Niniel - Kaeras Haus und ihre Zuflucht

  • Kaera zog die Augenbrauen hoch und seufzte.
    "Tja, unser Bekannter konnte uns nur einen Rat geben. Entweder betrieb jemand in der Nähe schlechte Magie, die irgendwelche Nebenwirkungen hatte... oder schlimmeres. Ein böses Wesen, welches die Leute infizierte. Aber wirklich helfen konnte er uns nicht. Das ließ uns zurückreiten. Wir schafften es nicht vor der Dunkelheit und so schlugen wir ein Lager auf einer Lichtung auf. Mitten in der Nacht weckte Serando mich. Er hatte etwas gehört. Seine Freunde waren ebenfalls wach. Ich lauschte. Nichts. Ich fragte mich ernsthaft, ob Serando des Nachts vielleicht überempfindlich war. Schließlich ließ ich ihn schlafen und hielt Wache und tatsächlich hörte ich lange Zeit nichts. Dann jedoch hörte ich einen Ast knacken und erstarrte. Es war sehr in der Nähe, aber im Feuerschein nicht auszumachen. Ich schnappte mir also mein Schwert und trat in die Schatten der Nacht. Ich schlich, so gut es eben ging, in den Wald hinein. Die Pferde waren unruhig. Erst als ich eine andere Lichtung entdeckte, hörte ich wieder etwas, aber hinter mir. Ich drehte mich um und trat vollends auf die Lichtung. `Habt ihr etwa Angst vor mir? So eine hübsche junge Frau?´, fragte eine Stimme mich. Ein sehr gut aussehender Mann trat zu mir auf die Lichtung. Sag ich es, wie es war, ich bin eine Nymphe, keine Kostverächterin. Er war reintheoretisch genau mein Geschmack, aber er wirkte seltsam. Nach einigem Hin und her, sein Name war... ich weiß es schon nicht mehr... nun, er lullte mich geradezu ein. Ich hatte das Gefühl, er würde einen Zauber um mich weben und wehrte mich dagegen. `Wehre dich doch nicht... Ich sehe dir doch an, wie sehr du es möchtest.´ Das war nun etwas, was ich auf den Tod nicht ausstehen konnte. Denn sowas glauben viele Männer jetzt noch. Erst hob ich die Waffe, aber er begann plötzlich zu singen. Ich dachte noch, das ist jetzt dein Ende. Ich sank tatsächlich in seine Arme und wir tanzten im Mondlich mitten auf der Lichtung zu seinem Gesang. Dann irgendwann bin ich aufgewacht. Serando rüttelte mich panisch. Verwirrt sah ich ihn an. Ich lag allein auf der zweiten Lichtung. Er war wütend und schrie mich erst an, bis er schließlich kein Wort mehr mit mir sprach. Als wir das Dorf erreichten, herrschte dort noch immer der Nebel, Aber irgendwie hing ein Duft in der Luft, den ich kannte. Serando befragte mit seinen Freunden die Bewohner. Ich blieb derweil bei den Pferden am Brunnen. Als ich plötzlich ein Summen hörte, folgte ich der Melodie. Ich kannte sie gut genug. Doch das Lied führte mich zum Haus vom Bauern. Ich betrat es und sah, wie das Mädchen im Fieberwahn summte. Sie sah aus, als sehne sie sich nach etwas oder jemandem, aber sie war noch immer festgebunden. Mir war klar, was das bedeuten musste. Serando sprach ja nicht mit mir, also erklärte mir die Frau, Ilaine, das die Bewohner von einem Turm auf dem Berg sprachen. Seit kurzem lebte dort wieder jemand. Dorthin ritten wir schließlich, doch das Tor blieb fest verschlossen. Doch als die Nacht hereinbrach, durfte ich mich im Bett hin und her wälzen, von einer Melodie in den Wahnsinn getrieben. Serando hatte sich neben mein Bett gesetzt. Sein Pech, dass er einschlief. Und meines, dass ich losging. Direkt zum Turm."
    Kaera nahm einen Schluck weiter. Die Melodie holte sie heute noch in so mancher Nacht ein und hinterließ meist ein wohliges Gefühl.

