Die Entführung

  • Skeptisch sah Tara Aran an. Wie hatte er sie nur dazu gebracht, es ihm zu verraten? Eine Portion Charme und ständiges Nachbohren. Dabei hatte es so banal angefangen.

    Was Aran bisher nicht gewußt hatte, war, dass Tara die Tüchtigkeit ihrer Mädchen gerne einmal dafür ausnutzte um am Informationen zu kommen. So mancher Freier sprach viel und gerne mit Ihren Mädchen, im falschen Glauben, dass ein einfaches Freudenmädchen von dem Leben des Adels und dem schweren
    Thema der Politik sowieso keine Ahnung hatte.
    Doch gerade Isabella wußte sehr wohl von der Wichtigkeit der Dinge, die man ihr anvertraute und sie wußte sehr genau, wie man an die interessantesten Informationen kam.

    Schnell hatte sie einen Pakt mit Tara geschlossen und mit diesen kleinen intimen Details, die sie wußte, Tara so manches krumme Geschäft ermöglicht.
    Doch irgendwie hatte Arans Spürsinn ihn auf die zusätzliche Geschäftsbeziehung der beiden Frauen gebracht und nun wollte der Captain offensicht ein Stück vom Kuchen abbekommen.

    Dummerweise sollte die Information, die Tara von Isabella bekommen hatte, eine ganz besondere Brisanz für den Piraten haben.

    "Diesen Ring, den er trägt, soll so wertvoll wie ein ganzes Haus sein und es gibt bereits einen sehr wohlhabenden Interessenten für ihn." erinnerte Tara Aran noch einmal.
    "Zudem werden wir für sein Leben mehr Geld bekommen, als wir zählen können. Ich verstehe nicht, wie du zögern kannst, Eisenklinge." Die Rothaarige blickte auf Aran herab, der grübelnd vor ihr saß.
    "Bist du interessiert oder soll ich mir diesen Ring alleine holen?"

  • "Als würde es nur um einen einfachen Ring gehen," schnaubte Aran verächtlich und sah Tara direkt an. "Das ganze ist weitaus komplizierter als du es dir in deinem hübschen Köpfchen überhaupt vorstellen kannst. Und du solltest dich schonmal darauf vorbereiten, dass das ganze mächtig in die Hose gehen könnte. Ohne mich hättest du dann sowieso keine Chance mehr. Also muss ich wohl oder übel einsteigen, denn falls etwas schief geht, bin ich der Einzigste, der deinen hübschen Hintern retten kann. Und den Verlust könnte ich ja wohl kaum verkraften."


    "Und Geld ist nicht das einzigste was zählt. Du musst dir wohl bewusst sein, mit wem du dich da anlegst. Das ist kein einfacher Bauernlümmel, den du von der Straße wegschnappst und dem Geldbeutel wegnimmst, dass ist ein gefährlicher Mann. Weitaus gefährlicher als du dir vorstellen kannst. Und ich kann das beurteilen, obwohl ich ihm nie begegnet bin." Er sah sie einen Moment an, ehe er wieder etwas sagte.


    "Ich bin dabei. Ich will die Hälfte. Und Isabella bezahlst du von deinem Anteil. Ansonsten kannst die die Sache ganz schnell vergessen." Grinsend sah er Tara an. Ihr würde das wohl kaum schmecken...

  • Langsam aber sicher lernte Tara die Anzüglichkeiten Arans zu ignorieren. Sie verschränkte die Arme vorm Bauch und ging einige Schritte auf und ab. Sie würde Isabella bezahlen müssen. Nun gut, dass war ein Kostenfaktor den sie schon immer hatte selbst tragen müssen und mit dem sie leben konnte. Wahrscheinlich besser als Aran dachte.


    Sie nickte.
    "Einverstanden. Doch glaube nicht, dass ohne dich das Risiko weniger groß wäre. Wer weiß ob er dich nicht doch kennt." Sie fuhr sich mit einer Hand durch das Haar.
    "Du solltest dich tarnen, verkleiden... oder wir müssen es irgendwie so einfädeln, dass er dich nicht sieht." Was nach so großer Besorgnis klang, war nicht auf Aran bezogen. Viel mehr fürchtete die Rothaarige, dass man von Aran aus auf die Verbindung zur "Muschel" schließen konnte und sie ihre wichtigste Informationsquelle verlieren würde.


