Für Kea

  • Es war eine dunkle Nacht am Mondteich und der Mira'Tanar, der sie schweigend genoss, warf geräuschvoll Steine über die glatte Oberfläche, die ohne seine Wellen eher starr und fest erschienen wäre. Auch diesmal gab es keinen Geist des Sees, den sein Suchen hätte aufstöbern können und missmutig, wie es in letzter Zeit öfters seine Stimmung war, saß er am Ufer und kämpfte mit seinen Gedanken.
    Geh zu Tehanu, sagte sein Inneres, versenke deinen Schmerz in ihr, verschlafe in ihren Armen die Wut!
    Sein Verstand jedoch wusste gewiss, dass der Balsam nur bis zum Morgengrauen anhalten würde, so dass die tiefen Narben ihn wieder quälen konnten. Und war es nicht so, dass er sein Leid genoss? Pflegte und umklammerte er es nicht?
    Zornig biss er die blassen Lippen aufeinander und der nächste Kiesel flog voller Zorn in die Schatten über dem Teich, Mallalai streckte seine Sinne und fühlte ihn sinken, schwebend in die dunkle, sanfte Tiefe des Mondteiches, Bläschen, die aufstiegen, die im Wasser unhörbar für andere platzten ... er schloss die Augen, schüttelte den Kopf und befreite sich.
    Matt fiel er auf den Rücken. Sein sehniger, lediglich von Lendenschurz und Armmanschetten bedeckter Körper schimmerte silbern-blau im Restlicht der Nacht, das hier unten herrschte.
    Ich ersticke, dachte Mallalai. Wo ist der freie Himmel des Ozeans? Warum versteckst du dich hier?
    Seine Hand ergriff den Anhänger, drehte ihn.
    Hinaus, hinaus!

    Crawling in my skin
    These wounds they will not heal
    Fear is how I fall
    Confusing what is real

    Einmal editiert, zuletzt von Saniya ()

  • Wieder einmal fortgeschlichen und die halbe Nacht durch die dunklen Gassen getingelt. Es zog Kea unweigerlich zum Wasser. Schwimmen, das Wasser durch die Kiemen fließen spüren. Ihr Körper verfügte über beide Arten der Atmung, an Land wie unter Wasser und so konnte sie überall leben. Aber da der Meereself in ihr stärker war, dominierte, brauchte sie oft das Wasser. Sie roch den See und es zog sie dorthin und schon im Gehen zog sie alles aus bis auf einen kleinen Lendenschurz, den auch sie trug. Im Mondlicht schillerten die grünen Schuppen mit der weißen Haut am Bauch, nahe den Lippen und an ihren Ohrspitzen um die Wette. Sie konnte den See schon sehen, als ein Aufblitzen des Mondlichtes sie auf eine Gestalt am Wasser aufmerksam machte.


    Kea wurde langsamer. Und je näher sie kam, um so eher ahnte sie, was da lag. Zunächst hatte sie Angst, der Meereself wäre tot, aber sie sah, das er atmete und das beruhigte sie. Und so ließ sie ihre Sachen ins Gras fallen und blieb in vier Schritt Entfernung stehen. Abwechselnd legte sich ihr Blick auf Mallalai und den See.

  • Seine Augen weiteten sich, fühlte er immer die Nähe seinesgleichen. Langsam wandte er den Kopf, verwundert zwar, denn kaum MIra'Tanar bewegten sich so offen an Land wie er es tat, aber er nahm es hin, wie es seine eigene Art war. Es war ein Kind, welches er dort stehen sah. Sofort erkannte er die Vermischung zweier Rassen in ihr, es gab ihr einen seltsamen Charme.
    Er sprach sie in Mira'Tanara an, indem er zusätzlich Luft durch die Kiemen aufnahm, aber er sah sogleich das Unverständnis in ihren Augen. Und er erkannte ebenso den gequälten Geist, dem seinen ähnlich, den Schmerz in den Augen und in wunderbarem Verständnis wusste er, dass sie schweigen würde, egal in welcher Sprache er ihr seine Worte schenken würde und war damit einverstanden.
    Mallalai begriff ihr Sehnen nach dem Wasser und dass sie ihn als Hindernis auf dem Weg betrachtete. Entsetzt setzte er sich auf, fließend wie im Wasser auch, wollte sie nicht erschrecken und ein Ziehen in seinem Bauch verriet ihm, dass er ihr Leid fühlte, das sie um sich trug. Also wandte er den Kopf ab, drehte ihr den Rücken zu und starrte wieder über das unbewegte, dunkle Wasser.
    Komm mein Seestern, komm ...

