Die Pfandstube "Acai"

  • Tilla schmunzelte. Das er ihren Namen kannte - nun es bedeutete, dass er seine Ohren zumindest offen hatte. Der Name "Acai" war nicht unbekannt in seinen Kreisen. Und doch erinnerten sich erst viele an sie, wenn sie Tillas Hilfe benötigten.


    "Oh, Herr von Muesig," ja, auch Tilla offenbarte ihr Erkennen des Gegenübers. "Skrupellos bin ich doch nur zu denen, die selbst keine Skrupel zeigen. Mein Name ist schließlich Tilla und nicht Mutter Tilar." Sie lächelte und drehte sich zu Maida um.


    "Ich denke, Bassam wird der Dame um einiges besser helfen können, als ich. Aber wartet ruhig, ich hole euch ein wenig Lindenblütenwasser."


    Im gleichen Moment hatte Bassam auch bereits die Kette des Medaillons an Maidas Hals geschlossen und selbige begann ein Gespräch mit dem Muesig-Spross. Tilla konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken. Offensichtlich hatte die Cath'Shyrr ein Gespür für die richtige Situation.


    "Euch bringe ich auch ein Glas mit." Kurz hätte man meinen können, Tilla würde Maida zuzwinkern, als die Pfandleiherin nach hinten verschwand und den großen Djirin alleine mit der Kundschaft ließ.

  • Hatte sie tatsächlich Lindenblütenwasser gesagt? Da konnte Herr von Muesig nur hoffen, dass sie ein wenig ‚geistige Komponente‘ dem Wasser beifügte.


    Da Tilla kurzerhand entschwunden war, konnte er der Frau, die sich anschickte Schmuck käuflich zu erwerben, seine ungeteilte Aufmerksamkeit widmen und da schuppte es ihm von den Augen: das war doch die…er versuchte sich in Erinnerung zu rufen, was er lieber verdrängt hätte: Der Totentanz. Er senkte schuldbewusst den Blick, bevor er antwortete: „Es ist nicht meine Art, schöne, junge Frauen aus meinem Gedächtnis zu verlieren, aber die Umstände unserer Bekanntmachung waren auch zu abstoßend, wenn Ihr versteht was ich meinen könnte. Ihr seid Mieda, die Cath’ser - Ihr seht, ich habe Euch nicht vergessen.“ in Wahrheit hatte er mehr die körperlichen Vorzüge in Erinnerung. Sie waren auch jetzt nicht zu übersehen. In vollendeter Galanterie ergriff er die zum Handkuss hingestreckte Hand und hauchte ihn vornehm darauf – gelernt ist eben gelernt.


    Und so gerne er noch länger in ihre Augen gestarrt hätte, so wanderte sein Blick wie selbstverständlich ein Stockwerk tiefer, wo die Aussicht beziehungsweise die Ansicht gerade sehr gut war und er diese Gelegenheit nicht ungenutzt vergehen lassen wollte - zum schwindelig Werden. Und er sich den launigen Kommentar: „Nicht nur die Pfandleihe weiß sich die besten Stücke ausgezeichnet zu präsentieren.“ nicht verkneifen konnte. Herr von Muesig war Manns genug, um zu wissen, dass das keine zufällige Darbietung war, aber Hirn ist eines, Emotion etwas ganz Natürliches.


    Dann richtete er den Blick auf Bassam: „Das Medaillon, ich möchte es der Dame .... schenken.“… "Natürlich nur, wenn es Euch recht ist. Ihr seid mir deswegen zu nichts verpflichtet. Es wäre aber sehr schön, wenn Ihr meine Einladung auf mein kleines, unscheinbares Gehöft zu einem…gemeinsamen Abendessen in entspannter Atmosphäre annehmen würdet. Sagen wir morgen, nach Einbruch der Dämmerung?“ natürlich galten die letzten Sätze schon wieder der Frau, da Herr von Muesig sich nicht mehr als nötig mit Dienstpersonal unterhielt.
    Er hoffte, dass sich Tilla noch ein wenig mit dem Getränk Zeit ließ, weil sie nicht unbedingt mitkriegen musste, dass er gerade auf Maida spitz war und er sie sogar beschenkte. In diesem Moment ließ sogar seine Sehnsucht nach seiner Schwester etwas nach. Das war zwar nie von langer Dauer, aber es begab sich ab und an - wie jetzt eben.

  • "Euch bringe ich auch ein Glas mit."


    "Habt vielen Dank, Madame Acai", erwiderte Maida und grinste. Sehr wohl hatte sie das Zwinkern der Pfandleiherin bemerkt.


    "Ihr seid Mieda, die Cath’ser - Ihr seht, ich habe Euch nicht vergessen", tönte da gerade von dem Rothaarigen und er hauchte der Cath'shyrr einen Kuss auf die Hand.


    "Herrrrrr von Muesig, Ihrrrr seid das!", rief sie überrascht. Ihn hier, außerhalb jenes schrecklichen Hauses wiederzusehen, das war mehr als sie erhofft hatte. Maida, wollte sie gerade ihren Namen korrigieren, da geschah das Unfassbare. Er wollte ihr das Medaillon schenken! Was für eine glückliche Fügung hatte ihn an diesem Tag hierher geführt? Das lief ja besser als sie jemals hätte planen können. Augenblicklich schlug ihr Herz schneller.


