Erste Schritte ins Leben

  • Lysia sah zum Himmel. Sie hatte keine Ahnung wie lange die Zeitung auf hatte. Aber es würde schwer werden rechtzeitig zu kommen. Diesen Gedanken sprach sie jedoch nicht aus. Sie wusste auch nicht ob sie über einer Liste der Bewohner verfügten. Auch wenn sie es niemanden erzählte, konnte die kleine Feenelfe überhaupt nicht lesen. Im Wald brauchte man diese Fähigkeit auch nicht.
    "Du kannst ansonsten auch selber einer Anfrage veröffentlichen. Vielleicht meldet sich darau dein Vater oder jemand der ihn kennt. Ich weiß aber nicht ob das etwas kostet," sagte sie strahlend. Immer hin war das ihr eigentlicher Gedanke gewesen, auf den sie ziemlich stolz war.

  • Sedrik hörte diesmal genau zu, dann nickte er.
    "Ihr habt recht. Ich denke, das wäre das Beste, wenn ich wirklich einen Aufruf bei der Zeitung starte, vielleicht weiß ja wirklich jemand etwas von meinem Vater oder dessen Verbleib!" Sedrik stockte kurz und überlegte, ob er seiner Begleiterin seinen geheimsten Albtraumgedanken anvertrauen könnte, dann entschied er sich dafür.
    "Wisst Ihr, werte Lysia, ich habe schon seit Jahren die Befürchtung, mein Vater ist deshalb nicht mehr gekommen, weil man ihn erst mitsamt seinen Waren entführt hat und dann er aus beginnender Sympathie geblieben ist. Oder man ließ ihn nicht mehr zurück, um seine Familie wegen irgendwas zu bestrafen. Aber es ist nie ein Brief oder eine Forderung an uns gekommen und Mam hat sich oft Nächte lang die Augen rot geweint. Einmal hat sie auch vermutet, dass er in der Stadt eine neue Familie gefunden hat. Er war immerhin ein attraktiver Mann, auch wenn er Bauer war."
    Sedrik schluckte. Obwohl ihn dieser Gedanke viele schlaflose Nächte gekostet hatte, spürte er jetzt, wo er ihn laut aussprach, dass dies nicht der Grund sein konnte, der seinen Vater von der Seite der Familie gerissen hatte. Denn einer aus den damals ausgesandten Suchmannschaften hätte davon gehört und Sedrik wusste tief in sich, dass der Vater seine Familie genauso geliebt hatte, wie er sein Gut und seine Arbeit darauf liebte. Dann fiel Sedrik etwas ein, das die Feenelfe noch gesagt hatte. Er zwirbelte kurz seine Bartlocken, um seine innere Unruhe etwas abzubauen und meinte nun wieder mit einem kleinen Lächeln:
    "Ach wenn es sich nur um Geld handelt, daran soll es nicht scheitern. Doch wenn wir nicht mehr rechtzeitig diese Zeitung erreichen sollten - der Tag ist doch schon weit fortgeschritten - wäre es in Euren Augen sehr unverschämt, wenn wir vorher das Gasthaus aufsuchen? Wisst Ihr, in meinem Magen herrscht zur Zeit absolute Leere und ein großer Krug Wasser wäre auch das Beste, das noch immer leicht vorhandene Kratzen im Schlund zu lindern. Ausserdem muss ich mich auch noch nach einem Quartier umsehen, aber vielleicht kann ich dieses auch im Gasthaus bekommen." Sedrik nickte bekräftigend und hoffte insgeheim, dass die Speisenkarte auch die von ihm vorgesehene Beerentorte für Lysia beinhalten würde. Das war das Mindeste, das er als Dank für ihre Begleitung tun konnte. Tief in sich und ohne es sich einzugestehen fühlte er plötzlich Traurigkeit erwachen, wenn er an den bevorstehenden Abschied von der Feenelfe Lysia dachte. Ob er sie dann noch jemals wiedersehen würde?

