Eleria Anuriels Turm (alt)

  • "Oh Sicil..."


    Die Magierin erhob sich von ihrem Sessel und trat an die Mauer ihres kristallenen Turmes, um nach draussen über die Stadt zu blicken, die sich zu allen Seiten von ihm ausgehend ausbreitete und über der die Stille der Nacht wie ein schweres, dunkles Tuch lag. Doch ihre Augen schienen weiter in die Ferne zu blicken, als der Nachtelf ihr zu folgen vermochte und es dauerte einen langen Augenblick, bis sie sich wieder zu ihm umwandte.


    "... niemand vermag es, die Bürde mit mir zu tragen, die auf mir lastet. Denn zu diesem Zweck wurde ich geboren und an dieses Leben gebunden, dessen Ende niemand vorherzusehen vermag. Es ist meine Aufgabe alles zu sehen, was auf dieser Insel geschieht. Jedes Leid zu erleben, jedoch auch die Freude, die ihr inne wohnt. Kein Sterbliches Wesen vermag es, dies mit mir zu teilen."


    Für einen Moment wanderten Elerias Gedanken in die Vergangenheit ihres langen Lebens, zu der Liebe, die sie erlebt hatte und die ihr genommen worden war. Zum Untergang Beleriars, den sie an der Seite ihrer Mutter erlebte, als die Götter auf Beleriar ihren eigenen Krieg ausfochten und der für immer Wunden auf ihrer Seele hinterlassen hatte.


    "Ein langes Leben birgt vieles in sich. Gewinn, Weisheit... und auch den Verlust. Und manchmal werden diese Wunden niemals geheilt, da sie zu tief sind, um sich schließen zu können. Doch sorgt euch nicht um mich."


    Ein Lächeln wischte für die Dauer eines Wimpernschlages die Melancholie von Elerias Gesicht, so als sei ein unsichtbarer Schleier gefallen.


    "Und wenn ihr etwas gut machen möchtet, dann gebt euch nicht der Dunkelheit und dem Selbstmitleid hin, sondern kämpft für das Licht in eurem Herzen. Das wäre mir mehr als genug und das größte Geschenk, das ihr mir machen könntet."

  • Sicil sah ihr gebannt zu, versuchte die Tiefe zu erahnen, die Eleria ihm gerade zeigte. Er stand auf, ging etwas im Raum herum. Als sie sagte was es ausmachte ein langes Leben zu führen, konnte Sicil nur nicken. Er wußte im Ansatz wovon sie sprach, doch wenn er sein Leben als Maß nahm, war Elerias Leben um ein vielfaches Länger und Sicil konnte nicht anders, als sie zu bewundern, die jeden Tag wieder aufstand, in ihrem Turm verweilte, alles wusste, was in Beleriar vorging und dennoch nicht verzagte, nicht zweifelte. Er konnte nicht anders als sie bewundern und musste sich zusammenreissen,nicht zu ihr zu gehen und sie in die Arme zu nehmen, wie es Freunde tun würden, ihr wenigstens für den Moment zu versuchen etwas Halt zu verschaffen, der nicht aus ihrer eigenen Kraft kam. Diese Anwandlung ließ ihn ein wenig blöd da stehen, nicht wissend, ob er näher kommen konnte, oder ob er es lassen soll, unentschieden.


    "Ich verspreche euch, dass ich nicht fallen noch mich beugen werde, ich werde mich grämen, aber ich werde es überstehen und ich werde mich nicht ändern. Anpassen an die Situation, ja, aber ändern nicht. Auch nehme ich euren Rat zu Herzen und lasse die Göttin in Ruhe, auch wenn es mir schwer fällt, denn zu meiner Sehnsucht, liegt jetzt noch ein Schmerz in meinem Herzen. Elayia hatte es geschafft meinen Panzer zu durchdringen und mich dazu gebracht zu vertrauen und nicht die entschidungen vorweg zu nehmen. Nun hat sie dafür bezahlen müssen und ich bilde mir ein, ich sei der Grund. Der Panzer bildet sich wieder und nun wird es noch schwerer werden ihn zu durchdringen."


