Ein unwissender Gast

  • Lysia öffnete die Tür des Zauberbrunnens und blieb erst einmal staunend stehen. Das Gebäude sah von außen schon eindrucksvoll aus, aber von innen, war es einfach unbeschreiblich.
    Lysia flog gleich auf die Bäume zu und landete davor wieder auf ihren Füßen.
    "Das ist schön," sagte sie laut. In ihrer Heimat waren die Häuser an den Bäumen fest und hier waren ganze Bäume in Häusern? Sie ging einmal um ihn herum und prüfte ob er echt war. Dann sah sie nach oben und lächelte breit.
    So war das also.

  • Dort oben auf der Krone würde sie bestimmt gut schlafen können und es war besser als richtig draußen übernachten zu müssen.
    Sie würde nachher einmal fragen müssen.
    Viel wichtiger war aber die Frage, wie sie hier etwas zu essen bekommen konnte.
    Sie hatte zwar eine.....was zum tauschen gefunden, aber sie wusste nicht wieviel sie davon brauchen würde.
    Darum ging sie an den Thresen und fragtel.
    "Guten Tag. Kann man dafür was zu essen bekommen?" fragend sah sie die Kellnerin an und hielt eine Krabbe hoch.

  • Jamil hatte sich den ganzen Tag in der Stadt herumgetrieben. Es war nicht einfach, ein geeignetes Objekt für seine Flaschensammlung zu finden. Es war wie verhext aber im Gegensatz zu seiner Heimat fand man hier nur selten schöne Flaschen. Die Suche hatte ihn ein wenig ermüdet und so hatte er beschlossen, in die nächste Taverne einzukehren. Zufällig war dies der Zauberbrunnen, dessen Ruf vorzüglich war. Jetzt würde der Windmagier einfach die Chance wahrnehmen und diesen Ruf testen. Der Dunkelhäutige aus dem heißen Basharban betrat das Innere der Taverne.

  • Lysia drehte sich nach dem neuen Gast um und starrte ihn an.
    Jemanden mit so brauner Haut hatte sie noch nie gesehen. Ob er sich schon für den Maskenball angemalt hatte?
    Das wollte sie unbedingt wissen.
    Ohne auf die Antwort der Kellnerin zu warten, ging sie zu ihm. Dann flog sie ein Stück hoch und strich ihm über die Wange.
    "Ist das Farbe?" fragte sie neugierig und sah zu ihm hoch

  • Jamils Gesicht sprach Bände. Farbe? Seine Augen schauten ungläubig auf die Person, die das sagte. Neben ihm materialisierte sein bester Freund Hassan lautstark lachend. Die magische, männliche Fee des Djirins war sichtlich amüsiert. "Farbe. Ja der ist gut. Jamils Haut ist angemalt. Bei den Göttern."


    Der fast zwei Schritt große dunkelhäutige Hüne aus den heissen Wüsten der Sommerlande schüttelte verneinend den Kopf. "Nein, das ist keine Farbe. Da wo ich herkomme findet man sehr viele Menschen mit dieser Hautfarbe. Die Sonne in meiner Heimat ist heiß und leuchtend, nicht wie hier. Und was bist Du? Eine Fee die ohne ihren Zauberer unterwegs ist?"

  • Lysia warf kurz einen bösen Blick zu der Fee. Dann sah sie Jamil ungläubig an. "Es gibt da viele mit so dunkler Haut? Ist es dir denn hier jetzt zu kalt? Frierst du? Und geht die Farbe wieder weg, wenn du länger hier lebst....?"
    Dann fügte sie mit einem Blick auf seine Fee hinzu: "Natürlich bin ich keine herumstreunende Fee. Ich bin eine Feenelfe und viel größer als die. Außerdem gehöre ich keinem Magier." Sie bedachte dabei die Fee erneut mit einem böslichen aber auch abschätzigen Blick.