  • Lysia hörte ihm zu. Sie fand es schade, dass er traurig war. Während sie ihm mit ihrer kleinen Hand den Arm tätschelte, entgegnete: "Niemand bleibt bei seinem Entführer. Sicherlich wünscht er sich auch nichts sehnlicher als zu seiner Familie zurück zu kehren. Das geht doch allen so."
    Die Feenelfe bemerkte, dass sie nicht ganz ehrlich gewesen war. Sie war weit weg von ihrer Familie und auch wenn sie sie manchmal etwas vermisste, hatte sie nicht vor so schnell dorthin zurück zu fliegen. Dafür war das Leben in der Stadt zu aufregend. Immer gab es noch etwas Neues zu lernen und neue Bekanntschaften zu machen.
    "Ich glaube auch nicht, dass wir es rechtzeitig schaffen. Dann gehen wir erst in das Gasthaus und am nächsten Morgen zur Zeitung."
    Jetzt sah auch Lysia die ersten Anzeichen von Nir'alenar und lächelte erleichtert. Sie ließ sich wieder auf ihre Füße nieder um neben Sedrik zu gehen.

  • Obwohl Sedrik bisher neugierig gewesen war, wie weit sich die Stadt verändert hatte, bekam er nun doch etwas Bauchgrimmen. Aus dem Augenwinkel erkannte er, dass sich Lysia wieder auf ihre Füße nieder gelassen hatte. Es würde jetzt also nicht mehr lange dauern, bis er auf den Spuren seines Vaters wandeln würde.
    Ganz kurz dachte er zurück an seinen Onkel, doch dieser hatte einen anderen Weg betreten und Sedrik wäre nicht um viel Geld oder schöne Worte umgekehrt.
    Sedrik warf einen schnellen Blick zu seiner Begleiterin und musste lächeln. Ihre Zöpfe passten gut zu ihr und er war nachträglich nochmals froh, dass er die Feenelfe erfreuen hatte können. Sedrik wandte den Blick wieder nach vorne und meinte - unwillkürlich seinen Gedanken laut aussprechend:
    "Ich denke, jetzt wirds ernst. Aber ich bin ja schon ein großer Junge, trotzdem klopft mir das Herz bis zum Hals!"

  • Die Feenelfe wandte ihren Kopf den Begleiter zu und grinste. Wie aufgeregt er war. Sie nahm seine Hand in ihre. Sie war größer als ihre, doch vielleicht gab es ihm etwas Mut.
    "Wir sind gleich da. Keine Sorge, es wird schon gut gehen," sagte sie gut gelaunt.
    Sie nickte ihm zu.

  • Ehe Sedrik etwas erwidern konnte, meinte eine raue Stimme:
    "Nein, ist das süß! Zwei so nette Leute und ganz alleine auf weiter Flur!" Ein etwas seltsames Lachen folgte den Worten. Sedrik war zusammen gezuckt, jetzt sah er sich um. Drei verwegen wirkende Gestalten mit oftmals geflickten Hosen und Jacken standen grinsend neben einem Gebüsch und eine dieser Gesdtalten lehnte ziemlich lässig an einen verkrüppelten Baum und spielte mit schmutzigen Fingern in seinem verwildert wirkenden Bart. Sedriks Augen verengten sich und er ahnte, dass es sich bei den Dreien sicher nicht um ein Empfangskommitee der Stadtbewohner handelte. Jener, der am Baum lehnte, stieß sich ab und kam näher. Sedrik warf einen schnellen Blick über die Umgebung und zu Lysia.
    "Es ist niemand da, der dir helfen könnte, Bürschchen! Aber vielleicht sind wir ja lieb zu dir und deiner kleinen Freundin, wenn du uns deine Freundlichkeit in Form deiner und ihrer Barschaft zeigst!" Der verwilderte Bart klaffte auseinander und ziemlich verfaulte Zähne wurden sichtbar.
    "Den Teufel werde ich tun!" entfuhr es Sedrik und er errötete, als ihm Lysias Nähe einfiel. Langsam und vorsichtig glitt eine Hand zu dem Säckchen mit den Steinen für die Schleuder. Die andere Hand glitt an den Gürtel, wo die Schleuder hing und er zog sie vorsichtig und langsam hervor, legte einen der Steine - einen kleinen, runden - hinein und begann mit einer ziemlich plötzlich wirkenden, kreisenden Handbewegung die Schleuder zu bearbeiten. Nun grinsten nicht nur der eine, sondern auch seine beiden Kumpane.
    "Sollten wir uns jetzt vor deiner Schleuder fürchten? Uuhh! Ja, wir haben jetzt große Angst!" spottete der Bärtige mit den Faulzähnen. Sedrik ließ die eine Schlaufe los und der Stein prallte dem Bärtigen genau auf den Bauch. Dieser krümmte sich und nun gingen die restlichen Banditen zum Angriff über. Sedrik hoffte nur, dass Lysia sich in Sicherheit bringen könnte, ehe die Banditen ernst machten.

