Vogelhandel "Feder und Schnabel"

  • Sicil holte sich ein Wasser und kam zurück in den Raum, beim hereinkommen begutachtete er die Bücher, die auf den regalen verteilt waren, dann setzte er sich Brennan gegenüber und sah ihn über den Glasrand hinweg an.


    "Mir scheint, wir unterschätzen uns am laufenden Band gegenseitig und sehen im anderen immer genau das was wir sehen wollen. Ich halte nichts von euch weil ihr glaubt und ihr nichts von mir, weil ich das ablehne was ihr glaubt. Vertrakte Situation, aber wenigstens könne wir hier, wo wir alleine sind mal nicht mit Engelszungen aufeinander einreden um nicht das Gesicht zu verlieren. Wobei ich das nicht gemacht habe, nur ihr! Danke für das Wasser, ich mag in euren Augen unmöglich erscheinen, doch habe ich manieren."


    Sicil trank noch einen Schluck und wartete auf das Gespräch, welches sich entwickeln würde.

    '...by the pricking of my thumbs, something wicked this way comes...'
    William Shakespeare, Macbeth (IV, i, 44-45)
    "Life is Honour. It Ends when Honour Ends"
    Akinwande Oluwole Soyinka, Death and the King's Horseman
    Initiative für mehr :hug:

  • Der Vogelhändler nahm sein Buch wieder auf und schüttelte den Kopf.
    "Ihr irrt euch, Sicil. Ich halte nicht nichts von euch, weil ihr nicht an meine Göttin glaubt. Ich halte nichts von euch, weil ihr mehr Hass und Dunkelheit in eurem Herzen tragt als alle Shirashai-Jünger zusammen. Und ihr gebt es euch selbst gegenüber dennoch nicht zu."


    Gelangweilt blätterte er die Seite um. "Ich respektiere ein jedes Wesen. Ich lasse eine Valisar bei mir wohnen, die nicht meine Göttin verehrt und einen Nachtelfen, der sie hasst. Ihr seid blind, wenn ihr glaubt, nur die Dunkelheit hätte Platz in meinem Herzen."

  • Sicil grinste und lachte kurz auf, dann sah er Brennan an.


    "Bin ich verblendet oder seid ihr es, der ihr euch im Brustton der Überzeugung mit nichts als Häme und Vorwürfen für mich zurücklehnt und in eurer Überheblichkeit glaubt, ihr hättet die Welt und die Situation durchschaut. Besser noch, ihr hättet mich durchschaut. Ihr seid einem Irrtum auferlegen, guter Vogelhändler. Oh, ihr werdet es so drehen, dass ich den wind aus den Segeln genommen bekomme, aber ich habe nie in den Stunden die wir uns kennen von euch behauptet, nur die Dunkelheit hätte Platz in eurem Herzen. Sicherlich verabscheue ich euren glauben an Shirashai, aber es ist im Endeffekt eure eigene Entscheidung, ob ihr euer Leben der oberflächlichen Lust widmet, oder ob ihr ihm einen anderen Zweck gebt. Ich verachte offen die Taten die ihr in ihrem Namen vollbringt und nehme da auch kein Blatt vor den Mund, aber euch, euch kenne ich gar nicht und lasse mich nicht zu einer Einschätzung hinreissen, so kurz wie wir uns gesehen haben. Der einzige in diesem Raum, der glaubt, dass Herz des anderen durchschaut zu haben seid ihr, und ihr lasst euch nicht davon abbringen."


    Sicil trank wieder einen Schluck und widmete sich dann offensichtlich den Büchern um ihn herum.

    '...by the pricking of my thumbs, something wicked this way comes...'
    William Shakespeare, Macbeth (IV, i, 44-45)
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  • "Ihr seid zu schnell bei der Zunge, Sicil", meinte Ta'shara während sie dem Nachtelfen in einigem Abstand die Stufen hinauf folgte. "...und noch schneller bei einem Urteil, das ihr selbst für Euch nicht wünscht."
    Ein Geräusch aus dem Verkaufsraum ließ sie aufhorchen und auf halbem Weg kehrt machen. Sorgfältig sah sie sich um und ging gleich darauf zu einem der Käfige. Das Tuch war heruntergerutscht. Sie deckte den Käfig erneut ab, löschte die Lichter und stand wenige Momente später am Kopf der Treppe. Unweigerlich bekam sie einen Teil des Gespräches zwischen dem Vogelhändler und dem Nachtelfen mit.


