[Abenteuer] Der Fluch von Miriador

  • Und als sich die Gruppe entlang des Flusses in Bewegung setzte, brauchte Mallalai nicht lange warten, bis der kleine Bach sich verbreiterte und tiefer wurde. Er spürte, dass die sprudelnde Fülle ihn willkommen heißen würde und begann den kleinen Abhang zum Ufer hinunter zu schlittern; er würde sie nicht aus den Augen verlieren, wenn dies die Richtung blieb. Auch wenn das süße Nass seinen Schuppen keinen Schaden zufügen würde, verschloss er doch sein Inneres, Kieme um Kieme, vor dem Wasser. Sein Blut war salzig und er würde sich hüten anderes durch seine Lungen strömen zu lassen, wenn Mund und Nase fähig waren die Leere zu atmen.
    Und dennoch, war es, als bräche etwas entzwei, teilte sich, um das warme Sanfte zu ertragen, das so gegenteilig von dem stürmischen Meer sich zeigte, wohl der Mira'Tanar sich seufzend hinein gleiten ließ. Seine Welt zog sich zusammen, wurde zu einer Symphonie aus perlender Geschwindigkeit, die ihn mit sich trug. Leichter wurde es den Wald auszuschließen ... seine Augen brillierten von wohltuendem Glanz, seine Muskeln harmonierten anmutig mit dem Wasser, seine stete Wachsamkeit hielt einen Moment nicht stand, wurde zur Seite geschwemmt, so wie das zarte Blau seiner Haut vom Funkeln der Sonnenstrahlen auf der Wasseroberfläche.
    In seinem Kopf hallten die Geräusche von Leere und Fülle gegeneinander, stießen und rieben sich, bis der Meereself sich in Übermut erhob und mit einem Bogen aus Nass abtauchte, mit den Fingern den schlammigen Grund überfuhr, sie da hinein stieß, um eine Handvoll fremder Erde zu klauben. Nur er vereinte es, beide Welten in sich, wie es von außen und innen gegen seine Haut schlug, die Wellen, für andere nicht sichtbar, sanft die Haare überlaufen, Rinnsale hinter ihm auch glaubhaft an Land zu Boden strömen.

  • Ich weis es nicht, entgegnete der Tua gen Yovril, als wie von Geisterhand geführt wohl plötzlich alle aufbrachen. Auch er erhob sich und tat es den anderen gleich. Er wusste nicht wo es lang ging, oder gar was das Ziel sein sollte, aber er folgte. Einem Priester konnte man schließlich vertrauen, oder nicht?!
    Ich muss gestehen ich weis nicht so ganz, wo es hingehen soll, oder warum. Doch sie haben mir geholfen, als ich Hilfe brauchte. Also werde ich es vergelten. Laut dem Priester haben uns wohl die Götter zusammen geführt um gemeinsam… Er machte kurz Pause und überlegte. Was wurde in der Kutsche noch alles erzählt. Ach hätte er doch nur nicht geruht. Doch er war so erschöpft. Eben wusste er doch noch, worum es ging, oder nicht. … er überlegte… und überlegte … doch, Ich hab’s vergessen. Ein Abenteuer muss es wohl sein. Sprach er ruhig und ohne jede Regung, als ob es das normalste der Welt wäre.
    Während dessen verabschiedete sich einer aus der Gruppe und sprang in den Fluss. Es war der bläuliche. Den Namen wusste er nicht mehr. Er musste wirklich versuchen sich besser die Namen seiner Gefährten zu merken. Er besah sich das Schauspiel eine Weile an. Wie der Fischige schwamm und anscheinend auch etwas Spaß hatte. Es musste schwer sein als Meeresbewohner an Land zu sein, ebenso wie als Waldbewohner in der Stadt. Sie beide konnte wohl nicht sagen, was sie in das jeweilige fremde Gebiet gebracht hatte, doch beide hatte es zu diesem Abenteuer verführt. Ein wenig reizte es dem Wolf in ihm, sich zu wandeln und zu spielen. Einfach ins Wasser zu springen und dort den Fischigen zu fangen, zu jagen. Oder wenigstens versuchen mit ihm mithalten zu können. Auch wenn Argon in beiden Formen wohl kein besonders guter Schwimmer war. Doch er hielt sich zurück und besonn sich lieber darauf, sich diese truppe noch einmal genauer anzusehen, nun bei Tageslicht.

