Bei Nacht am Hafen

  • Da die Schwarze Katze bereits am Hafen lag, führte Seoul die Nymphe nur dichter an den Kai und hatte vor mit ihr dort entlang zu schlendern bis zum Palast des Ozeans. "Okay, lassen wir die Förmlichkeiten." Er schenkte ihr ein Lächeln. Ein kleines Flattern konnte er in der Magengegend spüren. Jedoch war es nicht das Flattern, wenn man sich verliebte. Kurz runzelte er die die Stirn, lächelte gleich wieder darauf der Frau an seiner Seite zu.
    "Ihr...verzeih du, wie weit hast du es von hier nach Hause?" Als ihm klar wurde, wie das klang, ergänzte er hastig. "Du solltest nicht so weit alleine nach Hause gehen ....."

  • Seite an Seite schlenderte sie mit ihm am Kai entlang und nickte zufrieden ob seinem Einverständnis ihrem Vorschlag gegenüber.
    Sein Lächeln erwiderte sie und neigte dabei den Kopf so, dass er für einen Moment seine Schulter berührte. Absicht oder Zufall? Das wusste wohl nur Amelie selbst.
    Leise kicherte sie ob seiner Worte und dem anschließenden Versuch, das Gesagte wieder gut zu machen und die Nymphe war froh darüber, dass sie ihm mitteilen konnte, dass ihr Nachhauseweg sie quer durch die Stadt führen würde. Sicher wollte er sie nach Hause begleiten und dagegen hätte sie durchaus nichts einzuwenden.
    "Oh ich muss fast ans andere Ende der Stadt gehen, wenn ich nach Hause will", erklärte sie deshalb. Nach Hause ... dieses Wort hinterließ einen bitteren Nachgeschmack auf der Zunge der Nymphe. In ihrem wahren Zuhause war sie doch so lange nicht mehr gewesen und sie vermisste den Wald und die Natur mittlerweile doch sehr.
    Mit etwas niedergeschlagener Stimme fügte sie noch hinzu: "Doch in meinem wahren Zuhause war ich schon so lange nicht mehr". Amelie sah sich um. Nein. Den Wald konnte sie von hier aus nicht sehen.
    Doch um mit ihrer betrübten Stimme nicht den Abend zu verderben, fügte sie grinsend noch hinzu: "Aber ich hoffe doch sehr, Du willst mich nicht jetzt schon los werden".

  • "Nun, das habe ich wohl auch nicht gesagt," erwiderte er zunächst ernst bevor sein Lächeln wieder zurück kam.
    "Ich frage nur, weil die Straßen von Nir' alenar nachts nicht sicher sind. Keine Frau sollte alleine durch die Stadt wandern." Er ergänzte nicht, dass es selbst morgens nicht sicher. Wenn er nur an den Vorfall vor einem Jahr zurückdachte, juckten die feinen Brandnarben an seinem Arm, verborgen durch seine Kleidung. Doch noch einmal würde ihm das nicht passieren. Seit dem hatte er das Haus nie wieder unbewaffnet verlassen.
    Er lenkte seine Gedanken wieder zurück auf das Gespräch. Es war ihm nicht entgangen, dass die Nymphe einen Moment niedergeschlagen klang. "Wo ist denn dein wahres zu Hause," nahm er den Gesprächsfaden wieder aus.

  • Die Nymphe zeigte mit dem Finger in Richtung der Stadtmauer, hinter der das ländliche Leben anfing. Die Wiesen mit ihren herrlich duftenden Blumen, die Bäume, deren Blätterkleid im Wind tanzte und die Tiere, denen der Wald ein zuhause bot. "Mein zuhause liegt jenseits der Stadtmaueren. Die Natur, der Wald ...", eklärte sie mit einer gewissen Sehnsucht in der Stimme. "Zu gerne würde ich auch den Ort meiner Geburt wieder aufsuchen und in den Silberwald reisen", fügte sie noch hinzu und blickte in die Richtung, in die ihr Finger zeigte. Irgendwann würde sie dies sicher tun. Oder vielleicht schon bald?