    "Oh, Herr von Muesig, das ist doch nicht...", zierte sie sich gespielt, errötete und schlug die Hand vor den Mund. "Ich bin... überwältigt von Eurer Großzügigkeit. Als hättet Ihr geahnt, wie sehr mich unser Wiedersehen erfreut. Natürlich ist mir recht, dass es Euch Freude macht mich zu beglücken. Es ist so ein wunderbares Stück Juwelierarbeit", gab sie sich begeistert und himmelte Herrn von Muesig an. Einen solchen Gönner durfte sie auf keinen Fall aus den Krallen lassen. Alles würde sie tun, um ihn gewogen zu halten. Doch sie würde sich zieren, solange es für ihn erträglich war. Das erhöhte das Interesse.


    "Ein Abendessen. Wie liebenswürdig. Schon an jenem grässlichen Tag dieser schlechten Tragödie..." Womit sie den Totentanz meinte. "...habe ich mich gefragt, wie ein solch geschmackvoller Mann wie Ihr wohl eingerichtet ist", schmeichelte sie und strich liebevoll über das soeben erworbene Medaillon. "Ich komme sehr gern." Ihr kecker Blick verhieß alles und nichts.


    Im Hintergrund hörte sie die Schritte der Pfandleiherin. "Stellt sich nur die Frage, welches Kleid zu diesem herrlichen Schmuckstück passt. Was meint Ihr, werte Tilla?"

  • Seine Gedanken schweiften schon an heute Abend.
    Ja, manchmal musste man eben in Vorleistung treten, wenn man so ein schickes Häschen...damit wurde alles andere spielerisch leichter. Er kannte die Tricks, die Frauen und ihre vielen kleinen Schwächen...nur seine Schwester, die hatte keine Schwächen.


    Gerade, als er aufzählen wollte, was heute abend aufgetragen wird, waren die Schritte der Pfandleiherin ganz nah und er wollte nicht, dass sie mitbekam, wie er den Fisch geködert hatte. Geschmackvoller Mann, das war gut, das war ihm wie Balsam die Kehle hinuntergeronnen.


    Er bemühte sich, betont teilnahmslos herumzustehen. Doch da fiel ihm siedendheiß ein, wie sollte er ausreichend glaubwürdig erklären können, warum er das Medaillon bezahlte? Krise!

  • Bassam brummelte nur leise vor sich hin. Solch eine Art von "Liebesgeflüster" war er in diesem Laden nicht gewöhnt. Und er stellte gerade fest, dass ihm das auch durchaus recht war. Er fühlte sich bei diesem Geplänkel eher fehl am Platz.
    So griff er ruhig unter den Tresen, holte eine kleine Pappschachtel hervor und tat sie mit Seidenpapier auslegen.


    Als Tilla wieder zu ihnen trat, registrierte sie dies sofort aus dem Augenwinkel, sprach es jedoch nicht weiter an. Wenn Maida oder Müsig sich dazu entschlossen hatten, tatsächlich etwas zu kaufen, so würden sie das später noch thematisieren können.


    "Bitte sehr," Tilla stellte ein Tablett mit 2 Gläsern und 2 Karaffen. In der Größeren war eine durchsichtige Flüssigkeit enthalten, die kleinere Karaffe beinhaltete eine goldene Flüssigkeit. "Ich habe euch auch noch etwas vom Blütenbrand mitgebracht, werter Herr von Müsig. Natürlich nicht um eine Kaufentscheidung zu beeinflussen. Eher um sie gebürtig zu feiern."
    Tilla lächelte und wandte sich an Maida.
    "Entschuldigt bitte, meine Gute. Was hattet ihr mich gefragt? Habt ihr ein Schmuckstück gefunden?"

  • Der Angestellte bereitete Schachtel samt Geschenkpapier vor. Maida drehte Herrn von Muesig den Rücken zu, schob keck das lange Haar beiseite und lächelte den Rothaarigen über die Schulter hinweg an.


    "Wärt Ihr bitte so freundlich, werter Herr?"


    Der Verschluss des hübschen Schmuckstücks war rasch geöffnet. Die Berührung der Finger kribbelten angenehm. Maida fing das Medaillon mit der Rechten auf und reichte es dem Djirinn zur Verpackung über den Tresen. "Könntet Ihr bitte ein Schleifchen drumrum machen? Um die Schachtel, meine ich. Ich liebe Schleifchen. Sie haben so etwas Geheimnisvolles. Man weiß nie, was sich selbst unter der ansehnlichsten Hülle verbirgt. Solcher Art Spannung verursacht dieses herrlich kribbelige Gefühl auf der Haut."


    Die Cath'shyrr schüttelte sich, kaum wahrnehmbar, als laufe ihr eine Gänsehaut über den Rücken. "Mögt Ihr das auch, Herr von Muesig?", schäkerte sie und ließ sich vom Lindenblütenwasser einschenken. Wie es sich für eine Lady gehörte, wartete sie ab, ob der Herr es ihr gleich tat. Sie würde erst trinken, wenn er vorgekostet hatte und das Getränk für einwandfrei erklärte. Andernfalls hätte er sie womöglich für einen Bauerntrampel gehalten. Selbst wenn an einem solch einfachen Wässerchen nicht viel verkehrt sein konnte.


    Maida strahlte Tilla herzlich an. "Oh, ja, das Medaillon der Familie Marasar ist herzallerliebst. Und es steht mir ausgezeichnet, wie dieser werte Herr mir bestätigte. Nun habe ich mich gefragt, welcher Art das passende Kleid sein sollte. Helle Seide oder dunkler Brokat?"

  • "Seide." Antwortete Tilla knapp und ohne zu überlegen. Ein kurzer Blick auf das ausgewählte Medaillon hatte ausgereicht um zu entscheiden, was diesem Schmuckstück am Besten zu Gesicht stehen würde.


