Spaziergang im Park

Sie nickte. "Schon okay." Immer hin hatte sie ja so noch jemanden zum Reden gehabt. Eigentlich wollte sie nicht alleine bleiben. Aus diesem Grund wandte sie ihren Blick auf die Füße.
Morgen, morgen würde sie sich wirklich Arbeit suchen. Dann konnte sie in ein Gasthaus gehen und musste nicht alleine im Park bleiben. Dann würde sie auch wieder andere Sachen essen können, als die Beeren und Pilze.
Sie sah noch einmal auf und versuchte zu lächeln. "Auf Wiedersehen!"

Amelie sah von Lysia zu Darcas und trat dann näher an den Yassalar heran. Auf Zehenspitzen gereckt richtete sie ihre Worte leise an ihn. "Sie sieht so niedergeschlagen aus". Dann sah sie wieder hinunter zur Feenelfe, die den Blick ihrerseits zu Boden gerichtet hatte. Scheinbar dachte sie nach. Als Lysia sich daraufhin wieder den beiden widmete, lächelte sie zwar, doch sah dies irgendwie aufgesetzt aus. "Möchtest du uns nicht noch ein bisschen Gesellschaft leisten?" Amelie sah Lysia auffordernd an.

Amelie erkannte die Skepsis in Darcas Stimme, als er seine Frage stellte. Sie warf der Feenelfe einen kurzen Blick zu, bevor sie den Yassalar ein paar Schritte weiter weg zog. "Was soll sie denn vorhaben? Das klingt ja fast so, als würdest du ihr nicht trauen?" Die Nymphe konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Was sollte so ein kleines Wesen schon vorhaben? Lysia war sicher einfach nur froh, jemanden zum Reden zu haben. Die Nymphe wandte sich von Darcas ab und trat auf die Feenelfe zu. "Wie gesagt, kannst du uns wirklich noch ein Stückchen begleiten."

Als Amelie ihr anbot mit zu kommen, strahlte die Feenelfe über das ganze Gesicht. Sie wartete noch kurz auf die Reaktion von dem Yassalar, dann bedankte sie sich und hüpfte vor Freude. Jedoch entgang ihr nicht das Flüstern der Beiden. Etwas, was sie überhaupt nicht mochte.
Immerhin redete sie auch nicht hinter dem Rücken andere Leute. Naja zumindest nicht oft, gestand sie sich ein.
"Habt ihr beiden euch lieb?" fragte sie spontan. Sie hatte hier schon öfter Pärchen gesehen. Sie hielten meist Händchen und küssten sich zwischendurch. Auf den Mund! In dem Fall wollte sie lieber doch nicht dabei sein.

Die Frage der Feenelfe brachte Amelie zum Schmunzeln und sie betrachtete Darcas eingehend. Er sah gut aus. Die Nymphe wusste nicht recht, was sie antworten sollte. Doch zum Glück war Darcas schneller. „Ja. Lass es uns herausfinden“, wiederholte sie seine Worte mit einem Lächeln und sah in seine Augen. Nach dem Ärger, den er ihr an diesem Abend gemacht hatte, hätte er es wirklich nicht verdient, dass man ihn lieb haben konnte. Doch irgendetwas hatte er an sich. Irgendetwas an ihm verhinderte, dass Amelie immer noch auf ihn wütend sein konnte.

Musste man das nicht wissen, wunderte sich die Feenelfe. Sie verstand die beiden Großen nicht. Ob es nun an deren Volk oder Größe lag, wusste sie nicht genau zu bestimmen. Jedoch kam sie ins Überlegen ob sie die beiden wirklich begleiten sollte. Irgendwie fühlte sie sich nur zum Teil willkommen. So war sie hin- und hergerissen zwischen dem Bedürfnis nicht alleine zu sein und dem Wunsch nicht bei etwas zu stören.
Sie dachte an ihren Beschluss am nächsten Tag sich eine Arbeit zu suchen. Vielleicht sollte sie schlafen, damit sie bald in einem Gasthaus wohnen konnte und dort essen, sodass sie stets Gesellschaft hatte. In ihrer Heimat war sie nie lange alleine gewesen.
Ihr Entschluss stand fest.
"Ich würde euch gerne noch begleiten. Aber ich will mir morgen Arbeit suchen," sagte sie stolz. "Darum muss ich rechtzeitig ins Bett."

