Ein abwechslungsreicher Abend

  • Nachdem das Essen serviert wurde, nahm Seoul erstmals seine Kapuze ab und Saniya konnte nun mehr von dem Nachtelf erkennen.
    Er sah sicher nicht so aus wie alle anderen hier aber Saniya fand es traurig, dass sich jemand vor anderen verstecken musste, nur weil er anders aussah. Aber daran waren wohl auch die Geschichten schuld, die man sich erzählte. Und vielleicht war ja auch ein Stückchen Wahrheit daran.
    Die junge Artistin war neugierig, was ihr dieser Abend noch bringen würde und vor allem war sie gespannt darauf, wer sich hinter diesen beiden Männern verbarg.


    Doch sie machte sich, genau wie Seoul, daran, ihr Essen zu genießen, machte sich doch immer mehr der Hunger in ihr bemerkbar.
    Während Saniya aß, ließ sie jedoch diesen Erik nicht aus den Augen. "Möchtet ihr uns nicht etwas über Euch erzählen?"
    Auch wenn sich Saniya über sein Angebot freute, war sie doch etwas skeptisch.

  • Seit sie hier war, hatte Losifa sich eine Unterkunft gewünscht, einen Platz, an den sie zurückkehren und an dem sie einer angenehmen Arbeit nachgehen konnte, die ihr Spaß machte ... Spaß, was hatte dieses simple Wort schon neben der viel größeren Bedeutung eines beinahe leeren Geldbeutels zu suchen. Sie brauchte Geld, und momentan war ihr alles recht, um daran zu kommen. Vielleicht bot das Gasthaus, für das sie sich entschied, ja die Möglichkeit oder die richtigen Leute, die ihr solches vermitteln konnten.


    Aber eigentlich war sie nicht deswegen hier. Jetzt, wo der Wunsch der Unterkunft endlich erfüllt war, hielt sie es dort nicht aus ... Losifa hatte die vergangenen Monate mit harter Arbeit zugebracht, ganz alleine, ganz auf sich gestellt. Das Ergebnis war ihr eigenes Haus mitten im Zentrum von Nir’alenar, auf das sie nicht wenig stolz war. Das Gebäude selbst gefiel ihr, sie hatte es nach ihrem Geschmack dekoriert, jedoch ... fremd blieb fremd. Es würde seine Zeit dauern, bis sie sich wirklich dort eingelebt hatte. Heute war sie geflohen. Es war ihr schlichtweg zu eng geworden, als könnte sie nicht mehr atmen, als wäre sie zwischen etwas eingesperrt, das viel schlimmer war als die vier Wände, die es symbolisierten. Nur hinaus, um frische, kalte Luft zu erreichen. Nur einen Atemzug. Und dann noch einen ...
    Schließlich erblickte sie das Korallenriff. Da sie sich auf dem Weg einigermaßen beruhigt hatte – die Natur hatte sie schmerzlich gerufen, wann immer sie auch nur einem Grashalm begegnet war –, beschloss sie kurzerhand, ein wenig unter die Leute zu gehen. Einsamkeit machte verschroben und verdreht, allein mit den eigenen Gedanken und Illusionen. Andere, auf die man sich konzentrieren konnte, hielten einen in der festen, unverrückbaren Realität. So war es richtig, so sollte es sein.


    Den Platz, den sie im Schankraum auswählte, hatte wenig mit ihrer eigenen Entscheidung zu tun. Inzwischen war die Schenke schon ganz gut gefüllt, vor den Fenstern herrschte die beginnende Nacht. Sie würde etwas trinken, ein bisschen reden und dann hoffentlich in besserer Stimmung wieder gehen. An dem Tisch in der Ecke, auf den sie zusteuerte, saßen schon drei Personen, sie musterte sie flüchtig: eine Frau, die aus weiß strahlendem Haar zu bestehen schien, im Gegensatz dazu ein dunkler, geheimnisvoller Geselle und ein Mann, der sich ganz offen gab, aber das Aussehen eines Schlitzohrs hatte. Nun, bei Losifa würde es sowieso nicht viel zu holen geben.


    Höflich nickte sie jedem kurz zu. „Ich hoffe, es stört die Herrschaften nicht, wenn ich mich zu ihnen setze? Mein Name ist Losifa Kiruna.“ Weiche, warme Stimme, leise vorgetragene Worte. Abwartend blieb sie stehen, ihre Sinne auf Reaktionen ausgerichtet, die intensiv grünen Augen schwach glänzend.

