Erste Atemzüge

  • Es drang kaum noch Licht durch die Kuppel und langsam brach am Hafen die Nacht herein. Das Wasser schwappte zäh und in regelmäßigen Abständen gegen die Stege. Ein Abend wie jeder andere, vielleicht etwas kühl. Bis sich dicht unter der Oberfläche, kaum noch eine Meile entfernt etwas regte.
    Eine große dunkle Gestalt, schwamm mit beachtlicher Geschwindigkeit auf die Stadt zu. Im Zwielicht der Dämmerung sah es aus wie ein großer Fisch oder vielleicht eine Seeschlange. Nur gut, dass sich gerade niemand hier aufhielt.
    Das Wesen hielt zielsicher auf die Stege zu und machte keine Anstalten abzubremsen. Erst als es schien, es würde gleich gegen einen der Holzpfosten prallen, teilte es die Wasserobfläche und schnellte hervor, wie ein hungriger Delphin, den man mit einem Kübel voller Fische lockte.
    Mit einem häßlichen Klatschen fiel es auf das Holz, begleitet von einem Schwall des Salzwassers.
    Selbst in dem schwachen Licht war zu erkennen, dass es sich nicht um ein Meerestier handelte, sondern um eine junge Frau. Ihre Haut war so schwarz wie die Nacht, die sie umgab. Nur spärlich bedeckt durch zwei Fetzen aus fließendem, silbernen Stoff, die auch noch völlig zerrissen waren.
    Ein heiseres Husten enströmte ihrer Kehle und sie zitterte am ganzen Körper. Ihr Hals fühlte sich rau an, als hätte sie kleine Glassplitter geschluckt. Sie fror erbärmlich. Kein Wunder, sie hatte schließlich kaum etwas an.
    Eine ganze Weile lag sie keuchend auf dem Steg, bis die meisten Wassertröpfchen auf ihrer Haut getrocknet waren. Sie blinzelte mehere Male, bis sie ihre Umgebung richtig wahrnehmen konnte.
    Liah warf einen Blick über die Schulter, um zu sehen ob diese Bastarde ihr gefolgt waren. Ganz langsam, mit schmerzenden Gliedern, richtete sie sich auf, als sie nichts in den dunklen Fluten erkennen konnte. Mit einer Hand musste sie sich dabei an einer Holzkiste abstützen. Durch die lange Folter kam sie sich vor wie ein Wrack, so schwach wie noch nie zuvor. Mit großer Anstrengung schleppte sie ihren geschundenen Körper hinunter von den Stegen, in eine düstere Ecke. Sie war es nicht gewohnt, sich auf diese Weise fortzubewegen.
    Sie zog die Beine an, lehnte sich gegen eine Wand. Ihr Atem war noch immer schnell und schwer, während sie ihren Blick über den Hafen schweifen ließ. Zumindest dieser Teil schien so interessant zu sein, wie ein Haufen vertrockneter Seetang.

  • Sie brauchte lange, um sich zu beruhigen und sich an die Luft zu gewöhnen. Ihre Glieder waren merkwürdig schwer. Mit einer Hand betastete sie ihre Haarspitzen und verzog geqäult das Gesicht. Wie lange es wohl dauern würde, bis sie nicht mehr aussah, wie ein Straßenköter? Dieses verfluchte Pack hätte ihr wenigstens das Haar lassen können. Sich damit zufrieden geben, sie mit abwechselnd mit Fußtritten und Klingen zu bearbeiten.
    Ihre Finger glitten wieder hinunter, über Schultern, Arme und schließlich über die langen Beine, tasteten nach Schnittwunden. Kaum merklich zuckte sie zusammen, als sie am Knie angelangt war. Es fühlte sich dick und geschwollen an. Vor allem immer noch feucht.
    Als sie sich endlich wieder erhob und ein paar vorsichtige Schritte versuchte, spürte sie schon die Wärme der ersten Lichtstrahlen auf ihrer Haut.
    Die ersten Menschen trieben sich an Stegen herum, verluden Waren auf die Schiffe oder gingen spazieren.
    Liah's Blick glitt an ihrem Körper herunter und musterte die Reste ihrer Kleidung. Wenn man es denn noch so nennen konnte. So konnte sie sich jedenfalls nicht in der Stadt umsehen.
    Ihre linke Hand legte sich auf den Knauf ihres Dolches, der noch an ihrer Hüfte baumelte. Sie ging wieder einen Schritt zurück, lauerte wie eine Spinne in ihrem Netz, das jemand nahe genug kam. Lange musste sie nicht warten.
    Einer der Hafenarbeiter war fast in Reichweite. Noch ein paar Schritt und dann - packte ihn eine schwarze Hand, überzogen von feinsilbrigen Schuppen am Kragen. Zog ihn mit einem Ruck in die dunkle Ecke.
    Immer darauf bedacht, dass ihr Opfer sie nicht zu Gesicht bekam, lehnte sie sich an die Wand und presste seinen Rücken gegen ihren Körper. Blitzschnell spürte er das kühle Metall an seiner Kehle, gerade so fest, dass sie ihn nicht schnitt. Zumindest so lange er den Kopf nicht drehte.
    Liah's andere Hand lag auf seiner Brust. Sanft strich sie mit den Fingerspitzen über den Stoff, nur um ihn im nächsten Moment umso fester an sich zu drücken. Ihr Mund war so dicht an seinem Ohr, dass er ihren Atem spüren konnte.
    "Ausziehen - bitte", hauchte sie in halb bedrohlichem, halb spöttischem Ton.
    Der junge Mensch rührte sich nicht, zitterte bloß wie Espenlaub. Theatralisch rollte sie die Augen und seufzte leise. "Nun mach schon...oder soll ich dir helfen?"
    Die rechte Hand fuhr langsam hinunter zu seinem Gürtel. Diese Geste gab den Ausschlag. Er entschied sich schließlich, sich besser doch selbst seiner Kleider zu entledigen.
    Es dauerte eine halbe Ewigkeit. Dann lagen Hemd, Hose und Stiefel endlich vor ihr auf dem Boden. Die junge Frau lächelte triumphierend und löste mit einer Hand den Knoten, der die Reste ihres Oberteils noch zusammen hielt. Der Dolch lag noch immer mit sanftem Druck an seinem Hals.
    "Nicht weglaufen...du möchtest doch kein Messer im Rücken", flüstere sie ihm ins Ohr und nahm die Waffe herunter. Langsam ging sie hinter ihm in die Hocke und band die Füße mit dem Fetzen zusammen. Dasgleiche passierte einen Moment später mit seinen Händen. Sie fesselte sie mit den Überresten ihres Rocks. Die Knoten waren allerdings nicht allzu fest.
    Mit triumphierenden Lächeln streifte sie sich das weite Leinenhemd über, schlüpfte in Hose und Stiefel und befestige den Dolch am Gürtel. Der Mann war inzwischen auf dem Boden zusammengesackt und starrte sie völlig perplex an. Sie beugte sich noch einmal zu ihm herunter und strich ihm kurz über die Wange. "Danke sehr", meinte sie etwas lauter und trat ins Licht, schlenderte gemächlich in Richtung der Stege.