    "Verblendet scheint ihr beide."
    Ta'shara betrat den Wohnraum. Sie blickte erst Brennan, dann Sicil entschuldigend an. "Verzeiht bitte. Aber ich kam nicht umhin einige eurer Worte mitzuhören." Die junge Valisar griff nach ihrem Glas, füllte es zur Hälfte mit Wein und betrachtete die Flüssigkeit darin, die ölig an der Glaswand herunter lief. "Ein ausgesprochen guter Tropfen", kommentierte sie und lächelte Sicil an.
    "Sicil i Undómê. Ihr verurteilt ein zu schnelles Bild, das man sich angeblich von Euch macht und doch zeichnet Ihr selbst ebenso rasch das Portrait eines anderen. Warum?
    Eben noch unterstelltet Ihr mir, Euch zu unterschätzen und zu bevormunden, Euch gar das Recht nicht zugestehen zu wollen, ein vollwertiges, gleichwertiges Wesen unter allen zu sein, auch wenn ihr noch so anders seid."
    Noch immer lächelte Ta'shara, auch wenn das Thema sie ungewöhnlich berührte, war sie doch selbst fern von dem, was die meisten als normal bezeichnen würden... sie schüttelte irritiert den Kopf. Es sollte ihr nichts ausmachen, aber sie fühlte sich... unverstanden? verletzt? Unruhig wanderte ihr Blick zu Brennan, ehe sie sich straffte und wieder zu der Maske ihres Kodex' zurückfand. "Ich erwähnte bereits, dass ich eine Valisar bin. Es liegt nicht in meiner Natur, über andere Wesen zu richten, noch ihnen den Verstand abzusprechen, der ihnen zu eigen ist oder anderswie über sie zu urteilen. Ich vermag dies nicht einmal. Ich sehe. Ich höre. Ich analysiere. Logik ist mein Schlüssel zum Verständnis eurer Welt. Brennan..." Ihr Blick ruhte auf dem Vogelhändler während ein unlängst geführtes Gespräch ihr durch den Sinn ging. "... er scheint in seiner Liebe für die Göttin ebenso verblendet, wie Ihr es in Eurem Hass zu sein scheint. Ich weiß nicht warum das so ist, aber es wird seinen Grund haben. Ebenso wie ihr Euren Grund habt, Shirashai zu hassen. Nur... kann man sich so wirklich gänzlich entfalten und sich selbst gerecht werden? Oder untergräbt man nicht viel mehr sein wahres Potential? Ich denke, durch blinde Liebe und blinden Hass begibt man sich freiwillig in eine Abhängigkeit, die keinem denkenden Wesen auferlegt sein sollte."


    Gleichmütig lächelnd führte Ta'shara ihr Glas an die Lippen, kostete von dem Wein und hielt ihn gegen das Licht der Muschelleuchten. "Ein wirklich edler Tropfen", wiederholte sie und leerte das Glas in einem schnellen Zug. "Schade wohl, dass ich den Genuss nicht empfinden kann."

  • "Ohne euch zu nahe treten zu wollen, meine Liebe!"
    sagte Sicil immer noch mit den Blicken auf die Bücherrücken,
    "Muss ich euch leider sagen, dass ihr nicht wisst wovon ihr redet, eben aus dem Grund den ihr gerade genannt habt. Ihr schaut, ihr analysiert, ihr zieht eure Schlüsse und tut dies alles auf der Basis der Logik. Doch leider,"
    Sicil drehte sich nun zu ihr herum und sah sie direkt an, Verständniss und Vorwurf kämpften in seiner Miene um die Vorherrschaft,
    "Hat der Hass, gerade wenn es blinder Hass ist und die Liebe, vor allem wenn sie so allumfassend ist nicht ein winziges Körnchen mit Logik zu tun. Es tut mir Leid das euch so sagen zu müssen, treffe ich doch sicherlich auf einen wunden Punkt, oder auch nicht, ich weiß es nicht. Ihr spielt Verständniss, verhaltet euch mitleidig, oder so wie ihr es denkt und doch beobachtet ihr nur und wist nicht ob es zutrifft oder nicht. Gnausowenig wie ihr den Wein genießen könnt, könnt ihr jemals wirklich verstehen oder analysieren, was in Wesen vorgeht, die diese stärksten der Gefühle fühlen, weil diese sich eben nicht in ein logisches Schema pressen lassen."


    Sicils Ansprache war nüchtern vorgetragen worden, denn die Worte der Valisar brachten ihn nicht auf. Was wusste sie. Er würde lieber ihr helfen wollen zu verstehen, als sich von ihr in Gefühlsdingen Vorschläge unterbreiten zu lassen.

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  • "So dies denn Eure Ansicht ist, werter Sicil, zeigt sie mir nur, dass Ihr derjenige seid, der nichts versteht. Euch muss nichts leid tun."
    Ta'shara stellte ihr Glas auf dem Tisch ab. "Doch bedenkt eines: ich mag der Gefühle selbst nicht fähig sein..." Kurz überlegte sie und blickte dann Sicil erneut in die Augen. "... nicht so, wie ihr sie kennt... doch wer seid IHR mir sagen zu wollen, was ich verstehe und was nicht oder noch besser: was ich jemals zu fühlen im Stande sein werde und was nicht? Glaubt Ihr etwa mich zu kennen? Vermochtet Ihr in den wenigen Minuten, die wir uns unterhielten, einen Blick an jenen Ort in mir zu werfen, an dem Euresgleichen das Herz trägt, dass Ihr Euch erlaubt, was Ihr anderen versagt? Nämlich Euch ein Urteil zu bilden über mich? Sagt mir, was habe ich in Euren Augen verbrochen, dass Ihr urteilt?" Ta'shara lachte leise auf. "Erneut eine Aussage, die Ihr mir gegenüber ungerechtfertigt trefft und es den Menschen damit gleichtut. Etwas, von dem Ihr wünscht, dass es Euch nicht widerfährt!"
    Bewusst legte Ta'shara eine gewisse Schärfe in ihre Worte, auch wenn sie keine Entrüstung verspürte. Noch nicht.