  • Lysia brauchte einen Moment bis sie das Geschehen verstand. Räuber!
    Ihr Gésicht wurde rot. Schock, Überraschung, Angst, Wut durchfuhren sie, während sie sich hastig nach einer Lösung umsah. Sie hatte das bisschen Geld doch gerade erst verdient, da durften die ihr das doch nicht shcon wieder wegnehmen. Sollten sie sich doch Arbeit suchen.
    Sedrik schien ähnlicher Meinung zu sein. Doch nun gingen sie zum Angriff über. Lysia hätte einfach wegfliegen können, doch was war mit Sedrik? Konnte sie ihn alleine lassen?
    Vielleicht würde sie ja....nun sie glaubte selbst nicht daran, doch einen Versuch war es wert. Sie stellte sich hinter ihn, fasste um ihn so weit es ging und versuchte hochzufliegen. Natürlich gelang das nicht.


    Sie entdeckte einen Baum mit Nüssen und flog zu ihm. Auf einem Ast ließ sie sich nieder und begang die Banditen mit den Nüssen zu bewerfen.

  • Sedrik war so in seine Verteidigung eingesponnen, dass er erst überrascht kurz inne hielt, als etwas dunkles einem der Räuber mitten auf die Stirn klatschte und einem anderen Angreifer einen Schmerzschrei hervor lockte, als ebenfalls etwas dunkles sein Auge traf. Es schwoll sofort zu und erst jetzt erkannte Sedrik, dass vor dem in ein Wimmern ausgebrochenen Angreifer eine mittelgroße, dunkle Nuss lag. Unwillkürlich musste Sedrik grinsen, denn er vermutete, dass dies das Werk seiner Begleiterin war.
    Erneut legte er rasch einen Stein in die Schleuder, doch diesmal war der letzte, noch nicht verletzte Angreifer, schneller und versetzte ihm einen harten Boxschlag auf die rechte Schulter. Kurz blieb Sedrik die Luft weg. Ein zweiter Schlag traf ihn auf die gleiche Stelle, da er abgelenkt war. Der Schmerz verstärkte sich.
    "Na Jüngelchen? Hast schon genug?" fragte der Angreifer und kieckste erschrocken auf, als Sedrik trotz der durch den letzten Schlag ausgelösten Armlähmung, seinen Kopf in den Magen des Fragers drückte. Kurz knackste es in Sedriks Genick und ein heißer Schmerz fuhr ihm über die Schädeldecke. Doch er hatte den einen Angreifer ausgeschaltet. Dieser fiel ohne ein weiteres Wort auf die Knie, schließlich auf den Bauch und rührte sich nicht mehr.
    Ein langgezogener Schrei klang vom Himmel her und Sedrik hob den Kopf. Langsam verschwanden Schmerz und Lähmung im Arm und als er den Adlervogel sah, dachte er kurz bei sich:
    "Wenn ich jetzt ein anderes Wesen sein könnte, wäre ich gerne dieser Adlervogel dort oben! Denn dann könnte ich mit Lysia weg fliegen und die Räuber hätten das Nachsehen!"
    Doch die beiden übriggebliebenen Angreifer ließen ihm keine weitere Luft mehr und drangen erneut auf ihn ein. Sedrik war froh, dass Lysia nicht in unwittelbarer Gefahr war.Und er war stolz auf ihre fantasievolle Verteidigungsart.
    Schließlich wollte er nun das Drama zu seinen und Lysias Gunsten wenden, holte eines seiner Messer aus dem Gürtel und drang auf den vor ihm stehenden Angreifer ein. Er konnte ihm einige sicher nicht lebensbedrohliche Schnitte versetzen. Aber wenn den Angreifern die Lust auf die Geldmittel der beiden Wanderer verging, war schon viel gewonnen.