  • Voller Erwartung, was ihr die weitere Reise bringen würde, verließ sie gemeinsam mit den anderen das Haus und betrat in diesem Morgen zum zweiten Mal die Wiese, auf der nun der morgendliche Tau langsam verschwand. Versunken in ihre eigenen Gedanken lauschte sie dem fröhlichen Zwitschern der Vögeln und dem Plätschern der Wellen des kleinen Baches, mit dem sie bereits Bekanntschaft gemacht hatte. Doch klang es nicht wie am frühen morgen; es ähnelte eher dem Geräusch, welches sie selbst verursacht hatte, als sie in das kühle nass fiel. Und doch war es anders. Ihre Augen wanderten suchend das Wasser ab, bis den Meereselfen entdekte, für welchen dies wohl eine angenehmere Erfahrung darstellte. Ihre Beine trugen sie wie von selbst in sichere Entfernung, wollte sie doch diese nasse Erfahrung keines wegs wiederholen. Also näherte sie sich den anderen, in der Hoffnung, weitere Hinweise des Priesters aufzuschnappen. Doch es waren die Worte des Tua'Tanai, welche sie vernahm. "Ja", bestätigte sie seine Überlegungen. "Ein Abenteuer wird es sicher werden". Immer noch wusste Saniya nicht, ob sie sich darüber freuen, oder lieber davon rennen sollte.

  • Kyria ging mit den anderen nahe des Flusses.
    Sie war froh über diesen Fussweg, denn sie wusste nicht, ob ihre neuen Gefährten nicht auch den Kutschbock bevorzugt hätten. In die Enge einer Kutsche hätte sie niemals einsteigen können. Sie hasste diese Schwäche, ihre einzige, und doch konnte sie nichts dagegen tun.
    Kyria wich einem Ast aus, der ihr sonst in das Gesicht geschlagen hätte. Die Worte der anderen klangen in ihren Ohren nach. Genau wusste immer noch keiner von ihnen, was auf sie zu kommen würde.
    "Ihr klingt nicht erfreut," stellte sie fest. "Das Abenteuer ist das reizvollste an dieser Reise," fügte sie hinzu und man konnte ihre Freude über das Bevorstehende hören. "Bisher wurde auch uns noch nicht viel über unser Ziel erzählt. Aber auch das hat seinen Reiz," bemerkte sie mit einem verschmitzten Grinsen.

  • Morgaina war erleichtert, als der allgemeine Aufbruch begann. Sie war nicht so für ein langes Warten geschaffen. Oben würden jetzt bereits die Tiere versorgt worden sein und ihre Mutter würde bereits am Webstuhl sitzen...! Doch hier unten schien die Zeit anders zu vergehen. Nicht langsamer - aber anders. Morgaina warf einen schnellen Blick zu dem Fluß, der den Weg begleitete und überlegte, ob dessen Wasser wohl kalt oder doch eher wärmer war.
    Da sie noch nicht so oft unter viele Leute gekommen war - außer an den Markttagen - fühlte sie sich etwas verloren. Aber vielleicht erhielten sie alle ja endlich zumindest eine kleine Erklärung, warum die Göttin gerade sie alle als Gruppe zusammen geholt hatte und was sie - nur sie - dazu beitragen konnte.
    Morgaina schulterte ihren Beutel besser, strich sich eine ihrer weißen Strähnen aus dem Gesicht und ihre Augen ließen den Fluß los. Kurz schien es ihr, als wäre einer der einander noch unbekannten Gefährten in ihm getaucht, doch das konnte auch ein Streich der Augen und der tief in ihr beginnenden Anspannung sein.
    Sie hätte am vergangenen Abend doch besser die Medidation machen sollen. Aber die vielen neuen Eindrücke, die fremden Wesen, die ab nun ihre Begleiter sind, hatten ihre Konzentration sehr gestört. Doch trotz der Anspannung in Morgaina, verspürte sie aber auch die beginnende Freude an diesem Abenteuer. Und Neugierde, was noch weiter geschah.
    Morgainas Blick glitt ebenso rasch, wie sie den Fluß gemustert hatte, über die anderen Wesen, die etwas weiter vor und hinter ihr gingen. Wenn Morgaina sie sich so betrachtete, waren sie alle hier schon ein illustres Grüppchen. Diese Göttin, die ihrer aller Hilfe benötigte, musste einen seltsamen Humor haben.
    Doch dies würde Morgaina nie laut sagen. denn bei Göttern musste man vorsichtig sein, man konnte sie allzu schnell beleidigen oder böse machen. Und das wollte Morgaina keinesfalls.

