Verabredung im Korallenriff

  • Doch sie kam.


    Eine Stunde lang war sie ziellos in der Stadt herumgewandert, hatte die unmöglichsten Plätze durchquert, nur um nicht nach Hause gehen zu müssen, um nicht zum Stillstand zu kommen. Rastlos, ruhelos, ratlos. Schließlich hatte die Bewegung ihre Denkarbeit erleichtert, und sie hatte begonnen, die Möglichkeiten hin und her zu drehen. Zwei gab es. Obwohl die eine überraschend schnell verschwand. Je länger sie herumwanderte, desto sicherer war sie: ihn wieder zu treffen, die Geschichte weiter zu verfolgen. Natürlich war sie selbst ein Teil davon, doch das machte es nur noch nötiger! Die ureigene Neugier trieb sie einmal mehr an, und sie konnte nicht anders als nachzugeben.


    Außerdem war sie vielleicht ein kleines bisschen interessiert. Sobald es gelang, den Schrecken der Begegnung auszublenden, tauchte naives Interesse auf. Sie konnte sich nicht an ein anderes Mal erinnern. Vielleicht war etwas in Arvonar gewesen, vielleicht sogar davor. Die Erinnerung an diese Tage war nur schleierhaft. Viel zu viel Zeit war inzwischen vorbeigerauscht, und es war an der Zeit für einen neuerlichen Versuch. Auch wenn Unsicherheit, Angst um sich selbst sie einschnürten, war sie doch frei. Eine Chance hatte er. Eine einzige, und damit Schluss! Sie würde so neutral wie möglich sein.


    Dann betrat sie das Korallenriff.

  • Seoul sah sie. Noch bevor sie das Lokal betrat. Einen Moment wunderte er sich, dass sie einfach reinging. Dann dachte er daran, dass sie nicht so gut im Dunkeln sehen konnte wie er und das sie ihn hatte gar nicht sehen hatte können.
    So trat er gleich hinter ihr ein.
    "Wollen wir uns dort hinten hinsetzen," fragte er sie von hinten und deutete in eine Ecke. Zum Glück konnte niemand sein Inneres sehen. Für einen kurzen Augenblick hatte er gezögert. Hatte überlegt nach Hause zu gehen. Komisch wo er sie doch so sehr wollte. Doch davon ging auch Gefahr aus. Eine die ihn auch wieder zurückhielt.
    Verlangen konnte man auch bremsen, sagte er sich wieder und wieder.

  • ( Eigentlich dachte ich, du stehst drinnen herum, aber so gehts auch. ;) )


    Um ein Haar wäre sie zusammengezuckt, als er so plötzlich in ihrem Rücken auftauchte. War er draußen gestanden? So reglos, dass man ihn leicht übersehen konnte ... natürlich, schließlich waren Dunkle die personifizierte Nacht. Sollte sie sich merken, für spätere Treffen. Falls es welche geben würde.


    In eine Ecke setzen? Dämmerung würde ihm gerecht sein, doch ob sie damit zurechtkam, sei dahingestellt. Wenigstens würde sie sehen, falls er sich bewegte. Alles andere ging sie nichts an. Nickte daher ihre Zustimmung und wartete, um ihn vorzulassen. Immer im Rücken des Feindes ... sie misstraute ihm dennoch. Tat außerdem gut daran, es dabei zu belassen. Sie würde sich anhören, was er zu sagen hatte, mehr nicht. Entscheiden konnte sie, allerdings gab es jetzt nichts mehr zu entscheiden. Mehr als was sie sich selbst versprochen hatte war sie nicht bereit zu geben. Er würde akzeptieren müssen.


    Außerdem war die Schankstube gut besetzt. Hier würde niemand etwas Zweifelhaftes wagen. Deshalb hatte es sie überrascht, dass ausgerechnet ein solcher Ort von seinen Lippen sprang. Abwarten, was er mit den Bedingungen anfangen würde. Warten und beobachten, sagte sich die Schlange, lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und legte sich mit grün leuchtenden Augen auf die Lauer.