    "Seide unterstreicht die Leichtigkeit und die Lebensfreude, die dieses Medaillon ausstrahlt. Unter Brokat würdet ihr es nur unnötig ersticken."
    Tilla hatte einen ausgesprochenen Faible für Mode und mußte aufpassen, dass sie ihre Zunge im Zaum hielt. Dennoch fügte sie hinzu:
    Kennt ihr den Hutmacher am Ende der Straße? Unter seinen Auslagen befindet sich ein wunderbarer Hut mit zartem Federgebinde. Ich sag euch, der zu einem langen Seidenkleid und diesem Medaillon und egal auf welchem Fest ihr eingeladen seid, ihr werdet immer die Blicke auf euch ziehen."

  • Madame Acai kannte sich offenbar mit Mode aus. Maida war sofort Feuer und Flamme.


    "Aber natürlich kenne ich den Hutmacher. Auch wenn ich gestehen muss, die Einkäufe bei ihm in letzter Zeit arg vernachlässigt zu haben. Welche Schande. Nur so kann es geschehen, dass ich seine neuesten Kreationen verpasse. Federgebinde, sagt Ihr, werte Tilla? Ich liebe Federn. Diesen Hut muss ich einfach sehen. Werter Herr von Muesig, Ihr verzeiht wenn mich mein nächster Weg in eine gänzlich andere Richtung führt, doch ich brauche für heute Abend noch dringend Garderobe. Eine Einladung muss entsprechend gewürdigt werden."


    Natürlich hatte sie nichts dagegen, wenn er sie begleitete - und weiterhin bezahlte -, aber Männer bekamen bei Einkäufen stets lange Gesichter und müde Augen. Diese Zumutung musste der werte Herr zu ihrem Leidwesen selbst entscheiden.


    "Bloß welche Farbe?", grübelte Maida und tippte sich mit dem Zeigefinger nachdenklich gegen das Kinn. "Türkis? Findet Ihr, dies würde mir stehen, werte Tilla?"

  • Die nächste Ablenkung kam in Form eine schlanken Halses, der plötzlich in seinem Sichtfeld lag. "Nichts was ich momentan lieber täte" während er sich an dem Medaillon-Verschluss abmühte. Dass er nicht in Hektik verfiel, war nur der Übung zu verdanken. "Das Schmuckstück macht Euren Hals schmeicheln, lässt ihn noch graziler erscheine, als er ohnehin schon ist, wenn ich das anmerken darf" Wie gerne hätte er jetzt sein Hand an der Wirbelsäule entlang...."Ja, ja..." und deutete unmissverständlich auf die Karaffe mit der goldgelben Flüssigkeit her. Wer weiß wie lange die Pfandleiherin den Blütenbrand zur Verfügung stehen lassen würde.


    Er nippte einmal am Glas, hmm, und nochmal etwas kräftiger. Er nickte der Pfandleiherin anerkennend zu.


    Leider nahm das Gespräch dann eine etwas irreale Wendung. es ging plötzlich um Kleidung, Stoffe und ach, Du meine Güte, um Kopfbedeckungen.
    Und so nahm er die erste Gelegenheit wahr, die sich ihm bot, sich abzuseilen. "Wie außerordentlich bedauerlich, aber auch ich habe...meine Geschäfte erfordern meine Anwesenheit, Investitionen müssen Bedacht vorgenommen werden.." von solchen Dingen verstanden Frauen nichts. Sie waren dafür gar nicht geschaffen, wie Herr von Muesig immer launig vermutete. "Die Volatilität der Märkte ist reziprok den Hutgrößen" Ein Satz wie Humbug aber hinterließ immer Erstaunen und machte mächtig Eindruck.


    "Wenn ich die Dame beratenschlagen darf....Flieder. Ich schwöre auf Flieder. die Farbe meine ich und ich kann Euch ein Geheimnis anvertrauen: Wählt man eine Bluse, einen Schal oder einen Hut in Flieder, so unterstreicht man seine feminine Seite. Nicht, dass da bei Euch...wirklich vonnöten.. Frau Acai Ihr seid bestimmt auf meiner Seite. Diese Weiblichkeit braucht Flieder!.." Zum Glück hatte er nichts über seine Unterbekleidung gesagt.

  • "Flieder?" Tilla zog eine Augenbraue hoch, musste dann jedoch unvermittelt Lachen.
    "Nun, wieso eigentlich nicht? Flieder ist nun mehr nicht unbedingt DIE Farbe der Saison, aber ein alter Klassiker. Einzelne Stücke in einem zarten Fliederton gewählt wirken frisch und sinnlich.." Tilla musterte Muesig von oben bis unten.


    "Ich hätte nicht erwartet, einen solche Modeexperten in den Reihen der Muesigs zu finden. Ihr solltet eure Investitionen ruhen lassen und eure Bekanntschaft tatsächlich begleiten." Sie lächelte wissend und strich sich den Rock glatt. "Wer weiß, vielleicht findet ihr heraus, dass sie die bessere Investition ist."


    Zur Cath sprach sie weiter - und im leiseren, verschwörerischen Flüsterton. "Wählt einen hellen Türkiston, ein reines Weiß und jeder Versuch euch in entwas Fliederfarbenes zu verhüllen wird entzückend aussehen." Tilla schmunzelte. Sie liebte die Mode, auch wenn ihr eigener Geschmack gerne als etwas zu exzentrisch galt. An manchen Tagen konnte Tilla nicht genug von Federn, Perlen, Riemchen und Schleifen bekommen, an anderen war sie in so schlichte Gewänder gehüllt, dass man meinen konnte, sie wäre direkt aus dem Schlaf gekommen, wäre da nicht eine perfekt sitzende Frisur und ein gleichmäßig geschminktes Gesicht.