    Nutze die Talente, die du hast,
    die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen. :stern:


    Henry van Dyke

  • "Natürlich wurde ich erwartet. Das Tor zum Turm stand offen. Ich schlüpfte hinein. Im turm selbst war es anheimelnd warm und Kerzenlicht machte es äußerst gemütlich. Ich fand am Fuß der Treppe, die den Turm hinaufführte, ein weißes Kleid aus feinstem Stoff. Ich hielt es mir schmunzelnd an und drehte mich. Heute erscheint es mir wahnsinnig, es angezogen zu haben, aber wenn man unter einem Zauber steht, ist man nicht wie man selbst. Umgezogen lauschte ich der Melodie und folgte ihr den Turm hinauf. Ich fühlte mich wunderschön und als müsste ich vor Glück, die ganze Welt umarmen. Schließlich stand er da, sah lächelnd zu mir und hielt mir eine Hand entgegen. Ich ließ mich von ihm in einen großen Raum führen. Es erschien mir wie ein Ballsaal so groß. Woher auch immer die Musik kam, wohl vom Zauber in meinem Kopf, wir tanzten lange dazu. Er lullte mich mit seinen schmeichelnden Worten ein und nun... man könnte sagen, ich hätte mich diesem Mann ohne Zweifel völlig hingegeben. Ich hätte alles für ihn getan." Kaera ließ den Wein in ihrem Kelch kreisen.


    "Dann hörte ich Stimmen von draußen hereinschallen. Mein Name wurde gerufen und Flüche wurden ausgestoßen. Ich hörte den Lärm eines Kampfes, doch das kümmerte mich alles nicht. Scheinbar schien es meinen Verehrer nicht zu beunruhigen. Er verführte mich nach allen Regeln der Kunst... aber nur fast, denn Serando und seine Freunde überwanden die dämonischen Wachen und standen plötzlich im selben Raum. Mein Begleiter sah mich fuchsteufelswild an. Ich brachte ihm nur einen unverständnisvollen Blick entgegen. Schließlich war ich eine Nymphe und er wusste, was das für gewöhnlich bedeutete. So schob mein Verehrer mich hinter sich, wie um mich zu schützen. Ilaine, die Frau mit den Wurfäxten, befürchtete mich zu treffen. Serando forderte den Mann zum Duell. Siegesgewiss willigte dieser ein. Serando wurde verwundet und ich verstand nicht, warum er das tat. Dennoch... mir tat es weh, diesen guten Freund leiden zu sehen.Doch der Kampf wurde immer wütender. Erst als ich Angst hatte, dass Serando im Kampf um mich sterben könnte, ließ der Zauber von mir ab. Der einstmals wunderschöne junge Mann, wurde zu einem hässlichen Wesen, zu unappetitlich um ihn genauer zu beschreiben. Es wusste sofort, dass sein Zauber verflogen war und wandte sich mir zu. Kreischend sah es mir in die Augen. Ich dachte mein Herz bliebe stehen.


    Doch als es Hand an mich legen wollte, wurde es von hinten durchbohrt. Die Klinge wurde herausgerissen und ihm wurde der Kopf abgeschlagen. Serando stütze sich auf sein geliebtes Schwert und sah mich erschöpft an. Ich trat zu ihm und bat ihn um Verzeihung. `Du bist Anfängerin in diesem Geschäft, ich hätte es Wissen müssen...´ Wir verbrannten den Leichnam und verrammelten den Eingang zum Turm. Als wir das Dorf erreichten, war jeglicher Nebel verschwunden und das Mädchen schlief zwar erschöpft, aber normal und nicht im Wahn gefangen. Beruhigt verließen wir das Dorf und kehrten in einer großen Stadt in einer Taverne ein. Als ich dort Serandos Wunde versorgte, erklärte er mir, dass Dämonen oder böse Geister genau spüren konnten, wer unerfahren und somit schwach ihren Zaubern gegenüber war. Er gestand mir auch, dass er völlig entsetzt war, als er mich nicht bei sich wusste. `Ich hatte Angst zu spät zu kommen. Hätte es dich geküsst, hätte es dir jegliche Lebenskraft entzogen...´ Seitdem habe ich mich zwar immer noch auf Abenteuer gewagt, meist mit Serando an meiner Seite, aber ich war anders... Von Serando habe ich nicht nur viel über den Schwertkmpf gelernt... aber das ist zu unsittlich", meinte die Nymphe grinsend und sah ihre Gäste an. "Lange Zeit waren wir Gefährten und wir ergänzten uns perfekt. Der eine fand beim anderen Schutz, Trost und Zärtlichkeit. Naja, so war es wohl damals, als ich all meine Erfahrungen sammelte."