  • Seoul geleitete sie zu dem Tisch. Er zog für sie den Stuhl zurück und setzte sich dann selbst. Nachdem er die Kapuze abgenommen hatte, sah er sich nach einer Kellnerin um.
    "Wisst ihr schon was ihr essen oder trinken möchtet?" fragte er in ihre Richtung gewandt. Er merkte wie dieses unbezähmbare Verlangen nachließ, ohne aber völlig zu verschwinden. Doch er war sich jetzt sicher es unter Kontrolle zu halten und nicht erneut über jemanden herzufallen. Einen Moment huschte ein trauriges Lächeln über seine Lippen, doch dann wirkte er wieder ruhig.

  • Losifa, immer rank und schlank und nicht allzu sehr weltlichen Freuden zugeneigt, aß nie viel. Gerade an diesem Abend schien ihre Kehle zu kratzen, wenn sie auch nur an Essen dachte. Auf jeden Fall kein Fleisch ... nein, nichts, nichts! „Nur Wein“, sagte sie ihm. Nur Wein, um das klare, bittere Rot betrachten zu können, um durch den Geschmack, die Wärme in der Kehle wach zu bleiben. Vielleicht würde der Alkohol ein wenig Klarheit in ihre Gedanken bringen. Hatte ihn doch nur selten genossen, die Wirkung war jedes Mal anders gewesen.


    Sein Lächeln blieb nicht unbemerkt, blitzte als eine kleine, träge Regung im Dämmerlicht auf. Er musste enttäuscht sein, dachte sie kühl. Was kümmerte es sie? Dennoch, schließlich sollte dieses Treffen schnell vorüber sein. „Was habt Ihr nun zu sagen, Seoul?“, wurde er gefragt, durch den Namen noch mehr Nachdruck verliehen.

  • Seoul bestellte ihr einen Wein und sich selbst ein Bier. Kaum das er sich ihr wieder zuwandte, stellte sie ihm die Frage. Er war etwas verdattert, war es doch meist üblich mit etwas leichten Gesprächsthemen zu beginnen. Jedoch war er wohl nicht ganz unschuldig an ihrer forschen Art.
    Gerne hätte er jetzt bereits sein Bier gehabt. Er hätte seine Hände um den Krug legen können und einen Schluck trinken können. So musste er einfach hoffen, dass sie ihn nicht gleich durchschaute. Einen Moment zögerte er noch, suchte nahc den richtigen Worten, dann antwortete er so ruhig wie möglich: "Es tut mir leid, wenn ich vorhin so stürmisch war. Es war keine Absicht. Ich weiß selbst nicht was über mich gekommen ist." Er fuhr sich durch die Haare, klang doch alles so falsch. Wie konnte er es nur richtig sagen.
    "Ich meine, es tut mir leid, dass ich so wenig Kontrolle über mich selbst hatte. Aber..." Er machte eine Pause. "Aber ich würde gerne etwas über euch erfahren.....euch kennen lernen."
    Seoul wusste selbst, dass dieser Satz viel zu oft gebraucht wurde, doch ihm war nichts anderes eingefallen.

  • Kaera war den ganzen Tag mit einer Freundin unterwegs gewesen, von der sie sich nun verabschiedete. Sie hatte die die Tür zum Schankraum bereits geöffnet, Ascar hielt sich an ihrer Seite. "Das müssen wir unbedingt wiederholen. Ich freue mich schon darauf. Bis bald!" Mit diesen Worten trat sie ein und schloss die Tür hinter sich. Die Nymphe trug nur ein Hauch von einem Kleid. Es mochte für viele zu kurz sein und so manchem auch zu durchscheinend, doch für Kaera war es perfekt. In einem wunderbaren frühlinghaftem Grün schmiegte sich der Stoff an ihren Körper. Ihre langen braunen Haare wellten sich ihren Rücken hinab und ihr Lächeln strahlte heute besonders. "Na los Ascar, lass uns was zu essen bestellen. Ich habe jetzt wirklich Hunger."


    Ihr Hund verließ ihre Seite zwar nicht, folgte ihr jedoch auf dem Fuße zum Tresen, wo die Nymphe etwas warmes zu essen bestellte und etwas zu trinken. Da dort noch ein Plätzchen frei war, blieb sie gleich dort und blickte sich um. Ihre braun-grünen Augen schimmerten im gedämpften Licht der Schenke. Heute abend war es doch ganz schön voll hier. Aber die Nymphe hatte wahrlich Hunger und war so voller Tatendrang. Seit sie mit ihrer Freundin diese kleine Reise beendet hatte, fühlte sie sich hundert Jahre jünger. Sie wollte unbedingt noch zum Hafen und sehen, ob Seoul zu Haus war. Schließlich wandte sie sich um, um ihr Essen entgegen zu nehmen. Das Fleisch auf dem Teller legte sie extra zur Seite, als besonderen Leckerbissen für ihren Vierbeiner.