  • Die Gabel in der Hand, sah sie Kerry fragend an. In letzter Zeit hatte sie gelernt, vorsichtiger beim Umgang mit Fremden zu sein.


    Doch auf die Antwort würde sie wohl noch warten müssen, denn in diesem Moment gesellte sich noch jemand zu ihnen.
    Saniya sah die dunkelhaarige Frau an. "Hallo. Ich heiße Saniya", stellte sie sich selbst vor " und das sind Seoul und Erik Kadi", fügte sie noch hinzu, während sie jeweils auf die entsprechende Person zeigte. Anschließend deutete sie auf den einzigen noch freien Stuhl am Tisch.


    Saniya freute sich. Losifa schien nicht so geheimnisumwoben zu sein, wie die beiden anderen Gesellen am Tisch, bei denen sie nicht zuzuordnen wusste, ob sie ihnen auch wirklich vertrauen konnte. Ihre anfängliche Müdigkeit war gänzlich verflogen.

  • Seoul musterte den Neuankömmling. Der Tisch schien immer voller zu werden. Er wusste nicht ob ihn das freuen sollte oder nicht. Aber sicherlich war es eine gute Ablenkung. Denn im Moment wusste er nicht, wie es mit ihm und Kaera weitergehen sollte. Natürlich liebte er sie. Doch sie entfernte sich immer weiter von ihm. Sie sahen sich kaum noch und er wusste nie wo sie war. Zweifel hatte begonnen in ihm aufzukeimen und diesen musste er unterdrücken.
    "Schön euch kennen zu lernen," sagte er ruhig zu Losifa. Er bewunderte einen Moment ihre schönen grünen Augen, bevor er sich wieder seinem Teller widmete.

  • Losifa sah, dass das helle und das dunkle Gesicht sich ihr zuwandten, hörte die freundlichen Worte und setzte sich dann mit einem kleinen Danke. Sie nickte allen dreien freundlich zu, doch instinktiv zog sie das dunkle Gesicht am meisten an. Was mochte sich wohl hinter dieser außergewöhnlichen Fassade verbergen, was spielte sich gerade in seinem Inneren ab ... doch sie durfte nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen, musste zuerst die Distanz wahren und sich vorsichtig vortasten. Denn sie saß Fremden gegenüber, und dieser Umstand konnte nicht so leicht geändert werden.


    Also bestellte sie erst einmal etwas zu Trinken. Essen würde sie hier nicht, an anderen Orten gab es Billigeres und das Klingeln der paar Münzen in ihrem Geldbeutel bereitete ihr Sorgen. Jetzt fiel ihr auch wieder ein, wem sie eigentlich ihre Aufmerksamkeit schenken sollte. Der gewitzte Mann, der bis jetzt noch nichts gesagt hatte, sah aus wie jemand, der die richtigen Leute kannte. Sie musste sich an ihn wenden, um etwas in Erfahrung zu bringen. Doch fand sie es seltsam, ihn anzusprechen, bevor er sie seinerseits begrüßt hatte.


    Deshalb wandte sie sich der Frau zu, sie mit der wunderschön weißen Lockenmähne. „Ihr habt herrliches Haar“, meinte sie bewundernd, wäre am liebsten mit der Hand hindurchgefahren, bestimmt war es seidenweich. Blieb jedoch ernst, es war noch nicht an der Zeit, sich fröhlich zu geben.

  • Für einen Moment überlegte Saniya, ob es richtig war, ihr den Platz anzubieten. Schließlich saß sie nicht allein. Prüfend beobachtete sie Seoul und Erik, konnte aus ihren Minen allerdings nicht erkennen, ob es ihnen recht war oder nicht. Doch nun war es geschehen und sie kontne es auch nicht mehr ändern.


    Ihr Blick fiel wieder auf Erik. Er schien wirklich über die Kontakte zu verfügen, die sie brauchte. Vielleicht wusste er auch ... Nein. Diesen Gedanken wischte sie schnell wieder beiseite. Es kam ihr gänzlich unmöglich vor und sicher wäre ihre Enttäuschung nach einem Versuch noch größer als die Sorge, die sie im Moment um ihren Vater hatte. Aber unter die Kuppel konnte sie doch auch gelangen - Irgendwie - Dann musste es auch einen umgekehrten Weg geben.


