[Akari] Begegnung im bunten Treiben der Stadt

  • Nahe der schönen Stadt Akari, in der Länderei Sindor, hatte Atashkadas Familie bereits am Vortag ihr Lager aufgeschlagen. Akari eine stolze Stadt, bekannt für ihre Gewürze und ihre heißen Quellen, ihre exotischen und bunten Pflanzen - all das und das heitere und gesellige Treiben der Stadt war es, was die Dehoranfamilie sehr zu schätzen wusste. Immer wenn diese Stadt auf ihrer Route stand, war die Freude groß. Es verhieß viel Spaß, gute Geschäfte und nette Bekanntschaften.
    Die berühmten heißen Quellen zogen die Familie zu sehr früher Stunde an. Wie Nebelschwaden hing der Dampf jener über den heißen Teichen, in dem atemberaubend schöne Seerosen ihre Blüten öffneten und das Licht des Tages begrüßten.
    Atashkada glitt in einen dieser Teiche, unweit des Wagenlagers ihrer Familie. Sie genoss es sichtlich, wie sich das warme Wasser um ihren Körper schmiegte, und hätte noch so viel länger darin schwelgen können. Es war kein Vergleich zu den kühlen bis kalten Bächen und Seen, die ihr sonst als Badegelegenheit dienten. Wohlig lehnte sie am Rand des Teiches und plätscherte etwas mit den Füßen, ehe sie sich mit einem leisen Seufzen erhob.
    Denn es war Markt und der sollte heute mit den Erzeugnissen der Familie besucht werden. Die Frauen kleideten sich alle sittsam und in fröhlichen Farben. Atashkada hatte für sich heute die Farbe Grün erwählt. Grünes Haartuch, grüne Bluse, grüner Rock, schwarzes Mieder und Überrock. Ihre 'Schwestern' waren ähnlich gekleidet und ihre Brüder in saubere Hemden, Hosen und Westen. Gemeinsam machten sie, unter guter Stimmung und viel Gelächter, einen speziellen Wagen zurecht. Er sah wahrlich nicht aus wie die bewohnten Wagen der Dehorans. Nicht gleich konnte man ersehen, was er wohl beherbergen mochte, auch wenn man es sich vielleicht mit viel Fantasie vorstellen konnte.
    Sie spannten die ruhigste und liebevollste Mähre, Fala, vor den Wagen. Sie war immer sehr geduldig mit den Leuten um sich herum und liebte es von Kindern bekrabbelt und geherzt zu werden. So ging es zu mehreren mit Pferd und Wagen auf den Markt, in der Stadt. Sie suchten sich eine Aufstellmöglichkeit mit viel Platz davor und auch dahinter. Mit jedem Handgriff konnte man mehr erahnen, was diese Gruppe aufbaute. Und als die halbe Seitenklappe geöffnet wurde, war es eindeutig. Es war eine Bühne, eine kleine Bühne. Noch hing ein schwerer, dunkelroter Vorhang herunter und ließ nur erahnen, was sich hinter jenem abspielte. Hier und da waren Geräusche von sich bewegenden Füßen zu hören oder auch leises Geflüster. Ebenso ein Laut des Schmerzes, nach einem dumpfen Geräusch, welches klang als hätte sich jemand den Kopf angeschlagen.
    Direkt daneben wurde ein kleiner Stand aufgebaut. Jener barg unterschiedlichste Dinge. Handgefertigter Schmuck, geschnitzte Figuren, auserwählte Düfte. Die große Familie brachte eine große Vielfalt mit.
    Hinter dem Wagen stand Fala angebunden und mit Heu und Wasser versorgt.
    Ehe der Vorhang aufging, hatten sich schon reichlich Kinder und andere Leute davor versammelt. Auch die Kinder der Dehoranfamilie konnten sich nicht sattsehen und haben vor dem Wagen einen Randplatz gefunden.
    Leise erklang die Geige von Lio, einem von Atashkadas Brüder. Eine märchenhafte, melancholische Melodie war zu hören. Die Kinderstimmen wurden immer leiser, bis sie langsam endgültig verstummten. Die Melodie spielte leise weiter im Hintergrund, als Keanu in farbreicher Erzählerkostümierung hinter dem Wagen hervortrat. Freudig hieß er alle Leute aufs herzlichste Willkommen und fand sogleich unterstrichen von der Musik seines Bruders in den Einstieg der Geschichte, welche die Bühne sogleich zeigen sollte.

