Weihrauch und Orakelsteine

  • Silene kam nicht mit dem Ziel Geld zu verdienen.
    Das mag wohl recht seltsam klingen, wenn man sich bewusst machte, dass man auf einem Markt grundsätzlich Geld verdienen wollte, doch Silene brauchte es nicht.
    Sie besaß ein kleines Vermögen, dass noch aus Zeiten stammte, in denen ihr Tanz noch aus Emotion bestand und ihre Augen vor Leidenschaft gesprüht hatten. Seid ihr all das genommen wurde hatte sie auf Sparflamme gelebt.
    Was hätte sie auch von edlen Speisen und prunkvollen Gemächern gehabt?
    Nichts. Sie hätte sich nichteinmal gefreut.


    Sie war gekommen um ihre Fähigkeiten anzubieten, für andere einen Blick in die Zukunft zu werfen. Es war die perfekte Gelegenheit sich mal wieder einer Disziplin zu üben, die Silene lange vernachlässigt hatte: sich wie ein fühlendes Wesen zu verhalten.


    Und so hatte sie im Morgengrauen ihr speziell angefertigtes Zelt aufgestellt, lange bevor die anderen Händler auf dem Marktplatz erschienen waren. Es war exakt nach ihren Wünschen gefertigt worden.
    Es hatte eine Grundfläche von vielleicht vier auf vier Schritten, bestand aus weißem, blickdichten Stoff, der in Falten auf den Boden fiel, den Silene vorher sorgsam gefegt hatte.
    Insgesamt sah das Zelt ein wenig wie ein einziger Baldachin aus, transparente, reinweiße Stoffbahnen verschleierten den Eingang auf geheimnissvolle Weise. auf halber Höhe baumelte eine kleine Glocke an einer silbernen Kette, die Besucher benutzen konnte um sich anzukündigen.
    Innen stand ein dreibeiniger Tisch mit einer Marmorplatte auf deren Oberfläche nicht der geringste Kratzer zu entdecken war. Zwei bequeme Stühle standen bereit, die schon fast Sesseln ähnelten und deren dunkelblau bezogene Polster im Licht des Kerzenleuchters glänzten.
    Es schwebte ein Hauch von Weihrauch in der Luft des Zeltes, was eine zwar kühle, aber dennoch freundliche Athmosphäre schaffte, in der Silene besser arbeiten konnte. Tatsächlich öffnete der leicht zitronige Duft ihrn Geist noch ein bisschen mehr, sodass es ihr ein Leichtes war, die Orakelsteine zu deuten.
    In jeder Ecke des Zeltes hing eine Laterne mit blauem Glas, in deren Inneren eine kleine Kerze brannte, wodurch ein unstehtes bläuliches Licht den Raumerfüllte.


    Silene trat aus ihrem Zelt heraus und hängte das Schild aus hellem Ahornholz an den halbverschleierten Eingang. Sie strich noch einmal darüber, damit es nicht hin und her pendelte und betrachtete ihr Werk kurz, ehe sie wieder ihr Zelt betrat.
    In äußert leserlicher Schrift und in fein geschwungenen Lettern stand dort:


    "Scheut Euch nicht und tretet ein
    Denn hier offenbart sich im Kerzenschein
    Das Gestern, Heute und Morgen
    Vergesset all Eure Sorgen
    Lauschet der weisen Worte Klang
    Und Ihr erfasst der Welten Gang..."

    Nur ewigen und ernsten Dingen / Sei ihr metallner Mund geweiht
    Und stündlich mit den schnellen Schwingen / Berühr' im Fluge sie die Zeit
    Dem Schicksal leihe sie die Zunge / Selbst herzlos, ohne Mitgefühl
    Begleite sie mit ihrem Schwunge / Des Lebens wechselvolles Spiel
    Friedrich Schiller - Das Lied von der Glocke

  • Es war noch früh am Morgen als Shiai über den Markt schlenderte. Zu dieser Zeit gab es immer die frischeste und beste Ware, die später schnell vergriffen war.