    "Isabella erzählte etwas von einem Gasthaus, wo er wohl häufiger anzutreffen ist. Ich locke ihn raus und du ziehst ihm dann von hinten einen über?" Tara ließ Aran an ihren Gedankengängen teilhaben. Ein guter Plan erforderte jede Menge Überlegungen und bei diesem Opfer wollte die Piratin ganz gewiss kein Risiko eingehen.

  • "Wir müssen uns dieses Gasthaus vorher nochmal genauer ansehen und uns mit den Gegebenheiten vor Ort vertraut machen, ansonsten macht das keinen Sinn. Wir müssen genau wissen, wo man sich zurückziehen und flüchten kann, wann dort Wachen vorbeikommen und was man dort sonst noch so herausfinden kann. Wer dort sonst noch verkehrt zum Beispiel und was in der näheren Umgebung passiert."


    Er sah Tara nachdenklich an. "Und weiß Isabella zufällig auch, ob und wieviele Wachen ihn dorthin begleiten? Das ist auch sehr wichtig, denn ihn herauszulocken ist das eine, möglichen Wachen in die Arme zu rennen dann schon wieder einen ganz andere Sache. Wenn er nur alleine oder mit einem Leibwächter kommt, haben wir leichtes Spiel, aber sobald mehrere Wachen ins Spiel kommen, müssen wir uns einen guten Plan überlegen, wie wir die dort weg bekommen."


    Mit eine anzüglichen Grinsen sah er dann wieder Tara an. "Ich habe gehört, dass er auf schöne Frauen in knappen Kleidern steht. Du musst dich also entsprechend zurecht machen, damit er dir überall hin folgt. Wir kennen damit seine Schwäche. Also musst du passend gekleidet sein, dann wird das kein Problem sein. Ich denke, dass er dir nicht wiederstehen kann. Da Isabella und ich uns damit am besten auskennen, werden wir dir dabei behilflich sein."

  • Tara hob eine Augenbraue an und blickte auf Aran. "Du traust mir also nicht zu, dass ich einen Mann verführen kann?" Sie schmunzelte. "Gut zu wissen."
    Auf seine Anzüglichkeiten ging sie dann jedoch nicht weiter ein, sondern schilderte das, was sie wußte.


    "Janinas Freier ist einer seiner besten Freunde. Soweit sie weiß, treffen die beiden sich zweimal die Woche. Von ihm hat sie auch ihre.. Informationen."
    Die Rothaarige setzte sich nun auch und beendete damit ihren unruhigen Gang durch den Raum.
    "Er kommt ohne Leibwächter. Laut seinem Kumpanen ist er dazu viel zu eitel. Er verläßt sich lieber auf seinen Degen. Das Gasthaus habe ich mir schon angesehen."
    Tara holte eine Papierrolle hervor. Ausgerollt konnte man dort einen wagen Grundriss eines Hauses erkennen. Sämtliche Türen, Fenster und die ungefähre Position von Tischen und Stühlen waren eingezeichnet. Entschuldigend sah sie Aran an. "Ich hatte gestern frei und dachte, ein Umtrunk wäre dort nicht schlecht." Ein schiefes Lächeln glitt über ihre Lippen.


    "Der einzige Risikofaktor ist also Janinas Freier. Doch die Gute meint, die beiden Herrschaften sind dem Alkohol nie sehr abgeneigt. Wenn er viel getrunken hat, sollte auch er mich kaum noch erkennen."

  • Aran schüttelte leicht mit dem Kopf und schmunzelte ein wenig, bevor er wieder ernst dreinblickte. Dann meinte er nur: "Es geht hier ja nicht darum was ich dir zutraue oder was nicht. Sondern es geht darum, dass wir uns kein Versagen oder einen zweiten Versuch leisten können. Deswegen musst du perfekt vorbereitet und hergerichtet dort hereingehen, damit wir kein Risiko eingehen. Wir haben nur diesen einen Versuch. Deswegen wird Isabella dich vorbereiten und ich werde auch einen Blick darauf haben. In dem Moment, wo er dich anblickt, muss er jede Vorsicht vergessen lassen. Dann funktioniert auch unser Plan perfekt."


