher und sie konnte es nicht verhindern, daß sich der zarte Duft nach Lilienblüten in dem Raum ausbreitete.
    Entschlossen kämpfte sie dagegen an und biss die Zähne zusammen - was ihre Antwort ein wenig gepresst zwischen ihren Zähnen hervorbrachte.


    "Ich denke, ich sollte in eurer Gesellschaft nichts zu mir nehmen, das die die Wahrnehmung trübt und die Sinne beeinträchtigt - das erscheint mir zu gefährlich zu sein."

  • "Oh ihr vertraut mir nicht. Glaubt ihr wirklich, ich hätte es nötig, euch ein Gift in den Wein zu mischen? Das ist nicht meine Art. Ich mag vielleicht manchmal ein Windhund sein aber ich bin dabei stets offen." Arvanor bemerkte den Duft nach Lilien. Lilien? Auf dem ganzen Anwesen gab es keine Lilien. Und da fiel bei ihm der Groschen. Die schöne Maskierte war eine Nymphe. Er lächelte Ashaya an. "So so, nun ihr könnt mir vertrauen und wenn ihr mögt, könnt ihr mich ruhig öfter besuchen kommen, auch maskiert." Er nahm zwei Becher und schenkte etwas Wein ein. Dann nahm er einen Schluck. "Seht ihr, ich sterbe nicht. Es ist ganz normaler Wein."

  • "Oh... ich habe auch nicht mit Gift gerechnet, sondern mit der natürlichen Wirkung des Weines, Arvanor. Ich denke, daß es nicht klug wäre, mit einer getrübten Wahrnehmung bei einem geübten Fechter zu sitzen und zu hoffen, daß nichts geschehen wird."


    Trotz diesen Worten nahm Ashaya den Becher an und nippte daran - sie trank zwar selten in diesen Tagen, doch es war nicht so, daß sie allzu schnell betrunken wurde unter normalen Umständen. Ein Becher Wein sollte ihr also keine Probleme bereiten.
    Innerlich verfluchte sie den verräterischen Lilienduft, der sich nun langsam im ganzen Raum ausbreitete.

  • "Sagt mir, wie kommt es, dass eine Nymphe zur Einrecherin wird? Irgendetwas muss euch doch dazu bewegt haben, die dunkleren Wege zu wählen. Ich meine, ihr seid doch nicht als maskierte Diebin eines Tages aufgewacht." Arvanor nahm einen tiefen Schluck aus dem Weinbecher und schien auf eine Antwort zu warten. Ashaya konnte seinen Blick auf ihrem Körper spüren, er musterte sie, sog jede Einzelheit ihres Äußeren in sich auf, ohne aufdringlich zu wirken. Er schien aufrichtig Interesse zu haben.

  • "Nein, sie wachen nicht damit auf, doch sie entschliessen sich womöglich dazu, wenn sie zuviel Armut und zuviel Reichtum sehen. Es gibt einen solch hässlichen Kontrast dazwischen, findet ihr nicht? Die einen leben in ihren prächtigen Villen und haben nicht einmal einen Blick für die anderen übrig, die nicht einmal Lumpen haben, um sich in einer kalten Nacht zu wärmen. Wie soll man sich dies einfach tatenlos ansehen können, ohne jemals den Wunsch zu hegen, etwas daran zu ändern...?"


    Ashaya war sich Arvanors Blick vollkommen bewusst und sie wand sich innerlich darunter, kämpfte gegen diesen uralten Fluch an, der auch nun wieder ihre Adern zum Brennen brachte.

  • "Ich weiss, wovon ihr redet, meine Liebste. Mein Vater versucht schon seit vielen Jahren, gegen diese Ungerechtigkeit anzukämpfen. Er spendet regelmässig, hat sogar eine Armenküche eingerichtet und ich führe dieses Werk fort, da es gut ist. Ich bin oft in den armen Vierteln, besuche die Leute, höre mir ihre Probleme an und versuche zu helfen wo ich kann, aber ich bin alleine."

  • "In der Tat? Solche Seiten sollte man an Arvanor Shet A'kil gar nicht vermuten, wenn man den Stimmen glauben mag, die anderes erzählen. Ich wusste nichts von diesen Armenküchen... doch eure Luchsdame erwähnte etwas ähnliches, wenn ich mich recht entsinne..."


    Ashaya war in den Sinn gekommen, daß ein gar seltsamer Luchs dieses Haus sein Heim nannte, doch sie zügelte ihre Neugier, wie dieses Tier wohl in den Besitz dieses Mannes gekommen sein mochte und fragte nicht danach. Langsam beruhigte sich der Duft nach Lilienblüten wieder und wurde durch Erdbeeren ersetzt. Ashaya seufzte innerlich, ignorierte es jedoch.

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