    Ihr kleiner Einkauskorb hatte sich bereits etwas gefüllt, als sie vor dem Zelt stehen blieb. Auch wenn sie nicht oft auf den Markt ging, glaubte sie, dass es neu war, denn sie hatte es noch nie gesehen.


    Aufmerksam las sie den Zettel. Bedeutete,dass man sich hier die Zukunft voraussagen lassen kann? Oder doch eher, dass man ein Grundverständnis für alle Geschehen entwickelte....der letzte Satz ließ sie unsicher werden. Und ein anderer Gedanke kam ihr. Musste man dafür bezahlen? Und vor allem wie viel?


    Unsicher stand sie immer noch vor dem Zelt. Hin und Hergerissen zwischen Neugier, Scham und Angst sich zu blamieren.


    Schließlich trat sie ganz unsicher ein und sah sich kurz um.

  • Silene blickte von dem schwarzen Samtsäckchen auf als sie Shiai eintreten sah. Die Edelelfe schien sich nicht ganz sicher zu sein. Die Seherin erkannte Kunstfertigkeit in ihren Händen, Geschicklichkeit, während sie in ihren Züge weiterhin nur Unsicherheit las. Edelelfen... sie wurden innerlich stets von einer Sehnsucht getrieben, ganz wie sie selbst, doch Silene wusste dass ihre persöniche Sehnsucht viel stärker war, sie zu verschlingen drohte. Bevor sie noch weiter darüber nachdenken konnte, sah sie der Edelelfe entgegen.


    "Seid gegrüßt.", sprach Silene mit ihrer undefinierbaren Stimme, woraufhin sich der leicht transparente Schleier vor ihrem Mund leicht bewegte. "Setzt Euch nur. Insofern Ihr gekommen seid um Euch von mir die Zukunft deuten zu lassen."


    Silene wies mit einer ihrer weißen Hände auf den bequemen Stuhl, der ihr gegenüber stand.

    Nur ewigen und ernsten Dingen / Sei ihr metallner Mund geweiht
    Und stündlich mit den schnellen Schwingen / Berühr' im Fluge sie die Zeit
    Dem Schicksal leihe sie die Zunge / Selbst herzlos, ohne Mitgefühl
    Begleite sie mit ihrem Schwunge / Des Lebens wechselvolles Spiel
    Friedrich Schiller - Das Lied von der Glocke

  • Shiai wandte sich der Frau zu und ging zu dem Tisch.


    "Guten Morgen," erwiderte sie freundlich. "Ja, ich würde mir durchaus gern etwas von der Zukunft vorhersagen lassen. " Sie setzte sich auf den Stuhl und besah sich die Person vor ihr genauer. Erstaunt musste sie feststellen, dass es sich um eine Valisar handelte. Ein Volk mit traurigem Schicksal. Verdammt dazu nichts zu fühlen oder nur wenig. Wie schlimm musste das wohl sein.


    "Entschuldigt,dass ich schon jetzt frage, doch wie teuer wird es denn sein?" Es wäre nämlich peinlich nicht genug Geld dabei zu haben, dachte sie bei sich. Etwas unsicher lächelte sie der Valisar zu.

  • Sie enttarnte das Lächeln der Edelelfe als Versuch, über ihre Unsicherheit hinwegzutäuschen. Dabei gab es dazu gar keinen Grund. Und doch loderte in Silenes Herz das Verlangen auf, dieses Gefühl mit ihr zu teilen, es zu erfahren.
    Ihr Blick wurde zwar keinen Deut wärmer, aber sie setzte ein künstliches Lächeln auf, von welchem sie dachte, dass es die Edelelfe vielleicht ein wenig beruhigen würde.


    "Geld ist hart und schmeckt nicht.", antwortete Silene schlicht. "Ich nehme im Gegentausch andere Dinge, ein wenig Nahrung... oder ein paar Kräuter. Eine kleine symbolische Gabe. Doch dazu ist später noch genug Zeit."


    Silene zog an dem Seidenband das den schwarzen Beutel verschlossen hielt, was den Blick auf flache, ovale Flusskiesel freigab, in die verschiedene, geheimnissvolle Symbole eingeritzt waren. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich auf die Person vor ihr, auf die Lebendigkeit in ihr und auf ihre Fähigkeiten. Silene streckte ihre Hand aus.


