Der Hafen (alt)

  • Ein seltsam kehligklingendes Lachen kam über Brennans Lippen.
    "Ich stelle mich euch gerne vor, mein Freund, wenn ihr mich und meine Begleitung dann wieder alleine laßt."


    Die dunklen Augen funkelten, als Brennan sich verbeugte.
    "Brennan Targo. Erfreut euch kennen zu lernen. Und das ist.."
    Brennan deutete auf Deleila, die unweit von ihm lag. "Deleila. Ich bezweifel allerdings, dass sie tatsächlich eure Schwester ist." Nun entfernte sich der Vogelhändler und ging auf Gabriel zu.
    "Geht hin, seht sie euch an! Sie ist eine Valisar! Eine Dienerin Lilliande und Yanariels. Seit ihr auch ein Valisar, mein Freund? Habt ihr ebenfalls keine Gefühle?"
    Mit zusammengekniffenen Augen sah Brennan den Fremden an.

  • Gabriel lächelte müde auf die Provokation.
    "Gabriel van Noth, ein Mensch, kein Valisar, eure Spitzfindigkeit."
    Er machte eine lächerliche Geste der Höflichkeit.


    "Ihr seht nur die fleischliche Lust mein Freund. Habt ihr schonmal versucht einen Tempel zu betreten, oder verwandelt ihr euch gleich zu Staub? Aber ich kenne den Quell, der eure Gier sicher stillen kann. Selbst einem Menschen mit eurem Intellekt sollte es zwieder sein, einen Valisar für euren Spaß zu quälen. Ihr glaubt doch nicht ernsthaft, dass ihr dem Mädchen helft?"


    Gabriel trat einen Schritt vor und schaute dem Mann in die Augen.
    "Ihr habt drei Möglichkeiten. Die erste, ihr tötet mich und könnt euren Spaß an dem Mädchen haben. Oder aber ihr unterliegt und ich werde meinen sadistischen Spaß haben. Und die dritte ist, ihr lasst die Finger von der Dame."
    Er sagte es mit einer kalten gefühlslosen Stimme, untermauert von seinem kalten Blick.
    Gabriel blöffte, aber das konnte der Kerl nicht wissen.
    Auf jedenfall gab er sein bestes, seine dunkle Herkunft den Kerl spüren zu lassen

  • Brennan lachte laut und herzhaft. Wollte sein Gegenüber mit ihm spielen? Er drehte sich um und ging mit langsamen, kurzen Schritten auf Deleila zu. Währenddessen sprach er:


    "Mein Freund, ich habe mit Sicherheit schon mehr Tempel von Innen gesehen, als ihr. Und ihr schätzt mich falsch ein, wenn ihr glaubt, dass ich Deleila aus Freude qäulen will. Im Gegenteil. Ich würde ihr niemals etwas antun."
    Der Vogelhändler blickte über die Schulter, sah Gabriel an und schüttelte den Kopf.


    "Ich bin nicht darauf aus, mit euch zu kämpfen. Genauso wenig, wie ich Deleila jemals ein Haar krümmen wollte." Aus Brennans Gestik wurde nicht klar, ob es sich bei seinen Worten um die Wahrheit handelte oder ob er geschickt log.
    "Wenn es euer und der Wunsch der Valisar ist, werde ich hier sofort verschwinden." Brennan ging in die Knie. Er war nicht mehr weit weg von Deleila und hätte sie berühren können, stattdessen stieß er aber einen leisen Pfiff aus und Kalli, der schwarze Begleiter Brennans kam auf dessen Hand gehüpft. Offensichtlich hatte der Rabe die ganze Zeit die Geräusche verursacht.


    Fürsorglich tätschelte Brennan den Kopf des Tieres.
    "Aber wer sagt mir, dass ihr es nicht seit, der ihr ein Unrecht antun will? Hilflos, wie sie gegen euch mit eure Schwert ist?" Plötzlich war wieder diese samtige Wärme in Brennans Stimme.

