Das Labyrinth der Spiegel

  • Weithin sichtbar schimmern sie in der Dämmerung. Ein silbriger Glanz, der das schwindende Licht reflektiert und den Blick unweigerlich auf sich zieht. Denn in jedem Wesen wohnt ein Funken Eitelkeit, der es dazu zwingt, sich selbst in einem Spiegel zu mustern.
    Doch was werden diese Spiegel zeigen? Nur ein Abbild unseres Äußeren, soviel ist gewiss, nicht wahr?


    Es muss verwirrend sein, durch ein Labyrinth zu gehen, das nur aus Spiegeln besteht und das die Sinne noch mehr verwirrt, indem es uns und diejenigen, die mit uns hindurch gehen, mehrfach reflektiert.
    Und doch sieht es harmlos aus, wenn der Blick darauf fällt - dieses Labyrinth der Spiegel. In großen, geschwungenen, bläulichen Lettern hängt diese Bezeichnung über dem Eingang und die verwitterten, dunklen Holzbretter, die schon bessere Tage gesehen haben, verbergen das, was sich im Inneren befindet und lassen nur eine Corona aus Licht nach oben entschwinden. Beinahe wie ein magisches Glühen wirkt sie, unheimlich in der beginnenden Dunkelheit.


    Der Eingang ist zwischen den Brettern deutlich zu erkennen, gleich einem Portal, durch das man in diese Welt aus silbrigem Glas schreitet. Doch wo der Ausgang verborgen ist, das müsst ihr selbst herausfinden...

  • Shiai blieb vor dem Labyrinth stehen. Nie zuvor war sie auf einem solchen Jahrmarkt gewesen. Ein kleines Gauklerfest und sehr kleine Jahrmärkte. Das war alles. Und doch...hatte sie sich diese immer ganz anders vorgestellt. Nicht nur der Name wirkte düster. Dennoch war ihre Neugier so groß gewesen, dass sie nicht hatte widerstehen können. Seit Tagen kreisten ihre Gedanken nun um Kia und sie suchte eine Ablenkung. Sie hatte Aravilar fragen wollen, doch war sie zu unsicher, wie sie sich verhalten sollte. Und ob er nicht ein Recht darauf hatte mehr zu erfahren. Darum stand sie nun vor dem Labyrinth, zu dem ihre Füße sie wie von ganz allein getragen haben.
    Noch zögerte sie einen Moment. Doch was sollte schon in einem Labyrinth passieren. Außerdem würde es sicherlich Spaß machen, den Ausgang zu suchen. Sicherlich musste man hier irgendwo bezahlen, doch hier draußen stand niemand und so trat sie durch das Portal, gespannt wie es dort sein würde.

  • Frohgemut war Vírinel aufgebrochen zum Jahrmarkt. Jahrmarkt, das bedeutete Spass, Freude, Menschen voll guter Laune. Der Name dieses Jahrmarktes hatte sie stutzig gemacht, doch gleichzeitig auch neugierig und so war die Satyr aufgebrochen, ihre Laute wie immer in ihrem Gepäck, die gute Laune im Herzen und ein fröhliches Lied auf den Lippen. Nun, da sie diese heruntergekommen wirkende Örtlichkeit betreten hatte, war ihr Lied verstummt und sie konnte einen Hauch von Enttäuschung nicht verhindern.
    Langsam ließ die Frau mit den feuerroten, langen Haaren ihren Blick über die Zelte und Attraktionen schweifen. Warum konnte man einen Jahrmarkt so herunterkommen lassen? Es wirkte leer und bis auf einige Melodien fast zu still für den Geschmack der Satyr. Dennoch schritt sie weiter. Ein leichtes Blitzen zu ihrer Rechten ließ sie herumfahren und so sah sie gerade noch eine dunkelhaarige Frau zwischen einem Bretterportal verschwinden. Den Kopf schräg legend trat sie neugierig näher. Auch hier wirkte alles ein wenig düster. Sie hatte schon von solchen Spiegelkabinetts gehört, war aber selbst noch nie in einem gewesen. Voller Neugier trat sie kurzentschlossen hinter der Dunkelhaarigen her und sprach diese leise an. "Sollen wir zusammen gehen? Ich war noch nie in so einem Labyrinth."