    "Gebt mir Eure linke Hand und zieht mit der anderen nacheinander 7 Steine. Legt sie von links nach rechts nebeneinander."

    Nur ewigen und ernsten Dingen / Sei ihr metallner Mund geweiht
    Und stündlich mit den schnellen Schwingen / Berühr' im Fluge sie die Zeit
    Dem Schicksal leihe sie die Zunge / Selbst herzlos, ohne Mitgefühl
    Begleite sie mit ihrem Schwunge / Des Lebens wechselvolles Spiel
    Friedrich Schiller - Das Lied von der Glocke

  • Fast vorsichtig reichte Shiai ihre Hand. Mit der anderen griff sie einen Stein nachdem anderen und legte sie wie angegeben hin.


    Mit unsicherem Lächeln sah sie die Vasilar an.


    "Könnt ihr daraus was erkennen?" Gleichzeitig fragte sie sich ob das Lächeln der Frau echt war. Jemand ohne Gefühle, hatte eigentlich keinen Grund zum Lächeln. Doch wie sollte so ein Leben sein ohne Freude und Trauer. Sie konnte sich das nicht einmal vorstellen.

  • "Wenn ich es nicht könnte, besäße ich diesen Stand nicht.", gab Silene zurück und ließ die Hand der Edelelfe aus ihrer gleiten. Sie betrachtete die Steine eindringlich und befand diese Konstellation als äußerst aussagekräftig. Selten lagen die Zeichen so offensichtlich wie hier.


    Sie legte den Finger auf den ersten Stein. Er zeigte ein Symbol, dass einer Sanduhr ähnelte. "Der Tag. Im Licht des Tages werden alle Gegensätze verstanden und vereint. Das bedeutet Bewusstheit, eine Quelle der Hoffnung oder des Glücks. Der Ursprung dafür wird im Unbewussten liegen."
    Silene strich dich nachdenklich die Haare aus dem Gesicht. "Doch der leere Stein direkt daneben... spricht für eine Krise oder einen Zufall, dessen Quelle sich mir nicht offenbaren will. Ihr solltet mehr auf Euren Willen achten, und lasst Euch nicht blenden. Stellt wichtige Fragen, die Ihr Euch bisher noch nicht zu fragen getraut habt."


    Sie deutete auf den dritten Stein, der einen kleinen Fisch zeigte. "Eure Erinnerungen oder Gefühle scheinen etwas durcheinander zu sein. Ihr solltet sie ordnen und vielleicht hilft es, dabei Halt in einer Beziehung oder einer Gemeinschaft zu suchen. Denn dieser Stein verspricht auch Wohlbefinden und ein friedvolles Leben."


    Der vierte Stein zeigte zwei gleichhohe Berge, die den Horizont verbargen. "Selbst das Beeindruckendste und Größte begann einst im Kleinen. Es ist nun äußerst wichtig für Euch, auf die kleinen Dinge zu achten, auf das Prinzip des Gebens und Nehmens.", deutete Silene "Hieraus besteht die Basis des Materiellen. Vertraut einer Person, die Euch nahesteht."


    "Auf der Ebene der Wahrnehmung befindet sich der Stein des Sonnenrades. Es steht für einen Weg, den Ihr finden werdet, falls Ihr euch verlaufen habt. Auch hier lese ich nochmals den Hinweis darauf, auf den Rat einer nahestehenden Person zu hören. Eure Wahrnehmung wird geschützt durch den sechsten Stein."


    Silene drehte den Kiesel zu sich hin. Es war ein Paar Flügel darauf abgebildet, die sich schützend um eine Rosenblüte legten. "Es ist ein starkes Omen. Ihr könnt Euch selbst und Euren Eindrücken volles Vertrauen schenken und Ihr werdet nicht geblendet werden können."


    Der siebte Stein zeigte eine Schlange, die sich in den eigenen Schwanz biss. "Euch stehen Ruhe und Frieden bevor, doch Ihr müsst auf den richtigen Moment warten um zu Handeln. Dann aber werdet Ihr im Gleichklang leben... vielleicht kündigt dies auch Liebesglück an."