    Die Stimme Losifas führte sie wieder aus ihren Träumen heraus. "Mein Haar?" Unwillkürlich strich sie eine Strähne hinter ihr Ohr. In der Tat war ihr Haar im Moment das letzte, worum sie sich Gedanken machte. Für einen Moment betrachtete Saniya ihr verschwommenes Spiegelbild in der Fensterscheibe. Sie betrachtete die feinen Gesichtszüge und die Augen, die über diese besondere Mischung aus Blau und Grün verfügten. Und plötzlich kam ihr eine Idee. Sie würde es versuchen müssen - koste es was es wolle. Auch wenn es eigentlich gar nicht ihre Art war, das zu tun, was ihr gerade in den Sinn kam. Aber die Situation, in der sie steckte, ließ Saniya kaum eine andere Wahl. Zumindest wusste sie keine andere. Saniya drehte sich wieder zu den anderen um und lächelte Losifa an. "Danke", entgegnete sie verlegen.

  • Seoul bemerkte, dass das Gespräch drohte zum Erliegen zu kommen. Darum sah erneut von seinem Teller auf, nahm einen kräftigen Schluck von seinem Bier und musterte erneut die Leute an diesem Tisch. "Was hat euch nach Nir'alenar geführt Miss Losifa," fragte er. Natürlich traf man hier immer wieder Tua'tanai, aber nur wenige von ihnen ließen sich tatsächlich in der Stadt nieder.

  • 'Oho, immer mehr potentielle Kunden' dachte Kerry so bei sich.


    "Seid auch ihr mir gegrüßt werte Losifa, es ist schön am Ende eines solch schönen Tages in illustrer Runde zu sitzen und neue Leute kennen zu lernen. Also, wie ich schon sagte ich kenne den ein oder anderen auf dem markt, aber auch Tavernenbesitzer kenne ich. Auch kann ich Dinge besorgen, die man auf dem Markt nur nach langer Suche findet. Nichts illegales versteht sich, aber eben besondere Dinge."


    Kerry schmunzelte und beobachtete die Leute am Tisch sehr genau um zu sehen wie sie auf seine Angebote reagierten um sie vielleicht noch ein wenig schmackhafter zu machen. Von der neuen würde er nicht viel bekommen, die langhaarige war schon eher ein Opfer, doch vor dem Nachtelf musste er sich in Acht nehmen, diese Kerle waren meist von natur aus misstrauisch.

    Häßlichkeit schändet nicht die Seele,
    aber eine schöne Seele adelt den Leib.


    Es ist nicht der Tod, den wir fürchten sollten,
    das wirklich Tragische wäre ein Leben, das nicht gelebt würde.


    Willst du das Licht sehen, ertrage den Schatten,
    denn beides gehört zu Dir.

  • Doch dann meldete sich Kerry zu Wort und Saniya nahm aufmerksam jedes seiner Worte in sich auf. Wenn er wirklich über die entsprechenden Kontakte verfügte, wäre vielleicht jemand dabei, der ...
    "Kennt Ihr auch jemanden, der mir helfen kann, meinen Vater zu finden?", sprudelten die Worte aus ihr heraus. Vielleicht gab es doch noch irgendeine Hoffnung. Egal, wie klein so ein Lichtschimmer sein würde, Saniya wäre bereit, jedem noch so kleinen Funken Hoffnung zu folgen.


    Erwartungsvoll sah sie Kerry an. Es schien, als wäre sie endlich auf jemanden getroffen, der zu helfen in der Lage schien. Die beiden Yassalar in dem Waffenladen würden ihr bestimmt nicht helfen und ihre einzige Freundin, Flynn, hatte sie schon seit Tagen nicht mehr gesehen. Saniya war auf sich gestellt. Das wusste sie nur zu gut. Es war an der Zeit, neue Kontakte zu knüpfen und aufrecht zu erhalten.


    Zwar war sie nicht sicher, ob ausgerechnet dieser Erik eine so gute Wahl für dieses Vorhaben war, doch sie würde es riskieren. Und sie würde vorsichtig sein.

  • Als Kerry erwähnte, dass es um Nicht-illegales geht, horchte Seoul auf. Jeder setzte voraus, das die Taten, Methoden des anderen legal waren. Nur jemand der sich auch unlauterer Mittel bediente, fühlte sich genötigt dies noch einmal zu betonen. Aber im Moment konnte Seoul nichts machen. Er hoffte nur, dass Saniya vorsichtig war. Sein Möglichkeiten ihr zu helfen, wenn etwas passieren sollte, waren beschränkt.
    "Was ist mit eurem Vater geschehen,"fragend sah er sie an und wusste, dass er sich so eben Dilemma manövriert hatte. Er hatte jetzt beiden Frauen eine Frage gestellt und musste darum auch beiden Aufmerksamkeit schenken.