  • Darcas verließ das Zimmer seines Bruders Falkohn in dem Wissen, dass es ihn nie wieder hierher zurück verschlagen würde. Die Diskussion hatte viel gebracht, fand er. Darcas würde den Landen seines Vaters übernehmen dürfen und unter den Menschen leben. Zwar hatte er in Nir’alenar keinen sonderlich guten Ruf, oder irgendwelche Erfahrung im handeln, aber unter den Yassalar wäre es ihm mit Sicherheit schlechter ergangen. Als er durch die große geräumige Eingangshalle schritt betrachtete er die Gemälde der Ahnen die an den Wänden hingen. Sie waren nur schwach beleuchtet, ihre Gesichtszüge waren nur spärlich zu erkennen. Alle waren es Händler. Keiner der alten Krieger hingen hier, welch Schande. Darcas verließ das Anwesen seines Bruders und schwamm Richtung Beleriar. Während er dem Strand, an dem er früher mit seinem Meister trainiert hatte, immer näher kam, dachte er über die Zukunft nach. Wie solle er den Laden führen, wie sieht er überhaupt aus. Hatte seine Tante nach dem Tot seines Vaters Personal hingeschickt die den Laden führten, oder stand er leer.
    Inzwischen war er am Strand angelangt und lief ihn entlang. Gekleidet war er nur mit dem Nötigsten, er war nur mit seinem Degen und ein paar Münzen in seinem Beutel, beide Dinge waren an seinem Gürtel befestigt. Ebenso hatte er seine Arm- und Beinschienen an, die er praktisch fast nie ablegte. Darcas lief Gedanken verloren den Strand entlang immer Richtung Hafen.
    Langsam stieg Wut in ihm auf. Also ich bin es nicht Wert eine Frau zu erhalten. Sie wollen von mir keine Nachkommen. Es ging ihnen nur um das Erbe meines Vaters und nun steht der Laden vielleicht sogar leer. Je mehr Darcas daran dachte desto wütender wurde er.
    Inzwischen war er im Dunkel des Hafens angekommen. Nur wenige Menschen waren am Werke. Darcas lief vorsichtig durch den Hafen. Wenn er einen Laden führen sollte, so sollte er nicht gleich an seinem ersten Tag, als Halbnackter Wanderer bekannt werden. Plötzlich blieb Darcas stehen, welch eigenartige Szenerie. Ein Mann der nur noch eine alte Unterhose an hatte und gefesselt war, saß weinend und fluchend auf dem Boden. Ein zweiter Mann gesellte sich zu ihm, er war etwas dicker und trug einen Degen am Gürtel, vielleicht eine Garde. Der Nackte erzählte ihm er sei von einer Frau überfallen worden, die ihm seine Kleidung genommen hatte. Doch der andere schien ihm nicht zu Glauben und Lachte nur, während er dessen Fesseln lößte.
    Hmm, eigentlich eine gar nicht so schlechte Idee. Darcas ging nun näher an die Zwei heran, als er hinter dem Dickeren stand, sagte er: Nicht weg rennen. Du hast ja von dem Jammerlappen gehört wies geht, also Kleidung her.
    Der Dicke erschrak und zog seinen Degen. Er ging sofort zum Angriff auf Darcas über. Das ist wohl ein Witz, was glaubt der wer er ist. Darcas zog seinen Degen nicht, er blockte nur mit seiner Armschiene und versetzte dem Angreifer zeitgleich einen Tritt in den Magen. Der Dicke sackte sofort zu Boden und fiel dann zu Seite um und blieb regungslos liegen. Er war nur K.O.. Einen Toten brauche ich nicht, dachte Darcas. Doch der Nackte rannte nun davon. Hier wird nicht gepetzt und Hilfe geholt. Nun zog er seinen Degen und schlitzte dem Laufenden die Unterhose auf. Nun war er wirklich nackt und zu allem Überfluss verhäderte er sich in seiner aufgeschlitzten Unterhose und fiel zu Boden. Ich sagte doch vorhin nicht wegrennen. Also schön liegen bleiben sonst helfe ich nach.
    Nun ging er wieder an den Dicken und zog ihn aus. Danach zog er die Hose und das Hemd an. Etwas weit. Dann nahm er den Dicken auch noch seine Unterhose ab und schmiss ihm den anderen zu: Hier als Ersatz für die, die ich dir zerschlitzt habe.
    Danach verschwand er in der Dunkelheit. Wo wohl diese Frau war, von der dieser Typ geredet hatte?