    Silene blickte von den Orakelsteinen auf und sah Shiai mit ihren eisigen Augen entgegen.
    "Habt Ihr spezielle Fragen oder wollt Ihr, dass ich auf ein bestimmtes Thema noch näher eingehe?"

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  • Shiai schwieg noch eine Weile. Im Geiste ging sie einen Punkt nach dem anderen noch einmal durch. Es war viel gewesen, mehr als sie erwartet hatte, aber auch weniger konkret. Sie wusste selbst nicht genau, was sie erwartet hatte.


    Doch bei einem blieb wirklich eine große Frage. Mit einem leichten Lächeln sah sie zu der Wahrsagerin auf. "Eine Frage hätte ich. Ihr habt eine Person gesehen, die ich um Rat fragen soll. Kenn ich die Person schon?" Das konnte sie sich nämlich nicht vorstellen. Es klang die ganze Zeit als würde es sich dabei um einen langjährigen Freund oder Freundin handeln. Doch sie hatte davon keine. Weder seit langem oder kurzem.


    Auch bei anderen Sachen wusste sie nicht genau, was sie darüber denken sollte. Liebesglück?! Aber das waren Sachen, über die sie sich zu Hause einen Kopf machen konnte.


    Fragend sah sie die Vasilar an. Die gleichzeitig wunderschön und doch kühl wirkte.

  • Silene erwiederte kühl den Blick der Edelelfe. Sie legte ihre Hände auf den Marmortisch verschränkte die Finger ineinander. Ihr Blick, der immer noch auf Shiai ruhte schien einen Moment abwesend zu sein und es war, als starrte die Valisar durch den Kopf der Elfe hindurch.
    Silene blinzelte und ihr Blick klärte sich wieder, dann zog sie erneut einen Stein heraus.


    "Das Wolfsauge.", sagte sie und drehte den Stein nachdenklich zwischen den Fingern. Klarheit erfasste die Valisar und nickte wissend. Wo das Wolfsauge war, war die Einsamkeit nicht weit. Dann schob den Schicksalsstein so hin, dass Shiai die schlitzförmige Pupille auf ihm sehen konnte. "Das Wolfsauge steht unter anderem für Verstecktes und Geheimes. Ihr müsst wissen, Dauer und Zeitpunkt eines Geschehens sind schwer zu bestimmen. Entweder dieser Seelenverwandte ist jemand, dem ihr bereits begegnet seid, der sich aber noch nicht als solcher zu erkennen gegeben hat, oder ihr begegnet ihm in nächster Zeit."


    Silene strich mit einem langen Finger an dem Stein entlang und dachte über die Wahrscheinlichkeit nach, die in diesem Orakelstein lag. Das Auge schien ihr entgegenzustarren.
    "Es ist um einiges wahrscheinlicher, dass Ihr diesem Seelenfreund erst begegnen werdet und es wird bald geschehen. Sonst hätte es nicht so offensichtlich in den Steinen gestanden."

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    Friedrich Schiller - Das Lied von der Glocke

  • Shiai starrte auf den Stein und fragte sich, wie man daraus etwas erkennen konnte. Innerlich seufzte sie, denn sie konnte kaum glauben, dass sie noch so ein Wesen nach den ganzen Lebensjahren kennen lernen würde.


    "Ich danke Ihnen für ihre Vorhersage. Ich habe einen Kräuterladen und sie sagten, sie würden lieben Kräuter als Geld nehmen," Shiai machte eine kleine Pause, dasie diese Einstellung verwunderlich fand..


    "Möchten Sie einmal vorbeikommen und sich selbst etwas aussuchen." Auf diesem Gebiet fühlte sich Shiai sicherer und das merkte man ihr an.

  • Silene legte auch das Wolfsauge zurück das Säckchen, in das die Steine gehörten und lauschte den Worten der Edelelfe.
    Ein Kräuterladen? Sie konnte sich nicht erinnern schoneinaml von diesem Laden gehört zu haben. Vielleicht lag das auch daran, dass sie so selten in die Öffentlichkeit gegangen war in letzter Zeit.
    Sie bemerkte die Sicherheit in der Stimme der Elfe und schloss daraus, dass sie sich gut auskannte auf dem Gebiet der Kräuterkunde.