  • Akari. Fanir hatte schon viel über diese bunte Stadt gehört. Das meiste war ausschließlich gut gewesen, viele Menschen, Feste, der Markt... Es gab anscheinend viel, was sie hier bewundern konnte. Wenn sie es denn darauf angelegt hatte.
    Sie war auf der Durchreise, auch wenn sie kein wirkliches Ziel hatte, wollte sie weiter an der Küste bleiben. Bleiben wollte sie nicht, aber so gerne würde sie sich die Stadt ansehen. Schon vor der Stadt bemerkte sie, wie viel hier los war. Viele Menschen drängten sich in die engen Gassen der Stadt, immer darauf bedacht, ihre Waren oder ihr Hab und Gut sicher von einem Ort zum anderen zu bringen, so gesehen war es wie in jeder anderen Stadt. Aber hier schienen die Leute freundlicher zu sein, sie nahmen Rücksicht, was Fanir etwas erstaunte.
    Sie beschloss, einen Platz zu finden, an dem sie sich problemlos und ohne jemanden zu stören setzen konnte und etwas von ihrem wenigen Essen und Wasser zu sich nehmen konnte. Bald war so ein Ort gefunden, anscheinend bauten sie hier gerade eine Bühne auf, Fanir war gespannt, ob sie auch ein paar Artisten oder Schausteller sehen würde! Sie setzte sich an eine Häuser wand und beobachtete das Treiben. Viele Menschen liefen einfach an ihr vorbei, einige warfen ihr ein paar Münzen hin, auch wenn sie gar nicht bettelte. Das tat sie eigentlich selten, aber in so einer freundlichen und fröhlichen Stadt würde es sich wohl entweder sehr lohnen oder keinen Platz finden in den Augen der Menschen. Wie immer trug Fanir heute ihr altes, halb zerrisenes, braunes Kleid, aber sie hatte auch schon Leute gesehen, die in ihren Augen nicht viel schlimmer aussahen.
    Ihr letzter Tagesmarsch zur Stadt hatte sie nicht so sehr ermüdet, dass sie sich jetzt für Stunden hier ausruhen wollte, aber gerade als sie aufstehen wollte, ging das Spektakel an der Bühne los. Die vielen Kinder, die sich schon vorher dort eingefunden hatten freuten sich und klatschten fröhlich. Auch auf Fanirs Gesicht stahl sich ein Lächeln und sie setzte sich wieder bequemer hin, denn das wollte sie nicht verpassen.

  • Der kleine, schwere, rote Vorhang öffnete sich und offenbarte eine wunderschöne, für die Inselbewohner fremde, Landschaft im Hintergrund, gemalt auf einer großen Stoffleinwand. Zu sehen war eine weite Ebene und dahinter ragte eine riesige Felsformation in den Himmel hinein. Die Farben waren so, wie sie von der Oberfläche bekannt waren.
    Als Handpuppen war ein Reiter zu sehen auf einem makellosen Schimmel, er selbst in edle Kleider gehüllt. Die Geschichte begann...unterstrichen mit flackernden Lichteffekten, Musik, dem Erzähler und Handpuppen, wechselnden Hintergrundbildern, ein Schloss, ein Dorf, ein dunkler düsterer Wald. Sowie anderen wunderschönen bemalten Schnitzereien, Pferde, Dorfbewohner, Monster die eine spannende und romantisch-dramatische Geschichte erzählten.
    Es war ein herrliches Zusammenspiel der unterschiedlichen Familienmitglieder und ließ erkennen, dass dies nicht der erste Auftritt war. Bis zum Schluss hin blieb die Geschichte aufregend und das Ende ungewiss. Genau merkte man die angespannte Stimmung, den angehaltenen Atem der Zuschauer, welcher sich in laute Freudenschreie und Jubel entlud, als sich ein glückliches Ende fand. Eine Liebe, wie es sie nur im Märchen gab? Nein es war eine wahre Liebesgeschichte, welche sich nach den Aufzeichnungen der Dehoran so zugetragen hatte und durch ihr Puppenspiel oder Erzählungen nun schon sehr lange überdauerte, ohne verloren zu gehen.
    Immer wieder erfreute sich Atashkada an den glücklichen aufgeregten Kinderstimmen, welche noch lange über die Vorstellung zu sprechen pflegten.
    Alle Mitwirkende kamen hervor und verbeugten und bedankten sich, während es doch zahlreich Münzen in Lios Geigenkoffer regnete.
    So war bereits der komplette Vormittag vergangen und nun wurde der kleine Stand neben dem Wagen umringt. Dort standen bereits Atashkadas 'Schwestern' parat und kümmerten sich um die vielen Fragen und feilschten mit den Leuten um die Preise.
    Während nun die Aufmerksamkeit auf dem Stand lag, kletterte Atashkada zurück in den Wagen. Der Vorhang war noch geöffnet, um mehr Licht in dem Inneren zu haben. Die Dehoran war nun damit beschäftigt die Hintergrundbilder auf Sorgfältigste zusammenzurollen. Sowie die Puppen in kleine Kästchen zurück zu legen. Sie strich die selbst genähten Kleider sorgsam zurecht und bettete jede einzelne der Handpuppen fast wie ein lebendiges Wesen in ihre Kiste. Leise summte sie vor sich hin. "Keine Sorge mein Prinz - Ihr kommt natürlich neben Eure Liebste.", hörte man ihre Stimme erklingen und mit einem strahlenden Lächeln legte sie den Prinzen und die letzte Puppe an ihren Platz. Der Vorhang ging zu und sie kam hervor. Die Klappe des Wagens wurde geschlossen und nun sammelte sie noch etwas Papier auf, welches sich auf dem Zuschauerplatz angesammelt hatte ein.