  • Sie konnte förmlich spüren, wie die Blicke der Menschen an ihr klebten. Sie glitten von dem silberweißen Haar, über das dunkle Gesicht hinunter zu den geschuppten Händen. Trotzdem fühlte Liah sich keineswegs unwohl. Ihre Miene blieb ausdruckslos, einzig ihre Augen leuchteten auf, wann immer die Frau sie auf das Wasser richtete.
    Die Stiefel des Seemannes verursachten bei jedem ihrer Schritte auf den Brettern ein leises "Klonk". Auf einer der Kisten am Rande lag ein alter Lappen. Sie ging etwas näher heran und fuhr mit den Fingern darüber. Erst dann bemerkte sie, dass es sich um einen Hut handelte. Einen Schlapphut mit breiter Krempe. Er war wohl einmal violett gewesen, mit einem schwarzen Band. Die Farbe war ausgeblichen und fleckig, passte jedoch perfekt zu der ihrer Augen, wie sie fand. Mit einem heiteren Lächeln, wie das eines Kindes, wenn es sich für ein Fest verkleidete, hielt sie ihre Haare im Nacken zusammen und setzte ihn auf.
    Sie trat noch einen Schritt vor und betrachtete ihr verzerrtes Spiegelbild im Wasser. Bei allen anderen hätte man sagen können, der Hut warf einen Schatten auf das Gesicht. Bei ihr vielleicht auch, nur festzulegen wann der Schatten aufhörte und die Schwärze ihrer Haut anfing - da wurde es schwierig. Das dürfte jetzt angepasst genug sein, aye?, murmelte sie und ließ sich langsam auf dem Steg nieder. In dieser Seemannskleidung kam sie sich fast vor wie einer von ihnen.
    Sie lehnte sich an die Holzkiste an; hatte nun das Meer im Rücken und konnte den Hafen überblicken. Die Beine streckte sie weit aus und beobachtete für eine Weile das Treiben.
    Eine Wache nährte sich der Ecke, in der sie ihren Spender zurückgelassen hatte. Ihre Brauen zogen sich zusammen und sie wartete gespannt ab, bereit jeden Moment aufzuspringen. Zu ihrer Überraschung tauchte der Mann in die Schatten ein, kam aber nicht wieder heraus.
    Sie meinte große hektische Bewegungen am Rande der Dunkelheit auszumachen, konnte aber nichts Genaues erkennen. Ihre Augen waren noch nicht scharf genug, hier an Land.
    An Land...es war so fürchterlich trocken. Ihr Herz sehnte sich nach den Fluten, die sie umgaben oder zumindest nach einer Brise, wie es sie oben, an der Obfläche gab.

  • Flyns Schnauze streckte sich witternd in die Luft. Ihre Schnurrhaare zitterten leicht, als sie den den Geruch der Straßen aufnahm. Fisch! Überall stank es erbärmlich nach Fisch! Angewidert stieß sie die Luft wieder aus. Was war das bloß für ein seltsamer Ort, an den sie der Magier - oder was auch immer er gewesen sein mochte - verschleppt hatte. Kein Lüftchen schien sich in den Straßen zu regen und kein Hauch vertrieb den elenden Geruch. Es gab ja vieles, was ihr als essbar erschien, anderen jedoch eher den Magen umdrehte, aber verfaulten Fisch rührt selbst Flyn erst an, wenn sie kurz vorm Verhungern stand. Und so weit war es noch lange nicht.


    Behende kletterte der kleine Marder eine Kiste voller dicker Taue hinauf, um sich einen besseren Überblick zu verschaffen. Mit dem langen Schwanz rudernd, suchte sie Halt auf dem schmalen Rand der Kiste, setzte zum Sprung an und hechtete mit einem gewaltigen Satz auf den vorspringenden Sims eines Fachwerkhauses. Von dort aus war nur noch eine kleine Anstrengung nötig, um das Dach des Gebäudes zu erklimmen. Oben angekommen erkannte sie, dass sie nicht allein auf dem Dach war. Ein fetter Kater schlug sich gerade mit einem alten Fischkopf den Bauch voll und fauchte erbost, als er Flyn bemerkte. Flyn fauchte zurück. Ein kurzer Kampf entbrannte, in dem der Kater nicht nur sein Nachtmahl verlor, sondern auch ein großes Büschel Fell einbüßte. Zufrieden mit sich selbst ließ Flyn ihren Blick über die Szenerie wandern, die sich unter ihre ausbreitete.
    Offensichtlich stand das Haus am Hafen der Stadt, denn nur wenige Meter weiter schwappte dunkles Wasser träge gegen die Kaimauern. Ein wenig weiter konnte Flyn ein paar Boote ausmachen, die fest vertäut im Hafenbecken lagen und sanft von den Wellen gewiegt wurden. Auf der anderen Seite des Hauses erstreckte sich ein schier endloses Netz von engen Gassen und steilen Dächern. Die schwarzen Knopfaugen des Marders weiteten sich in Schreck und Erstaunen. Eine solch große Ansammlung von Häusern hatte sie noch nie gesehen, ebensowenig wie das Meer, das an den Kaimauern leckte. Einen Moment lang verharrte Flyn regungslos auf dem Dach und ließ den Anblick auf sich wirken. Eine Bewegung auf einem der Stege unter ihr, veranlasste Flyn schließlich vom Dach herunterzuklettern, um sich die Bewohner dieses seltsamen unnatürlichen Ortes anzuschauen. Sie war neugierig auf die Wesen, die es fertigbrachten in einer solchen Umgebung zu leben.


    Geräuschlos huschte sie von Schatten zu Schatten auf das Wesen zu, dass sich erst über das Wasser gebäugt hatte und sich nun vor einer großen Kiste niedergelassen hatte. Vorsichtig näherte Flyn sich dem Wesen mit der nachtschwarzen Haut. Wie ungewöhnlich, dachte sie, so ein Wesen habe ich noch nie gesehen.
    Flink kletterte sie auf den Kistenstapel, an den sich das Geschöpf lehnte und streckte neugierig ihren Kopf hervor, um das fremde Wesen besser betrachtenzukönnen.