    Er lauschte ihren Ausführungen und betrachtete den Plan, den sie angefertigt hatte. Er nickte leicht und musterte den Grundriss nachdenklich, ließ seine Augen über das Papier wandern. "Sehr gut, wir müssen also dafür sorgen, dass diese Janina mit dem Freund in ein Zimmer oder sonstwo hin verschwindet, damit er alleine ist. Dann ist er für deine Gesellschaft auch sehr aufgeschlossen. Dann musst du ihn betrunken machen, aber darauf achten, selbst nicht allzu betrunken zu sein. Später lockst du ihn raus, am besten in eine ruhige Gasse. Dort warte ich dann im Schatten und zieh ihm eins über. Ich besorge dann ein Fuhrwerk, mit dem wir ihn ohne großes Aufsehen wegtransportieren können."


    Er lehnt sich zurück. "Oder was sagst du?"

  • "Aran, ich bin nicht unerfahren. Ich habe schon größere Dinge durchgezogen, als das hier. Dinge von denen du mit deinem Adelsarsch wohl nur träumen kannst." Taras Stimme war ruhig, doch das kostete sie jede Menge Beherrschung. Aran schaffte es immer wieder, sie wie das dumme junge Mädchen dastehen zu lassen, dass sie schon so lange nicht mehr war.


    "Zudem wird er wohl kaum auf eine Frau reinfallen, die schon von weitem nach Freudenmädchen riecht, so wie Isabella - ich werde mich selbst zurecht machen." Sprach Tara und ihr Blick ließ keine Widerworte zu. Sie warf den Kopf in den Nacken, raffte das rote Haar zusammen und stand wieder auf.


    "Du solltest dir allerdings Gedanken machen, wo wir ihn unterbringen. Ich möchte ihn ungerne im Keller der Muschel lassen. Das könnte.. Fragen aufwerfen. Nun, ich muß wieder an die Arbeit. Ich werde dich wissen lassen, an welchem Tag wir zuschlagen."


    Tara öffnete die Tür und blickte auf Aran zurück. Normalerweise arbeitete sie alleine oder mit einer ganzen Mannschaft. Mit Aran dieses Vorhaben durchzuplanen brachte für die Rothaarige eine Komponente dazu, die sie nicht einschätzen konnte.


    -/-


    Keine 3 Tage später, es war später Nachmittag, suchte Tara Aran erneut auf.
    "Isabellas Freier ist da. Sie hat mir zu verstehen gegeben, dass heute wohl wieder einer seiner Saufabende ist und er sich später mit unserem wohlhabendem Freund treffen wird."
    Die grünen Augen musterten Aran. "Wenn alles vorbereitet ist, könnten wir in 3 Stunden zuschlagen. Ich könnte Isabella auch bitten, sich ein wenig intensiver um ihren Kunden zu kümmern. So hätten wir unser Opfer alleine in der Gaststube. Was haltet ihr davon?"

  • Aran saß unten im Schankraum und fröhnte dem Rum. Eigentlich hatte er gerade erst seinen ersten Bechen frisch gefüllt, aber das wusste Tara ja nicht. Schmunzelnd sah er sie an. "Nun, das sind ja gute Nachrichten. Ja, sag Isabella Bescheid, dass sie sich ein wenig länger um diesen Mann kümmert, es soll ja ihr Schaden auch nicht sein, nicht wahr?" Aran lächelte ein wenig und setzt sich richtig hin.


    "Es ist alles vorbereitet. Ein Fuhrwerk steht bereit, auf das wir unseren Freund verladen können und auch ein nettes ungestörtes Plätzchen habe ich finden können. Zumindest fürs Erste sind wir da ungestört. Natürlich kann man sowas aber nie wirklich garantieren. Also hoffen wir, dass wir diese Sache schnell durchgezogen bekommen, denn sonst bekommen wir Probleme."


    Schmunzelnd erhob sich Aran wieder und gab dann Tara einen leichten Klaps auf ihren Hintern. "So, also wann genau geht es denn nun los, Süße?"

  • Arans Klaps quittierte Tara mit einem bitterbösen Blick. Sie wußte, dass sie dem Captain beim nächsten Mal, wo er sich so eine Unverschämtheit erlaubte, an die Gurgel springen würde, doch heute hatte sie Wichtigeres im Kopf, als sich mit Aran auf dem Schenkenboden zu prügeln.


    "Wir treffen uns in zwei Stunden vor dem Gasthaus. Tu so, als würdestmich nicht kennen, aber geb mir ein Zeichen, wenn du bereit bist. Und.." Sie musterte Aran von oben bis unten. "irgendwie solltest du dich wohl auch maskieren."