    "Möglicherweise ist das oftmals negative Auftreten Euch gegenüber gar nicht so sehr in der Tatsache begründet, dass Ihr dem Volke der Nachtelfen angehört, sondern vielmehr darin, dass Ihr genau dieses Verhalten von anderen erwartet, wenn nicht gar provoziert."
    Mit diesen Worten ließ Ta'shara ihre Maske fallen und blickte mit eisblauen Augen zu Sicil, musterte ihn unverhohlen. Keine einzige Regung verriet ihre Gedanken, während ihre Blicke wie kaltes Eislicht durch den Raum schossen und den Grund von Sicils Seele zu sezieren schienen. Ihre Stimme klirrte und als eisiger Hauch verließen ihre Worte die schön geschwungenen Lippen.
    "Ich bin ein gefühlloses Monster Sicil. Ich fühle kein Mitleid und kein Erbarmen. Nicht mit Euch und auch mit sonst niemandem! Ihr seid ein jämmerliches Wesen, das lieber sich selbst verletzt, anstatt den Schneid aufzubringen, gegen jene vorzugehen, die es verantwortlich macht für sein Schicksal. Ich würde Euch auf der Stelle töten ohne mit der Wimper zu zucken, selbst wenn es mein Leben kosten sollte, würde ich es nur als richtig erachten und..." Ta'shara fixierte weiterhin den Nachtelfen mit den Augen einer Schlange, die eine Maus als Mahlzeit auserkoren hatte. Doch zwang sie sich, die Kälte zurück zu nehmen und Sicil ein Lächeln zukommen zu lassen, um mit sanfterer Stimme fortzufahren. "... und hätte ich nicht längst die Notwendigkeit erkannt, mein Verhalten anzupassen und nach bestimmten Mustern auszurichten. Gut, ich imitiere dieses Verhalten. Aber es hilft mir, den Menschen mit Achtung und Höflichkeit entgegenzutreten, anstatt ihnen beständig vor die Füße zu spucken und sie zu beleidigen. Damit ernte ich in den meisten Fällen Ignoranz, oftmals Neugier, manchmal Höflichkeit, aber seltenst Feindseligkeit." Ihr Blick verriet, dass sie von Sicil ebenfalls mehr Voraussicht erwartet hatte. Aber mitunter verkalkulierte sich sogar eine Valisar. Insbesondere, wenn sie nur zur Hälfte diesem Volk angehörte und noch dazu jung war. "Wenn Ihr mich einen Augenblick entschuldigen wollt?"


    Sie nickte Brennan zu und ging in die Küche. Ta'shara brauchte einen Moment für sich alleine. Das Gespräch mit Sicil hinterließ Spuren. Sie hatte sich eben in dem kurzen Moment, in dem sie nicht angestrengt ihr Gesicht wahren und auf ihr Verhalten bedacht sein musste, gut gefühlt. Befreit. Stark. Und sie überlegte, warum sie sich beständig diesem Kodex unterwarf, sich anpasste, sich einschränkte. Warum machte sie sich etwas vor? Warum verbat sie sich, die zu sein, die sie war? Weil du das Monster fürchtest, das in dir ruht!
    Ta%u2019shara lächelte, als sie zurück zu den Männern ging. Und ihr Lächeln galt beiden gleichermaßen. Sicil, weil er ihr gezeigt hatte, was sie nicht sein wollte. Und Brennan, weil er ihr gezeigt hatte, was sie vielleicht sein konnte.

  • "Seht ihr wie ihr euch fühlt, wenn jemand vorweg nimmt wie ihr euch verhaltet und wie er meint dass ihr euch verhalten müsst. seht ihr, zu was euch das gezwungen hat, was mir aufgrund meiner Herkunft ebenso immer wieder passiert. Egal wohin ich komme, egal was ich tue, ich werde nach dem beurteilt was ich bin, nicht was ich tue. Ich habe selbiges gerade bei euch gemacht, und es hat euch dazu gebracht mir zu drohen. Ich hoffe ihr versteht mich jetzt ein wenig, auch wenn die Mittel drastig waren und ich mich in aller Form bei euch entschuldige."


    Sicil stand auf, ging zu ihr, verbeugte sich ein wenig und führte ihre Hand an seine Stirn als Geste der Entschuldigung.


    "Ich bin weder das Monster welches der Volksmund zeichnet, noch bin ich erfüllt von der Dunkelheit, die Brennan mir nachsagt. Aber genau das ist es was die Leute in mir sehen. Nicht alle, aber die meisten. Ich selbst habe meist nichts damit zu tun und bleibe lieber alleine als schon wieder enttäuscht zu werden von den Vorurteilen der Masse. Das was ich gerade getan habe ist genau das, was die Menschen von euch wissen. Die Valisar fühlen nichts, sie spielen alles. Ich tat heute abend genau das, was ihr gerade beschrieben habt, ich bin gegen jene vorgegangen, die ich für mein Schicksal verantwortlich mache, ich bin in die Hallen der Göttin gegangen und habe mich ihr gestellt, und nur ihr, niemand anderes war gefährdet, das hätte ich nicht zugelassen. Die Antwort darauf war ein Fluch. Der Fluch alles das tun zu müssen, was der Vogelhändler von mir verlangt, weil er es von mir einfordern kann. Drei perfekte Rubine geformt von meinem Blut, die ihm Macht über mich geben. Nennt mich theatralisch, nennt mich dumm, aber ich wollte nicht länger der Spielball sein und habe mich doch nur selbst zehnfach dazu gemacht. Erkennt ihr langsam den Grund für meine verbitterung?"


    Sicil wendete sich wieder ab und umgab sich mit einer Aura der Ignoranz als er die Bücherrücken weiter betrachtete und einige mit den Fingern nachfuhr.