  • Losifa fühlte sich etwas hilflos, von anderen und dem unveränderlichen Schicksal in eine Lage manövriert, die sie festhielt wie ein Spinnennetz. Sie würde erst wieder freigegeben werden, wenn sich etwas Nützliches aus dem Gespräch ergeben hatte. Nicht, dass es gegen ihren Willen geschah, doch sie mochte es nicht, die Kontrolle zu verlieren. Vielleicht war sie deshalb nicht besonders gläubig ...


    Bevor sie jedoch die Stimme zur Antwort erheben konnte, wurde ihr Getränk gebracht. Im Grunde war es ihr egal, was sie aß oder trank, solange es seinen Zweck erfüllte, und so war sie erst einmal in dem Anblick des hellgoldenen, schaumigen Gebräus gefangen: Bier nannte man es. Die Bitterkeit fraß sich durch ihre Gedanken und schien sie noch klarer und schärfer zu machen. Sie prostete Seoul zu, war versucht, zu lächeln, doch unterließ es, und nahm einen Schluck. Erst dann antwortete sie seiner Frage, mit einem melancholischen Blick ins Nichts. „Geführt hat mich das Schicksal ... ich kenne die Stadt aus meiner Kindheit, war aber ein paar Jahre auf Reisen.“ Auch sie hatte Geheimnisse und Prioritäten, verschwieg also den Besuch in einer Gegend, die sie wohl Heimat nennen sollte, es aber nicht konnte. Die Vergangenheit war abgeschlossen, was jetzt zählte, war die Gegenwart. Ein leichtes Zusammenziehen der feinen Augenbrauen zeigte ihren Unmut an. Warum fragte man immer nach der Vergangenheit?


    Trotzdem interessierte sie sich für den Fragensteller. Seine Dunkelheit, in der so vieles versteckt werden und unerkannt bleiben konnte, zog sie an. Man konnte Losifa nicht ernsthaft risikofreudig nennen, doch sie besaß eine Vorliebe für Exotisches. Ein leichtes Hochziehen der Mundwinkel im weißen Gesicht, und sie fragte neugierig: „Aber wie sieht es mit Euch aus? Was tut Ihr an einem solchen Ort, zu dieser Zeit?“ Natürlich gab es unzählige Gründe, warum normale Leute um diese Zeit ins Gasthaus gingen, doch sie wollte etwas von ihm, etwas, das sie verband. Und wenn es auch nur Worte waren, dann sollte es so sein.


    Doch nebenbei erfasste sie auch die Unterhaltung zwischen Saniya und Erik. Das weiße Gesicht sollte sich lieber in Acht nehmen, über ihrem Wunsch nicht das gesunde Misstrauen der Stadtmenschen vergessen. Hier lief genug herum, dem man nicht ansah, was es eigentlich beabsichtigte. Losifa wollte sich zwar nicht anmaßen, zu behaupten, sie durchschaue den verdächtigen Spitzbuben, doch sie hielt sich zur Vorsicht an. Und wandte sich mit unterdrücktem Interesse seinen Ausführungen zu. „Bedeutet das, Ihr seid eine Art Händler? Wie es der Zufall so will, könnte es sein, dass einige Eurer Kontakte mich durchaus interessieren. Was habt Ihr denn anzubieten für jemanden, der ehrliche Arbeit sucht?“

  • "Hunger und der Wunsch nach Zerstreuung," erwiderte er mit einem möglichst gelassenem Lächeln. Als sich auch Losifa an Erik wandte, war ihm noch unwohler. Hoffentlich war wenigstens eine von den beiden Frauen misstrauisch.
    Sein Blick glitt über die hellen fast alabasterfarbenen Wangen von Losifa und ihren Hals entlang. Ihre Haut war ein starker Kontrast zu seiner. Vor allem weil sie noch heller war als die der meisten. Er erwischte sich bei dem Gedanken, wie es wäre sie zu berühren, zu liebkosen. Schnell wandte er sich wieder seinem Essen zu. Schließlich konnte er doch nicht einfach an andere Frauen denken.