  • Lysia hielt die Luft an als sie sah wie einer der Gauner Sedrik traf. Sie hätte auch auf ihn Nüsse geschmissen, doch ihre Angst Sedrik zu treffen war viel zu groß. So musste sie einfach nur zusehen. Als er der Böse zu Boden ging, atmete sie erleichtert aus.
    Sie hatte gar nicht an die restlichen Angreifer gedacht. Nun bereute sie es, diese nicht die Zeit über beworfen zu haben. Der eine war bereits bei Sedrik. Sie konnte also nichts tun. Doch den anderen nahm sie ins Auge un d warf nach ihm. Hin und wieder glitt ihr Blick zu ihrem Freund, der im Gegensatz zu ihr tatsächlicher Gefahr ausgesetzt war.

  • Sedrik zögerte etwas zu lange, als er wieder den Angriffsbeschuss Lysias bemerkte. Dass dies ein grober Fehler war, erkannte er schneller, als ihm lieb war. Denn sofort ging sein Gegner zu einem neuerlichen Angriff über. Und Sedriks Zöpfe waren das Ziel. Es durchfuhr Sedrik wie ein scharfes Reißen, als der Angreifer rasch nach Sedriks Zöpfen griff und fest daran zog. Unwillkürlich entfuhr diesem ein keuchender Laut.


    Während er versuchte, aus dem Griff des Mannes zu entkommen, ohne dass seine Haare mitsamt der Haut sich von seinem Kopf lösten, bemerkte er im Augenwinkel, dass der eine, den Lysia mit den Nüssen bombadiert hatte, zu dem Baum trat und diesen mit aller Kraft zu schütteln begann. Sofort kam ein ganzer Regen Nüsse herunter und prasselte dem Mann auf Schultern, Kopf und sonst wohin. Sedrik konnte sich eines belustigten Grinsens nicht erwehren. Kurz dachte er daran, dass auch die Feenelfe mit einigen Nüssen vom Baum geschüttelt werden konnte.
    Langsam spürte Sedrik tief in sich einen gewaltigen Zorn aufsteigen. Dieser Zorn schwoll an und dies schneller als Sedrik dachte. Schließlich entlud sich dieser Zorn in einem heftigen Schulterwurf mit dem Sedrik seinen Angreifer loswurde und in weiteren Hieben bei den restlichen Räubern, die plötzlich keine Lust mehr hatten die beiden Wanderer weiter zu bedrängen. Der eine mit dem zugeschwollenem Auge kümmerte sich um seinen noch immer bewußtlosen Kumpel und machte sich daran, den Kampfplatz zu verlassen. Der einzige, der noch da war, war jener der den Baum noch immer mit aller Kraft schüttelte. Sedrik konnte nicht länger zusehen. Er nahm sein Messer in die andere Hand, drückte dieses den Baumschüttler in den Rücken und keucht diesem ins Ohr:
    "Wenn du nicht bald aufhörst und verschwindest, werde ich mich vergessen und dich in die Unterwelt befördern. Du und deine Freunde bekommt nichts von uns und sollte ich dich oder einen der anderen irgendwo sehen, weiß ich nicht, ob ich euch nochmals laufen lasse. Ich habe ein gutes Gedächtnis und weiß nun, wie ihr alle ausseht. Also verschwinde, bevor ich mich vergesse!"


    Trotzdem Sedrik diese Worte hart und doch verächtlich hervor stieß, war ihm nicht besonders tapfer zumute. Doch er hatte nicht vor seine vorhandene Angst zu zeigen.
    Er atmete auf, als der letzte Angreifer den Baum losließ, einen letzten Blick zu den Ästen hoch warf, eine drohende Gebärde folgen ließ und endlich zu verschwinden.
    Sedrik warf einen Blick ebenfalls zu den unteren Baumästen, doch er sah nur einige Nüsse dort hängen. War Lysia etwas passiert?
    "Ich denke, Ihr könnt nun herunter kommen. Die Kerle werden in den nächsten Minuten wohl nicht mehr zurück kommen! Und durch den Kampf hat sich mein Hunger verstärkt. Ich denke, Ihr seid auch nicht satt geworden, oder?" Ohne dass es Sedrik bewußt war, musste er bei dem Gedanken an den Baumschüttler grinsen. Er hoffte nur, dass der Feenelfe wirklich nichts ernstes geschehen war. Das würde er sich nämlich nicht verzeihen.