    "Darf es noch etwas Blütenbrand sein, Herr von Muesig?"

  • Geschäfte, Investitionen, Märkte. Diese Worte hörte Maida nur zu gern. Verhießen sie doch Geld, Vermögen, Reichtum. Wer Geld besaß, konnte eine Geliebte aushalten. Am besten sie, am besten gleich. Da sich der Herr von Muesig zu verabschieden gedachte, würde sich Maida dieser Entscheidung anschließen. Sie durfte ihn auf keinen Fall vorzeitig das Geschäft verlassen lassen. Schließlich hatte der Herr zugesagt, das Medaillon zu bezahlen. Zwar hätte sie liebend gern noch ein wenig im Fundus der Frau Acai gestöbert, doch dies würde sie auf einen anderen Tag verschieben müssen.


    "Flieder? Ach, findet Ihr wirklich?" Maida hasste Flieder. Es machte schrecklich blass. Tilla Acai war derselben Ansicht - ihr Gesichtsausdruck sprach Bände. Aber wenn der Herr von Muesig darauf so viel hielt, würde sie wohl oder übel in den Fliederapfel beißen müssen. Zum Glück kam ihr Tilla mit einem Vorschlag zu Hilfe, mit dem sie leben konnte. Dennoch startete sie den Versuch, das modische Unheil abzuwenden.


    "Liebster Herr von Muesig, es wäre mir höchst unangenehm, Euch von Euren Geschäften abzuhalten. Es wäre geradezu unverantwortlich. Zudem, ich muss ohnehin los. Es gilt sich für den Abend fertig zu machen. Doch eine Frage hätte ich da noch. Wie wäre es mit Violett? Es ist ein wenig kräftiger als der..." Sie verkniff sich die Beschreibung bleiche, fade, altjungfräuliche, Farbe der unbefriedigten Dame, sondern fuhr schmeichelnd fort: "...liebliche Fliederton, der sich hervorragend für den warmen Frühlingsnachmittag eignet, doch für eine Abendeinladung, hm, bei..."


    Maida warf dem Adeligen neben sich einen verführerischen Blick zu. "...Kerzenschein und halbdüsterer Romantik... könnte da ein kräftigerer Ton nicht passender sein? Türkis und Weiß gepaart mit einem Tupfen Violett...?"


    Erwartungsvoll lag Maidas dunkler Blick auf Tilla. Die Frau kannte sich aus. Das zeigte allein die adrette Frisur. Kein Haar, das sich widerborstig aus dem perfekten Sitz gelöst hatte. Mit flinken Fingern öffnete die Cath'shyrr den Verschluss der Kette, liebkostete das Schmuckstück mit dem Zeigefinger und reichte es schließlich Bassam hin, damit dieser es in der kleinen Pappschachtel verpacken konnte.


    "Vergesst den silbernen Handspiegel nicht", raunte die Cath'shyrr dem Djirinn zu. Dem rothaarigen Herrn würde gar nicht auffallen, dass er für zwei Stücke bezahlte.


    Mit einem freudestrahlenden Lächeln wandte sich Maida zu Herrn von Muesig hin, um diesen mit einem betörenden Augenaufschlag zum Bezahlvorgang zu ermuntern.

  • Die Worte der Händlerin gingen ihm wie Seim die Kehle runter. Und er pflichtete Tilla mit geschwellter Brust bei: „Nun, meiner reichhaltigen Erfahrung nach, mag es das schwache Geschlecht gar nicht gern, wenn man von blutigen Scharmützeln schwadroniert, von brutalen Faustkämpfen oder wenn scharf geschliffene Schwerter Häupter von Leiber abtrennen. Wie viel mehr Aufmerksamkeit sammelt man, wenn man über Spitzen, Rüschen und die Farbe von Dess…also was sich halt so direkt an die Körperhaut schmiegt, wenn man den Fachmann zu erkennen gibt.“


    Während sie sprach, betrachtete er die Frau. Bisher hatte ja die attraktive Maida seine ganze Aufmerksamkeit eingefordert. Dabei erkannte er, dass ihre Frisur fast ein Kunstwerk war und anerkennend fragte er: „Euer Haar ist von solch Fertigkeit gelegt und gepflegt, wo lassen Madame es machen? Oder ist das auch ein Einsatz eines Schuldners?“ er lachte lauthals und ungeniert, weil er das für einen großartigen Witz hielt.

    Die zarten aber bestimmten Einwände gegen seine Farbwahl überhörte er geflissentlich. Vielmehr fühlte er sich noch dabei bestätigt. „Ja, ich habe für mein exzellentes Farbenverständnis schon viel Lob geerntet und meine Expertisen sind gefragt auch von meinen Geschlechtsgenossen…..Äh, ja sehr gerne.“ er hielt das Glas einfüllbereit hin.


    In der Zwischenzeit hatte Maida auch seine Farbentscheidung gelobt, so wollte er das verstanden haben.. Und einmal im Rausch schlugen die Gedanken Purzelbäume: Viele würden sich vorstellen, dass Maida feuriges Rot bevorzugt, wie die Glut des Feuers und Strümpfe aus schwarzen Bast. “Fleischfarben…mit einem hauchfeinen Stich ins Rosa“ es schüttelte ihn, so schön war es. Allzu deutlich war er nicht.