  • Mit verwirrtem Blick folgte Deleila dem Schlagabtausch zwischen den beiden Männern, immer von einem zum anderen sehend.
    Was ging hier nur vor sich? Woher war der Mann gekommen, der ihr scheinbar zunächst hatte helfen wollen und der nun Brennan drohte? Und was war Brennan für ein Mann? Er hatte sie ängstigen wollen, hatte sogar bedrohlich gewirkt, hatte sie in jenen dunklen Raum gestossen und mit kalter Stimme gesprochen. Ein Rabe hüpfte an ihr vorbei auf Brennans Hand. Tief Luft holend, versuchte die Valisar wieder Herrin ihrer selbst zu werden.
    Sie horchte auf, als die Wärme mit einem Mal in Brennans Stimme zurückkehrte. Doch das der Mann nun so nahe sass, das er sie hätte berühren können, ließ die Valisar kurz schaudern. Mit einem Mal wusste sie Brennan überhaupt nicht mehr einzuschätzen. Sie hatte immer noch Angst vor ihm. Aber andererseits - was war ihr "Retter" für ein Mann?

  • "Eine Frau hat nich das Schwert zu fürchten, sondern die Hand die es führt.
    Aber wie könnte ein Bruder seiner Schwester grollen? Es bedarf keiner Worte, Taten sagen mehr als tausend Wörter.
    Es braucht euch Bennan nicht zu interessiern, noch braucht ihr mich zu verstehen, einzig allein sollt ihr wissen,
    dass ich meinen Platz in diesem Spiel kenne."


    Gabriel musterte Bennan mit seinen unergründlichen Augen.
    "Aber welchen Platz habt ihr in diesem Spiel? Ihr scheint harmlos, aber jeden Schritt zu euch und ich vernehme ihre Stimme.
    Ihr wisst von welcher Stimme ich rede, nicht wahr? Manchmal ist es nur Geflüster, manchmal die Worte einer liebenden Mutter, aber meistens sind es Schreie der Verdammnis, die einen zu sich locken und das Herz in Eis hüllt.
    Es gibt nur wenige, die den Schrei der Todesfee je vernahmen und davon erzählen können. In euch höre ich sie wispern, den Hauch des Todes."
    Mit einem Ruck fuhr Gabriel herum und lächelte Bennan ins Gesicht.
    "Vielleicht irre ich mich auch und werde langsam verrückt. Wer weiß?"


    Gabriel wandte sich dem Mädchen zu.
    "Deleila ist euer Name? Ein schöner Name. Wie fühlst du dich? Alle Knochen noch an ihrem Platz?"

  • Langsam und mit Bedacht stand Brennan auf. Kalli blieb auf seiner Schulter sitzen. Ein breites Grinsen glitt über seine Lippen.


    "Todesfee? Sagt, wovon sprecht ihr, Gabriel van Noth. Bin ich doch ein Mensch wie ihr und kein... Geist." Brennans Augen funkelten.
    Ob dieser Fremde von Shirashai sprach? Seiner einzig wahren Geliebten?


    Wenn das so war, sollte er lieber seine Zunge hüten. Brennan ging auf Gabriel zu. Den Raben auf der Schulter, die Hände ruhend an den seitlichen Oberschenkeln.


    "Werter Gabriel, mir scheint es als würdet ihr euch tatsächlich irren. Was führt euch in eurem verwirrten Zustand hier her? Haben wir euer Nachtlager gestört?" Der Vogelhändler sprach nun zu Gabriel wie zu einem kleinen Kind. Er hatte keine Angst, vor Deleila zuzugeben, dass er ein Jünger Shirashais war. Aber ungerne würde er sein Gegenüber zeigen, dass dieser mit seiner Vermutung recht gehabt hatte.


    "Vielleicht sollten wir euch hieraus helfen? Kommt, ich will auch so gut sein und euch eine heiße Suppe spendieren."

  • "Danke, aber ich habe erst kürzlich Fasan gegessen. Prächtiges Federvieh. Hoffe euch fehlt kein Exemplar in eurer Sammlung." sagte Gabriel spitzfindig.
    "Und ja, ihr habt meinen Schlaf gestört.
    Hier unten ist einer der wenigen Orte, wo man Ruhe vor Leuten hat.
    Zumindest dachte ich so, bevor ich euch hier antraf. Aber wenn ihr hofft ein Bett vorzufinden muss ich euch enttäuschen.
    Hier unten lässt es sich wunderbar meditieren. Aber davon versteht ihr nicht viel, nicht?
    Aber ihr habt recht, hier ist kein Ort für Leute wie UNS" Gabriel betonte das Wort zynisch.
    "Was haltet ihr, wenn wir weitersprechen bei einem kühlen Krug um unsere Kehlen zu befeuchten".