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  • Eigentlich verstand Ta'shara nicht wirklich. Nicht seine Annahme, sie hätte sich durch seine Worte angegriffen gefühlt und ihn darum bedroht; nicht die Erklärung seines Verhaltens ihr gegenüber und auch nicht die Geste der Entschuldigung, die sie geschehen ließ.
    Er hatte sie nicht beleidigt und sie hatte ihm nicht gedroht. Sie hatte nur gezeigt, wer sie wirklich war. Und trotz aller Worte fand sie noch immer keine Spur von Verständnis dafür, dass er sich selbst verletzt hatte. In ihren Augen hatte sich Sicil keineswegs der Göttin gestellt. Allenfalls hat er sich lächerlich gemacht. Oder glaubte er tatsächlich, Shirashai hätte nicht längst von Sicils Meinung von ihr Kenntnis? War er ernstlich der Ansicht, erst durch sein 'Blutopfer' seine Abscheu demonstrieren zu müssen?


    Verständnislos schüttelte sie den Kopf. "Ihr seid ein intelligentes Wesen, Sicil! Als solches hat man es nicht nötig, sich auf die Rolle des Opfers zu reduzieren." Nein, gewiss nicht... stattdessen führte man seine Intelligenz als scharfe Klinge gegen den Widersacher. Dabei war es für Ta'shara nicht etwa die Göttin Shirashai, die Schuld trug am Schicksal des Nachtelfen. Ein Gott war nur solange ein Gott, wie es Wesen gab, die sich ihm gläubig unterwarfen, sei es nun in der Verehrung oder der Furcht. Für sie war an erster Stelle Sicil selbst verantwortlich für sein Los. Seine Bestimmung war es, zu sein, wer er war. Zu verstehen, wer er war. Doch anstatt seine Stärken zu erkennen, wetterte er lieber gegen die Götter und jene, die ihnen folgten.
    Aber natürlich war es einfacher, eine Gottheit für alles Unheil verantwortlich zu machen, das einem widerfuhr. Das ersparte einem die Mühe, selbst aktiv zu werden. Ta'shara widmete nun ebenfalls ihre Aufmerksamkeit den Buchrücken in Brennans Regal. Sie war nicht auf der Suche nach einem passenden Titel, wohl aber nach einigen stillen Momenten, während derer sie zu der Einsicht gelangte, dass sie Sicils Darstellung nicht weiter in Frage stellen würde. Er schien zufrieden mit dem Ergebnis der Unterhaltung und ihre eigene Aufmerksamkeit galt viel mehr Brennan, beziehungsweise Sicils Hinweis auf die Blutrubine in Brennans Hand.


    Durchdringend sah sie den Vogelhändler an. Was wusste sie von ihm?
    Er hatte sich ihrer nicht bedient, wie schon so viele zuvor, obwohl sie ihm entgegen gekommen war. Und sie merkte, dass er mit sich kämpfte. Er akzeptierte ihren Nichtglauben. Würde er sie zu irgendetwas zwingen? Nein. Würde er sie lieben und von dem Fluch befreien können? Nein. Nicht, solange sein Herz ausschließlich der Göttin zugeneigt war. Würde er eine Macht, wenn sie ihm zuteil würde, nutzen um zu helfen oder um zu schaden?? ... Nachdem, was sie wusste, würde er im Glauben handeln, zu helfen. Die Frage blieb bestehen, WEM es letztlich dienlich sein würde...
    "Ich denke, die Ursache Eurer Verbitterung ist nicht bei Brennan zu finden. Die Quelle Eures Zornes sprudelt tiefer. Sagt mir... was würdet Ihr tun, wenn es keine Blutrubine gäbe?"
    Die ganze Zeit behielt sie sowohl Brennan als auch Sicil im Auge. Keine Regung sollte ihr entgehen.

  • sicil dachte über diese Frage nach. er sah sich die Bücher vor sich an, als könnten sie ihm eine Antwort geben.


    "Ich habe versucht, zu vergessen was ich bin und mich darauf zu konzentrieren wer ich bin, doch das hat Freunden geschadet. Ich habe versucht mein Vermächtnis abzulegen und zu sein wie ich mich fühle, das hat die Augen der Häscher auf die Fährte derjenigen gelenkt, die mir nahestanden. Ich war immer so wie ihr mich jetzt seht, doch wollte ich nie so sein. Wenn es keine Blutrubine gäbe, und wenn nicht Dinge passiert wären, für die ich mich veranwortlich fühle obwohl ich es vielleicht gar nicht bin, dann würde ich versuchen meine Niesche zu finden in der ich in Frieden mit meiner Umwelt Leben kann. Gäbe es die Rubine nicht, hätte mein tollkühner Plan funktioniert, dann wäre ich wohl ein verbitterter Kämpfer einer sinnlosen Sache. Was ich jetzt bin ausser ein Abhängiger meiner Ignoranz kann ich nicht sagen. Ich habe das Gefühl, das jeder besser weiß, was ich eigentlich tun sollte als ich, der ich dieses Leben führe. Brennan meiint mich zu einem vollwertigen Mitglied der gesellschaft machen zu müssen, wenn nötig mit Zwang. Ihr meint ich sehe mich selbst als Opfer und ergebe mich in mein Schicksal, obwohl ich an etwas wie Schicksal nicht glaube, sonst ürde ich nicht tag täglich gegen meinen Fluch und die missverständnisse gegenüber meiner Rasse ankämpfen. Ich weiß nicht was wäre, wenn ich es gewußt hätte, hätte ich es wahrscheinlich gelassen. Ich hätte mich damit abgefunden, dass Shirashai persönlich die Gefühle meiner Freunde verletzte indem sie ihr kurzweiliges Interesse an mir bekundete. Glaubt nicht, dass mein Groll gegen die Göttin nur daher rührt, dass ich ein Nachtelf bin. Es sind Dinge passiert, von denen ihr nichts wisst, die mich dazu gebracht haben so weit zu gehen."


    Sicil ließ die Schultern sinken und senkte den Kopf.