    "Das trifft sich gut. Wenn Ihr mir nun noch Euren Namen verratet und sagt, wo sich Euer Geschäft befindet..?"

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    Friedrich Schiller - Das Lied von der Glocke

  • "Ohh, entschuldigt, dass ich mich noch gar nicht vorgestellt habe. Mein Name ist Shiai. Der Kräuterladen befindet sich an einer der Hauptstraßen im Seeviertel. Ihr könnt ihn eigentlich nicht verfehlen." So langsam entspannte sich Shiai und ihr Lächeln wurde freudiger. Trotzdem hatten ihre Wangen eine leichte Rotfärbung angenommen, als ihr der Fehler bewusst geworden war.

  • "Ich habe mich ebenfalls nicht namentlich vorgestellt. Silene Sana'Santaly ist mein Name.", sagte sie mit geisterhafter Stimme, die ihrem Namen etwas schneidend Kaltes verlieh. Man fühlte sich an Glasscherben und dünne, scharfkantige Eisdecken auf angefrorenen Seen erinnert.


    "Sobald ich Zeit dafür habe, werde ich Euren Laden besuchen.", sagte sie und kopierte einwandfrei Shiais Lächeln, während ihre Augen kalt aufleuchteten. Sie stand auf und deutete eine kleine Verneigung an. "Beehrt mich wieder, wenn ihr einen weiteren Blick in die Karten des Schicksals werfen wollt."

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    Friedrich Schiller - Das Lied von der Glocke

  • "Das werde ich," erwiderte Shiai freundlich obwohl ihr gleichzeitig eine Gänsehaut quer über den Rücken lief. "Ich wünsche euch noch einen scshönen Tag."


    Über eins war sich Shiai immer noch nicht sicher. War das Lächeln der Valisar nun echt gewesen oder nicht....Es war wohl auch nicht so wichtig. Sie stand auf und ging dann zum Ausgang. Dort drehte sie sich noch einmal um.


    "Auf Wiedersehen." verabschiedete sie sich erneut mit einem Lächeln.

  • Das gefrorene Lächeln auf Silenes Gesicht fiel von ihr ab wie das letzte gefärbte Blatt von einem Baum. Als sich Shiai also nochmal zu Silene umdrehte, blickte sie in das selbe ausdruckslose Gesicht wie immer, begleitet von einer undefinierbaren Kälte.


    "Auf Wiedersehen.", erwiederte Silene und ihre Stimme zerschnitt die Luft.


    Silene zog ein Blatt Papier und ein Fässchen Tinte aus einer Truhe heraus, die in einer Ecke des Zeltes stand. Sie zückte einen Gänsekiel und notierte Shiai und die Adresse ihres Ladens darauf. Vielleicht würde sie sogar am Nachmittag schon vorbeisehen, zumindest, wenn die Kundschaft ausblieb.
    Doch, wie sie der zunehmend lauter werdenenden Gräuschkulisse entnahm, füllte sich der Marktplatz bereits. Sie warf noch ein paar Bröckchen Weihrauch auf die Glut, dann setzte sie sich wieder an ihren Tisch und blickte mit unergründlichem Blick in den Steinbeutel.

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    Friedrich Schiller - Das Lied von der Glocke

  • Als Shiai das Zelt verließ, fröstelte ihr erneut. Der Ausdruck der Valisar hatte eine Kälte versprüht, die den Mangel an Gefühl bewies und sie empfand tiefes Mitleid mit der Frau.


    Während sie dies dachte, ging sie zu den anderen Ständen auf den Markt.

  • Shiya lief schon eine ganze Weile über den Markt. Aufmerksam beobachtete sie die Leute, die geschäftig umherliefen und betrachtete die vielen Stände, die dicht an dicht standen. Hier gab es wirklich Einiges zu sehen, stellte die Cath'shyrr erfreut fest. Die Zeit verging hier schnell und das war ihr nur recht, hatte sie doch sonst nichts zu erledigen. Allmählich fand sie Gefallen an dieser Stadt und der Markt trug einen großen Teil dazu bei.