  • Der Wirt des Zauberbrunnens hatte Elaiya erneut ein Engagement für einen Abend gegeben, wie damals, als sie Sicil kennengelernt hatte. Die junge Bardin und Zaubersängerin war dem keinesfalls abgeneigt, denn erstens fühlte sie sich im Zauberbrunnen sehr wohl, zweitens kam auch der zusätzliche Verdienst gelegen - so gut besucht war ihre Musikwerkstatt nicht - und drittens konnte es auch nicht schaden, sich in dem Genre einen Namen zu machen. Sie hatte sich für diesen Abend daher einige Mühe gegeben, die Garderobe sorgfältig ausgesucht - ein schimmerndes Gewand in goldenen Tönen, das ausgezeichnet mit ihrem Haar und ihren Bersteinaugen harmonierfte und ihre Figur sehr gut zur Geltung brachte - und zugleich vom Schnitt her deutlich machte, dass sie dryadischer Herkunft war, denn der Stoff war leicht, fließend und anschmiegsam. SAls das Gasthaus sich langsam füllte, stimmte sie ihre Harfe nocheinmal und ließ sich dann damit in der Mitte der Gaststube nieder. Sie begann mit einem leisen Vorspiel auf ihrer Harfe, bei dem die Töne wie Regentröpfen plätscherten. Erst nach einigen Minuten begann sie zu singen, ein getragenes Lied, das von der Sehnsucht der Dryaden erzählte, nach dem Sonnenschein über den Wellen. Elaiyas Stimme war ein sanfter, klarer und gleichzeitig tragender Mezzosopran, der mühelos in den letzten Winkel der Gaststube drang, ohne dabei aufdringlich zu wirken.

    Une éternité
    Cerclée de poussière
    Perce l'éphémère


    All winds and tides
    Sand and silence
    Over the distance
    Slipping through our hands

  • All die Herrlichkeit des "Zauberbrunnens" konnte den Geist nur berühren, wenn man ihn denn selbst gesehen hatte. Mit eigenen Augen - und was tat derjenige, der nur die tiefste Finsternis der Schwärze wahrnehmen konnte? Wie wertvoll war all der Glanz und die Pracht dieses einzigartigen Bauwerkes, wenn man nicht es selbst sehen konnte? Seide, die wie die Mitternachtsstunde war, sah die Welt aus anderen Augen. Wie beschriebt man jemandem, der nicht sehen konnte, wie es war, wenn Licht durch Glas brach? Oder wie sich die Farbenspiele über die Blätter in den Ästen im Reigen der Natur bewegten? Worte kannte Seide zu Hauf, fand sie im Wind wie greifbares Material und so kam es, dass sich mit einer singenden Ruhe die Tür öffnete und die hochgewachsene Schattengestalt hindurch trat.


    Wie ihr Name, so die Haarbahnen. Seide. Nachtseide. Mit den dumpfen Nachtelfenaugen der einzige Kontrast, der ein bisschen Düsternis zu vertreiben suchte. Auch sie kam nicht ohne das vom Leben gezeichnete Instrument, allerdings ersuchte sie nicht die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, sondern suchte sich in aller klanggegebener Stille einen Platz. Das war allerdings nicht ganz richtig: Seide kam niemals mit der Stille, denn das Instrument tanzte über ihren Rücken, sorgte für ein dumpfes Pochen. Die blinden Augen tasteten nicht über die Umgebung, sondern hielten ihre Starre, nur die Ohren lauschten, die Stimmen - den Wimpernschlag der Ruhe als sie hereingetreten kam. Vielleicht empfand sie es so, berührte das innerliche Gemüt und erfüllte die äußerliche Ruhe mit feuriger Intensität. Ruhe.
    Was sie berührte, konnte man nicht sehen - Augen, die Tore zur Seele; diese Brücke war gebrochen, so konnte man lediglich versuchen anhand der ebenen, makellosen Züge eine Antwort zu finden.