    Er sah hilflos auf seine Hände


    "Ein weiterer Grund euch helfen zu wollen ist der Egoistische Gedanke, dass ich mich dann nicht mit meinen Problemen beschäftigen muss. Auch euer Blick rührt etwas in meinem Herzen, deshalb ist die Statuette frei der Melancholie, die euer Gesicht beherrscht ausser in den Momenten, in denen ihr so herzlich lacht oder kraftvoll lächelt."

    '...by the pricking of my thumbs, something wicked this way comes...'
    William Shakespeare, Macbeth (IV, i, 44-45)
    "Life is Honour. It Ends when Honour Ends"
    Akinwande Oluwole Soyinka, Death and the King's Horseman
    Initiative für mehr :hug:

  • "Wenn ihr von dem Wunsch, zu helfen, beseelt seid, Sicil - warum bietet ihr eure Hilfe dann nicht all jenen an, die eurer Hilfe bedürfen? So viele Wesen dort draussen sind allein und ohne eine helfende Hand. Ohne jemanden, der für sie da ist und sie schützt. Warum nutzt ihr die Kraft eurer Klinge und eures Talentes nicht, um jenen zur Gerechtigkeit zu verhelfen, die niemanden haben, der für sie eintritt?"


    Eleria wandte sich von der Stadt ab und blickte den Nachtelfen aus ihren blauen, undurchdringlichen Augen an. Sie verstand seinen Wunsch ihr zu helfen - doch es gab kein Wesen auf Beleriar, das dies vermochte. Und überdies trug sie ihre Bürde aus freien Stücken und folgte damit dem Weg, den sie beschreiten musste.


    "Und Elaiya hat ihren Preis aus Liebe bezahlt. Aus ihrer Liebe zu euch und aus freien Stücken. Verratet nicht das, was sie für euch getan hat, indem ihr zu einem kalten, einsamen Wesen werdet. Euer Schicksal liegt allein in eurer Hand und folgt euren Entscheidungen."


    Wenige Schritte trugen sie durch den Raum zu dem Platz vor dem Kamin und beinahe liebevoll strich die Hand über die Lehne des Sessels, in dem sie an so vielen Tagen saß und der schon so manchen Besucher erblickt hatte. Der Nachtelf erinnerte sie an einen anderen Besucher, der eine ebenso zerrissene Seele sein Eigen genannt hatte und der vor nicht allzu langer Zeit ebenfalls mit ihr in diesem Raum verweilt hatte. Sicil kannte ihn, nicht wissend, daß beide ein ähnliches Schicksal verband, daß beide von der gleichen Göttin heimgesucht worden waren, die ihr Leben beeinflusste.


    "Und glaubt mir, das Blut der Göttlichkeit fließt durch meine Adern - ich bin nicht leicht zu verletzen. Doch es gibt so viele Wesen, denen diese Gabe nicht geschenkt worden ist und die euch wirklich brauchen."


    Ein leichtes Lächeln begleitete ihre Worte, während sie wieder auf dem Sessel nieder sank und den Nachtelfen dazu einlud, es ihr gleich zu tun und sich ebenfalls zu setzen.

  • 'All jene, die eurer Hilfe bedürfen....'
    Die Worte hallten in Sicil's Ohren wieder und sein Tatendrang wurde geweckt. Er setzte sich neben Eleria und sah sie an, díhr Lächeln entlockte ihm seinerseits auch ein Lächeln und er lehnte sich zurück und genoss den Moment der Stille.