    Selbiges hatte Tara nun auch vor. Mit langen Schritten stieg sie die Treppe zu ihrem Zimmer auf und begann sich zurecht zu machen. Tara wußte, was sie zu tun hatte - einst hatte sie überlegt, als Heiratsschwindlerin ihr Geld zu verdienen, doch wurde ihr schon bei ihrem ersten Opfer zu schnell bewußt, dass gutes Aussehen und rohe Gewalt schneller zu dem gewünschten Ergebnis kamen als gutes Aussehen und ein langer Atem. Seit dem hatte Tara gerne jungen Adeligen, die so sehr von ihrem roten Haar fasziniert waren, nach einer durchzechten Nacht Hab und Gut abgenommen.


    Doch heute sollte Taras Haar nicht offen über ihre Schultern fallen. Kunstvoll steckte sie es sich mit schwarzen Perlen hoch. Die grünen Augen umrahmte sie schwarz, die Lippen ließ sie wie sie waren. Nachdem die Rothaarige in eine weiße Bluse geschlüpft war, zog sie sich eine schwarze enggeschnürrte Korsage über, die Blicke automatisch auf ihr Dekolleté zog.
    Ein weinroter Rock mit edlen Stickereien rundeten das Bild ab und Tara begutachtete sich zufrieden in dem großen Spiegel in Isabellas Zimmer. Man würde sie beachten, aber in der Aufmachung wohl eher für eine gutsituierte Händlerin als für ein Freudenmädchen halten. Um diesen Eindruck noch zu verstärken, steckte Tara sich den wertvollen Rubinring an, der Beute einer ihrer ersten Kaperfahrten geworden war und ein enganliegendes Kollier aus schwarzen Perlen.


    Tara wählte den Hinterausgang der Muschel - Kunden brauchten sie so nicht zu sehen - lief einige Häuserblocks weit, bevor sie sich eine Droschke herbeirief und zu dem Wirtshaus bringen ließ, in dem ihr Opfer warten sollte. Tara lächelte und freudige Erwartung machte sich in ihr breit.
    Als sie ausstieg, hielt sie Ausschau nach Aran.

  • Aran registrierte den bitterbösen Blick Taras sehr genau und erwiederte ihn mit einem durchaus merklich anzüglichen Zwinkern. Er liebte es, sie ein wenig in Rage zu bringen und auch wenn sie sich im Griff hatte und es ignorierte, hatte er bemerkt, dass sie ihm am liebsten an die Gurgel gesprungen wäre. Und das nahm er wohlwollend zur Kenntnis. Mit einem breiten Grinsen auf den Lippen wendete er sich von seiner Geschäftspartnerin ab und nickte leicht. "Ich werd sehen, was sich machen lässt. Kümmer du dich nur darum, es nicht zu vermasseln. Wenn du solch eine Schnute ziehst, bist du jedenfalls kein angenehmer Blickfang." Leise lachend ging er fort und schloß die Tür hinter sich, auch er hatte Vorbereitungen zu treffen...


    ~+~


    Von weiten sah er schon eine Droschke kommen. Tara musste dort drinnen sitzen, sie war schon etwas zu spät, wahrscheinlich hatte sie zu viel Zeit mit ihren Kleidern vertrödelt. "Frauen..." murmelte Aran schmunzelnd und zog den Schlapphut tief ins Gesicht. In seinen dreckigen und speckigen Sachen wirkte er wie ein armer Schlucker, gefährlich nahe an einem Bettler, aber sich noch so halbwegs selbst versorgen könnend (zumindest mit Alkohol) und nur ab und zu um Almosen bittend. So jemand fiel hier nicht wirklich auf, wenn er vor einer Taverne lungerte. Davon gab es einige in Nir'alendar und keiner wollte mit solchen Individuen zu tun haben, man mied sie und beschäftigte sich nicht mit ihnen. Ideal für diesen Zweck.


    Aran war gespannt, ob Tara ihn erkennen würde. Tatsächlich stieg sie aus der Droschke und... bot einen herrlichen Anblick. Ihr Busen zog seinen Blick einen kurzen Moment wie magisch an, ehe er sich wieder fangen konnte. Was für ein Prachtweib! Aran grinste und humpelte näher zu Tara hin. "Hättet ihr einige Münzen für einen armen Mann, edle Dame?" fragte er sie und seine stimme klang wirklich so, als hätte er all sein Geld in schlechten Fusel investiert. Stilgerecht hatte er Sachen an, die ebenso rochen und den Eindruck komplettierten. Auch der Karren war schon von ihm in der Gasse plaziert worden. Es war alles bereit, nun lag es an Tara, das Zielsubjekt herauszulocken.