    "Forgive, O Lord, my little jokes on Thee, and I'll forgive Thy great big joke on me."
    ~ Robert Frost ~

  • Was für ein dummer Kampf. Darcas hatte nicht einmal Zeit gehabt um Narion zu bitten, ihm zu zusehen. Aber mit einem solch schwachen Gegner hätter er Narion wohl kaum stolz gemacht. Darcas lief einfach durch die Straßen. Er war schon lange nicht mehr hier gewesen. Wo war jetzt noch gleich dieser Waffenladen seines Vaters? Darcas überlegte und überlegte, aber all das Grübeln brachte nichts, es wollte ihm nicht mehr einfallen. Aus der Ferne hörte er zwei Tiere, das eine wahrscheinlich eine Katze, aber die anderen Laute konnte er nicht zuordnen. Eine Ratte lief an ihm Vorbei. Wie widerlich. Das Menschen hier arbeiten konnten war für ihn unglaublich. Vielleicht sollte er jemanden Fragen, wo sich der Laden befand, denn so in der Dunkelheit herumirrend brachte nichts. Darcas blickte sich um und tatsächlich sah er den Rücken einer Gestallt. Ein Mann, wie er annahm, wenn auch ein kleiner. Dieser Mann trug Kleidung die einfach nicht zu ihm passen wollte, viel zu groß war sie. Aber Darcas sollte sich nicht beschweren, war er doch selbst nicht viel besser gekleidet. Die vielzubreite hose wurde von seinem Gürtel gehalten und das Hemd das er offen trug war auch viel zu weit. Die Ärmel hatte er hoch gekrempelt. Der Fremde schien einfach nur auf’s Meer hinaus zu blicken. Darcas setzte sich neben ihn und sprach, ohne ihn aunzusehen.
    Guten Abend mein Herr, könnt ihr mir vielleicht sagen, wie ich zu dem Waffenladen gelange?
    In Erwartung einer Antwort sah er nun den Fremden an und war gleich in mehrfacher hinsicht erstaunt und erschrocken. Nicht nur das der Mann eine Frau war, nein ihre Haut war auch noch so dunkel wie seine eigene. Ein Yassalar. Darcas hatte nie viele Freunde unter den Yassalar gehabt, eigentlich gar keine. Waren ihm etwa welche hierher gefolgt. Darcas sprang sofort auf und begab sich in Kampfstellung, zog jedoch seinen Degen nicht. Narion vielleicht mach ich dich gleich doch noch stolz.

  • Ihre Fingerspitzen glitten seicht durch das Wasser, immer vor und zurück. Sie genoß es, die kühle Nässe auf ihrer Haut zu spüren. Es half ihr dabei, einen klaren Kopf zu behalten.
    Irgendwie musste sie hier überleben in diesen stickigen Gassen. Für jemanden wie sie, ließen sich sicher Aufträge finden. Von ihrer Mutter hatte sie einiges über die Stadt erfahren. Wo sich die zwielichtigen Gessellen rumtrieben...wo man jene fand, die sich benahmen als hätten sie ein Brett verschluckt...
    Man konnte jeder Lage etwas Gutes abgewinnen...sie würde Menschen kennenlernen. Menschen mit echten Gefühlen, von denen sie sich leiten ließen.
    Gerade als sie den Entschluss fasste, die nächste Taverne aufzusuchen und sich zum ersten Mal richtig zu betrinken, erkannte sie einen dunklen Schemen auf der Wasseroberfläche. Etwas hockte auf der Kiste hinter ihr.
    Liah warf einen Blick über die Schulter und hob überrascht eine Augenbraue. Ein merkwürdiges Etwas blickte sie da an, ein Landtier wahrscheinlich. Es hatte etwas fischiges in seinem Aussehen und doch schien es keiner zu sein. Sie hatte einmal davon gehört, dass es hier etwas gab, dass die Menschen "Ratten" nannten, aber so groß hatte sie sich diese Tiere nicht vorgestellt.
    Sie musterte es mit mäßigem Interesse und stieß dann ein leises Zischen aus, begleitet von ruckartigen Wink mit der Hand. Mal sehen wie leicht es sich verscheuchen ließ.


    Sie wartete nicht ab, ob sie Erfolg hatte, wandte aufs Neue überrascht den Kopf, als sie Worte neben sich vernahm. Sie verstand nur einen Fetzen, etwas von einem Laden, bevor der Fremde plötzlich aufsprang. Liah brauchte einen Moment, bis sie die Situation begriffen hatte. Es war ein Yassalar und er machte sich offensichtlich zum Angriff bereit.
    Sie sprang auf die Beine, legte die Hand auf den Dolchknauf und funkelte ihn aus zusammengekniffenen Augen an. Ihre Muskeln spannten sich an, sie schob die Füße leicht auseinander und sah nun aus wie lauernder Panther. Ihr Blick löste sich kurz von seinem Gesicht, musterte seine Kleidung und den Körperbau. Zweifellos ein Kämpfer, aber nicht angezogen wie einer ihrer Vefolger. Trotzdem würde es eine Herausforderung sein, in einem möglichen Kampf gegen ihn zu bestehen.
    Was willst du?, zischte sie auf Zis'trak, gerade so laut, dass er die Worte verstehen konnte. Liah blickte ihm wieder fest in die Augen während sie sprach. Ihre Züge hatten einen misstrauischen, zum Teil auch neugierigen Ausdruck angenommen.