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    Henry van Dyke

  • Yenvar konnte nichts sagen. Sie saß einfach nur da und lauschte gespannt den Worten ihrer Freundin. Von Zeit zu Zeit schüttelte sie den Kopf oder zuckte zusammen. Ihre Augen verrieten kleines Erschrecken, dann wiederum glänzten ihre Augen vor Freude . Sie konnte nicht glauben, was Kaera da alles zugestoßen war. Es war zu ungeheuerlich. Was für ein seltsames Wesen.......


    Nachdem Kaera ihre Geschichte beendet hatte saß sie noch einen langen Moment einfach da, ließ die Geschichte auf sich einwirken und grübelte über sie nach. Dann sah sie Kaera direkt in die Augen und das Silber in ihren eigenen leuchtete hell und warm. "Jetzt wäre ich doch fast in deinen Bann geraten!", lachte sie auf, "Da hast du ja was durch gemacht! Eine furchtbare Geschichte, doch gut am Ende. Ich hoffe uns begegnet auf unserer Kräutersammlung kein solches Wesen!"

  • Dadane saß die ganze Zeit brütend in einer Ecke und lauschte den Worten der Nymphe. Nach aussen gab sie vor, dass die Geschichte sie vollständig kalt ließ, doch innerlich achtete sie auf jede Nouance der erzählung und fieberte mit. Als Kaera endete, gönnte sich Dadane in ihr Glas schauend ein kurzes lächeln, bis sie wieder ihre Miene aufsetzte und die beiden Frauen ansah.


    "Seht ihr, das bestätigt doch nur meine Aussage, Liebe ist nichts Gutes!"


    Sie verschränkte ihre Muskulösen Arme vor der Brust und saß da, konnte es nicht verhindern, dass ihr Unterkiefer trotzig vorrutschte, obwohl sie gar nicht auf einen Streit aus war.

    Häßlichkeit schändet nicht die Seele,
    aber eine schöne Seele adelt den Leib.


    Es ist nicht der Tod, den wir fürchten sollten,
    das wirklich Tragische wäre ein Leben, das nicht gelebt würde.


    Willst du das Licht sehen, ertrage den Schatten,
    denn beides gehört zu Dir.

  • "Aber warum denn nicht, Dadane? Schließlich hat Serando sie gerettet! Und dieses Wesen, nun von dem ging doch keine Liebe aus! Höchstens eine Art Anziehungskraft durch Magie, nicht wahr?", fragte sie dann an Kaera gerichtet. Ihre Stimme war ruhig und sachlich. Sie war sich nicht sicher, ob sie Dadane richtig verstanden hatte.

  • Kaera hätte gern die Geschichte gehört, die Dadane so verbittert gemacht hatte, was die Liebe anging. Doch nach solchen Dingen fragte sie nicht. Statt dessen gab sie zu: "Wenn ich ehrlich bin... Ich bin damals gegangen. Ich hätte ihn sein ganzen Leben weiterbegleiten können, doch dafür war ich zu rastlos.Ich glaube, er war einer der ersten, die ich auf meiner Suche nach der wahren Liebe, verletzt habe. So ist nun einmal unser Los. Ewiglich auf der Suche, Liebe empfinden zu können. Und wenn ich noch einmal ehrlich bin, dann beneide ich noch immer diejenigen, die fähig sind zu lieben. Es gibt nichts schlimmeres, als ohne Liebe zu leben. Wer nicht einmal wahrhaft geliebt hat, der hat nicht gelebt... Aber das ist nur meine Meinung." Die Nymphe schnappte sich eine Nuss und genoß den süßlichen Geschmack. "Und was hättet ihr schönes zu erzählen? Auch auf gemeine magische Wesen rein gefallen?", fragte sie und lehnte sich zurück.