  • Lysia kam den Baum heruntergeflogen und sah Sedrik einen Moment stumm an. Der Schrecken und die Angst standen ihr noch immer in das Gesicht geschrieben. Außerdem war sie etwas verwirrt, ob der Worte Sedriks. War das letzte ein Witz gewesen? Freute er sich über diesen?
    Sie rieb sich mit der Hand den Kopf, wo eine Nuss sie getroffen hatte.
    "Danke für die Rettung. Geht es euch gut," fragte die Feenelfe leise. Bisher hatte ihr noch niemand weh tun wollen oder berauben. Sie hatte zwar oft davon gehört, doch noch nie erlebt, wie gemein Menschen werden konnten.

  • "Mir geht es gut. Abgesehen davon, dass ich etwas Schädelbrummen und etwas schmerzende Fingerknöchel habe, ist mir nichts passiert. Ich hoffe Euch auch nicht!" erwiderte Sedrik besorgt und betrachtete die Feenelfe genauer. Ihr bleiches Gesichtchen wollte ihm gar nicht besonders gefallen. Doch war es sicher nur der Schreck, der sie so blass aussehen ließ! Hoffte Sedrik erstmal.
    "Findet Ihr nicht, dass wir uns jetzt beide unser gutes Essen verdient haben? Ich denke, wir sollten rasch diesen Ort hier verlassen und in die Sicherheit der Stadt eintauchen. Ehe womöglich das Gasthaus auch noch zusperrt und nicht bloß die Zeitung!" Sedrik deutete auf den während des Kampfes verfärbten Himmel. Es war eindeutig Abend geworden. Und ihm war es nicht einmal richtig zu Bewusstsein gekommen. Die Zeit war ihm nicht so lange vorgekommen. Doch wenn sie noch länger hier standen könnten die Räuber auf die Idee kommen und sie nochmals überfallen wollen.
    Sedrik zwirbelte kurz seine Bartlocken und betastete seine Zöpfe, ob sie auch noch immer dran und auch relativ ordentlich gebunden waren, dann holte er seinen Beutel, den er vorhin fallen gelassen hatte, hob einige der am Boden liegende Nüsse auf und steckte sie ein. Als kleines Zwischendurch konnte er sie sicher gebrauchen. und es war ja schade darum, die schon herunter gebeutelten Nüsse auch noch liegen zu lassen.
    Nach einem Blick umher sah er die Feenelfe an und schmunzelte. Ja, dieses Wesen war schon etwas besonderes.
    "Wollen wir?" fragte Sedrik und sein Lächeln vertiefte sich. Er war ganz froh, dass er sie getroffen hatte und dass er Freundschaft für sie empfand. Ja, der Gedanke an diese Begegnung und die kurze Begleitung würde ihn noch am warmen Herdfeuer im hohen Alter erfreuen. Umringt von zahlreichen Enkeln und Urenkeln.
    Sedrik konnte sich eines Kichern nicht erwehren und um nicht gleich als Dummkopf vor seiner Freundin zu stehen, erklärte er ihr:
    "Verzeiht, dass ich mich so seltsam verhalte, doch ich dachte eben daran, dass ich diese denkwürdige Begegnung mit Euch, verehrte Lysia, mein Lebtag nicht vergessen werde und noch den Enkeln und Enkelkindern erzählen werde, wie tapfer und fantasievoll meine Freundin Lysia den Zusammenstoß mit den Räubern begegnet war!" Sedrik zwirbelte erneut kurz den Bart, dann deutete er mit der Hand in Richtung Nir'alenar und sagte, mit einem erwartungsvollen Funkeln in den Augen: "Nach Euch, verehrte Freundin!" Er schulterte den Beutel und hoffte, Lysia war auch bereit.