    Eines der traurigsten Dinge im Leben ist, dass ein Mensch viele gute Taten tun muss, um zu beweisen, dass er tüchtig
    ist, aber nur einen Fehler zu begehen braucht, um zu beweisen, dass er nichts taugt.“


    George Bernard Shaw

  • Erschrocken drehte sich Shiai um und seufzte erleichtert. "Entschuldigt, ihr habt mich etwas erschreckt. Ich habe euch nicht kommen hören," erwiderte und ein Lächeln breitete sich in ihrem Gesicht aus. Etwas verwundert stellte sie fest, dass es sich bei der Frau um eine Satyr handelte. Zwar hatte sie schon welche getroffen. Doch nie in der Stadt.
    "Ich war auch noch nie in einem, darum nehme ich euer Angebot gerne an. Ein bisschen unheimlich ist es hier schon," gestand sie verlegen und ging weiter.

  • "Verzeiht ich wollte euch nicht erschrecken, nichts läge mir ferner. Unheimlich.. ja. Mir ist noch nie ein Jahrmarkt untergekommen, welcher dermassen.. trostlos und düster wirkte." merkte sie leise an und sah sich neugierig um. Wo man hinsah waren Spiegel, ein merkwürdiges Gefühl. Langsam und vorsichtig schritt sie hinter Shiai her und wagte immer wieder Blicke um sich herum in die verschiedenen Spiegel, um deren Auswirkungen auf die Spiegelbilder der Dunkelhaarigen und sich selbst zu sehen. Ein Lächeln ruhte auf ihren Lippen.


    "Ich heisse Vírinel." stellte sie sich vor, denn wenn sie schon gemeinsam mit der anderen Frau hier durchging, sollten sie zumindest ihre Namen wissen, wie die Satyr befand. Sie erwischte sich dabei, wie sie vorsichtig ihre Hand ausstreckte, um nicht versehentlich gegen einen Spiegel zu laufen. Ganz schön verwirrend mit all den Spiegelbildern.

    Eines der traurigsten Dinge im Leben ist, dass ein Mensch viele gute Taten tun muss, um zu beweisen, dass er tüchtig
    ist, aber nur einen Fehler zu begehen braucht, um zu beweisen, dass er nichts taugt.“


    George Bernard Shaw

  • "Mein Name ist Shiai," stellte sich die Elfe ebenfalls vor und drehte sich zu der Satyr um, um ihr die Hand zu reichen. "Ich bin das erste mal auf einem so großen Jahrmarkt. Aber ich habe sie mir auch immer etwas ...bunter vorgestellt," erwiderte sie. "Es ist komisch. Ich habe das Gefühl jeden Moment gegen einen dieser Spiegel zu laufen."

  • "Das geht mir genauso. Es ist weil die ganzen Spiegelbilder die Sinne verwirren. Man weiß nicht, wo der Weg entlang führt. Ich hab gehört sie sind extra so angelegt, das man die Übersicht verliert. Um so interessanter finde ich es. Wollen wir doch mal sehen, ob wir den Weg nicht finden, mh? Am besten streckt ihr eine Hand etwas vor, so lauft ihr nicht Gefahr, gegen einen der Spiegel zu laufen."


    Sie lächelte Shiai offen an. Eine freundliche Elfe war das und gemeinsam würde das hier wohl gleich nochmal so viel Spass machen. Die Augen der Satyr blitzten erwartungsvoll auf.

    Eines der traurigsten Dinge im Leben ist, dass ein Mensch viele gute Taten tun muss, um zu beweisen, dass er tüchtig
    ist, aber nur einen Fehler zu begehen braucht, um zu beweisen, dass er nichts taugt.“


    George Bernard Shaw

  • Der Vorschlag von Virinel war so simpel, das man hätte auch von allein darauf kommen können. Shiai musste über ihre eigene Dummheit schmunzeln. Sie drehte sich wieder nach vorne und streckte ebenfalls eine Hand aus. Zusammen mit der Satyr machte das Labyrinth schon jetzt Spaß. Die Gedanken an ihre Schwester waren schon verschwunden.
    "Wart ihr schon bei einer der anderen Attraktionen?"

  • "Nein. Ich war gerade angekommen, als ich euch zufällig hier verschwinden sah. Ich war neugierig, also bin ich gleich hinterher gekommen. Man kann ja dann immer noch in eine der anderen Attraktionen...aua!" Lachend fand die Satyr sich an einem der Spiegel "klebend" wieder, da sie einen Moment vor lauter Schwatzen nicht aufgepasst hatte. Mit einem breiten Grinsen löste sie sich vom Spiegel und warf einen Blick hinein. Es war schon lustig, wie ein Spiegelbild das eigene Aussehen verzerren konnte und sie zog gleich absichtlich noch eine Grimasse, bevor sie herzlich zu lachen anfing.