  • Das Kind sah ihn an und wusste, er würde sie verstehen. Auf seltsame Art und Weise wusste sie es. Und als er sich aufsetzte, ging sie langsam auf das Wasser zu, in welches er nun starrte. Am Rand des Wassers sah sie zurück zu Mallalai und ließ sich dann in einer fliessenden Bewegung in das Wasser gleiten. Ihre Atmung schaltete sofort um und sie fühlte sich erleichtert. Kühles Wasser umströmte sie und sie hatte ein unbestimmtes Gefühl von Zuhause sein.
    Kaum das sie ein Stück geschwommen war, erschien ihr heller Kopf wieder an der Wasseroberfläche und sie blickte gen des Mira'Tanar. Schweigen herrschte, nur das leise Geräusch des Wassers, das Gefühl, wie es durch ihre Kiemen strömte.
    Das Wasser tat ihr wohl und im Moment dachte sie nicht einmal an Emiriel, der sich vielleicht wieder Sorgen machen würde. Ja, beinahe schien das Kind darauf zu warten, ob er nicht auch ins Wasser kam, schwimmen kam.


    Im nächsten Moment tauchte das Kind schon wieder unter und etwas tiefer in den See, ohne Probleme, dort zu sehen oder zu atmen. Das Erbe der Meereselfen schien wirklich dominierend bei ihr zu sein.

  • Sie sah den Genuss auf ihrem Antlitz und konnte es nachfühlen, ein Schauer lief ihm über den fein geschuppten Körper. Was tat die Kleine so alleine in der Nacht? Es war kaum denkbar, dass ihre Mutter sie alleine ziehen ließ und er zweifelte nicht daran, dass sie in diese Stadt gehörte. Kina’mallei war nicht ihr Zuhause, auch wenn das Erbe stark in ihr war.
    Sie starrte nun mit ihren großen Augen zu ihm hinüber. Und Mallalai stierte schweigend zurück.
    Du willst wohl, dass ich dir folge? dachte er bei sich. Und was wird mich erwarten? Was willst du mir zeigen?
    Auf den Gedanken, dass sie von ihm Geleit wünschte, darauf kam er nicht. Wenn man bedachte, dass das Kind keine Furcht allein in der Nacht zeigte, würde sie sich auch nicht scheuen alleine in die Tiefe des Meeres zu tauchen – oder etwa doch? Die dunkle Tiefe war etwas anderes, etwas ganz weitaus anderes als ein bescheidener See. Sie würde doch hoffentlich im See bleiben?
    Und er hatte bemerkt, dass sie zwar besser schwamm als die Landbewohner, aber beim Mondteichgeist, nicht gut genug für einen Mira’Tanar. Der elterliche Teil, der aus dem Meer stammte, war nie mit ihr geschwommen, noch getaucht …jener hatte sie verlassen.
    Trauer überkam ihn. Ein Meereskind, welches sich nach dem Wasser sehnte, aber kaum besser tauchen konnte als ein neugeborener Säugling.
    Einen tiefen Seufzer ausstoßend erhob sich Mallalai als sie untertauchte. Er konnte sie schließlich nicht alleine lassen, dies wäre unverantwortlich. Mit einem Sprung folgte er ihr in den nächtlichen See.