  • "Damit ihr noch mehr dem Fusel verfallen könnt?" Spie Tara aus, als der Bettler ihr nahe kam. Tatsächlich erkannte sie Aran erst, als er seinen Hut einen Stück zurück schob und sie sein Gesicht sehen konnte.
    Sie atmete auf. Er war da, gut. Sie hatte schon Schlimmstes befürchtet. Und seine Tarnung war gut, dass mußte man ihm lassen. Jetzt war es nur noch an ihr, ihr Opfer aus dem Gasthaus zu locken.


    Tara verzichtete darauf, Aran noch irgendetwas zu sagen, sondern sah weg, so wie es die meisten wohlhabenden Frauen wohl bei einem Mann mit seinem Geruch gemacht hätten.
    Mit klopfendem Herzen öffnete sie die Schenkentür und mahnte sich selbst zur inneren Ruhe. Sonst war sie doch Gelassenheit in Person. Nur, weil sie diesmal mit Aran zusammenarbeitete mußte sich das doch nicht ändern...


    Sie lächelte dem Wirten zu und setzte sich an einen Tisch der gut sichtbar in der Mitte der Schenke stand. Hier würde man sie genauso sehen können, wie sie jeden sehen konnte.
    Beim Wirten bestellte die Piratin sich einen leichten Weißwein - zur Beruhigung wäre ihr ein Humpen Rum lieber gewesen, doch darauf mußte sie wohl vorerst verzichten.
    Dann sah sie sich um.


    Nicht viele Leute saßen in diesem Gasthaus und es war leicht, sie zu kategorisieren. Entweder waren sie zu alt um der Gesuchte zu sein oder aber zu dick, zu klein, zu bärtig.
    Eine einzige Person passte auf die Beschreibung, die Tara von ihrem Opfer hatte. Sie blickte ihn kurz an, zog ihren Blick dann aber wieder scheu zurück.

  • Aran stolperte einen Schritt zurück, als Tara ihn laut anfuhr und wich dann noch einige Schritte zurück. Zwar war er von ihrer Reaktion nicht wirklich überrascht, eher noch erfreut, dass seine Tarnung derart perfekt war, aber die Illusion musste ja gewahrt bleiben. Er zog seinen Schlapphut wieder ins Gesicht und sah ihr einen Augenblick grinsend hinterher, wie sie zum Gasthaus ging und es dann betrat. Als sich die Tür hinter Tara schloss, blieb Aran nichts mehr weiter übrig, als abzuwarten, ob die Piratin Erfolg hätte oder nicht.


    Er blieb noch einen kurzen Moment dort stehen, bettelte einen vorbeikommenden Passanten nach Almosen an, ehe er sich langsam und unauffällig in die Gasse zurückzog, in die Tara ja auch nachher das Opfer locken sollte und in der auch schon ein Fuhrwerk mit Wechselkleidung für ihn bereit stand. Im Schatten einer Wand ließ er sich langsam nieder, zog eine Rumpulle hervor und schloss dann die Augen. Würde jemand hier vorbeikommen, er würde Aran für nicht mehr, als einen besoffenen Penner halten, die hier sein Schläfchen hält. Doch in Wahrheit war er hellwach und wartete ab…

  • Erneut hob die Piratin den Kopf und hielt nach ihrem "Opfer" Ausschau. Er war allein und würde es wohl hoffentlich auch bleiben. Derzeit schien ihn noch sein Getränk mehr zu beschäftigen, als die Anwesenden in der Schenke.


    Die Rothaarige beschloß ein wenig mehr Aufmerksamkeit zu erregen, in dem sie mit ungeduldiger Stimme nach dem Wirten rief.
    "Entschuldigt bitte.." Sprach sie laut, aber höflich. "Könntet ihr mir vielleicht einen anderen Wein bringen? Dieser hier ist mir etwas zu lieblich. Wenn ihr keinen Halbtrockenen habt, nehme ich auch gerne einen Trockenen. Ich habe es gerne etwas.. herber. Natürlich zahle ich auch.."
    Die roten Lippen verzogen sich zu einem breiten Lächeln und Tara schob dem Wirten einige kleinere Münzen zu.