  • Brennan kniff die Augen zusammen und musterte Gabriel schweigend. Federvieh? Sammlung? Sprach Gabriel von Brennans Vogelhandlung? Zunächst die Vermutung Shirashai betreffend, dann sein Geschäft. Zuviele Zufälle. So gut konnte niemand raten.


    Nur noch eine Armeslänge stand der Vogelhändler von Gabriel entfernt und blickte ihn düster an. Spionierte dieser Kerl ihm etwa nach? Ja, so mußte es sein. Wie sonst hätte er ihn und Deleila hier unten sonst finden sollen?


    "Ich glaube nicht, dass wir zwei gute Trinkbrüder wären." Brennans Stimme klang schneidend.
    "Ihr sagt Gabriel sei euer Name? Nun gut, Gabriel, verratet mir, wer ihr seid, was ihr hier wolltet und warum ihr meint, mich zu kennen."
    Kalli krächzte auf Brennans Schulter. Ob dieser Gabriel ein Spitzel Shirashais war? Nein, auf keinen Fall. Shirashai wußte, dass er ihr ergeben war. Kam er von der Diebesgilde? Oder war es die Kaufmannsgilde, die ihm diesen zwilichtigen Kerl auf den Hals schickte. In Brennans Kopf ratterte es und er überlegte sich, wie er Gabriel auf die Bretter schicken konnte, ohne selbst bewaffnet zu sein.

  • "Ich meine nicht, euch zu kennen" sagte Gabriel ruhig.
    Er fragte sich ob er nicht lange genug gespielt hatte. Sein Gegenüber schien verwirrt und Gabriel fragte sich, was wohl eine Ratte machen würde, wenn sie erkannte, einer Katze in die Falle gegangen zu sein.
    Würde sie den Schwanz einziehen und weglaufen, oder sich auf die Katze stürzen.
    Machte eigentlich keinen sonderlichen Unterschied.


    "Sagt, kennt ihr die Fabel vom Fasan der all seine Federn verkauf hat? Ihr ähntelt diesem Fasan sehr"

  • Die dunklen Augen kullerte und Brennan stemmte die Hände in die Seite.


    "Nein, diese Fabel kenne ich nicht, aber ich werde bestimmt nicht herum kommen, sie mir von euch anhören zu müssen, oder?"
    Brennan warf einen Seitenblick zu Deleila. Sie kauerte immer noch auf dem Boden. Er schmunzelte. So sehr hatte er sie doch noch gar nicht erschreckt. Nun ja, vielleicht war es doch Schreck genug, wenn man noch nie zuvor Angst gespührt hatte.


    Sein Blick wandte sich wieder und er blickte Gabriel direkt in die Augen. "Also, erzählt schon, wenn ihr meint, mich so gut einschätzen zu können."

  • "Ich meine gar nichts, wie eben gesagt. Ganz ehrlich seid ihr mir ziemlich egal. Kleine Fische kümmern mich nicht sonderlich. Ich jage am liebsten Haie, schwer zu bändigende Bestien, aber die sind in Küstennähe sehr rah. Leider ist Suche nicht meine Stärke, während ihre Stimme mich selbst an diesen abgelegten Ort erreicht. Wie eine Sirene, die ihre Liebhaber in den sicheren Tod reist."


    Gabriel schaute in die Richtung der Dame.


    "Wenn ihr was für sie empfindet, solltet ihr nicht mit ihr spielen, den es gibt nur einen Weg für sie und der führt in einen Abgrund. Brennan, ihr seid ein intelligenter Mann. Ihr werdet euch schon richtig entscheiden.
    Wenn wir das nächstemal aufeinander treffen.... wir werden sehen."


    Gabriel verließ den Raum und blickte nochmal zurück. Dieser Mann hatte vielleicht den Tod verdient, aber es lag nicht an Gabriel zu Entscheiden wer leben oder sterben durfte. Hass erzeugt nur noch mehr Hass. Liebe, ja Liebe war der einzige Ausweg und Brennan hat vielleicht einen Schritt in die richtige Richtung gemacht....