  • Was für ein Spektkel! Die Menschen kamen aus allen Gassen um das Puppentheater zu bestaunen. Schlussendlich waen es so viele, dass Fanir auftehen musste, um noch etwas sehen zu können. Sie genoss es. Es bot ihr so viel Abwechslung zu ihrem Alltag, den sie meistens in kleinen Städten oder in Wäldern zubrachte. Sie hatte bereits so etwas ähnliches gesehen, aber es war nicht annähernd so gut gewesen wie das hier. Zwischendurch bekam sie immer wieder eine Gänsehaut, so aufregend war es.
    Fanir fand die Geschichte großartig, als es vorbei war, klatschte sie heftig mit und sie merkte, wie sie sehr sie eigentlich lächelte. Wann hatte sie das letzte Mal sich so gefreut, wie jetzt? Sie konnte sich kaum erinnern. Viele der Kinder liefen zu ihren Eltern, um sie nach Geld zu fragen, die auch ihrerseits in ihren Taschen ein paar Münzen suchten. Fanir wurde traurig. Sie hatte kaum Geld, und sie würde es ihnen nicht geben können. Sie beobachtete, wie viele Menschen tatsächlich zu den Wagen gingen und das Geld in einen Geigenkoffer warfen. Sie fühlte sich so ertappt, sie hatte dem Schauspiel beigewohnt, ohne jetzt etwas zurück geben zu können.
    Ohne es wirklich zu bemerken, hatte sie sich von dem Wagen entfernt. Traurig sah sie zu Boden, sowohl, weil es vorbei war, als auch weil sie sich etwas schuldig fühlte. Heimlich, still und leise, wie immer, verschwand sie in einer Gasse.

  • Mehrere Wochen waren seit dem Schiffsunglück ins Land gezogen und Saniya hatte sich mittlerweile von ihrem Schock erholt. Sie lebte! War das nicht das Wichtigste? Nun galt es nur noch, Ihre Familie wieder zu finden. Nun ja ... Eigentlich bestand ihre eigentliche nur aus ihrem Vater und ihr selbst. Aber wenn man dem fahrenden Volk angehörte, brauchte es nicht unbedingt Blutsverwandtschaft, um eine gewisse Familienzugehörigkeit zu spüren.


    Saniya seufzte. Sie vermisste sie alle. Und am meisten ihren Vater. Doch es war ein winzig kleiner Lichtblick, der sie seit Tagen wieder hoffen ließ. Auch hier unten schien es sie zu geben. Leute wie sie, die durch die Länder reisten, um die Welt an ihren Kunststücken zu erfreuen. Und so hatte sie bereits vor Tagen gehört, wie einige Marktverkäuferinnen miteinander tuschelten. Tag ein, Tag aus herrschte auf dem Marktplatz von Nir'Alenar ein reges Treiben und so kamen auch Auswärtige hier an, die den Bürgern der Stadt kund taten, dass Spielleute auf der Reise waren. Man hätte sie in Sindor gesehen. Sicher würde es nicht mehr lange dauern, bis sie auch das Land Anorea erreichen würden.