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    Henry van Dyke

  • Dadane sah in ihr Getränk und rollte das Glas zwischen den kleinen Händen hin und her, dann sagte sie leise:


    "Doch, es gibt schlimmere Dinge als ohne Liebe zu leben! Kein Vertrauen mehr aufbringen zu können diesen einen Schritt wieder zu tun, diesen einen Tropfen in das Fass fallen zu lassen, der es dann zum Überlaufen bringt. man vermisst nichts wenn man ohne liebe lebt. Du sagst, dass du niemanden je wirklich lieben können wirst, sei froh, denn soviel Glück wie die Liebe dir gibt, so sehr schmerzt sie im gleichen Maße auch.Wenn du einmal geliebt hast, weißt du was du verloren hast. Du wirst nie wieder die gleiche sein."


    Dadane wischte sich plump mit ihrem Ärmel über Nase und Augen, dann stand sie auf und ging vor die Tür ohne beide Frauen anzusehen. Sie ließ die Tür ein wenig offen, stand dort draussen auf der Strasse und sah in dem Himmel.

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  • Kaera sah leicht verwirrt drein. Sie hatte schon einmal geliebt und hatte ihre Liebe zu schnell wieder verloren, weil die Götter wohl glaubten, es sei noch nicht an der Zeit für sie, glücklich bis ans Lebensende zu sein. Das einzige was sie nicht kannte, war verlassen zu werden, doch sie rechnete fest damit, dass die Götter ihr auch eine solche Prüfung noch auferlegen würden. Da sie Dadane nicht gut genug kannte, blieb sie erst einmal sitzen und sah ihr nach. Sie trank einen Schluck Wein und meinte zu Yenvar: " Was auch immer Dadane passiert ist, es hat sie zutiefst verletzt, scheint mir. Vrielleicht sollte wir das Thema wechseln, wenn sie heireinkommt und ihr jetzt die Zeit geben , die erinnerungen beiseite zu schieben."

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  • "Mir geht es schon wieder besser, danke für dein Zuvorkommen. Ich würde gerne das Thema wechseln, wenn es euch nichts ausmacht, wenn ich damit die Stimmung zerstöre, dann gehe ich schlafen. Wo genau konnte ich mich niederlegen Kaera?"


    Dadane war wieder in den Raum zurückgekehrt und hatte Kaeras Vorschlag gehört. Sie war gefasst, hatte sich wieder einigermaßen unter Kontrolle und zauberte sogar ein echtes kleines Lächeln auf ihr Gesicht, aber der Mörtel dieser neuerlichen Mauer war noch brüchig, und das sah man ihr an.

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    aber eine schöne Seele adelt den Leib.


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  • "Das ist kein Problem, wenn wir das Thema wechseln... oder Yenvar?" Kaera sah zu ihrer Freundin und wieder zurück zu Dadane.


    "Ansonsten habe ich oben ein Gästezimmer, in dem du es dir gemütlich machen kannst. Das ist allein deine Entscheidung. Für mich ist das Thema Männer und Liebe auch kein Hauptthema. Was glaubt ihr wohl, welchen Leuten wir auf unserer Kräutersammlung begegnen? Ich bin ja schon sehr gespannt, wo uns unsere Führerin hinbringt..." Tatsächlich war die Nymphe recht aufgeregt, da sie schon länger nicht mehr in einer größeren Gruppe gereist war. Bislang war sie immer nur mit Ascar unterwegs gewesen. Sie freute sich darauf und war sich nicht sicher, wie die Reise wohl endete...


    "Ach übrigens, Yenvar, die kannst wenn du möchtest auch übernachten. Ihr müsst es wissen, es ist Platz geug da."