  • Brennan blickte dem seltsamen Fremden hinterher und ballte die Hände zu Fäusten. Er war ein Mann der klaren Worte, dieses schwammigen hin und her Gerede gehörte nicht zu seinen Stärken. Der Vogelhändler schüttelte den Kopf und blickte dann zu Deleila. Hatte der Fremde ihr tatsächlich helfen wollen? Oder war es ihm egal, was mit der Valisar geschah.


    Brennan wandte sich um und schritt zurück zu Deleila. Als er vor ihr stand, verschränkte er die Arme vor der Brust und sah sie an. Mit seiner dunklen Stimme sprach er: "Und? Was fühlt ihr nun?"


    Er selbst wußte, was er fühlte. Er war verwirrt. Und erzürnt. Und er sehnte sich danach, zu seiner Göttin zu beten.

  • Deleila hob langsam den Kopf. Noch immer stand der Schrecken in ihre feinen Züge gemeiselt. Doch nun blitzten die eisblauen Augen in unbändigem Zorn auf. Langsam, ganz langsam erhob sie sich zu ihrer vollen Größe, auch wenn diese vermutlich nicht all zu beeindruckend für Brennan sein durfte.
    "Ich weiß nicht, was für ein Spiel ihr vorhabt zu spielen, Brennan." Und ihre Stimme hatte die eisige Kälte einer Valisar inne, als wohne jene noch immer in Deleila, obgleich dem nicht mehr so war. "Aber ich werde es nicht mitspielen."
    Und damit wollte sie sich an ihm vorbeischieben, an ihm und diesem pechschwarzen Raben, der sie am Anfang so erschreckt hatte. Sie fühlte sich verwirrt und unsicher und war zugleich so furchtbar wütend auf Brennan. Sie wollte nur noch fort, hinaus aus dem Schiff, weg von diesem Mann, der sie hier herunter gebracht hatte, um ihr Angst einzujagen.

  • "So schnell können sich Gefühle ändern, nicht wahr, meine Teuerste?" Brennan sah sie aus seinen dunklen Kohlenaugen an.
    "In dem einem Moment möchte man die Welt umarmen und Lust und Liebe erleben, in dem anderen Moment macht sich die Angst breit und schnürrt einem das Herz zu."


    Brennan drehte sich von Deleila fort und ließ seinen Raben auf seiner Schulter Platz nehmen.


    "Tragt euren Wunsch nach Gefühlen beim Nächsten nicht so offen auf Zunge und Herz." Gab der Vogelhändler ihr als ernstgemeinten Rat mit und kniete sich nun ungeachtet der Valisar in seiner Nähe auf den Boden.
    "Und glaubt mir, wenn ihr diesen Rat befolgt, werdet ihr dieser kurzen Angst, die ihr gerade verspürt habt, noch dankbar sein."


    Deleila konnte das Folgende nicht mehr sehen, doch schloß Brennan nun die Augen und senkte den Kopf er legte die Hände auf seine Oberschenkel und begann ein stilles Gebet. Nur selten kam ein Laut über seine Lippen. "Shirashai" konnte man vernehmen und auch "Dunkelheit" und "Nacht".
    Die Begegnung mit Gabriel hatte den Vogelhändler so sehr verstört, dass er unbedingt hatte beten müssen, egal ob eine Ungläubige in seiner Nähe war oder nicht. Wenn Deleila es vor hatte, war es jetzt wohl der beste Zeitpunkt, das alte Schiff zu verlassen.