    Das waren Informationen, bei denen Saniya kein Halten mehr fand. Sie konnte und wollte nicht einfach in ihrem kleinen Zimmerchen, das ihr als notdürftige Unterkunft diente, sitzen und darauf warten, dass das fahrende Volk endlich in Nir'Alenar ankam. Nein! Mit einem schnellen Pferd würde sie ihnen mitunter schneller begegnen, wenn sie ihnen entgegen reiten würde. Es hatte sie kostbare Zeit gekostet, alleine auf dem Marktplatz genügend Einnahmen mit ihren akrobatischen Kunststücken zu erzielen, um sich ein Pferd leisten zu können.


    Und nun war es endlich so weit. Die Hufe ihres Reittieres klapperten regelmäßig über die Pflastersteine der Stadt Akari, während leise Geigentöne und Stimmengewirr an ihre Ohren drangen. Ein Lächeln zeigte sich auf Saniyas Gesicht. Sie war da! Rasch stieg Saniya von ihrem Pferd und schritt zu Fuß weiter.

  • Erneut war das Geigenspiel ihres Bruders zu hören und Atashkada konnte gerade einmal drei Papierfetzen einsammeln, ehe sie von Kindern umringt stand. Sie belagerten sie mit Berichten, was ihnen besonders gut gefallen hatte, sowie mit neugierigen Fragen und Atashkada genoss es immer wieder aufs Neue sich ihnen zu stellen. Still wünschte sie sich, in ferner Zukunft natürlich, auch einmal eine eigene Familie mit reichlich Kindern zu gründen. Während die Fragen nun reichlich auf sie niederregneten, schweifte ihr Blick über den weiträumigen Platz, welchen sie sich erwählt hatten. Die meisten der Erwachsenen waren an den Stand weitergezogen, um zu sehen, was sie an Verkaufsgut zu bieten hatten oder hatten sich anderen Ständen zugewandt. Aber dann sah sie einen roten Schopf, der zu einer Frau gehörte - schätzte sie. Die Kopf- und Körperhaltung sahen irgendwie nicht sonderlich fröhlich aus, wie sie sich in eine schmale Gasse davon stahl. Atashkada sah ihr grübelnd hinterher. Ob ihr das Ende oder die Geschichte an sich nicht gefallen hatte? Oder ob sie etwas Schwerwiegendes bedrückte? Große Sorgen? Diese Geschichten sollten doch jedermann erfreuen, egal ob arm oder reich. Jeder war bei ihnen willkommen, sofern er ehrlich und guter Absichten war.
    Die Kinder zogen an ihren Röcken und wiederholten die überaus dringlichen Fragen, die beantwortet werden sollten. Atashkada schob die Gedanken beiseite, lächelte die Kinder fröhlich an und nickte eifrig dabei. Die Dehoran raffte die Röcke etwas und begab sich auf Augenhöhe zu den kleinen Quälgeistern. Sie beantwortete was sie zu beantworten vermochte, bis sich das Gedränge um sie herum langsam löste und vollends aufgelöst hatte. Leise summend zu der Melodie setzte sie erneut an, um den Platz vor ihrem Wagen von dem liegenden Papier zu befreien.

  • Viele Menschen kamen ihr entgegen, es kam Fanir vor, als würden sie alle zu dem Platz laufen, den sie so schnell wie möglich verlassen wollte. Nicht nur das sie sich schuldig fühlte, weil sie den Puppenspielern nichts geben konte, nein, sie hatte sich so glücklich gefühlt. Und das war gefährlich, denn in ihrem Leben gab es nicht viel, was sie glücklich machte. Und wenn sie nun mal dieses Gefühl hatte, wer konnte ihr sagen, wie lange es halten würde? Genau, niemand. Deswegen fühlte sie am liebsten keine Freunde, man wusste schließlich nie, wie süchtig man davon wurde und vor allem, wann man es das nächste mal fühlen würde.
    Fanir verließ so schnell sie konnte die Stadt. Sie musste sich noch ein sichers Plätzchen für die Nacht suchen und das wäre in der Stadt kaum möglich, wenn man allein die Nachtwache bedachte. Trotz der vielen Menschen war sie schnell aus Akari raus, so groß war es nicht. Am Wegesrand standen ein paar Bäume, Fanir hatte auch gehört es gäbe heiße Quellen, doch dahin zog es sie nicht. Sie lies sich am Stamm eines der Bäume nieder und beobachtete die Menschen. Sie versuchte mit ihren eigenen Gefühlen zurecht zu kommen, leichter gesagt als getan.