    Gehüllt war die Nachtelfe in ein Gewand, das man wohl die düsterte Variation des Blutes taufen wollte, verziert mit goldenen Zeichnungen an den ausladenden Ärmeln. Es zeichnete ihren Leib nach, fügte sich jedoch einer Schlichtheit, die sie jedoch nicht unauffällig machte - schon allein wegen ihrer Größe und den zwei Blicken, bis man verstand, dass sie blind war. Vor voraus - befremdlicherweise - ging eine Sternenkatze. Eines jener Wesen, denen man nachsagte, dass sie nicht einmal den Vorgarten der gehobenen Häuser verlassen würde. Diese jedoch hatte nichts ihrer Herrlichkeit verloren - und zwar die eigen gewürdigte. Ehrlich - diese Sternenkatze hielt mit jedem einzelnen Pfotenschritt die Nase oben und war mit Sicherheit froh, als sie sich auf dem Schoß der Nachtelfe niederlassen konnte.


    Die Nachtelfe sagte kein Wort des Grußes, sondern lauschte - lauschte den Klängen der Halbnymphe.

  • Jamil konnte ein amüsiertes grinsen nicht unterdrücken. Dieses kleine Wesen da vor ihm war eine echte Abwechslung an diesem Tag. "Nein. Ich friere nicht, jedenfalls nicht jetzt. Und weißt Du, wenn ich friere, dann stelle ich mir vor, wie die Strahlen der Wüstensonne meine Haut umspielen und mich wärmen. Aber solange ich keinen Weg finde hier weg zu kommen, wird das nicht mehr gehen. Also arrangiere ich mein Leben etwas um. Und was machst Du so, außer herumfliegen und neugierige Fragen stellen?"

  • Lysia hatte Jamil nur halb zugehört.
    "Habt ihr die Frau gesehen? Die war ja noch dunkler! Kommt sie auch aus eurem Land?" fragte die Feenelfe aufgedreht und starrt Seide hinter her.
    Ohne wieder zu Jamil zu sehen, antwortete sie ihm:"Ich wollte wissen, was man sich von einer Krabbe zu essen kaufen kann. Hier wächst ja nicht alles einfach am Boden und an den Bäumen." Ihre letzten Worte klangen leicht betrübt, denn sie verstand das alles hier noch nicht so ganz. Warum man sich nicht einfach etwas zu essen irgendwo her nehmen konnte.
    Bei ihr zu Hause, war alles so ganz anders. Aber deswegen war sie ja hier um neues kennen zu lernen.

  • Aufgrund der angenehmen Melodei Elaiyas war es nicht schwierig die Sinne zu teilen und darauf zu verwetten den Gesprächen der Anwesenden zu lauschen. Dies war zwar ein Gasthaus in welchem es Gang und Gebe war in Gesprächen versunken zu sein und dementsprechend für einen gehobenen Lautstärkepegel zu sorgen; aber Seide besaß die Gabe diese Gespräche zu filtern und nach Interessantem zu durchleuchten - eine Fähigkeit, die den Barden wohl gewogen war. Zumindest den talentierten unter ihnen. So hätte es zumindest Seide behauptet.
    Jene lauschte demnach dem Gespräch der Feenelfe und dem Mann. Unmerklich verzogen sich die dunkelroten Lippen zu einem Schmunzeln. Die Wirkung der Dunklen war unbestritten und dass gerade eine Feenelfe derlei Misstrauen über Bord warf, um der Neugierde die Hand zu reichen - nun, das war ungewöhnlich. Allerdings interessant.


    Es war nie besonders schwierig die Aufmerksamkeit der Nachtelfe zu fesseln - Fluch und Segen zugleich. So entging ihr nichts; aber es machte sie auch ein Stück empfänglicher für emotionales Schwanken in der Stimme, Schönheit des Klanges oder Weichheit von Händen.
    Wenn man hätte aufzählen wollen was Seide alles mit Zuneigung bedeckte, so würde die Liste niemals enden. Täglich stießen neue Punkte hinzu und trieben sie beinahe in den Wahnsinn.