  • Gewandt bewegte sie sich unter Wasser im See. Sie war früher so oft geschwommen, aber ihre Mutter hatte nie so mit ihr schwimmen können, wie sie es sich gewünscht hatte. Sie war nie sehr tief getaucht, denn ihre Mutter hatte sich immer Sorgen gemacht. Das hatte sich nach dem Überfall des Yassalar geändert. Wann immer Kea dann im Wasser gewesen war, war sie tiefer getaucht, mit jedem Mal. Die Sehnsucht nach dem Wasser, nach der Tiefe, hatte sie dazu getrieben. Sie vernahm das Geräusch, als der Mira'Tanar ins Wasser sprang. Im Schwimmen hielt sie inne, drehte sich herum und blickte hinauf gen Wasseroberfläche. Den Kopf schräg legend, verfolgte sie Mallalais Weg still.


    Dann schwamm sie ihm ein Stück entgegen und umkreiste ihn, spielerisch fast. Wäre da nicht jener sehnsüchtige Ausdruck in ihren Augen, die Trauer beinahe greifbar in ihrem Gesicht und eine kleine Hand, die einen der Beutelchen umfasst hielt, als befände sich dort ein ganz besonderer Schatz. Für sie war dieser Moment im See etwas Besonderes, ihr erstes Zusammentreffen mit einem ihrer Art - nunja, der Art ihres Vaters, welche sie auch als die Ihre ansah.
    Kea entfernte sich wieder ein Stück von dem Mira'Tanar und sah ihn fragend an.

  • Ihre Hand, die nach dem Beutel griff, seine Hand, die den Anhänger um seinen Hals fand. Mallalai verdrängte die Trauer, biss die Zähne zusammen und war froh über die langen Haare, die sein Gesicht in diesem Moment verbargen.
    Er streckte den Zeigefinger nach vorne Pass auf!


    Dann begann er zügig und anmutig Schwimmbewegungen zu zeigen, langsam erst, ihr zeigend, was er tat, was sie tun musste, um die Perfektion aus den Bewegungen zu holen, schneller dann, gleitend, spielend und leicht, wie ein Pfeil, Drehungen, so elegant wie es kein anderer Meeresbewohner tun konnte, dann Spiralen, die ihn höher schraubten, bis sie ihn schließlich aus dem Wasser katapultierten! Sprudelnd tauchte er wieder in das Wasser ein, hüllte sie in Luftblasen, kam ihr nah, bevor sein Schwung ihn von ihr fort trug. Das Wasser erzitterte und war mit einemal ruhig.


    Und was er ihr zeigte, zeigte er nur seinem Volk: er lächelte, strahlte über das Leben im Meer, das Gefühl des Fliegens, über den Zauber, der ihn noch gefangen hielt. Wieder vollführte seine Hand eine Bewegung: tu es mir gleich! forderte er das Mädchen auf: fliege!! Zeige mir, was in dir steckt!
    Mallalai wollte, dass sie den Mira'Tanar in sich zu vollem Leben erweckte, denn sonst würde das Mädchen, egal was sie selbst glaubte, den Druck des tiefen Meeres nicht ertragen.

  • Sie beobachtete ihn. Sie beobachtete ihn vollkommen genau, jede Bewegung, jede Drehung, seinen Sprung aus dem Wasser, sein Eintauchen, die Blasen, die sie kitzelten, als er ihr nah kam und sie kurz zum Lächeln brachte. Und als er sie aufforderte, es ihm gleich zu tun, da versuchte sie es. Fast wie von selbst gelang ihr seine Art sich zu bewegen, aufmerksam wirkte sie, versuchte eine Drehung, welche noch nicht ganz gelang, aber doch schon nahe an das kam, was er getan hatte. Sie bewegte sich mit eben jener Leichtigkeit durchs Wasser, mit der er sich bewegte und sie war begeistert! Sie fühlte sich frei, schwebend, pfeilschnell durchs Wasser gleitend. Ihr Herz schlug im Gleichklang mit ihren Bewegungen durch die Wellen und begeistert schwamm sie auf ihn zu, für einen Moment vergessend, lächelnd. Einfach frei..