  • Einen Arm sanft um den Kopf ihres Reittieres gelegt, näherte sie sich mit schnellen Schritten dem Platz, an dem sich so viele versammelt hatten. Saniyas Müdigkeit war wie weg geblasen. Sie hatte Schlaf nach zu holen. Sehr viel Schlaf. Doch nun waren andere Dinge wichtiger. Ihr Herz klopfte schneller und schneller, je mehr sie sich dem Gedränge näherte. Ein roter Haarschopf huschte an ihr vorbei. Wohl die Einzige, die es fort zog. Doch Saniya wunderte sich nicht weiter darüber und schritt beständig weiter ihres Weges.


    Das Geigenspiel wurde lauter und nun, wo sich die Menge lichtete, konnte Saniya einen Blick auf den Spieler erhaschen. Leider kam ihr das Gesicht keineswegs bekannt vor. Doch bevor sie es zu ließ, dass sich Enttäuschung in ihr ausbreitete, wollte sie weiter nach forschen. Vielleicht haben sich einfach neue Spielleute zusammen gefunden. Womöglich hatten nicht alle ihrer Truppe das Schiffsunglück überlebt und sie hatten sich hier unten anderen Artisten angeschlossen.


    Dann viel Ihr Blick auf eine junge Frau, die es wohl soeben geschafft hatte, sich von einer Horde kleiner Kinder los zu eisen. Ein kleines Lächeln huschte über ihr Gesicht, kamen ihr solche Szenen doch nur all zu bekannt vor. Doch leider entdeckte sie auch in der jungen Frau kein bekanntes Gesicht. Eine Weile beobachtete sie stumm, wie sich die Fremde anschickte, Papierschnipsel vom Boden zu entfernen und fragte sich, ob sie einen Versuch wagen sollte.

  • Es war keine schwere Arbeit die Atahkada auf dem recht freien Platz verrichtete. Der Jutebeutel füllte sich während der Boden vom Abfall befreit wurde.
    *Klack ... Klack ... Klack ...* Ein vertrautes Geräusch mischte sich in die Melodie der Geige und der Stimmen in naher Umgebung. Die Hufe eines Pferdes, welches auf den Pflastersteinen lief. Nicht ungewöhnlich für eine Stadt und ebenso gewöhnlich für einen Tag an dem Markt war. Vergnügt summte sie weiter.
    Nach einer Weile fühlte Atashkada sich irgendwie beobachtet und wand sich um. Ganz in der Nähe erblickte sie eine Frau mit weißem Haar. Es wirkte zerzaust, als hätte sie einen langen Ritt hinter sich. Müde sah sie auch aus, ebenso wie das Pferd, welches sie begleitete. Sie musterte es interessiert. Die Augen der Dehoran kehrten zurück zu der Frau mit der hellen Haut und weißem Haar. Fröhlich und freundlich lächelte sie sie an. Ob sie das Stück gesehen hatte? Oder ob sie auf der Suche nach etwas war? Atashkada machte eine einladende Geste in Richtung des Standes, wo sie und ihre Familie diverse Dinge darboten. "Seid gegrüßt! Kommt doch ruhig näher. Und seht Euch gern um.", bot sie offen lächelnd der Fremden an.

  • Aus dem kleinen Beutel, den Fanir bei sich trug, nahm sie etwas zu essen heraus, viel war es nicht, ein Stück Brot und ein Stück Trockenfleisch. Satt werden würde sie vermutlich nicht, aber besser als nichts.
    Sie überlegte, wohin es sie wohl als nächstes verschlagen würde. Vielleicht hätte sie sich in der Stadt umhören müssen, oder nach einer Karte fragen. Sie wusste nicht wirklich wo sie war und da sie kein wirkliches Ziel hatte war es ja auch eigentlich egal. Gerne würde sie weiter am Meer entlanglaufen, sie mochte das Rauschen desselben und für ihre Planung war es wichtig zu wissen, wie lange sie keine Stadt mehr sehen würde, in der sie ihr weniges Geld in Essen tauschen könnte. Fanir überlegte, sollte sie es wagen, noch einmal in die Stadt zu gehen? Vielleicht sogar zu den Spielleiten, sie kannten sich bestimmt in der Gegend aus. Ehe sie sich besann, hatte sie ihr Hab und Gut wieder eingepackt und machte sich auf den Rückweg, vielleicht waren die Spielleute ja noch auf dem Platz.