    "Darf ich den Sonnenaufgang sehen?"
    fragte er unvermittelt.
    "Ihr wisst, dass ihr mir eine Droge gezeigt habt, der nur schwer zu widerstehen ist. Ihr zeigtete mir das, von dem ich dachte,es würde mich töten, wenn ich es sehe, doch hier, bei euch", Sicil blickte ihr in die Augen, "Kann ich meiner Sehnsucht nachgeben, kann mir erlösung holen für einen kleinen Moment, bevor ich wieder verschwinden muss. Ich leugne nicht den selbstzweck meiner Besuche, wer wäre ich wenn ich es tun würde, doch auch eure anwesenheit gibt mir Ruhe in meinem Inneren, euer Strahlen und eure Zuversicht tilgen meine Zweifel."


    Sicil legte die Fingerspitzen aneinander und schloss die Augen, der Mond stand am Firmament, aber der Morgen war nicht mehr fern.
    "Ich habe eine Idee!"
    Sicil ging auf die Terasse, die an den Raum anschloss, kniete sich nieder und konzentrierte sich mit geschlossenen Augen. Er faltete seine Hände als wolle er Wasser schöpfen, dann sah mann feinen glänzenden Nebel, der aus der Luft in Richtung seiner Handflächen zog. In seinen Händen wirbelte der Nebel umeinander und verdichtete sich zu einer leuchtenden, glänzenden Masse. Die Konzentration und Anstrengung trieben Sicil den Schweiß auf die Stirn, Nach 15 Minuten war es vorbei und der Wirbel zur ruhe gekommen. Entstanden war eine ovale maske, die eine leichte aushöhlung dort hatte, wo die Nase saß. Er kam herein und präsentierte es Eleria indem er die Maske vor ihr aufsetzte.


    "Was denkt ihr? Ihr seid die einzige der ich zeigen werde, was unter dr Maske ist. Ihr habt es immerhin vorgeschlagen."


    Seine Stimme klang hohl und war nicht mehr zu erkennen. Er zog sich seine Kapuze über und präsentierte sich.

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  • "Natürlich dürft ihr das... wann immer ihr wollt. Meine Tür steht euch offen, wenn die Nacht euch das Licht verwehren möchte."


    Elerias feine Brauen zogen sich über ihrer Nase zusammen, während sie versuchte, den verborgenen Sinn hinter den Worten des Nachtelfen zu erfassen. Sie hatte etwas in ihm ausgelöst, daran gab es keinerlei Zweifel. Doch um was genau es sich dabei handelte, konnte die Tochter Eriadnes noch nicht ergründen.
    Doch Sicil schien wie ausgewechselt. Die Melancholie und die Bitterkeit waren verschwunden und hatten etwas anderem Platz gemacht. Tatendrang und Begeisterung für etwas.


    Fasziniert beobachtete sie das Schauspiel, das vor ihren Augen abspielte, immer wieder erstaunt über die Kunstfertigkeit der Nachtelfen und das Talent, das Licht der Sterne in eine feste, schimmernde Form zu bringen. Eine Gabe der Liaril, die einzig ihre verlorenen Kinder damit beschenkt hatte, um ihnen etwas zu geben, das keines ihrer anderen Kinder zu vollbringen vermochte. Es war ein schwacher Trost für den ewigen Verlust des Lichtes, doch die Sternenmutter hatte es nicht vermocht, Shirashais Einfluß auf die Nachtelfen ungeschehen zu machen. Keine Gottheit Niel'Anors, und sei sie noch so mächtig, konnte sich einfach der Macht eines anderen Gottes widersetzen und Shirashai war eine der sechs Hohen. Ihr Fluch war nicht leicht zu brechen.


    Als der magische Vorgang beendet war, hielt der Nachtelf eine Maske in den Händen. Eine Maske, die sein Gesicht vollkommen verbarg und die, wie das Licht der Sterne selbst, über seinen dunklen Zügen funkelte und schimmerte, sie damit gleichsam auslöschte.
    Fragend blickte sie ihn an, noch nicht sicher darüber, wie sie diesen plötzlichen Wandel und seine Eingebung einzuordnen hatte. Es gelang ihr nicht sofort, darin etwas zu erkennen, das sie vorgeschlagen hatte.


    "Ihr möchtet euer Gesicht verbergen, Sicil? Wozu?"