  • Die junge Frau sah von ihrem Essen auf, als Seoul sie nach ihrem Vater fragte. Ihre traurigen Augen begegneten den seinen.
    Sie begann zu erzählen, von der Artistentruppe, von dem Schiffsunglück ... "Ich weiß nicht, wo mein Vater ist, geschweige denn, ob er ...", die Stimme versagte ihr. " ... ob er überhaupt noch lebt." Saniya schlug die Augen nieder und sie sah auf die Tischplatte, während sie versuchte, die Tränen zu verdrängen, die in diesem Moment in ihre Augen schossen.


    Sie seufzte schwer. Saniya konnte sich nicht vorstellen, dass ihr überhaupt jemand helfen konnte. Langsam hob sie den Kopf und sah von Kerry zu Seoul und von ihm zu Losifa. Konnte sich überhaupt irgendjemand von ihnen vorstellen, wie es war, jemanden zu verlieren, den man sehr liebte?

  • Der Dunkle tat nichts wirklich Interessantes, trotzdem kam sie nicht von den Gedanken um ihn los. Da war etwas unter der Oberfläche, tief im Wasser lauernd, das nur auf einen Überraschungsmoment zu warten schien. Er ... oder sie, wer war es wohl, der nichts von diesem wusste? Als Seoul sich seinem Essen zuwandte, nahm sie einen Schluck ihres Getränks. Bitter, scharf, ach ja, Bier nannte man es. Viel zu intensiver Geschmack für eine so schöne Farbe. Beim Gedanken an den Nachtmann schlich sich nun doch ein ungesehenes Lächeln auf ihre Züge, so schnell fortgewischt wie aufgetaucht. Es hatte doch seinen Reiz.


    Götter, Losifa war verwirrt. Sie fühlte eine gewisse Unruhe, was vielleicht damit zu tun hatte, dass sie seit längerer Zeit wieder so nahe mit anderen Leuten zusammensaß. Was für ein überzeugendes Argument, sie sollte sich öfter unters Volk mischen – sonst würde sie bald noch durchdrehen, so ohne Gesellschaft, obwohl das seit jeher ihre Entscheidung gewesen war.


    Wie auch immer. Die weißhaarige Schönheit schien traurig zu sein, wieder war es die Vergangenheit, die ihre Worte verrieten. Auch Losifa fragte sich, ob Erik vertrauenswürdig war, doch das Mädchen war zu sehr von sich eingenommen. Losifa spürte leichtes Mitleid und Verständnis aufkommen. Auch sie hatte in jungen Jahren jemanden verloren, der ihr viel bedeutet hatte, doch in diesem Fall endgültig und auf einen Schlag ... Mit einer weichen, lautlosen Bewegung legte sie Saniya einen Arm um die Schultern und drückte sie ein wenig, begleitet von einem klargrünen Blick, der ein wenig ihrer Gefühle offenbarte. Nur ein wenig, ein kleines Fenster für eine sympathische Bekannte. „Wenigstens kannst du hoffen“, sagte sie ihr leise ins Ohr.


    Wusste einen Moment später nicht mehr, woher diese Offenheit kam. Die Atmosphäre des Gasthauses musste es wohl sein, hier trafen sich jeden Tag Menschen, Wesen, die einander begegneten, mit all ihren Gefühlen, Stärken und Schwächen. Da gab es schon mal Gemeinsamkeiten oder Gegensätze, Streitigkeiten und Liebeleien. Gasthäuser waren doch hochinteressant!

  • Seoul hörte zu und versuchte nicht mitzufühlen. Doch er wusste einen Ort, wo ihr Vater sein könnte. "Ich hoffe sehr, dass ihr ihn finden werdet," erwiderte er mitfühlend. "Habt ihr schon mal Mutter Tilars Auffanglager für gestrandete Wesen besucht? Vielleicht ist er dort, oder sie wissen etwas über ihn." Seouls Blick glitt zu Erik. Vielleicht konnte er so die Frauen von diesem Mann fernhalten. Zum einen bestand diese Möglichkeit wirklich und zum anderen.......er konnte ihnen ja nicht einfach sagen, dass er diesem Mann nicht traute. Immer hin sah er selbst nicht viel vertrauenserweckender aus.

  • Losifa`s tröstende Geste und aufmunternde Worte taten Saniya gut und sie blickte auf.
    Hoffnung ... ja - so lange sie wenigstens diese nicht verlor, bestand immer noch eine winzige Chance.