  • Sie hörte auf damit, den Platz von herumliegenden Schnipseln zu befreien. Saniya blieb stehen. Sie hatte sie bemerkt. Kurz zögerte die Cath'Shyrr, dann beschloss sie, sich der Fremden zu nähern. Nun, da diese sie ohnehin schon angsprochen hatte, konnte sie einen Versuch wagen.


    So lächelte auch Saniya, als sie sich der Dunkelhaarigen und dem Stand näherte, das Reittier mit sich führend. "Seid gegrüßt", antwortete sie, schenkte dem Stand allerdings nur kurze Beachtung. Auch dort schien ihr niemand bekannt. "Sagt ... Ihr kennt nicht zufällig Elija?", richtete sie unsicher ihre Frage an die Fremde. "Er ist ungefähr so groß ..." Saniya führte eine Hand über ihren Kopf um anzudeuten, wie groß besagter Eija ungefähr war. "Lange schwarze Haare. Ein sehr talentierter Messerwerfer".

  • Die hellhäutige Fremde trat tatsächlich näher und besah sich nur kurz die dargebotenen Dinge des Standes. Aber sie hatte anders auf dem Herzen, suchte jemanden Namens Elija. Atashkadas Blick wurde nachdenklich blieb aber freundlich. "Elija?", wiederholte sie leise fragend. Atashkada grübelte einige Momente über die genannte Beschreibung nach. Sie und ihre Familie waren schon so einigen schaustellerischen Künstlern über den Weg gelaufen. Und noch mehr Leuten die ganz anderen Tätigkeiten nach gingen. Auch waren sie des öfteren mit unterschiedlichen Schaustellern schon gemeinsam gereist. Es war bei ihresgleichen so üblich, man schloss sich zusammen wenn nichts dagegen sprach und irgendwann gehörten sie sogar zur Familie. Aber auch kamen sie oft untereinander in Gespräche ohne die Namen oder Talente zu kennen, da eine Vorstellung die nächste gab. "Ich habe den Namen sogar schon hier und da gehört, aber könnt Ihr den von Euch Gesuchten noch etwas genauer beschreiben?", bat sie freundlich. Denn die aktuelle Beschreibung war schon etwas allgemein und um sich sicher sein zu können benötigte sie etwas mehr an Details.

  • Die Stadt schein sich noch nicht wirklich geleert zu haben, immer noch wuselten Menschen von hier nach dort, als Fanir ankam. Sie suchte sich eine ruhige Ecke und nahm dann ihr Geld heraus. Viel war es nicht. Eigentlich viel zu wenig, besser als nichts, doch das war auch alles, was man dazu sagen konnte. Sie seufzte. Gerne würde sie irgendwo arbeiten, aber sie konnte nicht. Sie konnte niemanden fragen, ob er sie einstellen würde, dazu würde sie sich wirklich nicht überwinden können. Egal wie nötig sie das Geld hatte.
    Sie war wieder auf dem großen Platz, auch hier herrschte noch ein buntes Treiben, auch wenn die Leute nicht mehr stillstanden um das Theater zu sehen. Aber die Schausteller waren am zusammenpacken, das konnte sie sehen. Sie versteckte sich hinter einer Seitengasse. Sie hatte doch nicht den Mut hinzugehen. Sie linste kurz um die Ecke, nur um eine der Schaustellerinnen mut einer anderen Frau reden zu sehen. Dann lies sie sich wieder zurückfallen und schloss die Augen. Wie schaffte sie es eigentlich weiterzumachen, wenn sie nie auf die Leute zuging? Ja, auf die Frage hätte sie auch gerne eine Antwort.

  • Die Fremde Frau schien zu überlegen. Womöglich kannte sie ihn tatsächlich? Saniya schöpfte ein wenig Hoffnung. Doch dann wollte sie genaueres wissen. Natürlich! Es gab gewiss nicht nur einen Elija auf der Welt und Saniyas Beschreibung war doch sehr spärlich ausgeschmückt.


    "Nun", begann sie. "Elija und ich gehörten einst dem fahrenden Volk an. Wir lebten oben". Sie zeigte mit dem Finger in Richtung der Kuppel. "Er war wie ein Bruder für mich. Doch dann erlitten wir Schiffbruch, ich bin hier gestrandet und suche nun meine Familie", fasste sie kurz ihre Vorgeschichte zusammen. "Als ich hörte, dass fahrendes Volk unterwegs ist, machte ich mich sofort auf den Weg in der Hoffnung, es handelt sich um meine Truppe. Doch nun zu Elija. Er ist ein Tua'Tanai, dessen Patentier eine Schlange ist. Die Haare bindet er meistens mit einem Lederband zusammen. Er ist sehr braun gebrannt und hat honigfarbene Augen. Ungefähr einen Kopf größer als ich und sehr schlank. Und wie gesagt ... ein hervorragender Messerwerfer. Und meinen Vater suche ich auch. Rakal heißt er. Er hat sich auch um Elija gekümmert, als wäre er sein Sohn, denn Elija hatte außer uns niemanden". Sie seufzte. So wie ich jetzt niemanden mehr habe, fügte sie in Gedanken hinzu. Saniya wusste nicht, ob die junge Frau mit dieser Beschreibung etwas anfangen konnte und ob sie überhaupt das alles wissen wollte.