  • Sicil verbarg seine Konturen mit seinem Umhang und wurde zu einer Mondhellen Nacht, der Körper war unter dem weiten Umhang nicht zu erkennen, das Gesicht, oder wo es hätte sein sollen war die Maske, die den Blick auf sich zog und die Bewegungen des Körpers ein wenig verschleierte.


    "Ihr sagtet, ich solle meine Kraft einsetzen um anderen zu helfen." Sicil's Stimme war ein besseres Flüstern, und die Maske verzerrte es so vollständig, dass man seine Stimme nicht erkennen konnte und auch nicht lokalisieren, "Glaubt ihr verschreckte Menschen und auch die anderen Rassen, die getrieben sind von Vorurteilen lassen sich helfen von einem Wesen, dass die Vorurteile der anderen Wesen in die wiege gelegt bekommt? Nein, wenn ich meine Fähigkeiten ensetze, dann werden die anderen nicht wissen von wem die Hilfe kommt. Ich werde helfen, es mir aber nicht auf die Fahne schreiben, abgesehen davon, dass man es eh nicht glauben würde, dass ein Nachtelf den Wesen in Not beisteht."


    Er setzte die Maske ab, legte seinen Umhang ab und setzte sich wieder hin.


    "Ich muss bei Brennan weiterarbeiten. wenn die Sonne aufgegangen ist, werde ich mich wieder auf den Weg zu ihm machen, sonst befiehlt er e mir aufgrund der Rubine. Ich habe gemerkt, dass ich selbst von Vorurteilen zerfressen bin, doch meine Vorurteile richten sich gegen die Anhänger Shirashais. Eine Valisar hat versucht mir zu erklären, ich begebe mich selbst in die Rolle des Opfers um meine eigene Sicht auf die Dinge nicht überdenken zu müssen. Sie hat mich zum nachdenken gebracht. Obwohl mir bei Brennan und dieser Frau aufgefallen ist, dass sie mich ebenfalls in ein Schema pressen wollen, ohne mit mich verstanden zu haben."


    Sicil seufzte


    "Ich stehe erst am Anfang...helft ihr mir? Helft mir mich selbst zu finden, der anfang ist gemacht, doch ich glaube der Weg ist noch lange und beschwerlich.."

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  • "Ihr würdet euch wundern, was die Wesen Beleriars zu glauben fähig sind, Sicil. Und ihr seid nicht der erste Vertreter eurer Art, der sich einer solchen Aufgabe verschrieben hat. Die Nachtelfen werden von all jenen nicht gemieden, die sich der Wahrheit anstelle des Aberglaubens und der Vorurteile verschrieben haben und ihre Zahl ist höher, als man denken würde."


    Eleria lächelte milde und auf gewisse Weise auch ermutigend. Natürlich hatte er Recht - diejenigen, die einen Nachtelfen aufgrund ihres Makels ablehnen würden, waren in der Überzahl. Und sie würden eher schreiend vor einem von ihnen davonlaufen, anstatt sich helfen zu lassen.
    So nickte sie also zustimmend - sein Plan hatte durchaus einen gewissen Reiz und er würde ihn davon abhalten, in seinem Elend zu ertrinken und sich in die Dunkelheit fallen zu lassen.


    "Natürlich werde ich euch helfen, Sicil. Was immer ich für euch tun kann, soll geschehen. Geht hinaus und werdet zum Hüter und Helfer derjenigen, die eurer Hilfe bedürfen. Und vielleicht werdet ihr sogar Freunde finden - auch wenn ich euch warnen muss. Ihr werdet den Mächten der Dunkelheit ein Dorn im Auge sein. Und damit meine ich keineswegs allein Shirashai. Denn bedenkt, daß sie nicht der einzige Quell der Dunkelheit auf Niel'Anor ist. Manche Dunkelheit ist schwerer zu durchblicken und düsterer als eine Nacht ohne Mond und Sternenschein."