  • Ja, so war es gut! Mallalai war zufrieden, die Kleine hatte Salz im Blut. Es würde ihr gelingen sich wie ein im Meer geborener Mira’Tanar zu bewegen. Für einen kurzen Moment wich der gequälte Ausdruck aus ihrem Gesicht, sie lächelte sogar und Mallalais Herz schmolz für das Kind.
    Wieder: pass auf! sagte sein Finger und seine Augen suchten ihre Aufmerksamkeit.
    Ohne seine ausgewachsene Kraft gänzlich zu verwenden, gab er dem Wasser einen geballten Schub, der das Mädchen erfasste. Die Unterwasser-Welle schob sie vor sich her, um in einiger Entfernung langsam zu verebben. Sie drehte sich ein wenig, aber es sollte ihr Spaß gemacht haben.
    Im Grunde war es eine Verteidigungstechnik, um sich Gegner vom Hals zu schaffen. Es würde ein wenig dauern, bis ihr dies in einer großen Welle gelingen würde, aber Wassermassen zu bewegen sollte sie beherrschen und es war Zeit zu üben.
    Mallalai zeigte auffordernd auf sie: jetzt du!

  • Kichernd ließ sie sich ein Stück weit von der Welle treibend. Mit Sicherheit würde sie, ein Kind, noch nicht die Kraft einer Welle hervorbringen können, die er gemacht hatte. Dennoch versuchte Kea es. Auch wenn ihre "Welle" ihn wohl eher kitzeln mochte, als ihn irgendwo hin zu schubsen, es schien ihr Spass zu machen. Gleich darauf schoss sie wieder in geschmeidigen Bewegungen durchs Wasser, weiter hinab und drehte sich dort - und diesmal gelang ihr auch die Drehung. Begeistert klatschte sie in die Hände und blickte zu dem älteren Mira'Tanar hinauf. Es schien ihm auch zu gefallen, dass er ihr etwas zeigen konnte und ihr gefiel es. Der Gedanke daran, das ihre Mutter das nicht mehr sehen würde können, machte sie traurig. Ihre Augen blitzten leicht auf, doch sie beobachtete Mallalai weiterhin aufmerksam, wollte wissen, was er als nächstes tat.

  • Scheinbar genoss sie die Übungen genauso wie er es auch tat. Und sie war so aufmerksam, so begierig zu lernen ...dann schmunzelte Mallalai, er hatte einen wunderbaren Gedanken.
    Seine Arme breiteten sich aus, sein Hals bog sich zurück und er rief, rief mit seinen meereselfischen Fähigkeiten in die Weite des Sees hinaus, das Wasser vibrierte in seinen Sinnen, seine Schüppchen zitterten. Er bezog das Kind ein in seinen Ruf, ihre Haut musste die Schallwellen aufnehmen, einem hellen Ton gleich, der durch das Wasser jagte.


    Dann kamen sie wie gerufen. Schwärme von Fischen, die sich vor dem Treiben versteckt hatten, schillernde Fische, große wie kleine, umschwärmten sie die beiden Mira'Tanar. Die sanften Tiere streiften das Mädchen und Mallalai streckte seine Hand aus, um die Fische zu berühren. Zärtlich strich er über sie. Er lockte das Mädchen mit seinem Finger und zeigte ihr, was er wollte.


    Sein Körper verschwand in einem dichten Gewirr von schillernden Leibern, wie sie schwammen, so schwamm auch er, drehten sie ab, so tat auch er es. Sie waren sein Versteck, sein Entkommen, seine Flucht. Freudig tauchte er daraus hervor und war auf einmal neben ihr. Seine perlmuttenen Augen musterten sie und nickten ihr auffordernd zu.
    Seine Wut war der angenehmen Ruhe gewichen.