    Den Kelch nahm der Wirt wieder mit und Tara verschränkte die Finger in einander. Diesmal wagte sie nicht, an den Nachbartisch zu gucken. Er mußte einfach Notiz von ihr genommen haben. Irgendwie...

  • Sarandir Eisenklinge, der in dieser Nacht eindeutig auf prunkvolle, standesgemäße Kleidung verzichtet hatte und nur ein weißes Hemd und eine schwarze Hose zu seinen dunklen Stiefeln trug, war in der Tat allein. Allein und in seine Gedanken versunken, die sich einmal mehr ruhelos um das Thema drehten, das ihm mittlerweile in allzu vielen Nächten den Schlaf zu rauben vermochte. So nahm er recht wenig Notiz von den Vorgängen in dem Gasthaus, da er ohnehin wenig Interesse an Gesellschaft besaß. Ruhelos spielten die Hände des Adeligen mit dem Kelch, den er bisher jedoch kaum angerührt hatte und nicht selten fuhren sie durch sein dunkles Haar und machten damit offensichtlich, daß er sich mit Gedanken quälte, die keiner erfreulichen Natur waren.
    Die Cath'Shyrr, die er für sein Vorhaben hatte gewinnen wollen, war schon nach kurzer Zeit aus Nir'alenar verschwunden und hatte ihn mit dem Auftrag sitzen lassen, den er ihr erteilt hatte. Ein unglückseliger Vorfall, der keineswegs dazu beitrug, seine Laune in den letzten Tagen zu verbessern.


    So blickte er auch jetzt nur kurz auf, als eine weibliche Stimme sich über das Stimmengewirr im Gasthaus erhob und nach einem anderen Wein verlangte und musterte diese für einen kurzen Augenblick. Sie war sicherlich ausgesprochen hübsch anzusehen und hatte sich nicht darin zurückgehalten, ihre vorhandenen Reize offen zu betonen - eine Tatsache, die ihn noch vor kurzer Zeit ausreichend fasziniert hätte, um in ihm den Wunsch aufkeimen zu lassen, sie in sein Bett einzuladen. Doch was war Schönheit und Reiz wert, wenn sie den Hunger nicht zu stillen vermochte, der ihn Tag und Nacht quälte?

  • Kein Wort, kein Geräusch, nichtmal ein Blick. Tara strich sich mit dem Zeigefinger über das rechte Ohrläppchen und blickte absichtlich gelangweilt in die Sarandir genau entgegengesetzte Ecke. Er war also nicht so einfach zu "erobern". Die Rothaarige rollte mit den Augen. Es wäre ja auch zu schön gewesen, aber nein, Eisenklinge schien nicht gleich auf ein adrettes Äußeres reinzufallen.


    Welch ein Unterschied zu seinem.. Cousin oder was Aran auch immer ist. Ging es der Rothaarigen durch den Kopf. Während der Captain gleich an jedem Rock hing, schien dieser Eisenklinge beinahe.. schwermütig. Und das machte ihren Plan ebenfalls schwerer.


    Taras neuer Wein kam. Sie bedankte sich artig und nippte an dem Glas. Noch immer vermied sie, Sarandir anzuschauen. Stattdessen begann sie, ein ebenso nachdenkliches Gesicht wie er aufzusetzen und zog sich den Rubinring vom Finger um den kunstvoll eingesetzten Ring zart mit ihren Fingerkuppen zu umspielen.
    Bestimmt 15 Minuten saß sie so da. Ab und an nippte sie an ihrem Wein, doch nur so wenig, dass der Kelch noch immer gut gefüllt war - und noch viel seltener blickte sie zu Eisenklinge hinüber. Irgendwann beschloss sie, dass genügend Zeit vergangen war um den "Anschein" zu wahren und das es nun an der Zeit war, zu handeln.


    Sie nahm erneut einen Schluck ihres Getränkes, während die andere Hand wie in Gedanken weiter mit dem Ring spielte und .. ihn plötzlich fallen ließ. Tara hustete, wie als wenn sie sich verschluckt habe und sah dem teuren Stück hinterher, als es in hohem Bogen in der Nähe von Sarandirs Tisch landete. Tara hielt einige Sekunden die Luft an - in der Hoffnung, ihre Wangen würden sich dadurch wie im Scham röten - und eilte dann an Eisenklinges Tisch. Peinlich berührt ging sie vor dem Tisch in die Hocke und griff nach ihrem Schmuckstück...