  • Das Wesen unter ihr war mit einer fließenden Bewegung aufgestanden. Flyn erkannte, dass es sich um eine Frau handelte, die einem Menschen sehr ähnelte. Aber seit wann hatten Menschen pechschwarze Haut und silbrige Haare? Flyn legte den Kopf schief und betrachtete das Wesen mit ihren Marderaugen. Plötzlich stieß es ein Zischen aus und wedelte gleichzeitig mit einer Hand. Der Marderinstinkt schaltet sofort auf Flucht und so zuckte Flyn zurück und suchte Deckung hinter einem losen Brett. Gleich darauf kam sie aber mit gesträubtem Nackenfell und buschigem Schweif wieder hinter dem Brett hervor, verärgert knurrend. Nicht über die nachtschwarze Frau ärgerte sie sich, sondern über sich selbst. Seit wann war sie ein Feigling, der sich von einer wedelnden Hand verschrecken ließ? Das nächste mal würde sie einfach hineinbeißen und testen wie stark die Frau die Hand schütteln konnte, wenn ein Marder an ihr hing.


    Mit zuckenden Ohren und gebleckten Zähnen betrachtete Flyn ihr Gegenüber. Sollte sie es nur wagen!


    In den Moment drehte die Frau sich aber schon weg, einem anderen ihrer Art zu. Flyn beobachtete die beiden Bewohner der Stadt und wunderte sich über das seltsame Begrüßungsritual, dass auf die recht aggressiv wirkte.

    "Forgive, O Lord, my little jokes on Thee, and I'll forgive Thy great big joke on me."
    ~ Robert Frost ~

    Einmal editiert, zuletzt von Flyn ()

  • Wie was ich will? Was soll die Frage? Was wollt ihr hier, das ist doch viel interessanter. Warf er ihr bestimmt aber immer noch mit höflichem Ton entgegen. Darcas war über die Reaktion der anderen Yassalar überrascht. Er hatte einen Angriff oder etwas in dieser Art erwartet. Das er erwartet wurde von ihr, doch nun schien sie selbst überrascht zu sein.
    Ihr wollt mir doch nicht erzählen dass Ihr nur zufällig hier seid. Als Mann gekleidet. Entschuldigt, aber das ist mir einfach zuviel Zufall. Zwei Yassalar im selben Hafen. Wer hat Euch geschickt, etwa Falkohn? Er traute seinem Bruder viel zu. Sein Bruder hatte ihn noch nie gemocht, ein Halbling in der Familie zu haben war für ihm eine enorme Schande. Nun da Darcas an Land war, würde sein Tot bei den Yassalar wohl nicht einmal wahrgenommen werden, auch wenn er zur Adelsfamilie gehörte. Hatte sein Bruder etwa diese Frau auf ihn angesetzt.

  • Liah blinzelte mehrere Male, in ihrem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Konnte es sein, dass der Yassalar keine Wache war? Ihr nicht nachgeschwommen war, um ihr endlich die Kehle aufzuschlitzen? Warum hatte er dann die Hand auf der Waffe?
    Zögerlich nahm sie wieder eine aufrechte Haltung an, machte einen Schritt auf den Fremden zu, um ihn besser mustern zu können.
    Er wirkte nicht wie ein typischer Yassalal-Kämpfer. Irgendetwas an ihm war anders, sie konnte nur noch nicht sagen was.
    Auf jedenfall schien er recht dumm oder töricht zu sein. Sie kannte diesen Falkohn zwar nicht, aber welcher Yassalar würde sie schicken jemanden zu töten? Ein Halbwesen, was man ihr auch noch auf 10 Schritt ansah.
    Sachte schüttelte sie den Kopf, als Antwort auf seine Frage. Zufällig bin ich nicht hier...aber ich schätze unsere Begegnung ist Zufall, meinte sie etwas lauter, jedoch immer noch auf Zis'trak. Ihr seht jedenfalls nicht so kräftig aus wie eine der Wachen. Also was wollt Ihr von mir?
    Liah stemmte eine Hand in die Hüfte und legte den Kopf leicht schief. Sie sah mit einem Mal weit weniger bedrohlich aus, als zuvor.

  • Welche Wachen. Darcas war leicht verwirrt. Wer war diese Frau. Nun da sie jedoch eine Position eingenommen hatte die alles andere als bedrohlich wirkte, entschied auch Darcas sich wieder "normal" hinzustellen. Er war einfach nicht daran gewöhnt in der Dunkelheit zu sehen und konnte sie dahwer nur schwer erkennen. Doch etwas verwirrte ihn, dafür das er ein Halbling war, hatte sie erstaunlich schenll ihre Kampfposition aufgegeben. Vielleicht hatte Sie nie unter den Yassalar gelebt, sondern schon immer unter den Menschen. Dies würde auch ihre Reaktion erklären, wie sie auf Falkohn reagierte. Sie schien ihn gar nicht zu kennen. Aber als Yassalar müsste man doch seinen Adel kennen. Vielleicht war Darcas einfach vollkommen falsch heran gegangen und hatte seine eigene Bedeutung überschätzt. Sein Bruder war ihn doch schon losgeworden, nun da Darcas unter den Menschen leben würde. Seine Züge entspannten sich. Wenn diese Begegnung nur Zufall war, dann war er auf ihre Geschichte neugierig.
    Entschuldigt, aber ich habe vielleicht etwas übertrieben reagiert. Mein Name ist Darcas von der Familie der Aatelisto. Ich hielt Euch für einen Verfolger, denn meine Beliebtheit unter den Yassalar ist, wie soll ich sagen,...sehr gering. Darcas verbeugte sich vor ihr, so wie er es von Kindesbeinen auf gelernt hatte, sich vor einer Dame zu verhalten.
    Ihr habt recht eine Wache bin ich nicht, auch wenn ich einer diese Kleidung abgenommen habe. Langsam dämmerte es ihm, war Sie etwa die Frau von dem der andere erzählt hatte. Dies würde ihre eigenartige Kleidung erklären.
    Was ich will, dies sagte ich euch schon vorhin. Den Waffenladen suche ich.