  • Lysia's Gesicht hatte vorher schon langsam etwas Farbe zurück gewonnen. Auch sie war froh dem freundlichen Mann begegneet zu sein. Immerhin hatte er sie beschützt und auf sie aufgepasst. Dass sie ohne ihn wohl einfach weggeflogen wäre, daran dachte sie gar nicht mehr. Bei seinen letzten Worten, war das Strahlen in ihre Augen zurückgekehrt und ihre Wangen hatten einen Rotton angenommen. Stolz füllte ihren ganzen kleinen Körper aus und ließ das freudige Grinsen aus ihrem Gesicht nicht mehr weichen.
    So ging sie nun vor und überlegte kurz was sie sagen konnte um den Mann für seine Worte zu danken.
    "Und ich werde den anderen Feenelfen erzählen, wie ihr mich beschützt habt," sagte sie schließlich bestimmt.

  • Sedrik, der mit seinen Gedanken bereits bei der Weiterreise war, sah überrascht und kurz etwas irritiert seine Begleiterin an, dann überzog tiefe Röte sein Gesicht, als ihm der Sinn von Lysias Worten aufging. Er verneigte sich unwillkürlich vor ihr und meinte, nachdem er sich zweimal geräuspert hatte, um diesen lästigen Knoten im Hals verschwinden zu lassen:
    "Lysia, Ihr seid das liebwerteste Wesen, das ich je kennen gelernt habe. Es ist mir eine besondere Ehre und Freude, einen Teil meines Weges in Eurer Gesellschaft verbracht zu haben!"
    Kurz schluckte Sedrik und wandte sich - für seinen Geschmack - heftiger von seiner Begleiterin weg, als nötig gewesen war. Doch er wollte sie nicht irritieren, wenn sie bemerken sollte, dass seine Augen wieder einmal feucht geworden waren.
    Nun waren die Häuser deutlich zu unterscheiden und sein Herz begann wieder heftiger zu schlagen. Kurz fragte sich Sedrik, ob ihm die Stadt noch immer so vorkommen würde, wie er sie in Erinnerung hatte. Oder ob es im Gasthaus für ihn, einen Bauernsohn, auch die Gelegenheit gab, ein relativ bescheidenes Quartier zu ergattern. Er war zwar nicht arm, konnte sich auch - wenn es sein müsste - eine besondere Herberge leisten, aber solange er keine Arbeit hatte, bei der er weitere Geldmittel verdiente, sollte und musste er mit seiner jetzigen Barschaft vernünftig und vorsichtig umspringen.
    Sedrik atmete seltsam erleichtert auf, als er den ersten Schritt auf die Straße setzte, die auf das noch offene Stadttor zu führte. Das nächste Abenteuer konnte beginnen. Er war bereit dazu!

  • "Wollen wir noch schnell bei der Zeitung vorbeigehen? Oder gehen wir gleich in das Gasthaus?" fragte sie.
    In Gedanken saß sie bereits an einem Tisch und aß leckere Speisen. Ihr stieg bereits derGeruch in die Nase.
    Darcas und Amelie würden auch bis zum nächsten Tag warten können.
    Fröhlich sah sie zu Sedrik. Sie ahnte wie die Antwort ausfallen würde, doch sie hatte immer noch die Hoffnung, dass er doch das Gasthaus vorziehen würde. immerhin hatte er großen Hunger. Außerdem hatte das vorhin, vor dem Überfall, fast so geklungen.