Amelie beobachtete Darcas genau. Er sah tatsächlich so aus, als überlegte er, Lysia in seinem Laden einzustellen. Skeptisch schüttelte die Nymphe den Kopf, während sie das zierliche kleine Persönchen mit prüfenden Blicken bedachte. Nein. Lysia wäre sicher nicht in der Lage, ein Schwert zu halten. Aber halt. Jedem Händler konnte ein Bote von Nutzen sein. Jemand, der die Kunden informierte. Vielleicht auch jemand, der die Konkurrenz „ausspionierte“… Aber was machte sie sich Gedanken. Sie wusste nicht, was Lysia vorschwebte und sie kannte auch nicht die Geschäftspolitik von Darcas. Deshalb schwieg Amelie und wartete ab.

Lysia setzte gerade zu einer Antwort an als sich der Gesichtsausdruck von Darcas änderte. Sie war zu nächst skeptisch, doch bestätigte mit einem Ja. Vielleicht hatte er ja Arbeit für sie! Das wäre natürlich toll.
Die kleine Feenelfe verlagerte ihr Gewicht von einen Fuss auf den anderen. Sie wollte endlich wissen, worauf der Dunkle hinauswollte. Dabei bemühte sie sich die Vorfreude zurück zu drängen, die sie bereits mit den Flügeln flattern ließ.

„Darf ich fragen, was ihr vorhabt?“, warf Amelie dazwischen, denn sie wusste den Gesichtsausdruck des Yassalar keineswegs zu deuten.
Wie es schien, kam ihm eine wunderbare Idee, kurz nachdem er Amelie einen Blick zuwarf. Was hatte denn sie damit zu tun?

Scheinbar war auch die Feenelfe genau so ahnungslos wie Amelie selbst, denn sie wirkte plötzlich neugierig und ein bisschen nervös.

Aufmerksam hörte Amelie zu, was Darcas zu sagen hatte. In der Tat klang dies nach einem verlockendem Angebot, sollte die Feenelfe einverstanden sein. "Nun. Wir hätten letztendlich alle etwas davon", Amelies Worte galten Lysia. "Wegen der Bezahlung brauchst du dir keine Sorgen zu machen". Immerhin tanzte sie nebenbei noch von Zeit zu Zeit in der Weide, aus der sie nach einer langen Nacht so manche Münze davon tragen konnte.

"Und dafür bekomme ich Geld?" Das klang einfach. Das war genau das richtige für sie. Die kleine Feenelfe strahlte.
"Das ist super. Die Arbeit mache ich gerne!" Vor Freude hüpfte und flatterte sie. "Soll ich gleich losfliegen?" fragte sie aufgeregt.

Amelie lachte über den Eifer der Feenelfe.

"Magst du dich nicht lieber noch diese Nacht ausruhen und dir Morgen ansehen, für welche Geschäfte du Werbung machen sollst?"
Zumindest würde Amelie an Lysias Stelle erst einmal darauf bestehen, sich die Tanzschule und den Waffenladen genauer zu betrachten.

"Wir können uns Morgen wieder treffen und dann zeige ich dir meine Tanzschule", schlug sie vor und bedachte Darcas mit einem fragenden Blick. Vielleicht würde er sie am nächsten Tag auch mit in seinen Waffenladen nehmen.

Amelie freute sich, dass der Yassalar ihre Meinung teilte und sah in seine eisblauen Augen.

Sie fragte sich, ob der gemeinsame Abend mit ihm hiermit ein Ende gefunden hatte. Es wäre äußerst bedauerlich, wollte sie doch noch so viel über ihn in Erfahrung bringen. Ihr Blick weiterhin fragend, während sie versuchte heraus zu finden, ob sie noch ein bisschen Zeit mit ihm verbringen konnte.

Amelie fröstelte in der kühlen Nachtluft und schlang die Arme um ihren zierlichen Oberkörper. "Was machen wir nun weiter mit dem angebrochenen Abend?"