    Ja, der Weg des Nachtelfen würde nicht einfach sein. Er war steinig und voller Gefahren, denn es würde kaum viel Zeit in Anspruch nehmen, bis er damit den Plan einer der Mächte Nir'alenars durchkreuzen würde. Und sicher würden dann alle Mittel aufgebracht werden, um ihn zur Strecke zu bringen.

  • Sicil fühlte sich bestätigt und nickte der Edlen Frau zu, dass er anerkannte, was sie ihm gerade gesagt hatte. Er sah zur Kuppel hinaus, die langsam die Farbe von dunkel in helleres Blau änderte, weil die strahlen der Sonne das Meer erhellten. bald, bald würde sie aufgegangen sein und er würde den letzten Sonnen aufgang für lange Zeit sehen. Sicil war entschlossen für die Hilfsbedürftigen die Sonne in der Nacht zu sein. er mit seiner dunklen Haut und seinem Erbe.


    "Ich bin bereit, ich werde mich wohl wieder Arion anvertrauen. Er war der, der mich als erster in Nir'Alenar empfamgen hat, auf seiner Schulter habe ich viel gesehen und einiges hat seinen Anfang genommen, also warum nicht auch dies."


    Sicil stellte sich hinter die Scheibe des Turmes und wartete darauf die brennende Kugel zu sehen, wie sie über das Wasser steigt, der Raum hinter ihm fast in vergessenheit geraten, die Augen feucht vor Glück.

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  • Leise zog sich Eleria zurück, überließ den Nachtelfen seinen Eindrücken, die sein Herz nun so erfüllten, daß er alles um sich herum vergaß. In ihre Gedanken versunken, ließ sie sich auf einem der Sessel nieder, die vor ihrem Kamin standen, blickte hinaus über das erwachende Nir'alenar und weiter hinaus zu Orten, die nur sie selbst erkennen konnte.


    Ruhe kehrte im Turm der weißen Hexe ein, während Eleria über das soeben erlebte nachdachte, über die Pläne des Nachtelfen und die Auswirkungen, die diese auf sein Leben haben würden. Ein Wesen mehr, das sich gegen die Dunkelheit stemmen würde. Doch zu welchem Ergebnis, würde abzuwarten sein...

  • Sicil sah in die Sonne, traute sich nicht, seine Augen zu schließen und war insgeheim froh darum, dass es unter dem Meeresspiegel nict gar so hell war wie drüber. Nachdem die Sonne aufgegangen war, erfasste Sicil eine große Trauer. Er setzte sich matt und ausgelaugt hin , zog den Mantel um sich und zog die Kapuze tief ins Gesicht. als er sich ein wenig gefasst hatte, drehte er sich zu Eleria um, sah mit seinen strahlenden Augen aus dem Dunkel in Ihre und sagte:


    "Ich muss mich verabschieden, schöne Unbekannte! Ich werde mich in mein Element zurückziehen und beginnen Fäden zu spannen, auf dass ich da sein kann, wenn ich gebraucht werde."


    Er nahm ihre Hand und hauchte einen Kuss auf den Handrücken, dann zog er den Umhang wieder enger um sich und verschwand lautlos im Treppenhaus, damit die aufgehende Sonne ihm noch genug Schatten zur Verfügung stellte um zurück zu Brennan zu kommen.

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  • Nach seinem Treffem mit dem Baumeister hatte Arvanor sich frisch gemacht und lockere Kleidung angezogen. Seinen Spazierstock, welcher eine magische Klinge verbarg, nahm er wie selbstverständlich mit. Auf dem Weg zu seinem Ziel, dem Turm der weißen Hexe, hielt er am Stand eines Blumenhändlers an. Eine einzelne, weiße Schneerose wählte Arvanor aus. Er bezahlte und ging weiter. Er hätte auch eine Kutsche nehmen können aber er ging lieber durch die Straßen. Schließlich am Turm angekommen, verharrte er für einen Moment und schaute den Turm hoch. Eleria würde ihm helfen können, da war er sicher. Ihm fehlten einige Informationen aus seiner Vergangenheit, die Erinnerungen an ein Leben über welches er keinerlei Wissen mehr verfügte. Arvanor betrat das Grundstück, teils erfreut auf ein Treffen mit Eleria, andererseits unsicher, was sie vielleicht über ihn herausfinden könnte.