    Ein paar Augenblicke lang betrachtete sie einen Ort, den Seoul nicht zu sehen vermochte, dann widmete sie sich wieder dem Nachtelfen. Seine Worte bezüglich der Sicherheit der Straßen bei Nacht hallten in ihrem Kopf wider und Amelie glaubte, einen besorgten Unterton in seiner Stimme zu vernehmen. "Ich bin es gewohnt, alleine zu reisen und weiß mich zu verteidigen", erklärte sie ihm darauf hin.

  • Seoul folgte mit dem Blick ihrem Finger. Auch sein zu Hause war der Wald gewesen. Oder eher ein Dorf versteckt in den Wäldern. Doch es zog ihn dorthin nicht zurück und er sagte nichts weiter dazu.
    Auf ihre Ausführung hin, dass sie sich selbst verteidigen konnte, warf er ihr einen durchdringenden Blick zu. Er wusste nicht warum sich die Frauen dieser Stadt so viel auf ihre Kampfkünste einbildeten. Nur weil sie vielleicht ein oder zwei Messerhiebe ausweichen oder parieren konnten. Was das wohl gegen mehrere große starke Männer ausrichten sollte. Oder jemanden mit einem Säbel.
    Er schüttelte den Kopf darüber, doch er sagte zunächst nichts.

  • Amelie musterte Seoul eingehend aufgrund seines Blickes ob ihrer Worte, dann schüttelte auch sie ihren Kopf. Ein Hauch von Anis bahnte sich seinen Weg in die Nase des Nachtelfen. Mit verschränkten Armen hatte sie spontan beschlossen, stehen zu bleiben. In dieser Hinsicht waren doch alle männlichen Wesen gleich. Nie trauten sie dem anderen Geschlecht derartiges zu.
    "Ich weiß, was Du denkst. Dieser Blick ist mir nur all zu gut bekannt", erklärte sie ihm trotzig und rührte sich keinen Schritt weiter. Sie dachte an den Dolch, welchen sie sich bei Aatelisto's gekauft hatte. "Aber Du irrst Dich!" Zugegeben war sich Amelie dessen selbst nicht so sicher aber es ärgerte sie, immer diesen Blick in den Augen des anderen Geschlechts zu sehen.

  • Seoul blieb nach zwei Schritten ebenfalls stehen und drehte sich um. Er hob eine Augenbraue als der Duft von Anis in seine Nase stieg und er ihren Blick sah.
    "Nun, dann brauche ich ja nichts weiter dazu zu sagen," antwortete er ernst. Der Nachtelf war versucht der Nymphe zu zeigen, was er meinte. Doch er unterdrückte den Impuls noch.
    "Komm, wir gehen weiter," sagte er dann nach einiger Zeit und sah sie fragend an.

  • Mit verschränkten Armen funkelte sie ihren Begleiter sekundenlang aus ihren dunklen Augen an, dann entgegnete sie. "Nein! Dazu brauchst Du in der Tat nichts weiter zu sagen!"
    Immer noch pikiert von seinem Verhalten ließ sie den Blick über die Umgebung schweifen, beobachtete die Schiffe, die an den Docks auf und nieder schaukelten und hörte die gröhlenden Gesänge betrunkener Passanten, welche an ihnen vorbei gingen.
    Erst, als Seoul abermals das Wort an sie richtete, wandte sie ihren Kopf, betrachtete die Pflastersteine unter sich und seufzte. "Na gut". Der Abend war doch viel zu schön gewesen, um ihn sich durch solche Lapalien zunichte zu machen. Außerdem ... Vielleicht spielte dieser Nachtelf gerne den Beschützer, was durchaus auch seinen Reiz haben konnte. Und gab es eine bessere Bestätigung, die ihr ein Mann entgegen bringen konnte?
    So rang sich die Nymphe schließlich auch wieder ein Lächeln ab und hakte sich bei Seoul unter, damit sie ihren Weg weiter gehen konnten.