  • Ein Schauder rann durch ihren Körper und als die Fische herankamen, leuchteten die Augen des Kindes auf. Sie beobachtete, was Mallalai tat und doch schien sie ein wenig Scheu zu haben, wollte wohl die Fische nicht verletzen. Ihre Fingerspitzen streiften sachte einen blauschillernden Fisch, als er an ihr vorbeischwamm und sie blickte dem Tier nach, ließ sich von den Fischen berühren und schien doch Furcht zu haben, sie könnte ihnen wehtun.


    Dennoch schienen die Tiere sie zu faszinieren, ihr zu gefallen und so drehte sie sich hin und her und sah den verschiedensten Fischen nach. Einen roten mit schwarzen Schuppenenden beobachtete sie besonders fasziniert, er war groß, größer als Keas Hände beide zusammen. Wieder erschien dieses stille Lächeln auf ihren Lippen und ihre Augen glitzerten stetig.

  • "Sie schwimmen zurück ins Meer, wenn die Ebbe kommt", sagte er auf Mira'Tanara, es war nicht wichtig, ob sie die Worte verstehen konnte, aber sie sollte die Sprache hören, sollte auf den Klang lauschen. Er zeigte in die Richtung, in die die Fische wieder entschwanden, jetzt wo er sie entließ.
    Die Arme an den Körper gelegt, die Beine eng zusammen, der Körper wie eine schlanke Welle schwamm er hinter ihnen her. Seine Kopf drehte sich zurück zu dem Mädchen. Würde sie ihm folgen? War ihre Neugier mächtig genug? Er würde sie nicht auffordern, es war ihre Entscheidung. Der sichere See oder das unbekannte Meer ... er würde auf sie Acht geben, sie beschützen. Er würde nicht versagen, seine Hand legte sich auf die große Narbe an seinem Bauch. Wasser schoss durch seine Kiemen, der Zorn brandete kurz auf: niemand würde ihr etwas tun!


    Das Seegras war hoch hier, es kitzelte am Bauch, trübes Wasser, süßes Wasser - das Meer war anders, gänzlich anders, wilder, schien unendlich, es drang mit all seinen Einflüssen auf die Sinne ein. Vielleicht sollte er sie hier in der Obhut ihrer Mutter zurücklassen? War es sicherer, besser für den jungen Seestern? Zog er sie etwa in Gefahr? Was, wenn sie nicht zurück wollte, wenn sie sich für das Leben im Meer entschied? Er wäre schuld an der Trauer einer Mutter, die Mann und Kind an den Ozean verloren hatte ... ungewiss runzelte er die Stirn. Eine Rückwärtsrolle brachte ihn zum Stillstand. Gedankenvoll starrte er zu ihr zurück. Hob die Hand zum Abschied. Er musste sie zurücklassen, hier in Sicherheit.

  • Doch Kea war bereits auf dem Weg zu ihm. Kein Zögern, kein Blick zurück. Etwas zog sie in das Meer, zu ihm. Zu der Sprache, die er gesprochen hatte, zu dem Klang der Stimmen der Wasserwesen, deren Erbe so stark in ihr war. Sie hielt an, nur wenig von ihm entfernt, als er seine Hand hob, wie zum Abschied. Keas Augen weiteten sich.. dann ein hastiges Kopfschütteln, Tränen in ihren Augen, die man doch im Wasser kaum erkennen konnte, ein mächtiger Schub in seine Richtung und dann der Griff nach seinem Arm, seiner Hand und wieder das Kopfschütteln.


    "Geh nicht!" schien die Körpersprache des Kindes förmlich zu schreien. "Nimm mich mit! Lass mich nicht alleine hier!"
    Nein.. sie wollte jetzt nicht zurück in die Stadt, gleich, ob Emiriel sich Sorgen um sie machte oder nicht. Sie fühlte es. Sie musste mit Mallalai schwimmen, hinaus ins offene Meer, in die Heimat ihres Vaters.