    Nutze die Talente, die du hast,
    die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen. :stern:


    Henry van Dyke

  • Seoul bemerkte Kaera zunächst nicht. Hatte nicht mal damit gerechnet sie überhaupt noch zu sehen. Oft hatte er vor ihre Tür gestanden, doch keiner hatte geöffnet. Die Kellnerin brachte die Getränke und er bezahlte gleich und für beide. Immerhin hatte er sie eingeladen.
    Er trank einen großen Schluck seines Bieres und fühlte sich gleich etwas besser. Als er von dem Krug aufsah und sich umschaute, erblickte er Kaera.
    Mit einem Mal stürzten so viele Gefühle und Gedanken auf ihn ein, dass er keinen davon so wirklich zu fassen kam. Freude, Schreck, Schuld, Furcht. Sie wirbelten alle wild durcheinander. Zu einer anderen Reaktion als sie anzustarren war er nicht fähig. Noch nicht. Sein Gesicht wirkte auf einmal blasser und seine Hände hatten sich um den Krug gekrampft.

  • Schweigend hörte sie sich seine Versuche einer Erklärung an. Wusste nicht recht, was sie denken sollte. Dieser Mann wollte ganz offensichtlich etwas von ihr, jetzt schien er doch verlegen zu sein, dass er dies so deutlich gezeigt hatte. Nein, sie konnte es ihm nicht verdenken. Hatte schon einige Leute kennengelernt, die es extremer trieben, früher, in vergangenen Zeiten ... Allerdings hatte sie sich selbst nie für attraktiv gehalten, die Sorte Frau, die jeder Mann gleich ansah. Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Ihn gleich abzuweisen ging gegen ihr Mitgefühl.


    Plötzlich kam ihr jedoch der Zufall zur Hilfe. Neugierig bemerkte sie die Anspannung in Seouls Haltung, folgte seinem Blick. Ah, eine Frau! Hübsch und freizügig noch dazu! Losifa wollte fast lachen ob der Situation, doch ach, sie wusste, dass das gemein war. Mitfühlend fragte sie stattdessen: „Kennt Ihr sie?“ Nun ja, das war offensichtlich. Alles sah sonnenklar aus. „Wollt Ihr nicht zu ihr hinüber gehen und sie begrüßen?“ ... und Losifa selbst würde sich mit verlässlicher Sicherheit hinausstehlen, während die Schöne nie erfuhr, dass ihr Schatz eine andere zum Essen eingeladen hatte.


    Las sie vielleicht zu wenig Liebesromane, unfähig, sich mehr daraus zusammenzureimen? Das war wirklich die Standardgeschichte, zu lächerlich, um wahr zu sein. Obwohl – bei so einem Mann?

  • Seoul sah Losifa blinzelnd an. Was diese wohl von der Situation dachte. Anscheinend stellte sie sich vor, dass sie die Frau war mit der Seoul seine Freundin betrügen wollte. Doch wer konnte schon sagen ob es wirklich so war. Er hatte nicht das Gefühl, dass sie noch zusammen waren und doch empfand er Schuld.
    Und dann stieg die Wut. Darüber dass er Schuld empfand. Darüber dass er sich ein zweites mal in eine Frau verliebt hatte, die ihm nur herzschmerz brachte.
    So rang er sich ein Lächeln ab. "Nun, ich würde es aber vorziehen, bei euch sitzen zu bleiben. Natürlich nur wenn ihr nichts dagegen habt?" fragend sah er sie an. Er wusste, dass es wohl unmöglich war diese Frau für sich zu gewinnen und vielleicht war es auch besser eine Weile Abstand vom wieiblichen Geschlecht zu halten.