  • Seoul hatte nicht den Eindruck, dass die Nymphe ihn verstanden hatte. Oder besser gesagt ihm glauben schenkte. Sie hatte einfach nachgegeben. Innerlich seufzte er, aber er hatte auch wenig Lust sich zu streiten. Er dachte an Layia und Sicil, doch von ihnen war wie immer nichts zu sehen oder hören. Ob sie noch in der Stadt waren?
    Er ging weiter mit der Nymphe. Natürlich fragte er sich, warum sie ihn begleitete. Sie schien eigentlich für andere Gesellschaft gemacht.....wirkte nicht so wie ein Außenseiter, wie die anderen.
    Der Nachtelf suchte nach Worten, wollte die Spannung lösen, doch so richtig fiel ihm nichts ein. Es kam ihm in den Sinn, dass dieses Treffen auf seine eigene Art anstrengend war. "Hmm..."

  • Fast schien diese Situation Amelie wie der Zeitpunkt, an dem sich an diesem Abend gegenseitig fast umgerannt hatten. Da war die Stimmung nicht weniger gedrückt und eben in diesem Moment war dies eben so. Einen kleinen Unterschied jedoch gab es hier. Sie wollte nicht mehr streiten, so wie vor der Schwarzen Katze. Doch so ganz verstand sie diese Stille auch nicht. Seoul schien in der Tat pikiert zu sein.


    So gingen sie noch eine ganze Weile schweigend vor sich her, bis schließlich die Nymphe das Wort ergriff. "Und wo ist Dein Zuhause?", erkundigte sie sich und sah Seoul fragend an.

  • Seoul wieder in seine eigene Gedankenwelt verschwunden, sah auf. Einen Moment musste er überlegen, was die Nymphe zu ihm gesagt hatte, dann antwortete: "Hier in der Nähe. Ein kleines Häuschen mit abgedunkelten Scheiben. Du wirst es erkennen, wenn du daran vorbeigehst. Warum? Wolltest du mich besuchen?" Er wusste genau, dass dies nicht der Grund war und genau darum konnte er es so leicht hin mit einem Schmunzeln sagen. Auch er hatte keine Lust auf eine gedrückte Stimmung. Es reichte, wenn er die alleine hatte.

  • Stirnrunzelnd musterte sie den Nachtelfen. Sie verstand nicht, was genau ihn daran zum Schmunzeln brachte. Oder glaubte er nicht daran, dass sie tatsächlich vorhaben könnte, ihm einmal einen Besuch abzustatten? Doch sie blieb nicht schon wieder stehen sondern setzte ihren Weg weiter fort. Den Blick geradeaus gewandt, fragte sie sich ernsthaft, was genau hinter der Fassade dieses Nachtelfen steckte und sie war felsenfest davon überzeugt, dass sie dieses Geheimnis lüften wollte. Daoch dazu sagte sie vorerst nichts.
    Statt dessen kam sie auf seine Reaktion zu sprechen. "Was ist daran so belustigend? Ich würde Dich sehr gerne einmal besuchen", erklärte sie ihm mit ernster Mine.

  • Seoul wusste zunächst nicht, was er antworten sollte. Zum einen, weil er nicht damit gerechnet hatte, dass sie ihn so schnell durchschaute und zum anderen, weil er eben sich genau diesen Besuch nicht vorstellen konnte. Was sollten sie dann schon tun? Ihre Begegnung war ja so schon komisch...
    Doch warum sollte er ihr einen Besuch verweigern, falls sie das wirklich einmal vor hatte.
    "Okay, Okay," sagte er und hob beschwichtigend die Hände. Er lächelte jedoch weiter hin, damit die Stimmung sich nicht weiter verfinsterte. Etwas anderes ging ihm noch durch den Kopf. Er fand es schon merkwürdig, dass sie einen Junggesellen, der wahrscheinlich ganz allein lebte, allein besuchen kommen wollte. Immer hin war so etwas ja nicht ungefährlich und konnte sogar zu Gerede führen.....
    "Hast du keine Angst...?" fragte er deshalb. "Ich meine, dass du gesehen wirst....Es könnte deinem Ruf schaden." Obwohl der Nachtelf nicht glaubte, dass für Amelie der Ruf das Wichtigste war.