    "Ich versuche euch meinen Standpunkt zu verdeutlichen, doch habe ich das gefühl, ihr habt euer Bild von mir gemacht und ich habe es schwer es zu ändern, es klar zu stellen."

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  • Brennan schüttelte den Kopf. Stumm hatte er der Unterhaltung seiner beiden Gäste zugehört und verwundert festgestellt, wie sich ein jeder um den anderen drehte. Es schien unmöglich, den Standpunkt des anderen zu verstehen - für jeden von ihn Dreien.


    So legte der Händler seine Bücher bei Seite, stand auf und schritt zu Ta'shara. Vorsichtig legte er ihr den Arm um die Hüfte.


    "Meine Liebe, ich glaube es hat keinen Sinn weitere Diskussionen zu so später Stund zu führen. Der Nachtelf hat eine andere Ansicht der Dinge und wir haben noch genug Zeit, diese verstehen zu wollen, so wie er in der kommenden Zeit mit Sicherheit auch unsere Sicht begreifen möchte." Sanft küsste er die Valisar auf die Schläfe.


    "Ihr seit mein Gast, Sicil, wenn auch nicht freiwillig. Doch ich wäre froh, wenn ihr euch auch wie ein solcher benehmt. Vielleicht möchtet ihr uns morgen mehr von euch erzählen, damit wir euch besser verstehen können. Vielleicht seit ihr morgen auch dazu bereit, ein wenig von Ta'shara oder mir anzuhören, denn auch wir haben unsere eigenen Geschichten, die uns zu dem machten, der wir sind. Doch für heute Nacht ist genug. Ihr könnt unten das Vogelfutter für die nächsten Tage zusammenstellen. Wir gehen zu Bett."


    Beschloss der Händler und schob Ta'shara in Richtung des Schlafzimmers. Hinter ihr schloß er den Vorhang, nahm ihre Hand und drückte ihr still einen der Blutrubine in die Hand.

  • Ta’shara war erst einmal still geblieben, nachdem Sicil geendet hatte. Doch schnell war sie bereit, die Diskussion weiterzuführen ohne zu merken, dass jedes weitere Wort zu nichts führen würde, außer erneuter Gegenrede und ausgerechnet sie, die sie doch jene war, die für gewöhnlich den kühlen Kopf behielt und stets erkannte, wann eine Diskussion fruchtlos verlief, hatte sich bereits weitere Worte zurechtgelegt. Warum bloß? Sie sah zu Brennan. Was in aller Götter Namen veranlasste sie nur, diesen Nachtelfen überzeugen zu wollen? Und von was? Er war ihr doch völlig egal!
    Aber Brennan nicht… wisperte eine winzige Stimme. Leise und viel zu schwach, um tatsächlich Beachtung zu finden. Doch. Auch Brennan. Sie war eine Valisar. Sie hegte keine Gefühle.
    Sicher, sie wusste gewisse Bemühungen zu schätzen und konnte sich entsprechend dankbar erweisen aber sie bewegte sich immer nur im Rahmen ihres Kodex‘. Und gerade im Moment tat sie genau das: Brennans bestimmte Worte, mit denen er die Unterhaltung für beendet erklärte, ließen die Valisar ihm ein anerkennendes Lächeln schenken und gleich darauf Sicil eine Gute Nacht wünschen. Tatsächlich war sie froh, sich hinlegen zu können. Sie war müde und das Gespräch mit Sicil hatte sie unerwartet mehr erschöpft, als sie vorab hätte ahnen können.


    Mit einem Lächeln blickte sie zu Brennan, als der Vorhang hinter ihnen jenen Raum schuf, der ihnen gehörte. "Brennan, ich …", begann sie, als der Mann ihre Hand nahm. Gleich darauf verstummte sie und blickte auf den Blutrubin, den sie nun hielt. Sie musste nicht fragen, denn sie wusste, was Brennan ihr in die Hand gelegt hatte.
    "Was soll ich damit Brennan?", fragte sie ihn, auch wenn eine Ahnung sie beschlich. "Er sagte es wären derer drei. Was soll ich mit einem Teil seines Lebens?"
    Sie wusste es wirklich nicht. Wollte Brennan ihr nur zeigen, zu welcher Macht Shirashai fähig war? Oder zeigte er ihr auf diese Weise, dass er ihr vertraute?

  • Sicil presste die Lippen aufeinander, verabschiedete sich und ging.


    '...Ihr könnt unten das Futter zusammenstellen...' Wie bei den Göttern stellt Brennan sich das vor? Ich habe keine Ahnung, was die Gefangenen dort unten überhaupt fressen. Körner und Samen denk ich mir, aber was genau welcher von diesen exotischen Vögeln frisst, ich habe keine ahnung.


    Sicil ging hinunter nur um aus seinem kleinen fenster zu steigen, sich auf das Dach zu begeben und dort dem Mond und den Gestirnen zuzusehen und darauf zu warten, dass die Sonne den Horizont rot färbt und der Welt wieder Farbe gibt. Er würede später am nächsten Tag den verpassten schlaf nachholen.

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  • Mit einem tiefen Blick sah Brennan in Ta'sharas Augen.
    "Du hast Sicil erlebt. Wie er ist, mit welchen Worten er um sich wirft und wie er glaubt, die Wesen um sich herum zu kennen." Erklärte Brennan. "Ja, ich glaube, dass in Sicil eine arme Seele steckt, die zuviel durchgemacht hat und von Hass zerfressen ist. Und ich glaube, dass dieser Hass auch mir gilt, aber.."