  • Yovril dachte nach. Die Worte des Meereselfen warfen mehr Rätse auf, als sie wirklich beantworteten. Dann war da noch dieser andere Mann, der wieder so einfach im Wald verschwand. Eine Begegnung von vielen, die für diesen Tag sicherlich keine Bedeutung hatte. Aber dies Gruppe schien anders zu sein. Er folgte dem Bach, in dem der Meereself verschunden war und starrte hinterher. Wasser war wirklich nicht sein Element. X'An'Anthara hatte immer ein ungutes Gefühl, wenn sie Wasser sah. Beruhigend sprach der Magier auf sie ein, suchte sich einen trockenen Ast und hielt ihn seiner Partnerin hin. Kurz darauf fraßen ihre Flammen das trockene Holz. Ein leises Kichern war zu hören. Dann gesellte er sih zu Saniya. Diese Frau hatte ihm am Abend schon merkwürdige Antworten gegeben. Vieleichtwußte sie mehr von dieser Reise. "Sagt mir, wie seid ihr in dieses Abenteuer gestolpert. Wißt ihr mehr darüber?"


    Ab und an schaute Yovril sich um, ob er denn nicht sein Pferd sah.

  • Schatten flimmerten sich über die Wasseroberfläche, mehr als nur Abbilder der Wirklichkeit schlichen sie am Rande seiner Wahrnehmung, legten sich auf seine Welt, ohne eindringen zu können. Seine Hand verstrich einen der Schatten, der jäh den Bodensand verdunkelte und schon wieder preisgab.
    Seine Wirklichkeit war hier, weit die Schwimmhäute sich fächerten. Ganz genau erkannte er zwischen den Strömungen die Züge derjenigen aus der Gruppe, die sich dem Bach näherten. Mallalai würde bleiben, was er war, außerhalb der Fülle, wie innerhalb jener, keine Verwandlung würde seinen Körper verunstalten, dadurch, dass er eine andere Form annahm. Täuschten die Tua‘ Tanai nur vor zu sein, glaubte man die wahre Gestalt vor sich zu sehen oder war es genau die Wirklichkeit in dem Moment, in dem sie sich zeigte? Er wusste es nicht, als der Schatten des Wolfmannes seine Aufmerksamkeit forderte. Noch nie war er anderen Völkern derart nahe gewesen, wie zu dieser Zeit, da er aus dem Meer getrieben worden war.
    In einem anmutigen Bogen hob sich sein Rücken aus dem Fluss und ohne Anstrengung, doch mit wellenartigen Bewegungen schwamm er der Gruppe voraus.