  • Was war es nur? Der Rabe etwa oder diese samtig, bekannte Stimme, die sie gelockt hatte? Oder die hitzigen Worte, die durch das Hafenbecken getrieben waren, all zu interessant für eine Yassalar, um dem widerstehen zu können. Zarasshin mochte Raben von all den Landtieren am liebsten, da auch sie sich ebenfalls in zwei Elementen bewegten und so schwarz wie … wie sie selbst waren. So schwarz, dass sie sich unbemerkt heranschleichen hatte können, obwohl sie nicht einmal all zu leise gewesen war, allein, nur zu flüsternd für diese lärmenden Gestalten dort im Bauch des löchrigen Schiffes, unachtsam und leichte Beute für jeden schleichenden Jäger.
    Zarasshin war sichtlich amüsiert – welche eine Vorstellung, gar einem Theater würdig! Mit dieser Unterhaltung hatte sie wahrlich nicht mehr gerechnet, an diesem langweiligen Abend.
    Diese Stimme hatte sie nicht enttäuscht geführt. Der Diener Shirashais aus dem Zauberbrunnen, aalglatt und mit den dunklen Augen, in denen sie einst noch das Versprechen gesehen hatte, dass ihre Unterhaltung noch nicht beendet sein würde, doch verschoben war. Zornig war er, zerstreute seine Gefühle, bis hin zu ihr, in seine Umgebung, sie mit dem Salz der Luft mischte, so dass die Yassalar sie schmecken konnte, so dass sie gefühlvoll die Augen schloss und sich daran erfreute.


    Zarasshin lag bäuchlings auf einer Planke des Zweimasters, schob sich nun begierig ein wenig weiter nach vorne. Sie war auf der Jagd gewesen, doch dies konnte warten – „Und? Was fühlt ihr nun?“ fragte jener gerade die Valisar. Ja, sagt es uns, blasses Kind, was empfindet sie nun?
    Zarasshin schnalzte seufzend mit der Zunge … Liebe und Lust … für sie ein und dasselbe wie Angst und zugeschnürte Herzen. Wo lag der Unterschied? Tat die Valisar nicht gut daran, etwas für sich zu verlangen, was kaum erreichbar schien? Das war Streben, das war ein mächtigeres Gefühl als Angst, die dadurch Überwindung fand!


    Die Erheiterung bahnte sich ihren Weg, während Zarasshin sich aufrichtete und herzlich lachte. Wenn sich das Weibliche vor Brennan fürchtete, so wäre sie der Alptraum selbst … Zarasshin bleckte die Zähne, als ihr Lachen verklang. Leichten Körpers sprang sie in die Tiefe, landete neben dem knienden Vogelhändler.


    „Federmann“, hauchte sie. „Fürchtet Ihr Euch nun, dass Ihr nach Eurer Göttin um Beistand ruft?“

  • Mit zusammengekniffenen Augen blickte Brennan zur Seite. Er verharrte in der Stellung, die er gerade inne hatte, doch konnte man förmlich sehen, wie sich seine Muskeln anspannten.


    "Yassalar-Weib." Zischte der Vogelhändler. "Was habt ihr hier verloren?"
    Dies schien der Tag der seltsamen Vorfälle zu sein. Hatte er nicht eigentlich nur Deleila "kennen lernen" wollen? Ihr zeigen wollen, wie unsinnig ihr Wunsch nach intensiven Gefühlen war?
    Dieser seltsame Gabriel war schon eine Störung gewesen, die Brennan nicht hatte einordnen können, doch Zarasshin hier erneut zu sehen, weckte etwas in Brennan, dass er lieber verborgen gelassen hätte.


    "Es ist nicht Beistand, den ich ersuche. Es ist Erlösung von Wesen wie euch." Erwiderte Brennan trocken. "Doch offensichtlich hat Shirashai derzeit Wichtigeres zu tun, als meine Gebete zu erhören." Brennans Kopf drehte sich weiter um und blickte auf Deleila. Er hoffte für die Valisar, dass er sie tatsächlich so erschreckt hatte, dass sie den Zeitpunkt nutzte um aus dem Schiff zu verschwinden. Jetzt, wo die Yassalar hier war, würde es für Deleila um einiges gefährlicher sein, als noch vor einigen Minuten.

  • „Das bin ich wohl“, schmunzelte Zarasshin. „Ich bin erfreut, Ihr erinnert Euch an mich.“ Sie rümpfte die Nase. „Ich rieche salziges Wasser und ein Trockener fragt nach meiner Berechtigung … was könnte ich wohl verloren haben? Ich hoffe für Euch, nicht meinen Humor … aber vielleicht gebt Ihr mir ein wenig von dem Euren ab?“