  • Schlagartig hellten sich ihre Züge auf, als er von seiner Beliebtheit bei den Yassalar sprach. Das Misstrauen in ihren Augen, die von der Hutkrempe noch zusätzlich verdunkelt wurden, war jetzt unverholener Neugierde gewichen. Den Familiennamen hatte sie schon gehört- Adlige mit recht hoher Stellung, soweit sie sich erinnern konnte. Umso mehr wunderte es sie, dass er unter seinesgleichen gering geschätzt wurde, sich sogar von ihnen verfolgt fühlte.
    Ihre Brauen zogen sich zusammen, während Darcas sich vor ihr verbeugte. Erst jetzt fielen ihr sein steifes Benehmen, die gestelzte Art zu reden auf, nachdem er erkannt hatte, dass sie ihm nicht die Klinge zwischen die Rippen rammen wollte. Sein Verhalten passte gut zu seinem Stand...aber er musste doch merken, dass er nur eine halbe Yassalar vor sich hatte! Die meisten seiner Artgenossen, vor allem die Adligen hatten sie früher mit in etwa so viel Höflichkeit behandelt, wie sie es bei einem Kleinfisch oder einer Nixe taten.
    Seine darauffolgenden Worte verstärkten nur ihren Eindruck, dass ihr Gegenüber etwas schwer von Begriff war. Glaubte er etwa, sie hatte ihn für einen Menschen gehalten? Es war noch immer hellichter Tag und sie hatte Augen im Kopf!
    Die Kleider hatte er sich wohl auf dieselbe Art besorgt wie sie, aber während ihre einfach nur locker fielen, wirkten die seinen an ihm wie ein Zelt. Er hatte es sich wohl leicht gemacht und sich den dicksten, schwerfälligsten Mann zum Opfer gewählt.
    Liah sah sich mit gerunzelter Stirn um, konnte aber nichts entdecken, was nach einem Geschäft oder einem Stand aussah. Wie kam er bloß auf die Idee, dass sie sich hier auskannte? Aber es konnte nicht schaden, ihn in dem Glauben zu lassen.
    Es gibt viele Geschäfte in der Stadt, da müsst Ihr schon etwas genauer sein. Und...dass Ihr nicht zu der Stadtwache gehört war mir klar, ich bin schließlich nicht blind. Ich sprach von der Wache aus Zarasshin.
    Sie machte eine kurze Pause, ihre Mundwinkel verzogen sich zu einem schiefen Lächeln. Sie vollführte nun ihrerseits eine spöttische Verbeugung, bei der sie mit der Linken den Hut abnahm, einen kleinen Schlenker damit machte und ihn betont lässig wieder aufsetzte, als sie sich aus der übertrieben tiefen Haltung wieder aufrichtete.
    Liah Vaírakell, Händlerin und bekennendes Halbblut. Zu Euren Diensten.
    Händlerin war ein sehr schmeichelhafter Ausdruck, für die Tätigkeit, mit der sie vorhatte ihr Geld zu verdienen. Sie lächelte Darcas verschmitzt an und wartete ab, ob sich der neckische Ton in ihrer Stimme mit seinem Stolz vereinbaren lies.

  • Dieser Unterton passte Darcas zwar nicht, aber von seinen höflichen Manieren wollte er noch nicht abweichen. Vielleicht brauchte er noch ihre Hilfe. Wenn er den Laden übernehmen wolle, brauchte er jemanden der ein gewisses Geschick beim Handeln hatte. Außerdem schien sie sich hier auszukennen. Darcas hob kurz die Braue als sie sich als stolzes Halbblut bekannte. Er nickte ihr kurz zu und sprach. Seit mir Gegrüßt Miss Vaírakell. Wir scheinen wohl das selbe Schicksal zu teilen. Doch weiter wollte er auf seine eigene Halbblütigkeit nicht eingehen. Aber nein mit den Wachen aus Zarasshin habe ich nichts zu tun. Eure Dienste kommen mir gelegen. Der Waffenladen den ich suche ist ein Erbe, das ich übernehmen werde, aber ein Talent im Handeln ist mir nicht in die Wiege gelegt worden. Eure Hilfe dabei würde ich begrüßen. Den Namen des Ladens kenne ich nicht, wahrscheinlich trägt er aber den Familiennamen Aatelisto. Hauptsächlich werden dort Degen verkauft, wenn er nicht bereits geschlossen wurde. Habt ihr von einem derartigem Laden gehört. Ich wäre euch äußerst dankbar, wenn ihr mir mich hin führen könntet. Darcas zog kurz seine Kleidung in die Breite, die einfach nicht zu ihm passen wollte. Und mir vielleicht auch sagen, wo ich mir neue Kleidung kaufen könnte?
    Darcas wurde kurz abgelenkt, denn er nahm eine kleine Bewegung hinter der ihm gegenüberstehenden Yassalar wahr, aber vielleicht war es nur ein kleines Tier. Nach dem er kurz an Liah vorbei geblickt hatte, sah er ihr nun wieder direkt in die Augen und wartete auf Antwort.

  • Langsam begann Flyn die Unterhaltung zu langweilen, da sie ohnehin nichts von dem verstand, was beredet wurde. Sie überlegte schon, ob sie sich nicht als Tua'Tanai zu erkennen geben sollte, als sie ein leises Sirren vernahm. Das hörte sich doch an wie... Eine gespannte Bogensehne! Überrascht suchten ihre Augen die Dunkelheit um sie herum ab, als Flyn den Schützen auf dem Dach entdeckte, auf dem sie eben noch verharrt hatte. Die Spitze des Pfeiles glänzte gefährlich auf, als der Schütze sein Ziel anvisierte. Und sein Ziel war sie! Oder nein, doch nicht, es war entweder die Frau oder der Mann, deren Unterhaltung (oder was immer es sein mochte) Flyn belauscht hatte. Ohne lange zu überlegen hechtete Flyn mit einem Satz nach vorn, landete auf der Schulter der Frau und biss sie in den Nacken.
    Überrascht stolperte die Frau nach vorn und stieß gegen den Mann, als sich der Pfeil mit einem dumpfen Geräusch tief in die Kiste hinter ihr bohrte, dort wo sie eben noch gestanden hatte.