  • Es war Nastranna, die dem Adeligen die Tür öffnete. Für einen Augenblick war Staunen in den Augen des silberhaarigen Elfenmädchens zu erkennen, dann trat sie mit einem Lächeln und einigen grüßenden Worten zurück und ließ ihn eintreten.
    Es hatte sich in all der Zeit nur wenig an der Einrichtung des Turmes verändert. Noch immer strahlte er eine unerwartete Gemütlichkeit aus, die nicht recht zu dem passen wollte, was man von der weißen Hexe im Allgemeinen behauptete. Es war ordentlich, erinnerte ein wenig an die Einrichtung elfischer Häuser, was nicht verwunderlich war, wenn man die Geschichte dieser Frau recht bedachte.
    Trotzdem schien sie sich nicht in den unteren Räumen aufzuhalten. Nastranna ging voran und führte Arvanor die endlos erscheinenden Treppen empor, bis sie nach einer Weile im oberen Bereich angelangt waren. Es war unwahrscheinlich, dass Eleria sich oft selbst diesem Weg aussetzte. Sicherlich würde sie über Möglichkeiten verfügen, auf schnellere Weise nach oben zu gelangen. Einem Besucher oblag dieser Vorteil jedoch nicht. Wer zu der weißen Hexe wollte, musste sich dieses Privileg erst mit der Kraft seiner Beine verdienen.


    Und tatsächlich, bis in die Turmspitze hinein ging es, bevor Nastranna die Tür öffnete, die in Elerias Allerheiligstes führte. Es war ihr Arbeitszimmer. Hoch oben, in luftigen Höhen, gewährte es einen Blick über ganz Nir’alenar und die Stadtgrenzen hinaus.
    Und dort stand sie, die weiße Hexe. In ein Gewand aus blauem Samt gekleidet, ließ sie die Augen über ihre Stadt schweifen, kehrte ihrem Besucher noch den Rücken zu. Das lange, schwarze Haar, das über ihren Körper floss, verbarg ihre Gestalt hinter einem Schleier, der an flüssige Seide erinnerte.

  • Arvanor war der Elfe Nastranna mühelos gefolgt aber er konnte sich denken dass ein Untrainierter seine Mühen haben mußte, hier hinauf zu gelangen. Oben angekommen, war er einen Blick über die Szenerie, dann blieben seine Augen and er einsam im Raume stehenden Frau hängen. Eleria. Schön wie eh und je und voller Macht. Erstaunlich dass die Frau vor ihm über Mächte gebot, welche schier unvorstellbar waren aber all diese Macht hatte einen Preis, einen Preis den auch Arvanor nur zu gut kannte. Einsamkeit.


    "Eleria, ich grüße Euch. Es ist lange her dass wir uns das letzte Mal gesehen haben. Wolltet Ihr nicht einmal vorbei gekommen sein und meine Kinder ansehen? Ihr wißt schon die beiden die eines Tages vor meiner Tür lagen. Sie sind groß geworden und mir sehr ans Herz gewachsen auch wenn man dies von ihrer Mutter nicht behaupten kann."


    Arvanor hielt inne und schaute Eleria mit neugierigem Blick an.

  • »Arvanor ... es ist lange her ...«


    Noch immer wandte sie dem Mann den Rücken zu und sah über die Stadt, wirkte sogar ein wenig abwesend. Dann drehte sie sich herum und ein Lächeln erwärmte die marmorgleichen Züge der mächtigsten Frau, die auf der Insel lebte.