  • Sie kam von oben? Unwillkürlich folgten die groß gewordenen Augen der Dehoran dem ausgestreckten Finger ihrer Gesprächspartnerin. Schiffbruch.. Tiefes Mitgefühl stand Atshkada bei der Geschichte der hellhäutigen Frau ins Gesicht geschrieben. Und sie lauschte jedem ihrer Worte mit großer Aufmerksamkeit. Wie schrecklich es sein musste seine gesamte Familie zu verlieren ........ Sie wollte nicht einen der Ihren missen. Aber sie wollte helfen, wenn sie es vermochte. Atashkada überschlug im Kopf die ihr bekannten Gesichter und Namen, vielleicht nannten sich die beiden Vermissten nun auch anders...? Auch wenn sie sich das nicht so recht vorstellen konnte, aber sicher war sicher. Die Insel war nicht vergleichbar in der Größe mit den Kontinenten der Oberfläche und dennoch groß genug um nicht alle Leute zu kennen, welche auf ihr lebten. Das Mitgefühl in ihren Augen wich nicht. "Leider schaffe ich es nicht den Namen und ein Gesicht miteinander in Verbindung zu bringen.", sagte sie mit bedauerndem Kopfschütteln. "Was aber nichts heißen muss." Sie lächelte die junge Frau aufmunternd an. Sie war so weit geritten um ihrer Hoffnung nach zu gehen. Atashkada wollte da noch nicht aufgeben. "Hört, Ihr und Euer Pferd seht so aus als ob ihr einen Platz gebrauchen könntet um euch zu erholen. Was haltet Ihr davon wenn Ihr mit meinen Geschwistern und mir in unser Lager kommt. Einige meiner Schwestern sind sehr geschickte Malerinnen und haben so einige unsers Volkes gemalt. Vielleicht hat eine von ihnen Euren Vater oder Elija gezeichnet...oder erinnert sich vielleicht sogar?", schlug die Dehoran der Frau vor und lächelte sie aufmunternd an. Kurz ließ sie ihre Augen über ihre Geschwister, welche langsam auch zusammen packten und auch die nähere Umgebung gleiten. Einen flüchtigen Moment blieb ihr Blick an ein paar wirren roten Haarsträhnen hängen, sie sahen aus wie jene der Frau?, welche sich rasch entfernt hatte zuvor...? Sie verschwanden erneut aus ihrem Sichtfeld. So kehrte ihre Aufmerksamkeit wieder zu ihrer Gesprächspartnerin zurück und sie sah sie fragend an.

  • Sie atmete durch. Komm, Fanir, dass schaffst du. So schwer ist es doch nicht, rüberzugehen und zu fragen ob sie eine Karte haben und ob du sie dir kurz ansehen kannst, sagte sie sich selbst. Leider schien es ihr unmöglich.
    In ihr war wie eine Kraft, die sie an der Wand hielt, sie konnte sich nicht dagegen wehren. Was würden die Leute auch von ihr denken, wenn sie einfach so darüber ging? Mit irgendeinen fadenscheinigen Grund? Am Ende würden sie denken, dass sie betteln wollte und das war ja komplett falsch.
    Wieder linste sie um die Ecke. Gut, du schaffst das. Augen zu und durch, so schwer konnte es nicht sein, oder? Ihr Herz schlug ganz schnell, sie konnte sich an keine Gelegenheit erinnern, wann sie das letzte Mal so aufgeregt gewesen war. Langsam näherte sie sich der Dheoran und der Cath'shyyr. Bis sie plötzlich fast neben ihnen stand. Sie bakam die letzten Worte der Dheoran mit. Es wurde wohl eine Person gesucht. Nun, mit solchen Informationen konnte Fanir nicht dienen. Meistens war sie für sich allein unterwegs, ohne irgendwelche Menschen. So wie sie jetzt eigentlich auch lieber allein gewesen wäre.