    "Forgive, O Lord, my little jokes on Thee, and I'll forgive Thy great big joke on me."
    ~ Robert Frost ~

  • Noch bevor Liah antworten konnte, sprang ein Tier auf ihre Schultern. Von nun an ging alles sehr schnell. Ein Biss in den Nacken. Liah stolperte auf ihn zu. Er wollte sie halten, doch hatte er eine zu lockere Position eingenommen und war auch noch überrascht, so dass er einige Zeit brauchte um das Gleichgewicht wieder zu finden. Mit Liah im Arm wich er so einige Schritte zurück. Er suchte zwar auch eine Frau, doch hatte er sich das alles irgendwie anders vorgestellt. Oh nicht so stürmisch bitte Miss Vaírakell. Sagte er mit seinem gewohnt höflichem Ton, wurde jedoch leicht rot im Gesicht, soweit das seine dunkle haut überhaupt zuließ.
    Was war das für ein Tier irgendwie eigenartig. Wieso springt es einfach so Leute an, hatte es etwa Tollwut. Doch dann sah Darcas den Pfeil der hinter Liah aufgekommen war. Hatte das Tier sie gerette, es schien so. Sofort nahm er Spannung an und schob die zei hinter sich. Dam ihm unbekannten Tier immer noch auf ihrer Schulter zischte er ihm in menschlicher Sprache leise: Danke zu.


    Wer ist da gebt euch zu erkennen. Langsam ging er mit Liah einige Schritte zurück. Er wollte mehr Abstand zwischen dem Schützen und sich bringen. Mit mehr Vorwarnzeit konnte er vielleicht einen Pfeil mit seinen Schienen abwehren, wenn er ihn rechtzeitig erkennen würde und Glück hätte.

  • Saniya verstand immer noch nicht, wie der Schiffbruch sie unter die Kuppel bringen konnte. Von Erzählungen wusste sie, dass dies gar nicht so ohne Weiteres möglich ist. Eine Woche ist vergangen, in der sich die übrig gebliebenen ihrer Truppe in der Nähe des Hafens ein kleines Lager errichtet hatten. Diese Umstände passten Saniya überhaupt nicht aber nun war sie nunmal hier und das wichtigste: sie lebte. Tag für Tag erzählte die selbsternannte Wahrsagerin der Spielleute etwas von Vorherbestimmung. Es sei das Schicksal, das ausgerechnet sie hier gelandet seien. Blablabla.


    Dieses Gespräch wollte Saniya sich nicht zum wiederholten Male antun und sie schlich davon, Richtung Hafen, um sich unter die Leute zu mischen. Vielleicht hatte ja ihr Vater sich hierher verirrt. Sie wollte die Hoffnung nicht aufgeben, dass er den Schiffbruch überlebt hat und sie ihn irgendwann finden würde.


    Das Stimmengewirr drang immer lauter vom Hafen her an ihre Ohren und als sie endlich angelangt war, war sie umgeben von Menschen. Hier herrschte ein reges Treiben. Selbst wenn ihr Vater hier wäre, wie sollte sie ihn nur finden? Nein. Sie brauchte Hilfe. So viel stand fest. Von ihrer Spielmannstruppe würde ihr keiner helfen. Die waren alle zu sehr damit beschäftigt, die nächsten Auftritte zu planen. Wie konnten sie nur? Ein leiser Hass stieg in Saniyas Herz auf. Sie waren gerade mal eine Woche hier. In einer fremden Welt, hatten so viele Verluste hinter sich. Doch ständig dachten sie daran, wie sie schnellstmöglich Geld verdienen könnten. Immer deutlicher spürte Saniya den Drang, der Truppe endgültig den Rücken zu kehren und ihr eigenes kleines Leben hier zu beginnen.


    Sie ging keine 5 Schritte, als plötzlich ein Sirren unmittelbar hinter ihr ertönte und ein Pfeil gefährlich nah an ihrer Schulter vorbei zischte. Reflexartig duckte sich Saniya und ihre weißblonden Haare fielen wie ein Vorhang über ihr Gesicht. NETTE BEGRÜßUNG, murmelte sie bei sich, als sie wieder aufblickte. Langsam drehte sie sich um, damit sie eventuell ausfindig machen konnte, wer dieser Schütze war. Doch dieser schien längst in der Menschenmenge das Weite gesucht zu haben. Hatte es etwa jemand auf ihr Leben abgesehen? Aber wieso? Das konnte nicht sein. Vielleicht galt der Schuss ja jemand anders.
    Ja. Ganz bestimmt. Wer sollte sie denn umbringen wollen? Saniyas Blick folgte der Flugrichtung des Pfeils und diese endete an einer Holzkiste. Eine durchdringende Stimme ließ Saniya abermals zusammenzucken. WER IST DA? GEBT EUCH ZU ERKENNEN. In einigen Metern Entfernung von ihr stand ein Mann mit suchendem Blick, der hinter seinem Rücken einen anderen Mann verbarg. Dies war ein seltsamer Anblick, denn der Mann hinter ihm hatte einen Marder auf der Schulter. Neugierig näherte sie sich den beiden, die offensichtlich auch nach dem Schützen suchten, der diesen Pfeil abgefeuert hat. Ein mulmiges Gefühl machte sich in ihr breit, denn diese beiden sahen nicht gerade freundlich gesinnt aus.