    »Ich dachte schon, dass Ihr mich vergessen habt.«


    Die Jahre vergingen, ohne in ihrem Gesicht Spuren zu hinterlassen. Das göttliche Blut täuschte darüber hinweg, dass Eleria Anuriel schon viele Jahrhunderte auf dieser Welt zugebracht hatte. In dieser Hinsicht glich sie dem Mann, der nun vor ihr stand. Ein einfacher Mensch scheinbar und doch viel mehr als das.
    Sie wies auf eine Sesselgruppe, die zu ihrer Rechten aufgestellt war, schritt selbst hinüber, um darauf Platz zu nehmen.


    »Ich hoffe, dass sie nicht allzu viel von ihrer Mutter geerbt haben.«


    Ein bitterer Unterton schlich sich in ihre Stimme. Sie überspielte die Reaktion, indem sie Wein aus einer bereitstehenden Karaffe in zwei kristallene Kelche füllte und einen davon ihrem Gegenüber reichte.

  • Arvanor nickte lächelnd. "Ja es ist wahrlich sehr lange her aber Ihr wisst, dass ich einige schwierige Aufgaben habe, die viel von meiner Zeit beanspruchen." Der adlige Klingentänzer schaute sich um, es war immer noch alles wie bei seinem letzten Besuch. "Nein, meine beiden Kinder haben bisher kein Anzeichen von den Eigenschaften ihrer Mutter gezeigt. Worüber ich nicht unglücklich bin, dass könnt ihr mir glauben Eleria. Sie bekommen viel Liebe, eine gute Erziehung und bei Beiden machen sich langsam Talente für bestimmte Bereiche bemerkbar. Meine Tochter ist gewandt wie eine Katze und sie scheint Bewegungen ihres Gegenübers regelrecht vorausahnen zu können und mein Sohn sieht Dinge, die ein normales Wesen nicht sehen kann. Außerdem scheint er ein Faible für Magie zu haben. Ich werde die Beiden bei meinem nächsten Besuch mitbringen und würde Euch bitten, sie zu testen."


    Arvanor machte eine kleine Pause, dann griff er in die rechte Tasche seines Wams und holte ein kleines, hölzernes Kästchen heraus. "Hier habe ich etwas für Euch. Es ist ein Kleinod, welches ich zufällig gefunden habe bei meiner letzten Erkundung in den alten Ruinen einer Stadt im Norden."


    Arvanor öffnete das Kästchen. Ein helles Leuchten durchflutete plötzlich den Raum. Die Quelle dieses Leuchtens war ein kleiner weißer Kristall der an einem silbernen Ring befestigt war. Eleria konnte sofort erkennen, was es für ein Kristall war. Ein Sternenstein, äußerst selten und für einen Magier ein willkommenes Geschenk, war es doch ein Fokus für alle Arten der weißen Magie."


    "Das Gegenstück, den Blutstein, habe ich mit meiner magischen Klinge vernichtet. Ich denke, dass war in Eurem Interesse, nicht wahr?"

  • "Tatsächlich würde ich Eure Kinder gerne kennenlernen, Arvanor. Wir Ihr wisst, sind wir gewissermaßen verwandt."


    Elerias Lippen zeigten ein schmales Lächeln, ein Hinweis auf die ungeliebte Tatsache, dass Shirashai auch ein Teil ihres eigenen Blutes war.


    Dann richtete sich ihre Aufmerksamkeit auf das kleine Kästchen, aus dem Arvanor den weißen Kristall hervorbefördert hatte. Ihre Brauen wanderten überrascht empor, als sie den Stein entgegennahm und ihn nachdenklich in den Fingern drehte. Kleine Lichtflecken wanderten über ihr Gesicht und die Wände des Turmes, während sie ihn begutachtete.


    "Ein Blutstein, sagt Ihr? Ein gefährlicher Fund. Ich frage mich, wie er dorthin gelangt ist. Nein, Ihr habt gut daran getan, ihn zu vernichten. Ein solches Objekt würde ich nur ungern in den falschen Händen wissen."


    Sie musterte ihr Gegenüber prüfend und es war unschwer zu erkennen, dass sie an die Kreatur dachte, die einst seine Seele geteilt hatte.