    Er war froh auf Tillas Ratschlag, dass Maida die bessere Investition sein könne, gehört zu haben. Plumpe Anmache hatte er schon genügend erlebt. Wie angenehm hob sich dieses Geschöpf von denen ab. Da, er bemerkte es, obwohl er es wahrscheinlich gar nicht bemerken hatte sollen. Es war bestimmt gar nicht für ihn gedacht gewesen, von daher so natürlich: ein Lächeln wie ein Sommeranfang und ein Augenaufschlag wie ihn kein Epos beschreibbar machen konnte. Hach, wie gerne würde er den noch einmal sehen. Aber er konnte schlecht darum bitten. Bitten vielleicht nicht, aber wenn er sich großzügig zeigte?


    Noch ganz im Banne wandte er sich wieder an die Pfandleiherin. Ohne Worte hatte er ein mit zahlreichen wertvollen Zahlungsmitteln beladenes Säckchen in der Hand. Wenn sie etwas von Geschäftsvorgängen und Anbahnung von Turtelei verstand, würde sie jetzt nicht den Betrag lautstark über die Gasse tragen.
    Normalerweise würde er ja jetzt Handeln bis zum letzten abgenagten Knochen, aber wie sähe das denn aus. Heute war er gewillt zu geben, was gefordert wird. Was es wiegt, das hat es. Und Maida wog schwer - was aber nichts, aber auch gar nichts mit einer aus den Fugen geratenen Körperfülle zu tun hatte.

  • -----> Ein Zimmer im Seeviertel .....


    Tamrin ging die Straße vom Korallenriff zum Marktplatz hinunter. Heute Abend würde er in seinem Zimmer im Seeviertel schlafen - das hatte er sich fest vorgenommen. Und so war heute noch Gelegenheit, ein paar Vorkehrungen dafür zu treffen, wenn sie sich denn treffen lassen würden. Eine davon war ihm gestern in den Sinn gekommen als Tári ihm Lady Acai's Pfandstube gezeigt hatte. Ihre Lage hatte in Tamrin eine Idee keimen lassen und da Tilla Acai ihm ausdrücklich erlaubt hatte, sich an sie zu wenden, war es seiner Meinung nach den Versuch wert, ob sich eine Übereinkunft mit ihr erzielen lassen würde. Von außen machte das Gebäude auf Tamrin einen guten Eindruck, gepflegt aber nicht übermässig protzig. Bestimmt verfügte es dennoch über sehr gute Sicherheitsvorkehrungen. An der Tür verharrte er kurz und sah in den Geschäftsraum hinein. Offebar waren gerade Kunden anwesend. Er zögerte einen Moment lang, warf die Bedenken dann aber über Bord. Es würden ihn ohnehin genügend Leute hineingehen sehen, da kam es auf zwei weitere auch nicht an. Und sooo ärmlich sah er nun auch nicht aus. Er holte tief Luft und öffnete die Tür. Ein Glöckchen bimmelte hell und kündigte sein Betreten an. Tamrin trat ein und zog die Tür zu. Höflich verneigte er sich ein wenig vor den Anwesenden. "Guten Tag und seid gegrüsst !", formten seine Worte die noch immer etwas ungewohnte Sprache. Die Anwesenden befanden sich offenbar in Verhandlungen und Tamrin trat nicht näher an die Ladentheke heran, um sie nicht zu stören. Nur Tilla Acai schenkte er ein freundliches Lächeln als er sie hinter ihren beiden Kunden kurz zu Gesicht bekam. 'Hoffentlich erinnert sie sich überhaupt noch an mich.', dachte er etwas betreten. Er liess seine Blicke übertrieben bewusst die im Laden ausgestellten Gegenstände betrachten, sah aber auch immer wieder ein wenig neugierig zu den Leuten an der Theke hinüber. Ein rothaariger etwas älterer Herr in ausgesprochen edler, teurer Kleidung - bestimmt ein Adeliger oder sehr reicher Kaufmann - und eine sehr elegante, schlanke Dame - ebenfalls sehr geschmackvoll zurecht gemacht. Sie machte einen irgendwie exotischen Eindruck auf Tamrin, obwohl er nicht recht hätte sagen können, woran das eigentlich lag. Das schwarze schimmernde Haar war prachtvoll - aber nicht ungewöhnlich und auch die Gesichtszüge als solche waren sehr fein und schön, aber ...... nein, im Augenblick kam er nicht darauf, was an der Lady dort so anders war. Bestimmt ein Ehepaar, dachte Tamrin für sich. Geduldig wartete er und sah sich weiter im Geschäft ein wenig um.

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    >> Es ist so schwer, das Glück in uns selbst zu finden, nur leider ist es ganz unmöglich, es anderswo zu finden. <<


    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

    3 Mal editiert, zuletzt von Tamrin ()

  • "Sicher." Brummelte Bassam leise vor sich hin und holte eine weitere Pappschachtel hervor. Auch diese legte er mit Seidenpapier aus, bevor er den Handspiegel hinein platzierte.
    Ein seltsame Kundschaft war das hier heute. Der Djirinn war sich sicher, solcherlei Gespräche noch nie in der Pfandhandlung gehört zu haben.


    "Mein Haar? Oh.." Tilla fasste sich an die Hochsteckfrisur und lächelte sanft. Nein, sie ließ niemand anderen an ihr Haar. Das Barbierhandwerk in Nir'alenar mochte fantastisch sein, dennoch hatten sie bisher nie Tillas Geschmack treffen können. Schon in ihrer Kindheit hatte Tilla einen Faible für Zöpfe aller Art und Weise gehabt und so war es ihr mit den Jahren immer einfacher gefallen, sich selbst die kunstvollen Frisuren zu stecken.
    Manchesmal stand sie aber auch bis zu 2 Stunden vor Tagesbeginn auf, nur um ihr Haar in Form zu bringen und den perfekten Lidstrich zu ziehen.