  • Darcas sprach kein Wort, dennoch bewegten sich seine Lippen. Ein Kampf schien unmittelbar bevor zu stehen.
    Narion höre mich an. Hier im Hafen wird gekämpft. Oh Narion sieh uns zu und du wirst Stolz auf meine Leistung sein, wenn ich den Gegner besiege, in deinem Namen.
    Diese Worte formten seine Lippen, aber zu hören waren sie nicht. Hoffentlich wird es ein guter Kampf dachte Darcas. Welcher Feigling nutzt die Deckung der Dunkelheit. Wie unehrenhaft. Man hat das offene Gefecht zu suchen.
    Auf seine Worte hin gab sich nun jemand zu erkennen. Eine Frau. Darcas zog seinen Degen und richtete die Klinge in ihre Richtung. Ihr wagt es uns einen Pfeil zu entsenden. In seiner Stimme war deutlich die Wut und der Zorn über dieses Ereignis zu hören. Trotzdem versuchte er die Höflichkeit die er sonst an den Tag legte bei zu behalten. Was für ein Tag, irgendwie lief heute nichts, wie er es sich vorgestellt hatte. Ein Abenteuer ist zwar ganz schön, aber heute hätte es ihm als Abenteuer schon gereicht, wenn er den Laden seines Vaters endlich finden würde.
    Wer seid ihr?

  • Saniya drehte sich verwundert um. War da etwa doch jemand hinter ihr? Doch als sie wieder den Kopf zurückdrehte, war ihr klar: sie war gemeint. Seine Augen funkelten in ihre Richtung. Neugierig trat sie näher, um ihn deutlicher zu erkennen. Merkwürdig. Einen Menschen mit solch dunkler Haut hatte sie noch nie gesehen. Und genau so merkwürdig war, dass der Mann hinter ihm doch scheinbar eine Frau war. Wie konnte er sie meinen? Benutzte er seine Augen nicht zum sehen? Wie um alles in der Welt sollte sie bitte schön einen Pfeil ohne Bogen abfeuern? NETTE BEGRÜßUNG, sagte sie abermals, diesmal mit lauter und fester Stimme. Sie gab sich keine große Mühe, ihre Wut zu unterdrücken. Sollte er nur kommen. Sie war sowieso gerade bei bester Laune.


    Doch als sie zwischen den beiden düsteren Gestalten hin und her blickte, entschied sie sich anders. Nicht dass sie sich vor einem Kampf fürchtete. Aber sie musste nun überlegt handeln. Die waren imstande, sich zu zweit auf sie zu stürzen. Aus diesem Grund schaute sie einfach nur belustigt an sich herab und fragte mit frechem Grinsen: WO BITTE SCHÖN SOLL ICH HIER EINEN BOGEN HABEN, UM EINEN PFEIL ABZUFEUERN? Unter ihrem weißen, eng anliegenden Kleid konnte sie wohl kaum einen Bogen versteckt haben. Saniya entschloss sich, die Frage dieses Mannes mit einer Gegenfrage zu beantworten: WER SEID IHR, DASS IHR EINE DAME, DIE HIER ALLEINE UNTERWEGS IST, DERART BESCHULDIGT?

  • Es ging alles so schnell, dass Liah nicht wusste wie ihr geschah. Plötzlich hatte sie dieses Vieh auf der Schulter, es rammte ihr die Zähne in den Nacken. Sie versuchte es abzuschütteln, stolperte ein paar Schritte nach vorne und verlor aus lauter Überraschung das Gleichgewicht.
    Erst als sie wieder fest auf beiden Beinen stand und sofort wieder Abstand zu Darcas suchte, fiel ihr Blick auf den Pfeil, der in der Kiste steckte.
    Verfluchtes Pack, zischte sie. Ungeachtet was um sie herum geschah, ging sie darauf zu und zog ihn mit einem Ruck heraus. Sie musterte die Spitze und die Federn, er kam ihr nicht bekannt vor. Mit grimmiger Miene warf sie den Pfeil ins Wasser. Dann wandte sie sich wieder Darcas zu.
    Scheinbar hatte sich plötzlich der Beschützerinstinkt in ihm geregt, denn er hatte seine Waffe gezogen und forderte den Schützen auf sich zu stellen.
    Liah seufzte leise und hob eine Augenbraue. Jetzt mal ganz langsam...wäre dort jemand auf einen offenen Kampf aus, hätte er mich nicht mit Pfeilen attackiert. Steckt Euer Spielzeug wieder weg, da wird nichts mehr kommen, meinte sie, begleitet von einem entsprechenden Wink mit der Hand.
    Sie warf einen Blick über die Schulter. Und ihr regt Euch mal nicht so auf, Ihr steht fast genau in der Schusslinie. Aber ich sehe weder Pfeil noch Bogen, also verdächtigt Euch auch keiner.
    Sie stellte einen Fuß auf der Kiste ab und blickte in die Richtung, aus der der Pfeil gekommen war. Was für ein Chaos, murmelte sie leise und legte einen Arm auf ihrem Knie ab.

  • Darcas war doch leicht überrascht, wie ruhig Liah blieb. Vielleicht war es die Auswirkung Narions dass er selbst ehr überstürzt reagierte. Spielzeug! Hatte sie grade seinen Degen als Spielzeug bezeichnet. Zorn stieg in ihm auf. Darcas war viel zu Stolz als etwas über seinen Kampfstil oder seine Waffen kommen zu lassen. Ich verbitte mir derartige Bemerkungen über meinen Degen, Miss Vaírakell. Und erlaubt mir die Frage, aber was gibt euch Anlass zu dem Glauben, dass der Pfeil euch galt? Ebenso gut, hätte der Schütze mich im Visier haben können.
    Nun richtete er sich an die andere Frau die hinzugekommen war, sie schien etwas Katzenhaftes an sich zu haben. Es tut mir Leit euch verdächtigt zu haben, aber diese Situation ist auch etwas ungewöhnlich, in der ihr zu uns gestoßen seit.
    Darcas steckte den Degen nicht weg, sondern richtete ihn nun auf Liahs Schulter, auf der immer noch dieses Tier saß. Und nun zu euch. Ich Danke euch für die Hilfe. Aber frage ich mich, was ihr vor habt.

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