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  • Yenvar war in Gedanken versunken. Gedanken ihrer Vergangenheit... sie wurde von Dadanes Worten und plötzlicher Handlung herausgerissen. "Ja...", antwortete sie dann, "natürlich können wir das Thema wechseln." Da kam Dadane wieder rein. Diese Zwergin war merkwürdig. Aber vielleicht waren sie so. Sie hatte noch nie zuvor eine Zwergin oder einen Zwerg getroffen. Sie konnte ihre Fassung schnell wiedergewinnen, wenn auch nicht komplett.


    "Ich bin auch gespannt auf die Kräutersammlung! Mir geht es da ganz ähnlich wie dir, Kaera, ich bin auch noch nicht oft in größeren Gruppen unterwegs gewesen. Und, Dadane, natürlich zerstörst du die Stimmung nicht!" Sie warf ihr einen aufmunternden Blick zu. Sie hatte wohl ihre Neugier einmal mehr zu weit getrieben.


    "Ach... ja. Ich würde gerne bleiben. Danke Kaera!"

  • "Sehr schön... ", erklärte die Nymphe mit strahlender Laune und schenkte noch Wein nach.


    "Ich habe ja schon so einige Kräuter gar nicht mehr in meinem Kräuterzimmer... Da muss ich dringend mal wieder los. Man weiß ja nie was wann passiert. Eigentlich seltsam, dass ich so organisiert bin, denn als absolut typische Nymphe, denke ich jedenfalls, wirkt man eher chaotisch." Sie zuckte mit den Schultern. "Das ist der Einfluss meines Vaters. Je älter ich werde, desto ähnlicher werd´ ich ihm... Aber sagt mal, habt ihr denn noch keine abenteuerlichen Geschichten zu erzählen? Das wirkt ja jetzt, als wäre ich eine Draufgängerin..."

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  • "Ein wenig Organisation hat noch keinem geschadet", bemerkte Yenvar neckend und zwinkerte Kaera zu. "Über mich gibt es nichts abenteuerliches zu erzählen. Über meine Eltern vielleicht. Über mein Leben im Wald... nein, das ist doch eher langweilig für euch. Da bin ich mir sicher." Sie trank einen Schluck Wein, der weich ihren Mund ausfüllte und angenehm voll schmeckte und wartete dann ab. Sie war einfach keine geborene Geschichtenerzählerin.

  • "Niemand hat als Geschichtenerzähler angefangen... Aber Du musst nicht, wenn du nicht möchtest. Vielleicht sollten wir uns auch ins Bettchen begeben. Die Reise wird sicher ungewohnt und eventuell anstrengend. Wer weiß, vielleicht erleben wir ja die neueste Geschichte, die es zu erzählen lohnt, in den nächsten Tagen..." Schmunzelnd leerte Kaera ihren Becher und wartete ab, was ihre beiden Gäste dazu sagten.

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  • So waren die drei schlafen gegangen und am nächsten Morgen zu ihrer Reise aufgebrochen.

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  • Kaera schloss die Tür auf, ließ ihren Hund herein und schloss die Tür wieder augenblicklich. Ihre Kehle war wie zugeschnürt. Sie war im Künstlerviertel nur noch gerannt, als könne sie vor den Bildern der Vergangenheit fliehen. Jetzt lehnte sie an der Tür, ihr Herz pochte, als wolle es in tausende Teile zerspringen und als sie die Augen schloss, sah sie ihren Vater. Sie sah sein rabenschwarzes Haar und seine sanften braunen Augen. "Wieso hast du mich allein gelassen? Du hättest mich vor all diesem hier beschützen können. Du hättest nicht zu gelassen, dass ich in einem Krieg meine Heilkünste anwende, du hättest nicht zugelassen, dass Keros einfach so geht..." Ihre Mutter sah sie nun lächelnd an. "Und warum bist nicht zumindest du mir geblieben!", entfuhr es ihr mit erstickter Stimme, während sie die Tür hinabrutschte und das Gesicht in den Händen vergrub. "Warum bin ich so wie du?! Warum musste ich die Liebe finden? Warum???..." Und dann sah sie Keros. Die Tränen rannen ihre Wangen in Sturzbächen hinab. "Du wolltest immer für mich da sein, auf mich Acht geben... Wo bist du jetzt? Wieso kann ich dich nicht mehr spüren? Ich kann nicht mehr..... Warum hast du mich nicht einfach da liegen lassen? Warum hast du mich nicht einfach sterben lassen? Ich kann einfach nicht mehr......."