  • Er vernahm die Worte doch er antwortete nicht. Ein Abenteuer war es. Wieso sollte es Spaß machen, wieso sollte es angst machen oder unbehagen verbreiten. Er dachte nicht weiter darüber nach. Seine Blicke galten dem Fischigem. Eine merkwürdige Gestalt, doch wie konnte er auch anders. Unter dem Meer war der Wandler selbst eine wunderliche Gestallt. Teilweise sogar hier an Land. Der Wald war seine Heimat und auf diesem wanderte auch sein Blick, nach der der Fischige seinen Bogen gemacht hatte. Dort Hinten war, dicht und Dunkel, so wie er ihn mocht, wild und ruhig. Doch nun galt es erst einmal dieses Abenteuer zu bestehen. Sein Mund öffnete sich, wollte er sich doch eben wieder dem Gespräch widmen, doch brachte er keinen Laut von sich. Er sah das schlimmste, das Grauen, Nairons Grauen, Feuers Grauen. Was hatte dieser eine da bei sich. Eine Fee aus Flammen. Gebannt sahen seine Augen daraus und das unbehagen darüber stnad ihm wohl ins Gesicht geschrieben. Feuer, der Zerstörer allen Lebens, aller Natur. Flammen, sie offenbarten wirklich ihr abscheulichstes Ansehen, als sie den Ast verbrutzelten. Der Mund schloss sich wieder, ohne Worte verlautet zu haben. Doch seine Augen sahen weiterhin auf dieses Stück lebenden Feuers, diese Fee der Flammen. Der Geruch verbrannten holzes durchströhmte ihn und seine Augen ziegtem ihm die Asche. Was für ein Trauriger Anblick, ein Anblick des Todes. Argon atmete tief durch, seine Lungen füllten sich von diesem ekelhaftem toten Geruch. Doch was sollte er tun, dieser da war ein Teil der Gruppe, genau wie seine kleine Begleitung. Der wandler wandte seinen Blick ab und entfernte sich ein paar Schritte. Er ging an Kyrias Seite, der Seite von ihr, welche dem Wasser zu getan war. Ja das Wasser könnte sie zur not beschützen. Doch nun galt es wohl erst einmal diese Gedanken von sich zu vertreiben.


    Reizt dich immer das Unbekannte? Fragte der Tua'Tanai und schien bewusst ruhig dabei zu wirken. Gibt dir das bekannte keine Geborgenheit?

  • Mit gerunzelter Stirn rief sie sich die Worte des Priester wärhend der Kutschfahrt ins Gedächtnis. Zumindest versuchte sie es und wünschte sich in diesem Moment, sie hätte genauer hin gehört. Doch ihr unfreiwilliger Aufenthalt auf dieser sagenumwobenen Insel hatte der jungen Cath'Shyrr zu diesem Zeitpunkt noch andere, für sie viel wichtigere Gedanken hervor gerufen. Doch versuchte sie, die einzelnen Bruchstücke der Erzählung für Yovril zusammen zu fassen. "Wir müssen nach Miriador, um Minarils Fluch zu verhindern", erklärte sie zaghaft und etwas unsicher. "Verzeiht", fügte sie gleich darauf hinzu. "Kurz bevor ich in dieses Abenteuer hinein geraten war, hatte erlitten wir Schiffbruch und irgendjemand hat mich gerettet. Als ich die Augen aufschlug, leistete mir diese Priesterin Gesellschaft und führte mich zur Kutsche. Sie erwähnte etwas von Auserwählt und dass ich mit ihnen reisen solle". Bei ihren letzten Worten nickte sie mit dem Kopf in Richtung der restlichen Gruppe, während ihre Füße sie immer weiter trugen.

  • Kyria war durch das Schauspiel der Fee abgelenkt. Zuvor hatte sie das kleine Wesen gar nicht bemerkt. Ein Magier also, dachte sie bei sich. Sie kannte nicht viele von ihnen, doch bei diesem Abenteuer konnte er hilfreich sein. Vor allem da weder der Fisch noch die Frau über Kampffähigkeiten verfügen zu schienen.
    Als Argon sie Ansprach, war sie einen Moment verwirrt. Diese Frage hatte ihr bisher noch niemand gestellt. Einen Moment zögerte sie, dann sprach sie: "Mich reizt es nicht an einem Ort zu bleiben. Ich erlebe gerne viel und neues und das geht nicht an einem festen Ort. Außerdem ist es der beste Weg um frei zu bleiben. Seid ihr da anders?" fragte sie am Ende, denn sie hätte ihn nicht so eingeschätzt, dass er sich am liebsten irgendwo häuslich niederließ.