    "Ach," lachte Tilla freundlich mit, "der örtliche Perrückenmacher hat drei Bastarde zu unterhalten. Da bringt er mir schonmal ein Geschenk vorbei, wenn ihr wisst, was ich meine." Sie schmunzelte, aber für jemand der sich nicht in Nir'alenar auskannte, war nicht zu erkennen ob dies der Wahrheit entsprach oder nur Seemannsgarn war. Tatsächlich war der bekannteste Perrückenmacher in Nir'alenar eine übergroße Djirinn, die seit Jahr und Tag Mann- und Kinderlos war und mit der Tilla Bassam gerne aufzog.


    Dann nahm Tilla Stift und Zettel bei der Hand und schrieb einen Betrag auf, den sie Müsig zuschob.
    In ihrer Pfandstube war es gang und gebe, dass man nicht über Geld sprach, wenn andere potentielle Kunden mit im Laden waren. Und auch wenn man nicht wußte, wie sich das zwischen Maida und Müsig noch entwickeln würde, so war doch noch ein weiterer Mann vor Sekunden in den Laden gekommen. Tilla hatte nicht aufgesehen, sondern nur aus dem Augenwinkel bemerkte, dass es ein eher jüngerer Mann gewesen sein musste.


    Bassam wickelte in der Zwischenzeit beide Pappschächtelchen in einen Bogen Papier ein und übergab ihn Maida - und während Tilla darauf wartete, dass Müsig die passenden Münzen fand, registrierte sie, dass sie den Neuankömmling schon einmal getroffen hatte.

  • Alles lief wie am Schnürchen. Handspiegel und Medaillon waren hübsch verpackt, die Rechnung wurde diskret dem Adeligen vorgelegt. Tilla Acai verstand ihr Geschäft. Maida schnurrte zufrieden, nahm von Bassam den Papierbogen entgegen und drückte ihn liebevoll an die Brust.


    Dem Neuankömmling in ihrem Rücken warf die Cath'shyrr lediglich einen flüchtigen Blick zu. Der Bursche interessierte sie nicht. Doch seine Ankunft kam ihr gerade Recht. Tilla würde sich dem neuen Kunden zuwenden, ebenso wie ihr Djirinn. So würde niemandem auffallen, dass sie unter dem Haar versteckt immer noch die Ohrgehänge der Familie Marasar trug, welche Maida probiert hatte, eh sie das Medaillon entdeckt hatte. Der wirkungsvolle Auftritt des Herrn von Muesig hatte alle Beteiligten von der Anprobe abgelenkt. Nur noch ein kleiner Schritt vor die Tür. Natürlich ganz ohne Absicht. Niemand hatte sie erinnert, und sie hatte ganz vergessen...


    "Es war mir ein Vergnügen von Euch beraten zu werden, werte Tilla Acai. Bei Eurer exquisiten Ware werdet Ihr mich wohl öfters zu Gesicht bekommen. Nicht wahr, Herr von Muesig? Wo gibt es schöneren Silberschmuck zu kaufen als die ehemaligen Familienstücke der Familie Marasar? Hach."


    Das Seufzen wurde zu einem sehnsuchtsvollen Hauch. Ihre Schulter berührte wie zufällig den Arm des Adeligen.


    "Verehrteste", verabschiedete sich Maida von Tilla, "ich wünsche Euch einen wundervollen Abend und noch viele gute Geschäfte. Bis zu nächsten Mal."


    Nun rasch verschwinden, ehe der Diebstahl doch noch auffiel. Den Djirrin ignorierte sie nicht einmal, von einer Verabschiedung ganz zu schweigen. Dienstpersonal existierte einfach nicht.


    "Ich warte draußen auf Euch", schnurrte sie dem Herrn von Muesig zu. Ein liebreizender Augenaufschlag streifte den Rothaarigen, ehe sie mit einem Luftstoß der Erleichterung vor das Geschäft trat ohne den neuen Kunden eines weiteren Blickes zu würdigen. Geschafft. Nun galt es noch das Abendessen mit dem Adeligen zu konkretisieren.

  • Das Kätzchen schnurrte und Herr von Muesig hatte nur Augen für das Kätzchen. Die Rechnung wurde diskret, sehr diskret beglichen und obwohl - Herr von Muesig konnte sich das denken - bestimmt schon ein üppiger Aufschlag auf dem Preis lag, legte der Adelige noch ein nettes Sümmchen dazu.
    "Frau Acai, Euer Laden hat Stil und die Kundschaft..." Da betrat offensichtlich ein weiter Kunde den Laden. Ihn anzusehen wäre würdelos gewesen und Herr von Muesig hielt von Würdelosigkeit so viel wie von Hals- und Zahnschmerzen. Verzichtbar!
    "Es war mir eine Freud und erbiete meinen Gruß, Guten Tag." verabschiedete er sich von der Pfandleiherin


    Inzwischen hatte Maida den Laden verlassen und hatte ihm eindeutig zu verstehen gegeben, dass sie auf ihn warten würde. Draußen. So hielt ihn nicht mehr in dem Laden und er machte sich auf den Weg. In Gedanken legte er sich bereits die abendliche Garderobe zurecht. Die Farbe der Unterkleidung war vorgegeben. Als Beinkleid boten sich Seidenknickerbocker...


    Rummsdibumms. Das kommt davon wenn man in Gedanken mit heruntergelassenen Hosen hinter einem Paravant steht und die Augen noch mit rosa Wölckchen bedeckt sind. Eine Karambolage - eine der gröberen, heftigeren Art.