    Als sie Seouls Worte vernahm, horchte sie auf. "Mutter Tilars Auffanglager?", wiederholte sie seine Worte. Nein. Davon hatte sie noch nie etwas gehört. Obwohl sie ständig Augen und Ohren offenhielt. Warum hatte ihr noch niemand etwas von diesem Auffanglager erzählt? Doch dies war in diesem Moment egal. "Wo ist das? Könnt Ihr mich dorthin bringen?" Nun galt ihre ganze Aufmerksamkeit Seoul und nicht mehr Erik. So einem guten Ratschlag musste sie einfach nachkommen.

  • Seoul bemerkte seinen Fehler zu spät. Er hatte ihr jetzt mehr Hoffnung gemacht, als es wahrscheinlich gut war. Wie enttäuscht würde sie sein, wenn er dort nicht war. "Es ist nicht sicher, dass er dort ist. Aber das Auffanglager soll im Händlerviertel sein. Ich war noch nie dort. Doch hat man mir erzählt, dass dort Schiffbrüchige aufgenommen und versorgt werden."

  • Mit umherhuschenden giftgrünen Augen wurde der Wortwechsel verfolgt. Ein Auffanglager, ein guter Anfang. Doch je höher man stand, desto tiefer konnte man später fallen, wenn man Pech hatte ... Das Leben spielte einem manchmal übel mit. Vielleicht brauchte das Mädchen jetzt jemanden, der auf sie aufpasste. Innerlich stritt Losifa stur ab, dass sie sich mit Saniya anfreunden könnte. Zu verschieden, zu anders. Doch sie ein wenig begleiten, dagegen fiel ihr kein Argument ein. Ihr seidenes, weißes Haar lockte, der aufgeschlossene Charakter, das hübsche, unschuldige Gesicht. Sie könnten die gegensätzlichsten Schwestern sein, wie Tag und Nacht.


    Zustimmendes Nicken. „Davon habe ich auch schon gehört. Hättet Ihr etwas dagegen, wenn ich Euch dorthin begleite, Saniya?“ Ein ruhiger Blick, kein türkises Eis lag darin, wohl aber der Friede, die Geborgenheit eines warmen Laubwaldes. „Nur wenn Ihr wirklich gehen wollt und natürlich wann Ihr wollt.“ Nein, sich aufdrängen war das letzte, was sie beabsichtigte. Aber sie hoffte, das Mädchen würde verstehen. Willst du mich als eine starke Säule betrachten, an die du dich lehnen kannst?


    Wie paradox. Eben noch einem Dunklen Blicke zugeworfen, jetzt der Hellen daneben Trost spendend. Poesie lag darin, doch fühlte es sich nicht falsch an. Die Umgebung? Vielleicht. Vielleicht auch die neue Situation. Wer wusste schon, was ihr Aufenthalt hier noch bringen würde.

  • Die Aussage Seouls, dass es nicht sicher war, ihn dort zu finden, überhörte Saniya vorsichtshalber. Davon wollte sie im Moment nichts wissen. Viel wichtiger war es nun, dorthin zu gelangen. "Gut. Dann werde ich zum Händlerviertel gehen". Sie versuchte, einen letzten aufkommenden Zweifel zu unterdrücken, doch kam sie nicht umhin, sich eine Begleitung für dieses Unternehmen zu erfragen. Seoul war zwar selbst noch nicht dort gewesen, gemeinsam konnten sie aber den richtigen Weg finden. Gerade, als sie dem Nachtelf die Frage stellen wollte, bot Losifa sich an. "Oh. Ich würde mich wirklich sehr darüber freuen". Entgegnete sie der Frau. Und an Seoul gewandt fügte sie noch hinzu: "Möchtet Ihr uns auch begleiten?"

  • Einen Moment zögerte Seoul. Warum hätte er die beiden Damen begleiten sollen. Jedoch war etwas ganz anderes entscheidend. Würden sie heute noch gehen, zu dieser fortgeschrittenen Stunde, so würde er mitkommen. Allein um sie zu schützen. Und weil er nicht schon in sein einsames dunkles zu Hause zurückkehren wollte. Doch am Tage. Nun da musste er arbeiten und gleichzeitig konnte er nicht in das Freie. Das Ergebnis mit dem letzten Licht, zeichnete sich immer noch unter seinem Ärmel ab.
    "Wollt ihr denn heute noch dorthin?" fragte er aus diesem Grund.

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