    Ascar legte sich neben sie und sofort sank ihr Kopf hinab, um sich in seinem weichen Fell zu vergraben. Das Schluchzen drang bis vor die Tür und die Nymphe wurde so von ihren Gefühlen überrollt, dass sie nicht wieder runterkam, oder raus aus diesem schwarzen Loch, dass sie nun zu verschlingen drohte.

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  • Erst als Ascar begann ihr Gesicht abzulecken, erwachte Kaera. Sie lag noch immer vor ihrer Haustür. Vor Erschöpfung war sie irgendwann in einen dämmerartigen Schlaf verfallen. "Ach, mein Süßer, wenn ich dich nicht hätte..." Sie kraulte sein Fell, sog seinen Geruch tief ein und schloss ihn in die Arme. Dann erhob sie sich, klopfte ihr Kleid ab und ging in die Küche. Sie breitete Ascar Fressen zu, gab ihm frisches Wasser zu trinken und setzte sich dann an ihren Tisch, um ihren treuen Freund zu beobachten. Wahrlich, wenn es ihn nicht gäbe, gäbe es wohl kaum etwas, dass sie an ihr Leben gebunden hätte. Das schwarze Loch hatte sie vollkommen verschluckt und der einzige Lichtschimmer kam von diesem Tier. Sie sehnte sich noch mehr nach den Wäldern ihrer Heimat als je zuvor. Dort könnte sie sich einem Rausch hingeben, doch hier war sie in sich selbst gefangen.


    Ascar ließ auch seine Freundin nicht aus den Augen. Er folgte ihr, als sie sich wusch, ihr Haar bändigte und sich frische Kleidung anzog. Die helle Lederhose umschmeichelte ihre Figur, das hellgrüne Hemd verwischte ihre Konturen. Dazu hatte sie sich einen dicken Zopf geflochten, aus dem einige Strähnen heraushingen und ihr Gesicht umrahmten. Im Spiegelbild der Wasserschale sah sie, dass ihre Augen rot schimmerten und sie sah vollkommen fertig aus. In diesem Moment verachtete sie sich für ihre Gefühle. Wieso konnte man ihr so weh tun? Wieso musste genau sie die Liebe finden, wo es doch kaum einer Nymphe gelang, je dieses Gefühl zu empfinden. Sie musste raus aus ihren vier Wänden. Musste raus aus diesem Viertel, sich ablenken. "Ach ascar, ich wünschte diese Insel würde wieder auftauchen und ich könnte fliehen. Ich würde dir dann meine Heimat zeigen und wir würden wie meine Mutter damals leben und beschützt sein..." Sie ging in ihr Wohnzimmer zurück und öffnete die Tür die in den Garten führte um die frische Luft und das Licht hereinzulassen, in der Hoffnung, dass das ihr dunkles Gemüt erhellen konnte.

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    Einmal editiert, zuletzt von Kaera ()

  • Seoul hatte gewartet. Er hatte Kaera nicht mitten in der Nacht wecken wollen. Welch Ironie, wo sie sich nie zu einer anderen Zeit trafen. Darum hatte er gewartet. In seinen dunklen Mantel gehüllt. Es entging ihm auch nicht als sie die Tür öffnete. Er huschte hinein.
    Und schlug die Kapuze zurück. "Kaera, ich........" Weiter kam er nicht, denn der Anblick von Kaera, ihren roten Augen, schmerzte ihn. War er daran schuld? Hatte er ihr das angetan. Seine Hand bewegte sich zu ihrem Gesicht. Wenn sie still hielt, würde sie sanft über ihre Wange gleiten.

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