    Der Adelige schlug mehr oder minder heftig auf dem Boden auf, rieb sich die Augen. Da stand er, ein Unbekannter. Er konnte sich nicht erinnern in bei einer Soiree oder Martinee oder einem Wohltätigkeitsball egsehen zu haben.


    Der Adlege schüttelte den Kopf, rappelte sich auf und stieß ärgerlich erregt hervor: "Dafür fordern Herrn von Stand und Rang Genugtuung. Was habt Ihr für Eure Verteidigung anzuführen. Sprecht oder schweigt und wenn Ihr schweigt werden meine Fäuste sprechen." Maida musste warten.

  • Das schien Tamrin ein Geschäftsabschluss von größerer finanzieller Dimension zu sein, denn die Personen am Tresen redeten ausgiebig miteinander und schenktem ihm keinerlei Beachtung. Der Vierte, der etwas abseits stand und aufgrund seiner Größe und Statur einen genaueren Blick verdiente, schien ein Angestellter von Tilla Arcai zu sein, denn er raschelte mit Schächtelchen und Papier und verpackte offensichtlich etwas. Tamrin war bemüht, nicht allzu offensichtlich hinzusehen und so allmählich kroch leises Unbehagen in ihm empor. Er wollte hier keinesfalls ein lukratives Geschäft stören, wo ihm doch am Wohlwollen der Pfandleiherin gelegen war. Um Unauffälligkeit bemüht, sah er die Sachen in den Regalen an, wunderte sich teilweise etwas darüber, was der Pfandleiherin so alles gebracht wurde, um es zu Geld zu machen und versuchte zur Übung hier und da in den unbekannten Worten eines aufzuschnappen, das er verstand. Am Tresen entstand Bewegung. Die exotische Schönheit raunte dem Rothaarigen noch einmal mit verführerischer Stimme etwas zu und schickte sich dann an, den Laden schon einmal zu verlassen.


    Tamrin konnte nicht umhin, sie eingehender zu betrachten. Hochmütig schenkte sie ihm ihrerseits nicht die geringste Beachtung. Er konnte es ihr nicht mal verübeln - sein Alter und seine Aufmachung zeigten ihr überdeutlich, dass er ihren Ansprüchen nicht genügen konnte. Dennoch neigte er höflich den Kopf, als sie an ihm vorbei schritt und den Laden verliess. Tamrin's Blicke folgten ihr und sahen sie draussen warten. Einmal, weil sie wirklich ein herrlicher Anblick war. Und zum anderen, weil er besser erzogen war als sein Äußeres vermuten liess. Er wußte, dass in seinem Rücken nun das Finanzielle geregelt wurde und so demonstrierte er zugleich deutlich, dass er die Diskretion achtete.


    Ein kleine Weile erfreute er sich an dem eleganten Anblick und erst, als er sich ziemlich sicher war, dass am Tresen alles Wesentliche wohl erledigt sein sollte - denn der Herr erhob jetzt die Stimme und was er sagte, klang doch sehr nach Abschiedsworten - wollte er sich mit freundlichem Lächeln wieder umdrehen, um auch ihn zum Abschied .... Ein heftiger Stoß im Moment der Drehung nötigte Tamrin all seine Geschicklichkeit ab, um überhaupt auf den Beinen zu bleiben. Er stolperte zur Seite, fand aber glücklicherweise sein Gleichgewicht wieder bevor er in eines der Regalborde an der Wand hinein stürzen konnte. Verdutzt sah er sich um.
    Der edle rothaarige Kunde saß am Boden und rieb sich das Gesicht - anscheinend war er tatsächlich schnurstracks in Tamrin hineingelaufen.


    Der Schreck fuhr ihm in alle Glieder. Aber noch bevor er dem Mann Hilfe zum Aufstehen anbieten konnte, war dieser schon wieder auf den Beinen. Recht fit für einen reichen Adeligen, fuhr es Tamrin etwas uncharmant durch den Kopf, aber dann war ihm wohl nichts Ernsthaftes passiert durch diesen unfreiwilligen Zusammenstoß. Wenigstens etwas ! Allerdings verhieß der Gesichtsausdruck des Rothaarigen nichts Gutes. Und tatsächlich entlud sich ein Schwall ärgerlicher Worte über Tamrin, der unverzüglich zwei kleinere Schritte zurück wich und beschwichtigend die Hände hob. Er verstand nicht ein Wort von dem, was der Mann ihm da zuschrie. Sein Blick sucht mit der Bitte um Hilfe den der Pfandleiherin. "Bitte...", versuchte er den Mann in Beleriarnai zu beschwichtigen und bemühte sich um innerliche Ruhe. Mit deutlich artikulierten Worten wandte er sich in Elfisch an die Pfandleiherin. "Verzeiht mir, Lady Acai. Der edle Herr ist wohl in mich hinein gelaufen. Würdet Ihr ihm bitte sagen, dass ich ihn nicht verstehe - aber dass ich das Mißgeschick außerordentlich bedauere ?"

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    >> Es ist so schwer, das Glück in uns selbst zu finden, nur leider ist es ganz unmöglich, es anderswo zu finden. <<


    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

  • Äußerst erfreut nahm Tilla die Münzen Müsigs an sich.
    Der Rothaarige bezahlte gut. Tilla war gespannt, wann er erneut zu ihrem Kunden würde. Und ob es beim nächsten Mal nicht vielleicht ihr Geld war, was über den Tresen ging. Die meisten Adeligen, die zu freigibig mit ihrem Vermögen umgingen, wollten eines Tages das ein oder andere Schmuckstück in der traditionellen Pfandstube Acai verpfänden.