  • Kaera begann ihr Essen genüßlich zu verspeisen. Ascar saß neben ihr und wartete geduldig, dass etwas für ihn abfiel. Die Nymphe lauschte den Gesprächen an dem Tresen und schmunzelte in sich hinein. Sie war froh, wieder in der Stadt zu sein. Endlich wieder dieses wilde Treiben um sie herum, dass sie für ihre Geschichten inspirierte. Nachdem sie ihrem Hund, seinen Teil der Speise unauffällig gegeben hatte, nahm sie einen Schluck Wein und sah sich in der Schenke um.


    Da entdeckte sie Seoul. Er sprach mit einer Frau, mit der er an einem Tisch Wein trank. Sofort wägte die Nymphe ab, ob sie zu ihm gehen sollte, ihn begrüßen sollte... Sie entschied sich jedoch dagegen. Sie hatte oft erlebt, wie eifersüchtige Frauen sie angestiert hatten, nur weil deren Ehemänner Kaera geradezu hinterher scharwenzelten. Dabei hatte die Nymphe genau das an den Männern verabscheut. Sie hatte nie verstanden, wie jemand, der wirklich liebte, einer Nymphe hinterherlief nur weil sie hübsch war. Sie hatte lange Zeit nicht lieben können, sie hatte jeden beneidet der es konnte; doch sie wusste, dass sie Seoul vernachlässigt hatte, dass sie ihm eine Nachricht hätte hinterlassen müssen, bevor sie auf ihre Reise gegangen war. Nur weil sie nicht gedacht hatte, dass diese so lange dauern würde, war es noch keine Entschuldigung. Und sie hatte auch Gewissensbisse genau deswegen. Ihr Verstand sagte ihr, sie solle sich nicht einmischen. Ihr Kopf verstand, dass der Nachtelf sich anderen Frauen zuwandte, auch wenn ihr Herz schwer wurde. Als sie die Frau kurz ansah, erkannte sie auch den Reiz, den sie Seoul wahrscheinlich bot. Schließlich wandte sie sich um. Ein Hauch von Rosenduft umgab die Nymphe, während sie an ihrem Wein nippte und auf die Theke starrte. Wie konnte sie nur? Wie hatte sie ihn so einsam lassen können? Lag es vielleicht daran, dass er nicht ihre erste Liebe war? Wurde sie nun, da sie Liebe empfinden konnte, von den Göttern gestraft? Sie musste tief durchatmen, um sich in Gedanken aus dem Strudel zu befreien, der sie gerade zu verschlingen versuchte. Manchmal verabscheute sie sich für ihre Gefühle. Sie sehnte sich so sehr nach einer starken Schulter, ganz gleich wie das für andere Klang. Sie war zu alt, als das es sie kümmern müsste, was andere von ihr dachten. Sie ließ ihre Hand zu Ascar hinabgleiten und kraulte sanft seinen Kopf. "Ach, du bist wahrlich der Beste...", flüsterte sie ihm leise zu.

    Nutze die Talente, die du hast,
    die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen. :stern:


    Henry van Dyke

  • Das kam einem 'Ja' so nahe wie es nur möglich war. Doch wollte er bei ihr bleiben, bedeutete die andere ihm nichts? Neugier hatte Losifa längst gepackt, jedoch hielt sie sich zurück. Der direkte Weg erwies sich in den seltensten Fällen als der beste. Deswegen antwortete sie ohne Lächeln, mit leicht neckischem Unterton: „Wenn Ihr hier sitzen wollt, kann ich Euch das nicht verbieten. Wer wäre ich denn, jemand anderen zu einer ungewollten Handlung zu zwingen!“


    Um jeden Preis war sie nun entschlossen, die Geschichte aus Seoul herauszukriegen. Oder aus seiner Freundin, falls er irgendwann auf die irrwitzige Idee kam, sie einander vorzustellen. Was er wohl dabei fühlte …? Vielleicht war er sich, genau in diesem Moment, selbst nicht sicher. Vielleicht fühlte er sich verloren in einer kalten Welt, die aus zu vielen Frauen bestand. Konnte man diesen Drang überhaupt kontrollieren?


    Losifa interessierte sich nun für ihn, was er zu erzählen hätte, wenn er erst einmal reden würde. Ein Nachtelf – nicht gerade für Höflichkeit und Ehrgefühl bekannt, auch wenn sie, die Wandlerin, den lästerlichen Stimmen nie etwas abgewinnen konnte. Ja, er weckte ihr Interesse, doch ihre Liebe schien weiterhin verloren, vergessen in den tiefsten Schatten ihrer Seele. Zu viele Fragen, zu viel Unsicherheit. Und die Fassade begann zu bröckeln.