    Sie -wusste-, dass Lysia eine Feenelfe war und sie ahnte um ihre Unwissenheit über die Nachtelfen, beneidete sie um ihre Unschuld und wusste, dass diese bald gebrochen würde. Was würde der Mann wohl zu erzählen wissen?
    Eine Woge der Wehmut erreichte sie und sorgte dafür, dass sie die Zähne in der Unterlippe vergrub. Einen Moment lang erwog sie ob sie eingreifen wollte - für Ablenkung sorgen. Noch wartete sie ab, sie wollte ungern weitere negative Schwingungen erzeugen.


    Seide bewegte das Haupt nicht; aber dafür die Sternenkatze, die nun gezielt in die Richtung der beiden blickte und mit dem Katzenschwanz hin und her peitschte. Ein deutliches Zeichen für negative Emotionen, genauso wie die weichen Ohren spielten. Die dunkelsamtene Haut der Dornenelfe kraulte zwar das Sternenkatzenhaupt; aber Ruhe vermittelte es dem Tier nicht - es fühlte sich hier unwohl und ein jeder wusste warum. Sternenkatzen waren einfach keine Straßenkatzen. Punkt.

  • Während sie spielte und sang, ließ Elaiya ihren Blick über die Gäste gleiten - schon allein um abzuschätzen, welches Programm dem Publikum an diesem Abend wohl angemessen wäre. Allzu viel war nicht los, einie Pärchen hatten sich in verschwiegene Winkel zurückgezogen,eine Feenelfe war mit einem - was war er eigentlich? - in ein gespüräch vertieft, und soeben öffnete sich die Tür und... Elaiya sah genauer hin. Eine Nachtelfe! Im Spiel der Sängerin war keine Unterbrechung zu hören, doch ihre Augen weiteten sich unmerklich. Das war ja höchst außergewöhnlich. Nach dem, was Sicil ihr gesagt hatte, war die Frau sehr mutig, völlig offen hier hereinzukommen. Ein zweiter Blick offenbarte Elaiya, dass die Frau wohl blind war. Ob die Sternenkatze in ihrer Begleitung wohl zugleich Führerin war? Eine interessante Frau jedenfalls...


    Plötzlich kam Elaiya eine Idee. Sie beendete ihr LIed und leitete mit einem plätschernden Harfenspiel zu einem neuen Stück über - etwas, das sie von Sicil hatte, ein Lied über die Nacht und die Sterne. Sie wäre keine Bardin, wenn sie das Lied nicht nach eigenem Geschmack verziert und modifiziert hätte, doch es blieb unverkennbar. Ob es wohl allen Nachtelfen bekannt war?

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  • Eine Nachtelfe, die sich offen und stolz den Anwesenden zeigte. Das war durchaus nicht gewöhnlich; aber das hielt Seide nicht auf, mehr noch, mit ihrer Haltung machte sie sich darüber lustig, dass man ihr mit Missgunst begegnete. Sie besaß eine unterschwellige Note in ihrer Aura, die sie unzerbrechlich machte, unverletzlich. Sie sagte mit jedem Atemzug, jeder Bewegung ihrer Fingerspitzen: Ich beuge mich nicht vor Dir.


    Seide war weich, angenehm war die Berührung; aber der Stoff selbst besaß eine natürliche Kühle. Jene Kühle, die sich um ihre Schultern gebreitet hatte wie einen Mantel. Befremdlich war die Art und Weise wie sie sich bewegte. Sicher waren ihre Bewegungen und hätte man ihr ein Bein gestellt, sie wäre nicht gestolpert. Das würde sich im Folgenden sicher noch zeigen. Jetzt saß die Blinde still und lauschte den Klängen, lauschte wie ein skeptischer Begutachter - alle Barden waren untereinander Konkurrenz und das kostete Missmut. Das bedeutete nicht, dass sie kein Lob für gute Arbeit übrig hatte, es dauerte nur seine Zeit, bis man sie für seine Seite gewinnen konnte.