    Eines der traurigsten Dinge im Leben ist, dass ein Mensch viele gute Taten tun muss, um zu beweisen, dass er tüchtig
    ist, aber nur einen Fehler zu begehen braucht, um zu beweisen, dass er nichts taugt.“


    George Bernard Shaw

  • Shiai stimmte in das Lachen mit ein. Es sah wirklich lustig aus, wie der Spiegel die Grimassen wiedergab. Sie selbst scheute sich davor eine Grimasse zu ziehen. Was würde das auch für einen Eindruck machen. Doch sie sah noch einmal zu Virinel, die dabei viel Spaß zu haben schien und versuchte es auch einmal. In ihrem Lachen darüber schwang auch Verlegenheit mit.
    "Vielleicht besuchen wir die anderen Aktraktionen auch zusammen," sagte sie und hoffte, dass sie nicht so klang als ob sie das von der Satyr jetzt erwarten würde. "Wir sollten weitergehen."

  • Niemand sah Sehnsucht dort, von wo aus sie das Treiben im Inneren des Labyrinthes beobachtete. Ihre dunklen Schwingen hatten sie leise empor getragen, hinauf zu der Rückseite des Eingangs, wo ein kleiner Vorsprung aus Holz angebracht worden war, von dem aus sie das ganze Labyrinth erblicken konnte. Nur eine dunkle Gestalt, die einer Statue gleich dort oben verharrte. Bewegungslos und ruhig.


    Verlorene Seelen...


    Ein seltenes, verhaltenes Lächeln zog über ihre Lippen. Jene, die sich durch das Labyrinth bewegten, wussten gar nicht, wie zutreffend diese Bezeichnung auf sie war. Doch sie würden es lernen...


    Sie murmelte einige, leise Worte in einer fremden Sprache, die schon lange vergessen war. Und die Dinge... veränderten sich.

  • Einen Moment fühlte sich Shiai seltsam. Doch dann verging das Gefühl wieder. Ein breites Lächeln bereitete sich über ihren Lippen aus. Sie wusste nicht genau was passiert war, jedoch fühlte sie sich mit einem mal freier. Eine Schande, dass sie Aravilar doch nicht mitgenommen hatte. Immerhin war ein Spiegelkabinett ein ziemlich ungewöhnlicher Ort und so bald würde sich die Gelegenheit nicht wieder auftun.

  • Immer wieder sah sie ihr Spiegelbild, hörte sich selbst lachen, doch erschien ihr das eigene Lachen nach und nach gekünstelter und wich letztlich. Schwermut schlich sich in ihren Blick, Wehmut und eine plötzliche, tiefe Traurigkeit. Langsam schritt sie hinter Shiai her und sah nun seltener in die Spiegel. Still war sie geworden und wirkte fast in sich gekehrt.


    Was für einen Sinn hat dieses Leben eigentlich? Wozu dient Musik? Nichts als Worte, leere Worte ohne einen Sinn, ohne Grund. Wozu reimen? Mein Leben fortgeworfen für eine Sache ohne Sinn. Leer...


    Gedanken nur, die durch ihren Kopf schossen, umspült von einem tiefen Gefühl der Traurigkeit und Schwermut, welches sie einfach nicht abzuschütteln vermochte. Eine Scheinwelt, ausgedacht um anderen zu gefallen, doch niemals real. Ich habe mein Leben vergeudet. Wofür?
    Immer wieder wanderte ihr Blick zu Shiai, die nun unbefangener wirkte. Narretei.. törichte Narretei. Freude und Geschichten sind nicht für die Realität gedacht.

    Eines der traurigsten Dinge im Leben ist, dass ein Mensch viele gute Taten tun muss, um zu beweisen, dass er tüchtig
    ist, aber nur einen Fehler zu begehen braucht, um zu beweisen, dass er nichts taugt.“


    George Bernard Shaw

  • Ein Jahrmarkt war ganz nach Kiriaschiras geschmack und so hatte sie sich auf den Weg gemacht und betrat unter dem leicht schaukelnden Holzschild den Platz, auf dem sich schon ein paar Menschen und andere tummelten. Sie hatte sich in weite, flatternde Gewänder gekleidet. In schwarz natürlich, mit kleinen Glasperlen und Spiegeln verziert, das schien ihr passend zu dem Namen. Zunächst schaute sie sich etwas um. Am liebsten wollte sie sich alles ansehen, doch irgendwo musste man beginnen. Kurzentschlossen ging sie auf das Spiegellabyrith zu. Die scheinbar vorhandene Welt hinter einer dünnen Schicht Metall war faszinierend. Langsam betrat sie das Labyrinth und betrachtete ihr Spiegelbild in dem schimmernden Licht.