    Einer Frage konnte sie sich nicht erwehren, stellte sie schließlich nach außen: „Wie oft … habt Ihr Euch schon verliebt?“ Leise, wie Raunen im Wind, erklang ihre Stimme, die Augen blickten ernst.

  • Seoul schmunzelte etwas. Am besten er konzentrierte sich voll auf Losifa. Auch emotional. Dieser Abend war bereits anstrengend genug gewesen. Wieder kehrten seine Gedanken zu Layia zurück. Wie hatte das nur passieren können. Er widerstand dem Bedürfnis sich durch die Haare zu raufen und trank noch ein Bier.
    Der Nachtelf sah wieder zu Losifa. "Ich verrate es euch, dafür müsst ihr ebenfalls sagen wie oft ihr bereits verliebt ward." Ein Grinsen umspielte seine Lippen. Ob er sich wirklich wieder gefangen hatte oder seine wahren Gefühle überspielte, war nicht sicher. "Ich bin bis jetzt zwei mal der Liebe begegnet," fügte er dann ernst aber noch lächelnd hinzu.

  • Die Nymphe saß noch immer am Tresen und befühlte den Ring an ihrem Finger. 337 Jahre begleitete er sie nun schon auf ihrem Weg. Der Rosenduft um Kaera wurde stärker und Ascar sprang mit den Vorderbeinen hoch, um sie mit der Nase anzustupsen. Er kannte den Duft aus den Nächten, in denen seine Freundin sich hin und her wälzte, von Albträumen geplagt. Sie leerte ihren Kelch Wein und zahlte. Sie konnte unmöglich länger bleiben. Ihr Gefühl sagte ihr, dass sie gehen musste, wenn sie nicht hier vor allen die Fassung verlieren wollte. Alle Gefühle flammten in ihr auf, all die Gefühle, die sie doch so lange hinter einen Mauer hatte verstecken können. Das Gefühl der vollkommenen Einsamkeit, alle ihre Lieben verließen sie... Niemand durfte ihr Leben teilen...


    Kaera drückte den Rücken durch, atmete tief ein und aus und verließ die Schenke so plötzlich, wie sie sie betreten hatte. Ascar folgte ihr und blickte nur zu ihr auf. Er war froh, dass er bereits was zu fressen bekommen hatte, denn jetzt würde er nur noch für Kaera da sein, nicht anders herum. Die Nymphe ließ ihre Haare nach vorn wallen, um ihr Gesicht zu verstecken und lief nach Haus.

    Nutze die Talente, die du hast,
    die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen. :stern:


    Henry van Dyke

  • Seoul bemerkte aus den Augenwinkeln wie Kaera das Gasthaus verließ. Seine Hand krampfte sich noch fester um den Krug. Er widerstand dem Impuls auf zu stehen und ihr hinterher zu laufen. Sie mussten reden. Dringend. Endlich klären woran sie nun waren.
    Doch damit hatte Losifa nichts zu tun. Sie konnte nichts für diese seltsame Situation in der sich Seoul und Kaera befanden. Darum würde er den Abend ganz normal zu ende bringen.
    Er sah die Hübsche Frau, die ihm gegenüber saß, an und wartete auf eine Antwort.

  • Er sah es offenbar als ein Spiel an. Etwas, über das man lachen konnte, sag mir deine Zahl, dann sag ich dir meine. Und dann, haha, lachen wir darüber, wie leidenschaftlich wir doch sind. Nein, Losifa lachte nicht, nur ein kalt-künstliches Lächeln glitt über ihre Lippen. In diesem Moment musste sie anderen fast wie eine Valisar erscheinen, gefühllos, reglos und andere beobachtend in den Schatten eines Gasthauses versunken. Sie könnte sich selbst hassen dafür.


    Bevor sie antworten konnte, erregte eine Bewegung ihre Aufmerksamkeit. Die Nymphe floh. Da war etwas an ihr, das Losifa zur Annahme verhalf, sie würde flüchten. Interessant. Doch jetzt blieb ihr nichts anderes übrig als auf Seoul einzugehen.