    Ihre Augen weiteten sich einen flüchtigen Moment, während ihre Stimme, durchdrungen von Meeresluft, den Raum beurteilte. Lächelnd folgte sie seinem Blick. Viel sagend war er, doch warum sollte er seine Befürchtungen so offensichtlich vor ihr enthüllen? Eine Schwäche zugeben, die er besser vor ihr zu verbergen wissen sollte.
    Es kribbelte angenehm über die Schuppen ihrer Arme, als sie seinem dunklen Blick begegnete. Dreister Mensch … da war noch die Erinnerung, dass sie ihn gern behalten hätte, zum Spiel, um ihres Vergnügen Willen … zähmt Eure Wut an mir … war die kühle Valisar etwa sein Zeitvertreib? Erst jetzt richtete sich ihr silberner Blick intensiver auf die Weibliche, sich in der lauernden Hocke drehend, die Unterarme locker auf den strammen Oberschenkeln.

  • "Etwas von meinem Humor?" Brennan richtete sich auf, ohne mit seinen Händen auch nur den Boden zu berühren.


    "Scheint mir doch, als hättet ihr schon genug. Selten habe ich so etwas komisches gehört." Die Augen des Vogelhändlers funkelten und plötzlich schlich sich ein Lächeln über die Lippen. Er dachte an seine erste Begegnung mit Zarasshin. Das Wirtshaus, die Federn, ihre Krallen an seinem Hals. Tatsächlich hatte ihm diese Begegnung einen ordentlichen Adrenalinschub gegeben, auch wenn er es gegenüber der Dunkelhäutigen nie zugegeben hätte.


    Ihre Unberechenbarkeit, gepaart mit der exotischen Schönheit der Yassalar und den offensichtlich nicht ehrenhaften Zielen hielten ihn in ihrem Bann, so wie er auf immer dem Bann Shirashais verfallen war. Eine Schwäche von ihm. Oder gleich drei? Neugierde, Dunkelheit und der Wunsch sich jeder Herausforderung mit offenen Augen zu stellen.


    Abermals fiel Brennans Blick auf Deleila, die noch immer auf dem Boden kauerte. Hatte er der Valisar nicht genau dies zeigen wollen? Die dunkle Seite, die unter seinem ansehnlichen Gesicht stecken konnte? Das Schwarz hinter dem Weiß? Den Hass hinter der Liebe?


    Eigentlich hatte Zarasshins Auftreten dies alles erst perfektioniert. Wer könnte einem Wesen, dass gerade erst seine Gefühle kennenlernte, besser zeigen, dass es nicht nur Liebe und Lust auf der Welt gab, als eine tiefschwarze Yassalar?

  • Nun, Deleila kauerte längst nicht mehr am Boden. Sie war ja schon lange vor dem Auftauchen der Yassalar aufgesprungen. Nun, da dies Wesen auch noch hier war, hielt Deleila nichts mehr. Die Valisar machte kehrt und rannte. Für sie gab es hier nichts mehr und tief in ihrem Herzen pochten Zorn und Enttäuschung.
    Sie sah nicht zurück und verbot sich jedes Denken. Fast als wäre sie schon tausende Male in dem Schiff gewesen, rannte sie durch dessen Inneres und dann hinaus. Hinaus an die frische Luft, fort von diesem furchtbaren Mann, fort von der Angst.
    Und sie hielt auch nicht an, als ihre Füße wieder festen Boden erreicheten. Sie rannte einfach weiter.

  • Eine Braue folgte Zarasshins Erheiterung nach oben. „Nun ist es wohl Zeit zu lachen!“ Ja, für solche Gelegenheiten hatte sie immer etwas Witz übrig.
    Die Yassalar zeigte ihr verstecktes Lächeln, während sie sich ebenfalls erhob, um der Weiblichen lediglich mit scharfem Blicken zu folgen. Sie hätte sich diesen Ausbruch gerne selbst zugeschrieben, doch es war ihr, dass es wohl eher das Vorspiel gewesen war, das hier seinen Höhepunkt gefunden hatte. Sie mochte diesen Mann immer mehr, war er auf seine Art ein Wechselbalg unter den Menschen.
    „Eure Gelegenheit auf Erfolg ist gerade geflohen, kein neues Opfer für Shirashai.“
    Hatte sie der Valisar wohlmöglich einen Gefallen getan? So kamen ihre Überlegungen zu dem Menschen. „Schade, nicht wahr?“, sagte sie gehässig. So flohen sie auch vor ihm.

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