  • Sedrik dachte nach, wie er sich wohl entscheiden sollte. Er war eigentlich in die Stadt gekommen, weil er sich hier Arbeit versprach und er etwas anderes machen wollte, als er bisher getan hatte. Die Suche nach seinem Vater, der bereits so lange verschollen war, konnte auch noch am nächsten Tag beginnen,oder einen Tag danach. Sollte der Vater wirklich hier wohnen und sogar eine Familie haben, dann würde er sicher nicht weg laufen.
    Sedrik nickte unwillkürlich und meinte dann, sich an die Feenelfe wendend:
    "Ich denke, wir beide sollten uns jetzt erst einmal stärken. Denn mit leerem Magen würde die Suche nicht so gut beginnen. Mein Vater ist schon so lange verschwunden. Ich weiß, das hört sich jetzt ziemlich kalt an, aber ich denke, zuerst sollten wir uns den Magen füllen und ein Quartier für die kommende Nacht suchen. Zumindest für mich gilt das Letztere. Ich denke, dass Ihr sicher wisst, wo Ihr Euer Haupt hin bettet. Und morgen kann ich dann diese Suchsache besser und vor allem nicht so müde wie ich jetzt bin, angehen." Sedrik schwieg kurz und überlegte, ob er seinen Vorschlag auch noch vorbringen sollte, dass er sich andern Tags mit Lysia zu diesem Besuch bei der Zeitung zu treffen, ob er etwas unverschämt wäre. Doch dann nahm sich Sedrik ein Herz und brachte etwas verlegen hervor:
    "Würdet Ihr mir morgen die Freude und Ehre machen, mich zu dieser Zeitung zu begleiten? Ihr braucht auch gar nicht zu warten, wenn Ihr Wichtigeres vorhabt. Aber ich würde es leichter haben, wenn Ihr mir - sozusagen - als Wegweiser helfen würdet. Wenn Ihr natürlich schon Wichtigeres vorhabt, dann natürlich nicht!"
    Sedrik hätte vollstes Verständnis, wenn Lysia froh wäre, von seiner Begleitung endlich befreit zu sein. Andererseits würde er nicht alleine in der für ihn fremden Stadt sein. Denn er würde schon einen Bewohner kennen, und dieser würde ihm wohlwollend gegenüber sein. Dass er diese angenehme Begleitschaft der Feenelfe noch länger genießen wollte, das gestand er weder ihr noch sich selbst ein. Gespannt auf die Entscheidung der Freundin warf er Lysia einen raschen Blick zu.

  • Lysia sah ihn überrascht an. Nicht, weil sie verwundert war, dass er ihre Begleitung auch für morgen wünschte. Viel mehr deswegen, weil sie davon ausgegangen war, dass sie ihn begleiten würde.
    "Natürlich! Du weißt doch gar nicht wo die Zeitung ist. Sonst verläufst du dich noch." Sie überlegte kurz. "Wir können uns gleich morgen Vormittag treffen. Ich habe vorher nur eine Kleinigkeit zu erledigen." Die Feenelfe nickte eifrig.
    "Dann gehen wir erst einmal etwas Essen." Der Feenelfe knurrte bereits der Magen, was man nun auch hören konnte und ihr ein Lachen entlockte. "Wir sollten uns beeilen." Dabei glitten ihre Gedanken kurz zum Park, wo sie die Nacht verbringen würde und sie beneidete Sedrik, dass er würde im Gasthaus schlafen dürfen.

  • Sedrik war froh, dass Lysia nichts dagegen hatte, einen weiteren Tag oder auch nur einen Teil davon in seiner Gesellschaft zu verbringen. Ja, der Vormittag wäre wohl der rechte Zeitpunkt, diese Zeitung aufzusuchen, obwohl Sedrik keine große Hoffnung hatte, dass eine Suchannonce etwas bringen würde. Zuviel Zeit war inzwischen vergangen und wer sollte sich schon an einen Bauern erinnern, der seine Familie verlassen hatte um seine Ernte zum Markt zu bringen und in der Stadt verloren ging? Doch Sedrik wiollte seine Begleiterin nicht mit solchen Überlegungen verunsichern und auch nicht ihren ihn rührenden Eifer bremsen.
    "Wenn wir uns später gesättigt haben, würdet Ihr mir die Freude machen, liebste Lysia, danach auch ein Übernachten im Gasthof in Erwägung zu ziehen? Ausser Ihr habt schon ein Zimmer, oder ein Haus, in dem Ihr Euch zur Ruhe begeben könnt. Wenn nicht, wäre es mir eine Freude, Euch damit zu versorgen."
    Sedrik sah seine Begleitung fragend an und hoffte insgeheim, dass sie sein Angebot annehmen würde. Denn es war in seinen Augen das mindeste, das er noch tun konnte. Immerhin hatte sie ihre Zeit und Geduld geopfert und seine Gegenwart ertragen. Kurz gab er sich einen inneren Rüffel, denn sonst dachte er nicht so herabsetzend von sich selbst. Doch dieses Wesen neben ihm brachte Sedrik etwas aus seinem seelischen Gleichgewicht. Wobei er nicht einmal deffinieren konnte, wodurch. Es war eben so.