    Wenigstens hatte sie ein wenig Zeit zu überlegen. Antwortete schließlich kühl: „Noch nie.“ Und schwieg.


    Wie sehr selbst die Wahrheit manchmal schmerzen konnte. Vielleicht hatte sie sich zu viele Gedanken darüber gemacht. Doch sie hatte wirklich niemals ein derartiges Feuer in sich verspürt, dass sie immer zu einer Person hingezogen hätte. In ihrer Zeit auf der Straße erst recht nicht. Im Wald, umgeben von all der wunderschönen Natur, hatte sie weniger auf bestimmte Tua'Tanai geachtet als auf die Gesamtheit aller. Eine friedliche und fröhliche Gesellschaft, die zusammenhielt. Seit sie wieder in Nir'alenar war, hatte sie noch nicht viele andere Leute getroffen. Was also war die Liebe?

  • Seoul war überrascht. Es war selten, dass jemand noch nie verliebt gewesen war. Er musterte sie noch einmal. Wie hatte er die Kälte übersehen können die sie ausstrahlte? Oder hatte er sie gar nicht übersehen? Vielleicht war es ja auch das gewesen, was ihn so anzog neben ihrem hübschen Äußeren.
    "Das ist schade und Glück zu gleich," erwiderte er ehrlich und hoffte eine Regung in ihrem Gesicht entdecken zu können.

  • Doch, die Andeutung eines sarkastischen Lächelns war zu sehen. Auch Neugier: So hatte sie das Drama ausgesprochen, doch wie würde ihr Gegenüber damit umgehen? Ob sich etwas geändert hatte in seiner Sichtweise? „Und was denkt Ihr nun davon? Welche Schlüsse zieht Ihr?“, wurde deshalb gefragt.


    Vielleicht, gab sie zu, machte ihr dieses Treffen wirklich ein wenig Spaß. Sie hatte selten Gelegenheit, ein so offensichtliches Spiel mit jemandem zu treiben – Katz und Maus. Obwohl das Ziel sich noch nicht zu erkennen gegeben hatte. Jeder schien seine Grenzen zu kennen und sie respektvoll zu wahren.


    Oder sie übertrieb wieder einmal und Seoul gab allein seiner Neugier nach … dann würde man sehen, ob er sich verjagen ließ oder standhaft blieb. Bis jetzt sprach sein gesamtes Verhalten für letzteres – doch wo sollte dieses Gespräch dann hinführen? Es nützte nichts, sie drehte sich im Kreis.

  • Seoul war erneut verwirrt. Oder immer mehr? Welche Schlüsse sollte er daraus ziehen?
    "Ihr habt anscheinend noch nicht den Richtigen getroffen. Dann ist es nämlich keine Entscheidung mehr, ob man denjenigen liebt oder nicht." Damit hatte er vollkommen recht. Es wäre besser, wenn er sich an seinen eigenen Rat halten würde. Aber er würde das Regeln.

  • „Stimmt“, gab sie zu, doch ein wenig überrascht. Eine so einfache Feststellung, auf die Losifa selbst trotzdem nie gekommen wäre. Entscheidungen, so verlässlich, so standhaft – nur wenn es zur vielgepriesenen Liebe kam, hörten sie auf. Versagte die Kontrolle. Ja, Losifa hatte schon vieles über die Liebe gehört.


    Und damit waren sie auch schon am Thema dieses Abends angelangt. Das Versteckspiel führte zu nichts und kryptische Andeutungen erschöpften sich und auch andere. Seoul hatte gewollt, dass sie sich hier trafen. Was bezweckte er damit? Losifa, heute ganz besonders launisch und egoistisch, war das ewig vorsichtige Vor und Zurück leid.


    Doch wie beginnen? Sie nippte ein wenig am Wein, nahm dann einige große Schlucke, ließ sie nachdenklich im Mund herumrollen. Wein, so wunderbar rot, wie aus einer anderen Welt. Einer dunklen Welt voller Schatten und verlockender Farbspiele. „Wollen wir diese Spielchen nicht lassen?“, bat sie nachdenklich den Nachtelf.


    Erinnerte sich dann an den Beginn des Abends. „Ihr interessiert Euch also für mich? Ich weiß aber nicht, ob ich das auch von Euch sagen kann.“ Ja, jetzt wurde Klartext geredet.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!