    Nach einiger Zeit fiel Shiyas Blick auf ein kleines, wunderschönes Zelt, das sich von den anderen Ständen deutlich abhob. Geschmeidig glitt die Cath'shyrr zwischen den Besuchern des Marktes hindurch und blieb vor dem Eingang stehen. Aufmerksam las sie das Schild und jedes Wort zauberte ein wenig mehr Freude auf ihr Gesicht. Offenbart sich das Gestern, Heute und Morgen? Ob sie hier ihre Zukunft erfahren konnte? Nach einem kurzem Blick in ihren Geldbeutel musterte Shiya erneut das Zelt. Warum sollte sie es nicht einmal versuchen? Sie entdeckte die kleine Glocke, griff kurzerhand danach und läutete. Ob sie nun gleich eintreten sollte? Sie beschloss einen Augenblick zu warten. Dann trat sie in den Eingang und schaute vorsichtig hinein.

  • Der helle Klang der Messingglocke drang an Silenes Ohr uns sie blickte auf. Es war eine interessante Person, wohl eine Cath'shyrr, hochgewachsen mit strahlend gelben Katzenaugen und langen rötlichen Haaren, die vorsichtig in ihr Zelt hineinblickte. Silene hinterfragte diese Geste nicht, schließlich wollte sie ihre Kundschaft nicht verschrecken, sondern ihnen nützlich sein.


    "Kommt nur herein!", sagte sie und blickte aufmerksam zu ihrem Gegenüber auf. Zwar mochte ihr leicht transparenter Schleier es etwas weniger offensichtlich machen, doch ihre Stimme machte die Valisar erkennbar. Sie nickte der Cath'shyrr entgegen und wies auf den gut gepolsterten Stuhl. "Wenn Ihr Euch einen Moment niederlasst, werde ich für Euch wahrsagen."

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  • Das Erste was Shiya wahrnahm, als sie durch den Eingang trat war der Duft des Weihrauchs, der sie einzuhüllen schien. Sie mochte diesen Geruch und so fühlte sie sich gleich wohl. Kurz ließ sie ihren Blick umher schweifen, um einen ersten Eindruck vom Inneren des Zeltes zu bekommen. Dann sah sie hinüber zu der Frau, die sie aufgefordert hatte, sich zu setzen. Irgendetwas störte die Cath'shyrr an ihrer Stimme. Sie wurde den Eindruck nicht los, dass diese Frau ohne Gefühl sprach - irgendwie kalt, abweisend. Neugierig musterte Shiya sie, während sie sich geschmeidig auf dem gemütlichen Stuhl niederließ.


    "Ihr könnt mir also tatsächlich verraten, was die Zukunft für mich bereit hält?" Shiya lächelte freudig. Sie war gespannt darauf, was sie nun erwartete.

  • Silene nickte und faltete die weißen Hände vor ihr auf dem Tisch. "Ich sehe das, was sich noch hinter dem Vorhang befindet, oder im Begriff ist, hervor zu treten. Was Ihr bisher vielleicht nicht bemerktet oder Dinge, denen Ihr nicht die gebührende Wichtigkeit beigemessen habt. All dies legt die Grundlage für die Zukunft, den Weg, der sich Euch eröffnen wird."


    Ruhig sah sie der Cath'shyrr entgegen und erkannte die Wachsamkeit der Katze in ihr. Ihr ist sicherlich nichts entgangen, was wichtig sein könnte. Aber vielleicht brauchte sie jemanden, der ihr nochmals sagte, was sie längst wusste?
    Silene gedachte, vielleicht nicht die Steine zu befragen, sondern eher andere Möglichkeiten in Betracht zu ziehen. Sie hatte eine vage Vorahnung, dass die Steine ihr diesmal nicht so behilflich sein könnten.


    "Geht es Euch nur um die grobe Richtung Eures Weges, oder habt Ihr eine spezielle Frage vorab?"

    Nur ewigen und ernsten Dingen / Sei ihr metallner Mund geweiht
    Und stündlich mit den schnellen Schwingen / Berühr' im Fluge sie die Zeit
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