  • Natürlich hatte sie kein Glück. Wie denn auch? Es grenzte schließlich an Wunder, dass sie selbst überhaupt noch lebte. Deshalb erwiderte sie das Lächeln der Dunkelhaarigen."Ach es macht nichts. Ich habe mich nur einmal mehr in etwas verrannt", gab sie seufzend zu.


    Und dann machte die Fremde einen Vorschlag, der Saniya das Herz erwärmte. "Oh ich wäre Euch überaus dankbar"lächelte sie zurück und freute sich bereits auf das Lager. Wie hatte sie es vermisst? Auch, wenn das hier eine andere Truppe war, so erkannte Saniya doch jetzt schon Ähnlichkeiten, wenn sie sich auf dem Platz umsah und den Leuten beim Zusammenpacken zu sah.


    So blieb ihr Blick an einer Frau mit roten Haaren hängen, die fast neben ihnen stand. "Gehört Ihr auch dazu?", erkundigte sie sich freundlich bei ihr.

  • "Ich würde wohl auch jeder Spur nachgehen, wenn ich an Eurer Stelle wäre.", sagte Atashkada mit echter Anteilnahme zu ihr. Wie sollte man auch nicht, nach so einem Schicksalsschlag? Lohnte da nicht jeder Schritt und jeder Ritt um Sicherheit zu erlangen?
    Über das unterbreitete Angebot schien sich ihr Gegenüber sichtlich zu freuen. Es erhellte sogleich ihr Gesicht, stellte Atashkada erfreut fest.
    Von weiter her, schon aus den Augenwinkeln, sah sie erneut den roten Schopf, der ihr schon zuvor aufgefallen war und jetzt bewegte er sich tatsächlich auf sie zu.
    "Ihr seid uns sehr willkommen.", sagte sie zu der Weißhaarigen.
    Mittlerweile war die zarte Gestalt mit den roten Haaren nah genug, um sie in normaler Lautstärke anzusprechen. Freundlich und offen sah Atashkada sie an. Eine Narbe zierte ihr Gesicht, stellte sie fest, aber ohne an jener mit den Augen hängen zu bleiben. Ihre Kleidung hatte auch schon bessere Tage gesehen und sie sah so aus als könnte sie einige große Portionen an Essen vertragen. Was wohl ihre Geschichte war?
    Die junge Frau mit dem Pferd hatte sie auch bemerkt und bereits angesprochen. "Seid gegrüßt.", hieß sie auch die Rothaarige willkommen und lächelte offen. "Wollt Ihr Euch noch umsehen?", fragte sie und bedeutete ihren Geschwistern mit einer unauffälligen Geste, mit dem endgültigem Einpacken noch zu warten... "Wir sind Dheoran aus dem Feuer des Nelio. Und mein Name ist Atashkada.", stellte sie sich beiden Frauen dann endlich vor.

  • Fanir wurde rot. Sie wurde doch tatsächlich angesprochen. Jetzt gilts, dachte sie bei sich. Aber was sollte sie denn sagen? Die beiden fremden wirkten so viel mehr als sie, als wäre sie ein niemand. Der sie ja auch war. Sie atmete durch.
    "Guten Tag", sie vesuchte sich an einem lächeln, was ihr sogar etwas gelang. Sie fühlte sich gleich etwas wohler. Zumal die Frau, die sie angesprochen hatte auch so ein warmes lächeln hatte. "Ich habe mich gefragt, ob Ihr vielleicht eine Karte der Gegend habt?" Zu mehr traute sie sich nicht. Und in ihrer Aufregung vergaß sie ihren Namen zu nennen. Aber die meisten Leute interessierten sich eh nie dafür.

  • Die Fremde zeigte echtes Mitgefühl. Natürlich. Sie war vom fahrenden Volk und konnte sich gewiss sehr gut in Saniya hinein versetzen. Wenn vor Jahren jemand vor Saniya gestanden hätte und ihr so so etwas erzählt hätte, wäre es ihr gewiss ähnlich ergangen.


    Doch dann richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf dien Neuhinzugekommene. "Eine Karte sucht Ihr?" Saniya ging zu ihrem Pferd und kramte eine Weile in der Satteltasche herum, bis sie mit einer mittlerweile recht abgenutzten Karte wieder zu Fanir trat. "Hier ... Auf dem Weg hier her hat sie mir gute Dienste geleistet. Aber sagt ... Was ist Euer Ziel?"

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