    Die Hand kraulte still weiter als sich das Harfenspiel wandelte. Wenn Elaiya die Nachtelfe beobachtete, so konnte sie sehen, dass sich die hohe Stirn in tiefere Schatten bettete. Keine Furchen entstanden; aber die Andeutung dessen. Anscheinend war sie verwundert - sie musste das Lied also kennen.
    Ob das eine gute Idee gewesen war? Ein Lied über Nacht und Sterne jemandem zu offenbaren, wenn dieser diese Wunder wohl niemals gesehen hatte? Seide kannte Erzählungen über die Sterne; aber sie weckten lediglich die unstillbare Sehnsucht nach ihnen. Wie sich ein Vogel nach dem Himmel sehnte, so sehnte sich die Nachtelfe nach den Sternen und der Sonne. Helligkeit - das kannte sie nicht. Beschreibe einem Blinden die Farbe Gelb und Orange. Er wird sie sich nicht vorstellen können. An diesen Mangel erinnerte man eine geschundene Gestalt besser nicht. Das geschah in diesem Augenblick und so schön dieses Lied auch sein mochte, es brachte das Fass beinahe zum Überlaufen.


    Seide war sich nicht sicher ob das Lied nun Spott sein sollte oder der ernsten Feder entsprang, Fakt war, dass sie sich ärgerlich fühlte, es plätscherte über die Saiten der Harfe, zu Elaiya hin. Auch die Sternenkatze legte die Ohren an. Oh - oh.

  • Die Dunkelelfe ärgerte sich über Elaiyas Lied. Die Halbnymphe meinte, dies fast körperlich spüren zu können. Damit war ihr VBersuch, Kontakt herzustellen, wohl misslungen. Dem Anschein nach kannte die Frau das Lied sehr wohl, und sie ärgerte sich darüber, dass Elaiya es sang. Wenn es Trauer geweckt hätte als Reaktion - nun, das wäre verständlich gewesen, aber Ärger? Hatte sie etwa nicht das Recht, dieses Lied zu singen und es auf ihre eigene Art zu interpretieren? Nun begann auch Elaiya, sich zu ärgern, und ein leichter Geruch nach dem Öl des Teebaumes ging von ihr aus, jedoch blieb ihr Gesicht heiter und freundlich - sie wollte es sich nicht erlauben, ihren Auftritt durch so etwas zu verderben. Doch sie kürzte das Lied nicht ab, sondern sang und spielte es in seiner vollen Länge zuende, jedoch ohne die Nachtelfe noch einmal anzusehen. Das letzte, was sie bemerkte, war die Sternenkatze, die ebenfalls ausgesehen hatte, als wäre sie über etwas wütend. Darüber nun musste Elaiya dann doch lächeln. Sie kannte sich mit Tieren und speziell mit Katzen gut genug aus, um die Mimik dieser kleinen Raubtiere sehr gut deuten zu können. Ihre eigene kleine Begleiterin, die Sandkatze Shir'elei, die gerade in die Schänke geschlichen kam und es sich unter ihrem Stuhl bequem machte, war ihr da eine gute Lehrerin gewesen. Schließlich war Sicils Lied zuende, und Elaiya leitete wieder zu einem Gesang über, den sie von ihrer Mutter gelernt hatte und der den morgendlichen Gesang der Vögel im Wald nachahmte - ein ungewöhnliches, aber sehr reizvolles Stück, das sie sehr gerne sang.