  • ... und fand sich den langen, gepflegten Fingern des Adeligen gegenüber, der ihr den Ring mit einem schiefen Lächeln auf seiner Hand präsentierte, gerade in der Höhe ihrer Augen, die danach gesucht hatten.


    "Ihr solltet euch vorsehen. Ein solch wertvolles Schmuckstück gerät nur zu schnell in die falschen Hände und nicht jede davon ist geneigt, es wieder an seinen rechtmäßigen Besitzer zurück zu geben."


    Beinahe tanzte ein amüsiertes Funkeln in Sarandirs dunkle Augen, ein Schatten seiner verlorenen Vergangenheit, erlosch jedoch nur allzu schnell wieder, um dem ernsten Ausdruck Platz zu machen, der ihnen zuvor inne gewohnt hatte.


    Die Aufmerksamkeit des Grafen hatte sich schon längst wieder seinen eigenen Gedanken zugewandt, als ihn ein ersticktes Keuchen wieder in die Wirklichkeit zurück brachte und seine Augen erneut auf die rothaarige Frau lenkte, die sich offenbar an ihrem Getränk verschluckt hatte. Mit einem leisen Klirren landete der Ring neben seinem Stiefel und Sarandirs Manieren waren zu lange geschult worden, um es einfach zu ignorieren, wenn eine Dame in Bedrängnis war. Auch wenn diese Art der Bedrägnis keineswegs Besorgnis erregend war.
    Eher mechanisch, als wirklich bewusst, hatte er nach dem Ring gegriffen, der sich nun kühl auf seiner Handfläche anfühlte und darauf wartete, wieder in den Besitz seiner ursprünglichen Trägerin zu gelangen.

  • Tara setzte ein dankbares Lächeln auf und griff nach dem Ring. Sie versuchte Sarandirs Hände nicht zu berühren, waren doch ihre Hände das Merkmal an ihr, was ihre "Tarnung" als wohlhabende Händlerin als erstes zunichte machen konnte.
    Tara war es nun mal gewöhnt, anzupacken. Sie hatte schon früh Schwielen vom Hissen der Segel gehabt und Schnittwunden von Kämpfen. Ihre Hände waren alles andere als die einer feinen Dame.


    "Ich war zu sehr in Gedanken. Bitte entschuldigt, dass ich euch störte und habt dank, dass ihr ihn aufgehoben habt. Dieser Ring.. bedeutete mir einmal sehr viel.." Sie sah kurz verschämt zu Boden und richtete sich dann wieder auf. Der Ring wurde wieder an den Finger gesteckt, Tara schenkte Sarandir noch ein Lächeln und für einen Augenblick sah es so aus, als wolle die Rothaarige sich wieder umdrehen und zu ihrem Tisch zurückgehen. Doch dann hielt sie inne und tat ein wenig erstaunt.


    "Ihr.. ihr seid Sarandir Eisenklinge." Sprach sie dann und ihre Worte waren nicht als Frage formuliert, sondern wurden als Tatsache hervorgebracht. "Ich habe schon viel von euch gehört und es ist mir eine Freude, euch kennenzulernen. Auch wenn die Erzählungen ein anderes Bild von euch geben.."

  • "Nun, der Ring scheint euch in der Tat nicht mehr allzu viel zu bedeuten, wenn ihr ihn so einfach wegwerfen möchtet."


    Sarandirs Augen streiften Taras Hände nur kurz und taten dies nicht lange genug, um ihren besonderen Zustand wirklich bewusst zur Kenntnis zu nehmen. Doch als sie seinen Namen nannte, erstarrte er für einen Augenblick.
    Widerstreitende Gefühle glitten über die Züge des Adeligen, auch wenn er sich bemühte, diese nicht allzu offen zur Schau zu stellen. So erlosch sein Lächeln beinahe im gleichen Moment, in dem die Rothaarige die Kenntnis seiner Person offenbarte und verwandelte sich in eine undurchdringliche Maske, die nicht auf seine Gedanken schließen ließ. Das schiefe Lächeln legte sich nach einem kurzen Moment erneut auf Sarandirs Gesicht, doch diesmal wirkte es unecht und besaß keinerlei Wärme, ließ seine Augen kühl bleiben.


    "In der Tat, der bin ich. Und ich kann mir lebhaft vorstellen, daß diese Erzählungen sicherlich ein sehr farbenprächtiges Gemälde meiner Persönlichkeit erschaffen haben. Es ist demnach zweifelhaft, ob meine Bekanntschaft wirklich das Gefühl der Freude in euch hervorrufen wird."