  • Morgaina war so eingesponnen in ihre Gedanken, dass sie nicht sonderlich auf den Weg achtete. Und so kam, was kommen musste. Ein ziemlich großer Stein legte sich mitten auf den Weg, mitten in ihren Schritt und da sie weiche Schuhe trug, knallte dieser Stein genau auf ihren großen Zeh.
    Der plötzliche Schmerz ließ ihr die Tränen in die Augen schießen. Unwillkürlich kamen ihr die Worte einer alten Hellseherin in den Sinn, die diese einmal zu ihr, Morgaina, gesagt hatte: 'Steinig wird dein Weg zum Ziel sein, Mädchen!' Nun ja, das hatte Morgaina schon geahnt. Dass sie sich dabei jedoch ihren Zeh so stark anschlagen würde, hätte sie nicht gedacht.
    Rasch warf sie einen Blick auf die anderen, ob diese ihr Missgeschick bemerkt hatten, doch jeder der Gruppe war so mit sich oder seinem Nebenmann beschäftigt, dass es nicht weiter auffallen würde, wenn Morgaina die nächsten Schritte etwas humpelte. Doch sie nahm sich vor, jetzt weniger in Erinnerungen oder Gedanken zu schwelgen und zu versinken und eher auf den Weg zu achten.


    Kurz dachte sie an das Wesen, das den Fluß als "Straße" nützen konnte, doch sie könnte sich damit nicht anfreunden. Also würde sie auch weiterhin die Straße oder den Weg benutzen. Nur eben mit etwas mehr Aufmerksamkeit. Da der Zeh noch immer schmerzte, sandte Morgaina einen flüchtigen Linderungsgedanken hinunter und atmete unbewusst auf, als der Schmerz wirklich weniger wurde.

  • Yovril war dankbar, daß ihm endlich jemand eine Auskunft geben konnte.


    "Ein Schiffbruch, das ist aber tragisch. Woher kommt ihr denn?"


    Kurz streicht er über den Körper der kleinen Fee.


    "Ihr erzählt etwas von einem Fluch. Wie lautet dieser? Ich habe noch nie etwas von dem Fluch von Miriador gehört."


    Erwartungsvoll schaut er die Frau an.


    "Entschuldigt," sagt er nach einer Weile. "Ich bin hoffentlich nicht zu neugierig mit meinen Fragen."

  • Der Vorteil war dieser: der erste Anblick gebührte ihm. Die Strömung veränderte sich, all die Wasser beeilten sich dem Sog zu folgen, dessen Rufen Mallalai kannte. Das Glitzern auf der Oberfläche war heller, die Sprünge der Tropfen fröhlicher, alles sprach von einem Ereignis: der lebendige Pfad durch den Wald wurde breiter, lauter, tosender. Deshalb hob er den leichten Körper aus der Fülle auf einen Stein, lang bevor die Gefährten auf dem Landweg an diese natürliche Grenze gelangten.


    Vom Sonnenlicht erfüllte Wolken wie kreisende Raubvögel, Schatten derer ist, der auf den Boden fiel, Fetzen seiner silberner Blicke schweiften zum kargen Waldrand, hielten seine Augen an jedem Grashalm, jedem sich bewegende Blatt fest, sein Fixieren war eine Tatsache für sich, so beharrlich unbewegt, wie ein verwitterter Stein, der hier vorherrschend blieb. Hoch und hinab dem Schweben eines Zweiges hinterher, hell und glänzend waren die Augen, deren Brauen sich hinab zogen zu der Nasenwurzel. Mallalai roch den Geschmack der vollen Erde, sah die Schatten der Baumalten, feuchten Dunst, der zwischen den trockenen Pflanzen hing, alles war so klar, so einfach abgegrenzt … von dem Wasserfall, der sich vor seinen Knien in die Tiefe stürzte, um sich in ein riesiges blau-grünes Becken zu ergießen.


    Das weite Land öffnete sich zu Füßen seines einfachen Steinthrones und Mallalai war sich bewusst, dass er solches nie zu Gesicht bekommen hätte, wäre er im Ozean geblieben. Seine Wirbel richteten sich gerade, während er ein Knie dicht an die Brust zog, stolz das Land überblickte und sich ganz klein fühlte. Rechts waren seine nackten Schultern umrahmt von tief nachtblauen Haaren, links waren sie weiß wie Perlmutt auf heller Haut, doch schwer und nass und daher unbewegt in der Brise, was einen deshalb glauben machte, er sei eine Statue zur Wacht in Stein gehauen. Im Grunde jedoch war er zutiefst gerührt.