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  • Tatsächlich, Ishareh war keineswegs die einzige Djirin unter den Wellen. Sein Ruf eilte ihm voraus, ebenso wie der Ruf des Etablissements, das er eröffnet hatte und wenn Ishareh für eines Talent hatte, dann dafür, dem wahren Kern in jeglichem Klatsch auf die Spur zu kommen. Und dort saß er, offenbar in das Gespräch mit einem seltsamen Wesen vertieft, dessen Art die Halb-Djirin noch nie zuvor zu Gesicht bekommen hatte. Ishareh erlaubte sich ein feines Lächeln, das ihre Züge erhellte, während ihr Zeigefinger nachdenklich und leicht wie eine Feder gegen ihre Unterlippe klopfte. Oh, er hatte sie noch nicht bemerkt - und Ishareh war sich sicher, daß ihre Anwesenheit ihm einen gehörigen Schrecken einjagen würde... schließlich hatte er ihr etwas entwendet, damals über den Wellen. Eine ihrer liebsten Flaschen - ein schönes Stück, nach dem sie lange gesucht hatte. Oh, sie nahm es ihm nicht übel - Ishareh hätte durchaus das Gleiche getan, aber das musste er nicht wissen.
    Für einen Augenblick lauschte sie der Musik und blickte sich im Zauberbrunnen um - seltsame Gestalten existierten an diesem Ort, Gestalten, wie sie sich in ihrer Heimat noch nie zu Gesicht bekommen hatte. Aber daran durfte sie jetzt nicht denken, nein.


    "Siehst Du ihn, Laleya? Dort drüben sitzt er so harmlos, als könnte er kein Wässerchen trüben..."


    Wässerchen... allein das Wort ließ der Frau aus dem Süden einen Schauer über den Rücken laufen. Als gäbe es hier nicht genug davon. Die Feuerfee, die an ihrer Seite schwebte, aber unsichtbar blieb, kicherte leise.


    "In der Tat und ich wette, daß er an diesem Ort nicht mit Dir rechnen würde..."


    Ishareh nickte kaum merklich und das Lächeln vertiefte sich, wurde aber sogleich durch eine strenge Miene ersetzt. Mit wenigen Schritten war sie an der Seite des Djirin, die Hände in die Seiten gestemmt, die Onyxaugen funkelnd, bevor sie schließlich die Stimme erhob. Nicht zu laut, aber laut genug, um den Djirin und seine kleine Freundin aufzuschrecken.


    "Hier bist Du also, Du unnützer Schuft! Unter das Meer hast Du Dich verkrochen, um vor meinem Zorn zu fliehen! Aber ich habe Dich gefunden, oh ja! Nicht einmal hier kannst Du mir entkommen!"


    Ein Djirin, ja, das war Jamil. Ein Bild von einem Djirin, was in seiner Heimat seinerzeit zu einer kurzen Affäre geführt hatte, die mit seinem Verschwinden und dem Verschwinden ihrer Flasche endete. Seine Anwesenheit, die Anwesenheit eines Djirin, jagte einen kurzen Stich durch Isharehs Herz. Es war wie ein Stück Heimat, hier in der Ferne.

  • Wie hätte Elaiya auch wissen sollen was sie anrichtete? Dabei war es nicht einmal der Zorn dessen, dass sie das Lied nach ihrem Gutdünken wieder gab immerhin floss in ihr die Stimme der Natur und die Natur wurde von Seide geliebt. Eine natürliche Liebe, etwas Echtes, etwas Greifbares.


    Erzähle einem, der nicht schmecken kann, die Süße von Erdbeeren -
    Er wird sich nicht darüber freuen. Er wird in den Nächten weinen.
    Erzähle einem Obdachlosen von einer wunderschönen Burg, die du dein Eigen nennen kannst -
    Er wird sich nicht darüber freuen. Er wird vielleicht sogar neidisch sein.
    Erzähle einem Gelähmten wie du Reisen in aller Herren Länder unternommen hat -
    Er wird sich nicht darüber freuen. Die Sehnsucht wird ihn wehmütig machen.
    Erzähle einer Blinden von den Sternen, die nie die Schönheit der Sterne gesehen hat -
    Sie freute sich nicht.