    Brennan stockte einen Moment und senkte kurz den Blick. Dann suchte er aber wieder Ta'sharas helle Augen.
    "Aber ich glaub, dass er in mir gleichermaßen Hass aufrufen kann. Ich glaube, dass er mich zuetwas bringen kann, was ich nicht tun möchte. Wozu ich nicht die Macht haben sollte, welche mir jetzt zuteil geworden ist."


    Abermals schloss er Ta'sharas Hand, die den Rubin hielt.
    "Sei meine Absicherung. Die zwei Steine, die ich noch besitze, reichen um Sicil zu kontrollieren und ja, auch zu bestrafen. Aber sie können nicht sein Leben gefährden."
    Er lächelte schief und zuckte mit den Schultern. "Du hälst also nicht nur Sicils Seelenfrieden, sondern auch meinen in der Hand." Zärtlich packte der Dunkeläugige Ta'shara bei den Schultern und zog sie an sich heran um ihr einen Kuss auf die Stirn zu geben.
    "Wenn du möchtest, können wir dir ein hübsches Schmuckstück daraus anfertigen.. wenn du möchtest und mir diesen Gefallen tust."

  • "Fürwahr, dies wäre ein sehr außergewöhnliches Schmuckstück. Kostbar, überaus selten und von makelloser Schönheit." Die Valisar betrachtete den Stein mit eigentümlichem Blick. Wie sehr doch kontrastierten ihre kalten Augen mit dem warmen Blutstein. Ein Lächeln spielte um ihre Lippen als sie Brennan ansah, ihre Stimme aber klang seltsam schwach; gerade so, als würde sie mit letzter Kraft von weit her ihr Ziel erreicht haben. "Brennan, so sehr ich dein Vertrauen zu schätzen weiß… jedes Leben ist kostbar. Und keines sollte nur so zur Darstellung getragen werden oder um anderen zu imponieren." Ta’shara schlug die Augen nieder und ihre Stirn sank gegen Brennans Brust. Eine tiefe Erschöpfung überkam sie und sie spürte, wie unvermittelt wieder diese Woge heran rauschte. Ein Schmerz, von dem sie nur ganz entfernt ahnte, woher er rührte...
    So viele schon hatten geglaubt, sich mit ihr als Eroberung schmücken zu wollen. Aber es war dir egal und das ist es auch jetzt!!!


    Doch war es das wirklich? War es ihr tatsächlich egal? Warum war sie dann bei keinem der anderen geblieben? Warum hatte sie das wimmernde Gewürm seinen Spaß mit ihr haben lassen und war wieder ihrer Wege gegangen, obwohl etliche sie danach geradezu um ihre 'Gesellschaft' angefleht haben?
    Sie wusste es nicht. Doch selbst ohne den Kodex wusste sie, dass sie den Blutrubin nicht als Schmuckstück tragen würde. Sie würde auch nicht zulassen, dass er zu einem solchen verarbeitet werden würde. Fest umschloss ihre Hand den Rubin. Fast vermeinte sie das warme Blut darin zu spüren.
    "Ich möchte nicht, dass daraus oder aus den anderen beiden Teilen ein Schmuckstück gefertigt wird, Brennan. Ich werde diesen einen Stein sicher verwahren. Das Wort will ich dir geben. Aber wenn du den Nachtelfen wirklich überzeugen willst, so legst du auch die beiden anderen Rubine sicher fort und gebrauchst allein dein eigenes Wort. Den Unterschied wird Sicil anfangs nicht bemerken, davon bin ich überzeugt. Wenn es ihm dann auffällt, wird er wissen, dass du ihn zu nichts bewegt hast, was er nicht selbst entschieden hat zu tun. Vielleicht versteht er dann…"

  • "Tash.." Es war das erste Mal, dass Brennan Ta'sharas Namen derart abkürzte und es war ihm wohl nichtmal selbst bewußt. Er hielt sie ihm Arm und strich ihr mit der freien Hand über das dunkle Haar.
    Sein Blick glitt über ihre Schulter hinab zu seiner freien Hand, in der die zwei verbliebenen Blutsteine lagen.


    "Was du mir rätst, erfordert einiges an Stärke. Stärke, Kontrolle.. Mut. Dinge, die für dich vielleicht alltäglich sind. Doch bin ich anders wie du und..." Er seufzte und nun spürte Ta'shara auch das Gewicht seines Kopfes auf ihrer Schulter.
    Shirashais Hohepriesterin hatte ihm die Steine gegeben und Brennan fühlte die Macht, die in ihnen steckte. Und irgendetwas in ihm wollte diese Macht benutzen, sie kosten und Sicil in die Schranken weisen.


    Doch irgendetwas anderes riet ihm dazu, nicht zuviel von dieser Macht zu kosten. Macht macht süchtig. Macht macht unglaubwürdig. Und sie täuscht einen selbst. Gaukelt einem vor, man könne alles erreichen und ließ einen dann doch zu oft fallen.


    "Ich weiß nicht, ob ich es kann. Doch ich werde es versuchen. Ich werde die Steine bei mir führen." Flüsterte Brennan nun leiser. "Doch sobald ich weiß, das von Sicil keine Gefahr ausgeht - keine Gefahr für dich, meine Vögel oder mich - werde ich den ersten Stein weglegen. Sobald ich Sicil zum ersten Mal in meiner Gegenwart lachen sehe.. lege ich den zweiten Stein fort." Er hob den Kopf wieder an und seine Hand griff Ta'sharas Kinn. "Mehr.. ich glaube mehr kann ich vorerst nicht eingestehen."