  • Einen Moment huschte die Überlegung ob Sedrik ihre Gedanken gelesen haben konnte durch ihren Kopf. Doch das war ja nicht möglich. Und so umarmte die Feenelfe den jungen Mann überglücklich. Schon lange hatte sie das einmal ausprobieren wollen. Immerhin war sie für solche Erfahrungen in die Stadt gekommen und hatte sich sogar Arbeit gesucht.
    "Gerne, gerne," rief sie erfreut aus und ließ ihn nun wieder los. Statt weiterzugehen benutzte sie nun wieder ihre Flügel. Ihr Strahlen zog sich nicht nur über die Lippen, sondern war auch in ihren Augen zu sehen.
    "Komm, komm," forderte sie ihn auf sich etwas mehr zu beeilen. Sie konnte es gar nicht mehr erwarten das Gasthaus zu erreichen.

  • Sedrik wurde von Lysias Gefühlssturm beinahe überrumpelt. Doch gleichzeitig war er froh, dass er seiner Freundin eine Freude machen konnte. Obwohl es in seinen Augen eine Selbstverständlichkeit war, dass er sie nicht bloß zum Essen, sondern auch zum Nächtigen einlud.
    Sedrik beschleunigte seine Schritte, als ihn Lysia wieder los gelassen hatte. Er sah trotz der Eile, die die Feenelfe nun an den Tag legte, neugierig umher in den Gassen und Straßen, durch die sie gingen. Immer wieder verglich er seine Erinnerung an den Besuch der Stadt in seiner Kindheit mit dem heutigen Aussehen. Sie hatte sich verändert, keine Frage. Die Strassen waren noch immer so breit, wie er sie damals gesehen hatte. Doch viele neue Häuser standen an Plätzen, an die er sich nicht mehr erinnern konnte. Sedrik fühlte kurz Unsicherheit in sich hoch steigen. Sie bogen in eine weitere Gasse ein und sein Blick fiel auf das Haus, das beinahe am Ende der Gasse stand. Ja, so hatte er das Gasthaus in Erinnerung. Nicht mehr so "normal", wie es jetzt wirkte, sondern mehr imposanter. Konnte natürlich auch daran gelegen haben, dass er damals noch klein gewesen war. Da erscheint manches größer, als es in Wahrheit war.
    Unwillkürlich atmete Sedrik auf und beim Gedanken an warmes Essen lief ihm im Mund das Wasser zusammen. Kurz sog er die Luft durch die Nase und hoffte, dass es auch wirklich noch warme Speisen gab. Er warf einen Blick zu Lysia und fragte sie:
    "Das ist das Gasthaus, nicht wahr? Ihr könnt Euch alles bestellen, was ihr wollt. Hoffentlich hat man hier auch Gästezimmer. Aber ich denke schon!" Sedrik nickte der Feenelfe, aber besonders sich selbst bestätigend zu und hoffte sehr, seine gezeigte Zuversicht würde nicht mit der Wirklichkeit kollidieren. Sedrik war froh, dass er so weit gekommen war. Nun noch am nächsten Tag zu dieser Zeitung, wobei er sich keinerlei Chancen ausrechnete und dann war Arbeitssuche angesagt. Denn seine Barschaft würde ziemlich schrumpfen, wenn er nichts zu deren Vermehrung tun würde.
    Er blieb vor dem Gasthaus stehen, besah es sich wieder genau und streckte die Hand aus, um die Türe zu öffnen. Doch da sich Lysia sicher besser auskannte hier und überhaupt, ließ er ihr den Vortritt. Er würde nur den Schritt tun, indem er die Türklinke drücken und die Türe aufstoßen würde. Diese Tür würde nicht nur in den Gasthof führen, sondern auch sein altes Leben von dem neuen, das sich bereits abzeichnete, trennen. Na, ihm konnte das nur recht sein und so öffnete er die Türe und ließ Lysia den ersten Schritt tun.

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