  • "Nun kommt, schaut nicht so bedrückt," sagte Shiai und fasste der Satyr an der Schulter. "Lasst uns liber etwas verrücktes machen," ergänzte sie mit einem Grinsen. Hinter ihnen hörte sie Schritte. Ein weiterer Besucher des Labyrinths? "Wollen wir dem Neuankömmling nicht auflauern und ihn dann erschrecken?"

  • Ein leiser Luftzug strich durch das Labyrinth, als Sehnsucht leise auf dem Boden hinter der Frau mit der dunklen Haut aufsetzte. Ihre dunklen, schimmernden Schwingen falteten sich auf ihrem Rücken, ein majestätischer Anblick, von einer seltsamen Schöheit durchdrungen. Mit kaum hörbaren Schritten trat sie hinter die exotisch anmutende Frau, die ihr Bild im Spiegel ansah und ihre Stimme war so sanft wie ein Windhauch in einer lauen Sommernacht, als sie sie schließlich ansprach.


    "Die Welt der Spiegel ist faszinierend, nicht wahr? Manchmal zeigt sie uns nur unser Antlitz, manchmal Dinge, die wir nicht wissen und die wir nicht sehen wollen. Und manchmal auch Dinge, die wir gerne sehen möchten. Was zeigt sie euch?"


    Sehnsucht schwieg, wartete, bis die Frau ihrer gewahr wurde.

  • Yassalaria blickte ihrem Spiegelbild über die Schulter und sah die Fremde hinter ihr an. "Bislang sehe ich mich und Euch und ganz viele Spiegel", antwortete sie in ruhigem Ton. "Und was zeigt sie Euch?" Interessiert betrachtete sie die Flügel der anderen Frau.

  • Sie hob den Blick, als Shiai sie ansprach und neigte den Kopf ganz sachte auf die Seite. "Erschrecken?"


    Erschrecken... wofür? Ist nicht auch das sinnlos?


    Dennoch nickte die schöne Satyr, welcher die Schwermut, die sie überkommen hatte, kurz merkwürdig erschien. So plötzlich, so heftig und so absolut nicht loszuwerden. Schnell war der Gedanke jedoch wieder vergessen und ein leises Seufzen entglitt den feinen Lippen. "Nur wie wollen wir sie erschrecken? Es sind ja überall Spiegel." meinte sie leise in Shias Richtung gewandt. Natürlich bekam sie nicht mit, was am Eingang vor sich ging.

    Eines der traurigsten Dinge im Leben ist, dass ein Mensch viele gute Taten tun muss, um zu beweisen, dass er tüchtig
    ist, aber nur einen Fehler zu begehen braucht, um zu beweisen, dass er nichts taugt.“


    George Bernard Shaw

  • Der Gedanke war Shiai auch gerade gekommen. "Nun, dann sollten wir uns vielleicht beeilen hier heraus zu kommen, um woanders etwas Schabernack treiben zu können," gab sie fröhlich zurück. Ihr kam nichts merkwürdig vor. Genau anders. Endlich war alles richtig. Nur ihr Aravilar fehlte und ihre Schwester. Was sie nicht alles zusammen tun könnten. "Oder habt ihr einen anderen Vorschlag. Einfach so durch das Kabinett zu irren, ist so langweilig."

  • "Oh, die Spiegel zeigen mir die Wahrheit, so wie sie jeder Seele die Wahrheit über sich selbst offenbaren. Und das werden sie auch für euch tun... verzeiht, wenn ich euch gestört habe, bevor sie dies zu tun vermochten."


    Sehnsucht verneigte sich entschuldigend und trat einige Schritte zurück, entfernte sich jedoch noch nicht, während sie die Augen durch das Labyrinth schweifen ließ. Sie erblickte die Satyrfrau und eine Elfe, nicht weit entfernt. Der Anblick ließ sie auf rätselhafte Weise lächeln, ohne daß der Grund dafür offenbar wurde. In der Tat, die Spiegel zeigten die Wahrheit, die niemand sehen wollte... und diese beiden hatten sie bereits zu spüren bekommen.

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