  • "Ja die Verwandtschaft, die liebe Verwandtschaft. Ich wünschte mir so manches Mal, dass ich diesen Teil ungeschehen machen könnte. Nur da können die beiden Kinder nichts für, sie sind unschuldig und ahnen nicht, wer ihre Mutter ist. Ehrlich gesagt, habe ich auch in absehbarer Zeit nicht vor, ihnen zu sagen, wer ihre leibliche Mutter ist. Außerdem, wenn ich mir die Beiden anschaue, glaube ich auch nicht, dass sie ihre echte Mutter vermissen."


    Ein leichtes Lächeln umspielte Arvanors Lippen bei diesen Worten. "Ich werde die beiden demnächst mitbringen, sie haben mich sowieso schon gefragt, was das hier für ein Turm ist, wer darin lebt und ob man ihn betreten darf. Neugier ist eine sehr ausgeprägte Eigenschasft bei den beiden Plagegeistern und sie im Zaum zu halten ist manchmal nicht einfach. Aber sagt, wie ist es Euch seit unserem letzten Treffen ergangen? Es ist so lange her und auf öffentlichen Anlässen und Feiern werdet Ihr immer vermisst, ich gehöre auch zu denjenigen die Euch vermissen. Ihr müßt den Turm mal das ein oder andere Mal verlassen, am Besten in Gesellschaft. Was meint Ihr?" Arvanors Lächeln war frech und einladend zugleich.

  • Eleria blickte überrascht zu dem Mann auf, der ihr gegenübersaß. "Soll das etwa eine Einladung sein, Arvanor Shet A'Kil?" Ihr Tonfall war neckend und ein leises Schmunzeln spielte um ihre Lippen.


    Tatsächlich war sie seit einiger Zeit der Gesellschaft ferngeblieben. Es stand ihr selten der Sinn nach den Bällen und Festlichkeiten, die sich gegenseitig an Dekadenz zu übertrumpfen versuchten. Und wozu sollte sie Feste besuchen? Die meisten Wesen reagierten mit Ehrfurcht auf ihr Erscheinen. Es war ihr kaum jemals möglich, als eine Sterbliche behandelt zu werden. Ihr Erbe machte es unmöglich, dass man sie als ihresgleichen ansah. Sie war ein Fremdkörper in ihrer Mitte, nicht mehr als das. Gespräche verstummten, Blicke wurden ängstlich. Man fürchtete, dass sie in dem Geist ihrer Beobachter zu lesen vermochte, was man über sie dachte.


    Auch das Erstarken Narions machte ihr Sorgen. Es war ihr nicht nach Feiern zumute, wenn der Gott des Feuers wieder in aller Munde war. Sie fürchtete um die Insel.


    Dennoch ... sie seufzte. "Aber Ihr habt recht, ich bin eine Einsiedlerin geworden, nicht wahr?" Beinahe meinte man, einen schwachen Hauch von Röte auf ihren bleichen Wangen zu entdecken.

  • Arvanor schaute lächelnd in das Gesicht der weißen Hexe. "Wenn Ihr es so sagt, ja, es ist eine Einaldung. Ich könnte mr nichts Passenderes vorstellen, als wenn wir zwei einen gemeinsamen Abend auf einer feinen Festlichkeit verbringen und etwas tun, was wir Beide deutlich zu wenig machen. Uns amüsieren. Findet Ihr nicht auch, Eleria?"


    Seine grünen Augen schauten fest in das Gesicht der Zauberin, dann fihr er fort: "Für viele Menschen seid Ihr eine Legende, Eleria. Man sieht Euch so gut wie gar nicht. Manch einer glaubt sogar, dass Ihr nur ein Gerücht seid. Ihr müßt Euch mehr zeigen, die Bewohner brauchen etwas Reales und Ihr seid real. Versteckt Euch nicht. Das habt Ihr nicht nötig. Also was sagt Ihr? Werdet Ihr mich auf das Fest des Blumenmagiers Serhai Dashivas begleiten?"

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