    Traurig - freilich war Seide traurig über das Lied und dessen Inhalt; aber sie ließ es nicht an die Oberfläche gelangen. Sie hielt das Eis auf ihrem See der Seele immerzu gefroren und und milchig untermalt, so dass man nicht hinunter blicken konnte. Und als ob das nicht Mantel genug gewesen wäre, malte sie das darauf, was ihr gefiel. In diesem Fall war es der Zorn, ein geballter Zorn, der keinen Namen trug. Seide war geprägt von ihrer Umwelt und wie Sicil der Halbnymphe bestimmt erzählt hatte, dass Nachtelfen nicht gern gesehen waren, so konnte sie sich vielleicht zusammenreimen, dass sie die Dinge mit anderen Augen sah, mit gezeichneten Augen, mit Augen, welche die Gutmütigkeit der Taten gar nicht so wahrnehmen konnte, wie es geplant war.
    Immerhin hatte Elaiya das Lied für sie gesungen, oder zumindest hatte sie sich dadurch inspirieren lassen.


    Interessant war übrigens, dass die Antisympathie verrauchte sobald das Lied beendet war. Dem Vogelgesang lauschte sie erneut mit einem Kennerblick und der Offenheit eines Kritikers. Auch die Sternenkatze miaute leise und rollte sich dann auf dem Schoß der Nachtelfe zusammen.


    Wer hinter die Kulissen blickte, auch die Umgebung im Auge behielt, der erkannte, dass sich die Mädchen, welche die Bestellungen aufnahmen, gar nicht so einig darüber waren wer nun zu der Nachtelfe hinüber gehen sollte um nach ihren Wünschen zu fragen. Immerhin war ihr Ausdruck nicht gerade das, was man als einladend auffasste. Leises Geflüster umfing die Gestalten. Schlussendlich rang sich eines der Mädchen durch und kam zu Seide. Die Bestellung wurde aufgenommen und man sah es in der Erleichterung der Bedienung als sie von Seides Tisch fortkam, dass es die Nachtelfe gar nicht so einfach hatte.
    Viele Freunde hatte sie bestimmt nicht. Aber wieso Mitleid mit ihr haben?


    Leider bekam sie nicht sehr viel der aufbrausenden Ankunft der Halb-Djirin mit. Sie besaß zwar ein gesondert feines Gehör; aber sämtliche Worte konnte sie nicht wahrnehmen. Es bahnte sich zumindest etwas an und das machte sie sehr neugierig.

  • Jamil wollte gerade etwas sagen, als er jäh unterbrochen wurde. Er hätte auch in diesem Moment rein gar nichts sagen können. Denn da vor ihm stand eine Person, die er wohl kannte und die er zugegebenermassen auch bestohlen hatte. Nur diese Flasche war einfach zu verführerisch gewesen. Und naja ein Andenken an eine schöne Frau durfte man ja auch haben, oder? Aber verdammt, hielt die denn nie ihren Mund und ja, aber, wieso war sie hier unten?


    Jamil stand auf und lächelte charmant wie es seine Art war. Seine weißen Zähne blitzten wie Porzellan. "Hassan, wir sind erhört worden. Kannst Du es dir vorstellen? Ein Gruß aus der Heimat. Bei allen Göttern, ein Wunder. Ishareh, Du hier. Es ist als ob ein Traum wahr würde, meine Perle des Tanzes."


    Hassan wurde sichtbar und winkte freundlich aber eher in Richtung der rassigen Feuerfee, die er äußerst sympathisch fand. Hoffentlich übertrieb es sein Freund nicht so. Hassan würde die kleine feurige Dame gerne endlich mal näher kennenlernen.


    "Setz Dich Ishareh, erzähl. Was machst Du hier? Wie hat es Dich nach Nir'alenar verschlagen?"


    Jamil versuchte die alte "Ich tue so als ob alles in Ordnung Takitk" bei der attraktiven Feuermagierin anzuwenden und hoffte, dass sie nicht einen ihrer Temperamentsausbrüche bekam. Bei ihrer letzten Begegnung hatte sie versucht, ihm mit ihrer Feuermagie den Hintern zu versengen.

  • "Was soll mich schon in dieses Loch verschlagen haben? Ich habe Dich gesucht. Schließlich ist es nicht einzusehen, daß Du meine Lieblingsflasche in Deine Gewalt bringst und dann ungestraft damit davonkommst. Du kennst das Gesetz der Djirin - eine gestohlene Flasche muss zurückgegeben werden, wenn der Dieb gestellt wird."