    Er richtete sich auf und wies eher mechanisch, denn aus einem wirklichen Wunsch heraus auf den Stuhl, der ihm gegenüber stand. Der Kopf stand ihm kaum nach Gesellschaft, doch ganz offenbar hatte das Schicksal anders entschieden.


    "Doch vielleicht verratet ihr mir nun euren Namen, meine Liebe. Denn nun besitzt ihr mir gegenüber einen entscheidenden Vorteil."

  • Tara blieb ernst, ersparte sich jedes Lächeln, nahm aber das "Angebot" Sarandirs wahr und setzte sich mit einer eleganten Bewegung auf den dargebotenen Stuhl.
    "Nun, meine Kenntnis von eurer Person beschränken sich auf zwei Dinge. Zum einen, das ihr Mitglied des Rat der Weisen seid und zum anderen.." Nun setzte sich wieder dieses Lächeln auf Taras Lippen. Süffisant und wissend.
    "Zum anderen die Erzählung einer jungen Küchenmagd, die euch aus der Ferne anhimmelt und die ganz Nir'alenar wieder an die Meeresoberfläche heben würde, wenn sie dafür jetzt mit mir tauschen könnte."


    Erneut spielte Tara an ihrem Ring.
    "Mein Name ist Karia Schwarz.. berg." Antwortete Tara zögernd und verfluchte sich kurz selbst. Schwarzzahn war der erste Name, der ihr eingefallen war. Einer ihrer Matrosen hieß so. Ein riesiger Kerl, muskolös, doch mit nicht ganz wachem Verstand - doch mit diesem Namen hätte sie sich wohl schneller nicht als Piratin zu erkennen geben können.
    Sie drehte den Ring einmal um ihren Finger herum.


    "Tatsächlich bedeutet er mir nur noch seinen materiellen Wert. Der idielle Wert, der hinter dem Ring steckt, ist schon lange verloschen." Sie setzte wieder ein leichtes Lächeln auf. Diesmal unsicherer. Eisenklinge schien so weit weg mit seinen Gedanken zu sein. Das würde ein härteres Stück Arbeit werden, als Tara gehofft hatte. Hoffentlich würde Aran draußen lange genug warten.


    "Aber ich will euch nicht länger mit meinen trüben Gedanken belasten. Doch ihr.. ihr seht mir auch nicht unbedingt so aus, als wäre das Glück derzeit mit euch..."

  • "Nicht? Ist das Glück denn nicht immer mit dem Adel, Karia?"


    Wenn Sarandir ihr kurzes Zögern bemerkt hatte, so ließ er es sich zumindest für Tara erkennbar nicht anmerken. Doch in der Tat hatte dieser kurze Bruchteil einer Sekunde dazu geführt, daß er sein Gegenüber nun ein wenig genauer musterte. Auch wenn man in ihm gemeinhin nur einen blasierten Adeligen sehen mochte, so besaß er dennoch einen wachen Verstand, dem nur wenig verborgen blieb. So wanderte sein Blick nun auch unweigerlich zu ihren Händen, die ohne Unterlass mit dem Ring zu spielen schienen und eine seiner Brauen wanderte mit einem amüsiert wirkenden Ausdruck in die Höhe. Womöglich war diese Frau keineswegs das, was sie vorzugeben schien.


    "Ich befürchte, daß ich ein ausgesprochen langweiliges Gesprächsthema abgebe, meine Liebe. Auch wenn diese junge Küchenmagd vielleicht etwas anderes erzählt haben mag."


    Sollte diese Küchenmagd wirklich existieren, konnte Sarandir sich nur zu gut vorstellen, wie ihre Erzählung ausgefallen sein mochte. Allerdings war er beinahe geneigt, ihre Existenz anzuzweifeln, so wie die Dinge standen. Er lächelte schief und blickte Tara dann scheinbar ohne jeglichen Verdacht an, während er sich auf seinem Stuhl zurücklehnte und die Arme über der Brust verschränkte. Lediglich ein seltsames, unergründliches Funkeln spielte in seinen dunklen Augen.


    "Erzählt mir lieber etwas aus eurem Leben, Karia Schwarzberg. Was führt euch an diesem Abend in dieses Gasthaus? Sicherlich ist es nicht allein der Wunsch, euren Ring zu verlieren."

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