  • Mallalai hatte es geahnt, schon während er seine Hand wieder sinken ließ, sie war in seinem Netz gefangen, verstrickt in den Wellen, die Mira’Tanar war erwacht. Erschütterung in den großen Augen griff sie nach seinem Arm, legte die Finger zuerst auf die Waffenmanschette, dann fing sie seine Hand …ihr Kopfschütteln hielt ihn zurück. Langsam schlossen sich seine Augen, als er sie wieder öffnete war die Tatsache längst entschieden.
    Er legte seine Hand wie ein Wassertropfen auf die ihre, ließ sie abgleiten.
    „Ist in Ordnung, keine Furcht, kleiner Seestern“, meinte er auf Mira’Tanara. „Ich werde dich leiten, denn ich vermisste oft, dass ich jemanden gehabt hätte, der …“ Er brach ab. Bald schon würde der erste Abschnitt des Weges ihre Entschlossenheit auf die Probe stellen.


    So wandte sich der Mira’Tanar ab, um den Weg ins offene Meer einzuschlagen, versteckt im Teich, nah dem Boden, ein Höhleneingang hinter Seegras und Felsen; wissend, dass sie ihm folgte, dass sie sich nah bei ihm hielt.
    Vor dem dunklen Schlund stand er still im Wasser, wartete, dass sie ihn aufmerksam anblickte. „Wie rufe ich dich?“ Er zeigte auf ihre Brust und machte eine hilflose Geste.
    Dann wies er auf sich und fuhr mit einem Lächeln mit der Hand über sein Gesicht: Mallalai bedeutet schön!
    Es war wichtig, dass er ihren Namen wusste, dort drinnen war es sehr dunkel, über eine lange Strecke hinweg, der Ozean war gewaltig. Er brauchte einen Namen, der nur ihr gehörte, wenn er nach ihr rief.
    „Zeige es mir“, er lächelte aufgebend, wissend, dass sie dazu wohl kaum imstande war, denn sie verstand es nicht. „Weise auf etwas und ich werde dir den Namen nennen, wenn er dir gefällt, so nehme ihn für mich an.“ Er ging zu einem Stein, nannte den Namen in seiner Sprache. Zeigte auf das Gras, griff nach einem Fisch, die Namen sprudelten aus ihm heraus, eine Muschel, eine Schnecke… der Seestern: „Kea.“

  • Und als er den Seestern nannte, leuchteten ihre Augen förmlich auf und sie strahlte ihn an, wies entschieden auf den Seestern. Kea! Ja, das war ihr Name.. Kea, der Seestern. Ihr Blick richtete sich auf die Öffnung, vor der Mallalai angehalten hatte. Dahinter wartete das Meer, das große Meer. Die Mira'Tanar, die Heimat ihres Vaters.. ihr Vater. Und Gefahren, derer sich die kleine Halb-Mira'Tanar derzeit noch nicht wirklich bewusst war. Bis auf eine einzige. Yassalar. Der Gedanke jagte einen Schauder durch ihren zarten Leib und kurz wanderte ihr Blick nach oben, weit hinauf, wo nun die Stadt war. Dort, wo ihre Mutter durch einen Yassalar ums Leben gekommen war.


    Hiernach sah sie wieder zu Mallalai und legte ihren Kopf schräg, sah ihn mit einem kaum merklichen Lächeln an.
    Sie fühlte das Meer beinahe schon. Die Sehnsucht in ihrem kleinen Herzen war ihr noch fremd, doch sie hatte jener längst nachgegeben. Hinaus ins Meer, mit diesem Mira'Tanar. Hinaus in die Welt, in die sie vielleicht schon längst gehört hätte.

  • Ah, der Seestern fand anscheinend Gefallen, gut, sie waren einen Flossenschlag weiter. "Kea", wiederholte er noch einmal laut. Sie strahlte ihm ein Vertrauen entgegen, welches er nicht verdient hatte, gerade ihm, dem Einzelgänger, dem gequälten Ich. Einen Augenblick musterte er sie noch, dann drehte er und schwamm hinein, hinein in den Schlund, dort, wo sich süßes Wasser mit salzigem Meer vereinte ...



    [Fortsetzung hier]

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    Confusing what is real

    Einmal editiert, zuletzt von Mallalai ()

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