  • Den Blick sehnsüchtig nach oben gerichtet, seufzte Saniya, bevor sie antwortete. "Geboren wurde ich in Syndrah. Aber wir sind viel gereist". Das Gesicht ihres Vaters bildete sich vor ihrem inneren Auge und sie erschrak darüber, dass sie, seit sie hier unten war, kaum Gelegenheit hatte, sich Gedanken um ihn und die anderen zu machen.


    Erst nach einer unangenehm langen Pause erzählte sie dem Mann, so gut es ihr möglich war, von dem Fluch. "Wir müssen nach Miriador ..." Sie hielt inne. Was wurde ihnen erzählt? Die Geschichten über die Königin seien wahr? Doch Saniya kannte nicht eine von ihnen. "Kennt Ihr die Geschichten um Miriadors Königin?" Mit in Falten gelegter Stirn versuchte sie weiter, sich an die Worte der Priesterin zu erinnern. "Auf jeden Fall", schloss sie schließlich, "müssen wir verhindern, dass der Spiegel, durch den sie, ihrer eigenen Blicke wegen, zu Gold wurde, gestohlen und sie selbst nach Nir'Alenar gebracht wird".

  • Morgaina war es zwar gewohnt, stundenlange zu schweigen, wenn sie ihre Arbeit erledigte oder eines der Tiere heilte, doch dass man auch in einer Gruppe voll sprechender Wesen schweigen konnte, war etwas neues für sie. Jetzt wo ihr Zeh aufgehört hatte zu schmerzen, ihre Aufmerksamkeit auf den Weg gerichtet war, bemerkte sie doch immer wieder wie ihre Gedanken abglitten. Mal zu der Brosche, die sie im Fuß des fremden Hundes gefunden hatte und die sie immer noch nicht bei den anderen erfragt hatte, ob einer sie vermisste. Mal zu den etwas seltsamen Äußerungen der Priesterin, die sie sozusagen am Straßenrand aufgesammelt hatte. Dann wieder glaubte sie in ihrer unmittelbaren Umgebung flüsternde Stimmen zu vernehmen, die nichts mit den leisen Unterhaltungen ihrer Weggenossen zu tun hatten. Aber wahrscheinlich war es bloß der Wind, der in den Blättern der Gebüsche sang.


    Morgaina hob den Kopf und blinzelte nach oben. Singen? Nun, sie konnte auch singen. Und ein kleines Lied würde ihre Schritte etwas leichter und aufgelockert machen. Es würde den Weg gefühlsmäßig verkürzen und fröhlicher machen. Doch so sehr sich Morgaina auch anstrengte, es wollte ihr kein Wanderlied einfallen. Und doch war da eine leise, sanfte und doch beschwingte Melodie dicht unter ihrem Bewusstsein, die nur nicht ganz an die Oberfläche kommen wollte. Na schön, man konnte auch summen. Man musste ja keine Worte gebrauchen. Oder andere Worte zu der Melodie erfinden. Das hatte sie als kleines Mädchen gerne gemacht. Doch jetzt war sie kein kleines Mädchen mehr. Würden ihre Weggefährten nicht von ihr denken, sie wäre verwirrt, wenn sie jetzt zu singen begann? Niemand ihres Volkes würde einen langen Weg singend hinter sich bringen! Doch ... wenn sie es recht bedachte, sie war nicht bei ihrem Volk und sie war nicht mehr in der Wüste an der Oberfläche. Sie war unter dem Meer und befand sich auf einer Mission, die so garnichts mit ihrem eigenen Vorhaben zu tun hatte. Aber wer weiß, vielleicht befand sie sich ja doch auf dem Weg, die Mörder ihrer richtigen Eltern zu suchen und auch zu finden. Und vielleicht erfuhr sie dabei auch wer und was sie selbst war.