  • Die Woge war bekämpft. Erfolgreich zurück gedrängt dorthin, wo sie keinen Schaden anrichten konnte; wo sie Ta’shara nicht verleitete, seltsame Gedanken zu denken oder sonderliche Dinge zu spüren. Ihr Kopf ruhte noch immer an Brennans Brust. Sie spürte sein unruhig schlagendes Herz unter dem dünnen Stoff seines Hemdes; seine Hand, die über ihr Haar strich und sie hörte sein Seufzen. Ein Zugeständnis der Schwäche, die er in ihrer Gegenwart signalisierte, in der Gegenwart einer Valisar, die mit nichts als Unverständnis für solche Gefühle aufwarten konnte. Zumindest noch bis vor wenigen Tagen, als jedwedes Gefühl außer der tiefen Sehnsucht nach dem Vergangenen für sie nichts war als leeres Wort.
    Doch nicht allein das eigene Erleben der vergangenen Stunden war es, das eine Tür geöffnet und ihren Blick in Richtung Verstehen gelenkt hatte. Der Klang eines Wortes weckte einen Ruf aus ferner Vergangenheit. Tash! ...


    ... Das kleine Mädchen war neugierig der leisen, dunklen Stimme gefolgt. "Tash... Tash, komm her Süße. Komm zu mir..." Eine schöne, wohlklingende Stimme, voller Wärme und dem sanften Zischeln eines züngelnden Feuers... Das Kind rieb sich die Ärmchen. Ihr war immer kalt. Nicht so, wie bei ihrer Mutter, die keine Kälte spürte... Ta'shara war anders mit ihren dunklen Haaren, dem Hunger nach Wärme und der kindlichen Neugier, die ihr die Mutter in den ersten drei Lebensjahren noch nicht gänzlich aberzogen hatte. In diesem stillen, verlassenen Teil des Silberwaldes, der ihre Heimat geworden war, suchte sie ständig die wärmenden Strahlen der Sonne, die nur spärlich durch das dichte Geäst zu Boden fielen. Und ständig war sie auf der Suche nach dieser anderen Wärme, nach der sie sich sehnte und die sie gerne erfahren wollte. Aber ihre Mutter verstand nicht. Nichts als kalte Blicke, strenge Worte und der Kodex begleiteten sie durchs Leben. Und so blieb der kurze Blick auf den Ashaironi-Mann, den sie erhaschen konnte, ehe ihre Mutter sie zurückzitierte, die einzige Erinnerung an den Vater, von dem sie nie erfahren würde, dass er der ihre gewesen war.


    Die junge Halbvalisar schloss die Augen und das Bild aus der Vergangenheit schwand. Die kühle Stille eines unempfindlichen Herzens kehrte zurück, doch vermochte sie die Erinnerung nicht mehr gänzlich zu vertreiben. Und so hob sie ihre Hände und nahm Brennan in den Arm. Keine Geste diesmal, die ihrem erlernten Verhalten entsprang, sondern etwas, das aus tiefster Vergangenheit für einen kurzen Moment den Weg ans Licht gefunden hatte, ehe es an die vergessene Stelle in ihrem Herzen zurückkehrte und erneut in Schlummer fiel.


    Ta'shara löste die Umarmung. Sie blickte in Brennans dunkle Augen, dachte über seine Worte nach und nickte dann. "Gut. Das erscheint mir als ein gehbarer Weg." Die junge Frau hob ihre Lippen zu Brennans und küsste ihn. Nur eine sachte Berührung, spontan und unüberlegt. "Ich bin müde", meinte sie lächelnd, entkleidete sich und schlüpfte wenige Minuten später, die sie noch im Bad verbrachte, unter die Decke.

  • Brennan genoß Ta'sharas Berührung und den seichten Kuss. Für einen Augenblick lang hätte man fast vergessen können, dass sie keine Gefühle hatte und all ihre Berührungen aus einem Grund und nicht aus einer Empfindung heraus geschahen.


    Als sie zu Bett gehen wollte, nickte er. Auch für ihn würde es Zeit. So schlüpfte er Minuten, nachdem Ta'shara sich zur Ruh gelegt hatte, ebenfalls unter die Decke. Doch sein Blick blieb auf der schönen Valisar ruhen.


    Ta'shara war so anders. Kühl, emotionslos.. der totale Widerspruch zu ihm, der die Leidenschaft ständig in seinem Herzen spürte. Eine Leidenschaft, von der er fürchtete, dass sie Sicil gefährlich werden könnte.. Und doch fühlte er sich Ta'shara soviel näher als Sicil. Sicil, der ebensolche Leidenschaft wie er in sich verspürte. Leidenschaft war es also, die Spannungen zwischen den Wesen immer und immer wieder entstehen ließ.


    Brennan setzte sich vorsichtig auf und nahm die Blutrubine, die er achtlos auf den Nachttisch gelegt hatte. Ob sie überhaupt funktionierten? Wie sollte er es ausprobieren? Brennan schloss sie in seine Faust und dachte voller Liebe an seine Vögel. Die Wesen, die ihm so sehr am Herzen lagen, wie nichts anderes. In Gedanken ging er seinen Tagesablauf durch. Wie er die Tiere fütterte, säuberte, trainierte. Vielleicht konnte er Sicil so etwas von seiner Hingabe für die Tiere mitgeben... vielleicht auch nicht.. Es war auf jeden Fall Zeit zu schlafen. Der Händler steckte die Steine unter sein Kopfkissen und schloss nun endlich die Augen.