    So verabschiedete Tilla den Adeligen und verstaute gerade die Münzen in einer bizarr anmutenden Kasse - ein von Tilla in Auftrag gegebenes Kunstwerk, welches des Abends mit drei verschiedenen Schlössern gesichert wurde - als der Zusammenprall und das wütende Gefauche Müsigs ihren Blick erschrocken empor wandern ließ.


    Ob des guten Geschäftsabschlusses hatte sie tatsächlich nicht weiter auf den jungen Mann geachtet - und Müsig wohl ebenso wenig. Wild drohend sprang der Rothaarige auf, während der Dunkelhaarige das Wort an Tilla richtete.
    Und erst jetzt erkannte die Frau mit dem Faible für alles elfische das Gesicht. Es war dieser junge Mann, den sie neulich bei ihren Einkäufen getroffen hatte!
    Aber wie hieß er noch? Tillas Stirn legte sich in Falten, doch der Name wollte ihr nicht einfallen. Egal, es galt die Situation zu retten, bevor Müsig gänzlich die Contenance verlor.


    "Oh, werter Herr von Müsig, der junge Mann ist eine flüchtige Bekanntschaft von mir. Er kommt nicht aus Nir'alenar und läßt euch ausrichten, dass ihm das Mißgeschick unglaublich leid tue."
    Ihr Blick ging von Tamrin zu Müsig und wanderte wieder zurück.
    "Ich denke, er sollte zukünftig seine Augen besser nach vorne richten und nicht auf eure hübsche Begleitung starren." Durchdringend sah Tilla Tamrin an. Sie wußte nicht, ob der Junge ihre Worte verstanden hatte - aber sie war sich sicher, dass es nicht klug war, die Schuld bei Müsig zu suchen, indem man sagte, er seie in Tamrin reingelaufen. Zumindest war es nicht klug, wenn man beabsichtigte, Müsig auch in Zukunft zu einem zahlenden Kundenkreis zählen zu wollen.

  • Wo blieb er nur so lange? Nervös hampelte Maida auf der Stelle. Sie traute dem Djirinn zu, den Diebstahl zu bemerken, deshalb wollte sie möglichst schnell verschwinden. Doch sie hatte von Muesig keinen Treffpunkt genannt bekommen.


    Durch das Schaufenster bemerkte sie Bewegung im Laden, dann ein Rumpeln, eine erregte Stimme drang nach draußen. Leider konnte die Cath'shyr nicht verstehen, was gesprochen wurde. Maida tat einen Schritt an die Scheibeund spähte nach drinnen. Der Rotharige hatte sich vor einem Jüngling mit zarten, unverbrauchten Zügen aufgebaut und mockierte sich über etwas. Was trieb Muesig da bloß? Zumindest lenkte jedes andere Vorkommnis von den geklauten Ohrringen ab.

    Jetzt hör schon auf zu quasseln und komm raus! Aaahh.


    Das konnte doch nicht wahr sein. Einer er Gründe, warum sie stets allein arbeitete. Jeder Begleiter bedeutete ein potentielles Hindernis. Tilla schien zu intervenieren. Maida meinte Worte wie "seine Augen besser nach vorne" und "hübsche Begleitung starren" zu verstehen. Sie grinste. Ungeduldig trat sie an die Tür heran und öffnete diese einen Spalt breit.


    "Werter Herr von Muesig, wärt Ihr wohl so freundlich...?", schnurrte sie und warf dem unbekannten Jüngling einen Blick zu. Hübscher Bursche. Sah nur leider alles andere als wohlhabend aus. War eher hier um etwas zu versetzen als zu kaufen.


    Ein viel versprechender, lasziver Augenaufschlag in Richtung des Adeligen sollte diesen - hoffentlich - endlich aus dem Laden locken.

  • Wie meinen? Der Kerl war Auswärtiger in Schrift und Sprache. Tilla musste einspringen und verwendete sich auch noch für den eher nicht so bestallten, eher simple fashioniesierten Burschen.
    "Wenn ich jetzt sage, dass das ein großer A... ist, dann versteht er mich sicher nicht? Oh verzeiht Tilla, ich wollte...die Gossensprache ist nicht meine, aber man kann auch ganz empörterich sein. Aber so einfach kommt er mir nicht davon. Er soll sich schon ent-schul-di-gen." Er hackte das wirklich so ab.


    Aber da flötet eine liebliche Frauenstimme dazwischen. "Wie? Ja, teuerste Frau, aber ein ungehobelter Einfaltspinsel hat mich gerammt und ich fordere eine Entschuldigung als mindere Abgeltung. Ansonsten müsste ich den Jüngling zum Duell herausfordern. Wenn Ihr noch ein Handumdrehen Geduld aufbringen könntet. Ich versichere Euch, es wird nur einer ganz kurzer Zeitspanne bedürfen." Dass der wirklich unpassende Zwischenfall dazwischenkam war nicht eingeplant gewesen, eigentlich sollte er schon sehr viel weiter sein. Es war hochgradig ärgerlich und er fühlte sich verloren und depserat. Noch hatte er keine Einladung für heute abend ausgesprochen. Das Täubchen schickte sich an ihm verlustig zu gehen, bevor er es noch zur Probe berührt hatte. Er schob also noch ein dringliches und zugleich sanftes "Bitte" hinterher.
    Er wandte sich wieder an den die Hände zur Abwehr erhobenen jungen Mann: "Na wird's jetzt bald? Ich habe meine Zeit nicht gestohlen." Der Blick wanderte zurück zu Tilla Acai.

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