    Morgaina nickte und fasste den Entschluss, doch ein kleines Wanderlied zu singen. Ganz leise und nur für sich alleine. Sollte ihr jemand zuhören und dieser Jemand nicht erfreut über das Lied sein, nun so konnte er ja schneller gehen oder ihr sagen, dass sie den Mund halten soll.
    Kurz überdachte Morgaina welchen Text sie für die Melodie erfinden sollte, dann schluckte sie kurz, sah rasch zu ihren Weggefährten, doch die waren weiterhin beschäftigt und begann mit ihrer weichen Altstimme zu singen:
    "Es war einst ein schönes Dorf, das lag im gold'nen Sonnenschein. Die Gärten wiesen Blumen auf und Mädchen schlank und fein!"

  • War es denn so, war er so rastlos, so rastlos wie sie? Zugegeben, er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal für längere Zeit an einem Ort gewesen war. Der Wandler war seit Jahren auf Reisen gewesen. Zugegeben es hatte auch seine Vorteile gehabt. Er hatte viel gesehen und erlebt, viel gelernt. Womöglich viel mehr, als es der Fall gewesen wäre, wenn er in der Heimat geblieben wäre. Doch war er nicht nur so lang und viel gewandert um eine neue Heimat zu finden, wo er wieder seßhaft werden konnte. Hatte er sich etwa so sehr an das Reisen gewöhnt, dass es die Unruhe selbst war, welche zu seiner Heimat geworden war. Argon war sich plötzlich gar nicht mehr so sicher, ob er wirklich noch suchte, oder nicht schon längst das Finden aufgegeben hatte um ziellos die Wälder zu durchqueren. Okina hätte ihm sicherlich zu geredet ein Ziel zu suchen, doch selbst sie hatte er lange Zeit schon nicht mehr an seiner Seite gehabt. Der Wolf war sein einziger Begleiter. Und so ging sein Blick grade wegs ins Leere direkt vor ihm. Ich... ich weis es nicht. Eigentlich dachte ich, ich sei auf der Suche. Doch habe ich in den letzten Jahren mein Ziel nie gefunden. Macht mich dass denn zum Rastlosen? Wenn ja, dann bin ich es wohl. Denn ich weis nicht, wann ich mein Ziel finden werde, oder ob ich es überhaupt finden werde. Wer weis, vielleicht werde ich ewig auf Wanderschaft sein oder mich am Ende einem Rudel anschließen. Der Wolf in ihm jaulte erfreut auf bei diesem gedanken und auch dem humanoiden Gesicht entrang es ein Lächeln.

  • Yovril blickte Saniya dankbar an. Endlich war hier jemand, der ihn nicht dmm in ein Abenteuer rennen ließ, sondern Informationen preisgab.
    Yovril runzelte die Stirn. "Nein, diese Geschichte habe ich noch nicht gehört."
    Er dachte einige Momente über das Gesagte nach. "Die Königin wurde durch ihren eigenen Blick zu Gold? Heißt das, alles, was sie anblickte wurde zu Gold?"
    Tief atmete er die Luft ein. "Wißt ihr, wie es zu diesem Unglück gekommen ist? Und ist der Fluch nun der Goldblick, oder daß sie selbst zu Gld wurde? Und was hat es mit dem Spiegel auf sich?"
    Der Magier redete sich in Fahrt. Neue oder in diesem Fall vielleicht uralte magische Effekte weckten immer sein Interesse. Ach, das war etwas andres, als nur in den verstaubten Bibliotheken zu sitzen und Wissen anzuhäufen. Hier galt es Wissen zu erlangen.
    Dann wurde ihm bewußt, daß er die junge Frau mit seiner Fragerei vielleicht in Verlegenheit brachte: "Oh, entschuldigt meinen Enthusiasmus. Aber bei solchen Schilderungen wird mir immer warm ums Herz, rein wissenschaftlich gesprochen natürlich. Nicht, daß ich es gut finde, daß die arme Königin solch ein Schicksal ereilen mußte, nein, es ist die Geschichte an sich und der Funken Magie, der dahintersteckt. Dies entfacht einfach meine berufliche Neugier. Oh, was seid ihr eigentlich von Beruf?"