  • Amelie musste sich ein Kichern verkneifen ob seiner Anspielung. War ihr Ruf nicht ohnehin schon geschädigt? Würden nicht weitaus mehr Schüler ihre Tanzschule aufsuchen, würde man größere Stücke auf sie setzen? Doch dann verging ihr abermals die gute Laune und trübsinnig sah sie geradeaus. "Ich glaube", seufzte sie, "mein Ruf ist bereits geschädigt, wie man an meiner fast leeren Tanzschule sieht. Man scheint hier kaum wert auf welche wie mich zu legen". Außer vielleicht an Abenden wie diesen, an denen sich die männlichen Wesen an ihren Auftritten labten.

  • Seoul betrachtete ihr Gesicht von der Seite. Sie wirkte mit einem Mal trübsinnig. "Das tut mir leid," antwortete er ernst. "Was meinst du mit eine wie du? Ich habe es doch eben richtig verstanden und du führst eine Tanzschule, oder nicht." Er klang etwas verwirrt. Der Nachtelf überlegte gerade, ob er etwas nicht mit bekommen hatte und er hier gerade es mit einem bezahlbaren Mädchen zu tun hatte.

  • Amelie dachte an viele erboste Ehefrauen, denen sie das Leben erschwert hatte, in denen sie sich Hoffnungen mit ihren Männern gemacht hatte und daran, dass diesbezüglich auch besagte Männer nicht mehr gut auf sie zu sprechen waren. Dabei hatte sie doch nie etwas Böses gewollt und lediglich nach der Liebe ihres Lebens gesucht. "Nun ich glaube, dass ich mir in meiner Vergangenheit nicht nur Freunde gemacht habe", erklärte sie daher dem Nachtelfen. "Und ja", fügte sie noch hinzu. "Ich führe eine Tanzschule. Und das sehr erfolglos". Die letzten Worte fügte sie mit einer ordentlichen Portion Sarkasmus hinzu und zwang sich zu einem Lächeln.

  • Seoul war bemüht gedanklich zu folgen. Nur weil man sich Feinde geschaffen hatte, hieß das nicht, dass man einen schlechten Ruf hatte. Aber vielleicht hatte die Nymphe tatsächlich durch ihr Verhalten gleich beides erhalten. Er selbst konnte sich auch nicht in einer Tanzschule vorstellen, aber gerade die reichen Bürgersleute, die dem Adeln nacheiferten....Diesen Gedanken sprach er an.
    "Hast du denn schon versucht bei den etwas wohlhabenderen Bürgern Werbung zu machen. Sie wollen doch dem Adel nacheifern. Dazu gehört auch die Eleganz des Tanzens....." schlug er vor.

  • Sie erzählten noch eine Weile, doch es war eher das Oberflächliche, dass sie berührten. Und so ahnte Seoul nichts davon, dass er sich von einer Priesterin der Shirashai verabschiedete. Es gelang ihm auch der Versuchung zu widerstehen, die von dieser Frau ausging als er sich umdrehte und in der Dunkelheit verschwand. Vielleicht würde er die Nymphe wieder treffen, vielleicht auch nicht. Für sein eigenes Wohl wäre es wohl besser, wenn sie sich nie wieder begegneten. Doch auf dem Heimweg galten seine Gedanken nicht Amelie, sondern einer ganz anderen bezaubernden Nymphe und Schwere legte sich erneut auf sein Herz als er sein einsames dunkles Heim betrat.

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