  • Trotz geschlossener Augen spürte Ta’shara Brennans Tun. Als Diebin war sie geübt darin, auch das 'zu sehen', was das Auge nicht wahr nahm. Sie fühlte seinen Blick, spürte die Unruhe, die ihn umtrieb und blieb selbst still; überließ ihn sich selbst und seinen Gedanken. Erst als Brennan neben ihr zur Ruhe gekommen war, ließ auch sie den Tag hinter sich. Das Drittelleben des Nachtelfen ruhte, ebenso wie Brennans Teile, unter dem Kopfkissen. Sie hatte versprochen, darauf zu achten und eben dies würde sie tun. Der Gedanke begleitete sie in den Schlaf. Dass sie in der Nacht Brennans Nähe suchte, merkte sie nicht.


    Die Dämmerung hatte noch nicht einmal eingesetzt, als sie erwachte und sich in seinem Arm wiederfand. Einer der Vögel unten zwitscherte. Ungewöhnlich, denn eigentlich blieben sie ruhig, bis Brennan nach ihnen sah. Und nun brauchte sie einen Moment, bis sie wach genug war, sich Sicils zu erinnern, der ja des Nachts nicht schlief. Vielleicht beschäftigte er sich gerade mit den Tieren… instinktiv lauschte Ta'shara auf den Klang von Sicils Flöte, aber es war nur der Vogel zu hören. Hmm... möglich auch, dass die Vögel sich erst noch an die nächtliche Gesellschaft gewöhnen mussten, dachte sie träge und ihr fiel ein, dass andere womöglich auf ihre Gesellschaft warteten. Oder wohl weniger auf ihre Gesellschaft, als auf das, was sie ihnen zu bringen hatte...
    Ta’shara gähnte und betrachtete Brennan, überlegte, ob sie sich aus seinem Arm stehlen und aufstehen solle, um ihre eigene Arbeit zu erledigen. Aber sie war noch müde. So blieb sie liegen und nur Augenblicke später war sie wieder eingeschlafen.

  • Sicil saß auf dem Dach und besah sich die Schönheit der Nacht, als ihm dass zu langweilig wurde, ließ er sich von Dach herunter, schlenderte durch die Stadt, von Schatten zu Schatten um in seiner Behausung im Seeviertel noch ein paar utensilien zu beschaffen. Seine Skulpturen, und andere Dinge, die einen persönlichen wert für ihn hatten. Dann führten ihn seine Beine zum Turm Eleria Anuriels wo er die weitere Nacht verbrachte und den Sonnenaufgang bewunderte, dort, wo er ihm nichts anhaben konnte. Als er lange genug da gewesen war um seiner einschätzung nach noch pünktlich zurück zu Brennan zu kommen, verließ er Frau Anuriel wieder und kehrte zum Vogelhändler zurück, dessen haus er auf dem gleichen Weg wieder betrat, wie er ihn verlassen hatte, durch das Fenster.


    Er verstaute seine Habseelgleiten in dem Kleinen Raum, den er zur Verfügung gestellt bekommen hatte und versteckte die Scheibe die er von Eleria mitgebracht htte so, dass sie nicht gefunden werden konnte, dann ging er zu den Vögeln um wenigstens die Futtersäcke schon mal bereitzustellen, auch wenn er nicht wußte, was die einzelnen Vögel bekamen.


    Sicil betrat danach die Küche um Frühstück vorzubereiten, nicht nur für sich, auch für die beiden besitzer des Hauses. Er fachte das Feuer erneut an, stellte Wasser zum Kochen darauf, schnitt Brot und verließ das Haus noch kurz um Wurstwaren zu besorgen.

    '...by the pricking of my thumbs, something wicked this way comes...'
    William Shakespeare, Macbeth (IV, i, 44-45)
    "Life is Honour. It Ends when Honour Ends"
    Akinwande Oluwole Soyinka, Death and the King's Horseman
    Initiative für mehr :hug:

  • Amelies Worte brachten ihn wieder zur Besinnung, zumindest ließ er den Mann nun in Ruhe. Es gibt immer welche die nur dummes Zeug redeten, das kannte er auch aus dem Wald, aber hier in der Stadt, wo so viel mehr Leute waren, traf man solche wohl öfters als in den Wäldern. Argon drehte sich weg und ging weiter. Nun waren sie in der Stadt. So wirklch hatte er nichtmal eine Ahnung wohin er nun gehen sollte. Er wusste nur eines, er hatte schon eine ganze Weile nichts mehr gegessen. Auch wenn seine Augen sich kaum satt sehen konnten an den verschiedensten Formen und Gestallten der Stadt und seine Ohren die eigenartigsten Klänge vernahmen, vom wirrwar vieler Stimmen bishin zu diversen musikalischen Klängen, seine Nase von den verschiedensten Düften gekitzelt wurde, so war es doch sein Magen, dem nun sein Hauptaugenmerk gelten sollte. Aber wo bekam er hier wohl etwas her. Er wusste, dass er anderen nichts wegnehmen durfte, aber Geld zum bezahlen besaß er nicht. Am besten er erlegte sich etwas, was niemanden gehörte. Doch was gehörte denn niemanden in einer Stadt. Nun hörte er ein vertrautes Geräusch, Vögel. Die gehörten bestimt niemanden, die flogen einfach ein und aus, die konnten niemanden gehören. Er hatte schonmal einen erlegt, zugegebener Maßen, das war nicht leicht, aber in der Stadt gab es wohl nichts anderes, was er erlegen durfte. Er witterte sie und schritt zügig durch die Gassen der Stadt. Immer wieder drehte er sich um, um darauf zu achten, dass er Amelie nicht verlor und sie ihm folgte. So trieb ihn sein Magen, geleitet von Ohren und Nase, bis zur Eingangstür von Brennans Vogelhandlung.

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