  • Schon als er die sich nähernden Stimmen vernehmen konnte, brachte Mallalai Spannung in seinen Körper, und dann, als er auch die unbeabsichtigten, wohl doch natürlichen, Geräusche der Gefährten Schritte im Wald hörte, ließ er sich geradezu von seinem erhöhten Platz kippen. Durch seine Sinne wusste er längst, wo die Fülle ihre größte Tiefe erreichte, wie die Strömungen ihren Weg um Steine unter Wasser fanden.
    Seine Füße trafen zuletzt den Stein. Mit Nachdruck verhießen sie dem blau schillernden Körper den Weg in die Tiefe, der er sich nun mit einem leisen Steinregen ergeben musste. Der Mira'Tanar bewegte sich mit dem Licht in verschlungener Harmonie, eine unelfische Bewegung, beinahe zu geschmeidig für alles Lebendige, als er zuerst in der Luft zu schweben schien. Erst nach Momenten des Innehaltens, des Berührens von Zeit und Leere – Stille, als habe man einen sauberen Schnitt durch die raunenden Geräusche gesetzt. Seine Augen hatten sich wie von selbst geschlossen. Die Fülle rief ihn, wie er sich locken ließ.
    Dann nahm der Wind seine Bewegung wieder auf, als er die hautbewebten Hände öffnete, einen Schauer Sand in die Luft entließ, den er aufgenommen hatte, als er geräuschlos der Schwerkraft nachgegeben hatte. Der weite Weg dazwischen machte ihn nicht fürchten: weder durch Augen, noch durch Verstand – Mallalai wusste, was er tat.
    Dann zog es ihn hinab.

    Crawling in my skin
    These wounds they will not heal
    Fear is how I fall
    Confusing what is real

    Einmal editiert, zuletzt von Mallalai ()

  • Saniya schenkte Yovril und seinen Fragen ihre volle Aufmerksamkeit doch musste sie sich selbst eingestehen, dass sie nicht vermochte, ihm Antworten zu liefern. Ein weiteres Mal grübelte sie angestrengt darüber nach, was die Priesterin ihnen erzählt hatte doch ihre Worte wollten sich in Saniyas Kopf nicht mehr sinnvoll zusammen fügen. So war sie recht froh, als er sich für seinen Fragenschwall entschuldigte und nickte zustimmend ob seinen weiteren Worten.


    "Es ist in der Tat eine interessante Geschichte und ich freue mich darauf, dabei zu sein, wenn das Geheimnis gelüftet wird". Nach einer kurzen Pause fügte sie noch hinzu: "Vielleicht sollten wir einfach abwarten und das Abenteuer auf uns zu kommen lassen".


    Das war Saniya nicht anders gewöhnt. Schließlich bestand ihr ganzes Leben aus Abenteuern und Reisen ins Ungewisse.


    Die Frage nach ihrem Beruf beantwortete Saniya zögernd. "Nun ... ich bin - beziehungsweise war - Mitglied einer Artistentruppe. Doch das war auf Niel'Anor", erklärte sie sehnsüchtig und warf ein weiteres Mal einen ebensolchen Blick nach oben. Es erschien ihr so lange her, dabei war gerade mal ein einziger Tag vergangen seit diesem Schiffsunglück.

  • Kyria stutzte über die Antwort des Tua'Tanai. Einem Rudel anschließen? Würde das für ihn bedeuten nur noch in Tiergestalt zu leben. Sie hatte keine Ahnung wie stark die Verbindung zwischen diesem Volk und ihrem inneren Tier war, jedoch konnte sie sich das gar nicht vorstellen. So erwiderte sie nichts als ein Hm auf seine Antwort.
    Ihr Blick wanderte zu ihren Gefährten. Eine Begleiterin hatte zu singen begonnen, während sich die anderen zwei über das Abenteuer unterhielten.
    Dann sah sie den Meereself in die Tiefe springen und kam nicht um hin für einen Moment ihn zu bewundern. Auf jeden Fall hatte er es leichter als sie. Sie würden alle vorsichtig den Abhang hinunter klettern müssen. Dadurch gewann das Fischwesen einen deutlichen Vorsprung.
    "Ich glaube wir sollten sehr vorsichtig ab jetzt sein. Sonst ist das Abenteuer zu Ende, bevor es richtig angefangen hat," sagte sie ohne jemanden bestimmten anzusprechen.

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