    Während sie sprach, hatte Ishareh beide Hände auf dem Tisch aufgestützt und sah Jamil mit einem vorwurfsvollen Blick aus den dunkel schimmernden Augen an, die noch immer Funken sprühten. Es störte sie nicht, daß er dabei einen Blick in ihr Dekolleté erhaschen konnte - er hatte nun wirklich so viel von ihrer Haut gesehen, daß Prüderie kaum angebracht war.


    "Und Du weißt, daß mein Zorn schlimme Folgen mit sich bringen kann, nicht wahr? Also tu nicht so, als ob Du nicht weißt wovon ich rede."


    Die letzten Worte waren eher ein leises Zischen gewesen, das eine gewisse Drohung beinhaltete. Ishareh richtete sich zu ihrer stolzen Größe auf und verschränkte die Arme vor der Brust, wobei sie Jamil nicht aus den Augen ließ. Oh, es lag ihr nicht mehr viel an der Flasche und sie meinte ihre Worte beileibe nicht ernst - allerdings war sie durchaus nicht darüber erhaben, Jamil einen ordentlichen Schrecken für seine Schandtat einzujagen und genau das war es, was sie nun im Schilde führte. Welcher Djirin gab schon gerne eine rechtmäßig gestohlene Flasche wieder an ihren Besitzer zurück?


    Als Hassan so unvermittelt sichtbar wurde, tat Laleya es ihm nach. Eine begrüßende Verneigung in Richtung der Windfee folgte sogleich, denn hatte Laleya nicht einst am Hofe des Sultans ihren Dienst getan? Ja, man konnte sagen, daß die Feuerfee über ausgesprochen fein ausgebildete Manieren verfügte.

  • Lysia sah mit Erstaunen noch eine recht dunkle Gestalt auf sie zu kommen. Anscheinend kannte sie den Mann. Sie stammten also beide aus diesem so warmen Land.
    Ihr Blick schweifte zu der Nachtelfe, die noch viel dunkler war. Kam sie aus einem noch wärmeren Land als diese beiden?
    Dann dachte sie an eine der vielen Geschichten, die sie gehört hatte. Ein verfluchtes Volk, welches so dunkel wie die Nacht war und eben so böse. Sie hatte diese Geschichte nie geglaubt, hatte sie für ein Märchen gehalten, damit die jungen feenelfen artig waren. Doch nun.....
    Sie hörte den Wortwechsel der beiden zu. Lysia sah erstaunt Jamil an. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er ein Dieb war. Eigentlich war er ganz nett gewesen, bis auf seine Fee, der sie einen bösen Blick schenkte. Unsicher blieb sie an Ort und Stelle stehen.

  • Jamils Gesicht wirkte gespielt entrüstet. "Ishareh, was erzählst Du da. Du weißt genau, dass die Flasche nun mir gehört. Nur wenn Du sie wieder findest und es dir gelingt, sie mir zu entwenden, ist sie wieder deine Flasche. Ich nahm sie als Andenken an jene wunderbaren Nächte mit Dir mit, als die Häscher des Sultans so plötzlich in Deine Gemächer eindrangen. Ich wollte mich bei Dir vernünftig verabschieden aber die Männer des Sultans hatten ihre Krummsäbel gezückt und da war es gesünder, ganz schnell zu fliehen. Jemand mußte mir gefolgt sein. Ich habe die Stadt verlassen und sie folgten mir bis an die Grenzen des Landes. Da hat es jemand wirklich auf mich abgesehen gehabt, weißt Du. Aber es tut gut, Dich zu sehen. Es ist so schön, jemanden aus der Heimat zu treffen. Besonders, wo die Heimat so fern ist. Und ich vermisse die Wüste mit ihrem wärmenden Licht der Sonne." Jamil seufzte laut bei diesen Worten und das konnte selbst ein Blinder merken, dass die letzten Sätze ehrlich gemeint waren.

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